Aeste die über die grundstücksgrenze ragen

Darf ein Nachbar aufgrund des Kapprechts die unteren Äste eines Baums kappen, indem er eine Leiter über den Zaun an deren Stamm stellt? In Art. 687 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches steht, dass der Nachbar überragende Äste und eindringende Wurzeln, wenn sie sein Eigentum schädigen und auf seine Beschwerde hin nicht binnen angemessener Frist beseitigt werden, kappen und für sich behalten kann. Duldet ein Grundeigentümer das Überragen von Ästen auf bebauten oder überbauten Boden, so hat er ein Recht auf die an ihnen wachsenden Früchte (Anries). Wenn die Voraussetzungen für die Ausübung des Kapprechts gegeben sind, nämlich die Schädigung des Nachbargrundstückes sowie die erfolglose Beschwerde mit angemessener Fristansetzung, ist der Nachbar berechtigt, die überragenden Äste auf seine Kosten abzuschneiden. Das Eindringen auf ein fremdes Grundstück ohne die Zustimmung des jeweiligen Eigentümers, z.B. um besser kappen zu können, ist jedoch unzulässig. Das Kappen der überragenden Äste muss immer vom eigenen Grundstück aus vorgenommen werden. Das Zivilgesetzbuch behält aber das Recht der Kantone vor, für Anpflanzungen – je nach Art des Grundstückes und der Pflanzen – bestimmte Abstände vom nachbarlichen Grundstück vorzuschreiben oder den Grundeigentümer zu verpflichten, das Übergreifen von Ästen oder Wurzeln fruchttragender Bäume zu gestatten und für diese Fälle das Anries zu regeln oder aufzuheben. Im Kanton Zürich sind die einzuhaltenden Abstände von Bäumen und Sträuchern zum Nachbargrundstück in den Paragraphen 169 bis 173 des Zürcherischen Einführungsgesetzes zum ZGB geregelt.

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Fragen und Antwortenrechtsberatung

Wann kann der Vermieter vom Mietvertrag zurücktreten oder seine Leistung verweigern?

Vor Übergabe des Mietobjektes kann der Vermieter vom Mietvertrag zurücktreten (Art. 107 Abs. 2 OR) oder seine Leistung in folgenden

Welche Grenzabstände gelten im Kanton Zürich bei Hecken und Bäumen?

Bei Hecken Sogenannte tote Hecken dürfen – wie auch Holzwände und Mauern – an die Grenze gestellt werden. Auch Spaliere

Wer ist im Herbst für die Beseitigung des Laubs verantwortlich?

Der herbstliche Laubfall gilt normalerweise nicht als übermassig. Somit hat der Nachbar das Laub grundsätzlich auf eigene Kosten zu beseitigen.

Was muss der Vermieter unternehmen, wenn der Mieter den Mietzins nicht bezahlt?

Der Mieter befindet sich mit der Zahlung des Mietzinses im Rückstand, wenn er nicht termingerecht zahlt; nach 257c OR am

Darf ein Mieter auf seinem Balkon oder auf der Terrasse grillieren?

Mieter haben grundsätzlich das Recht, im Garten oder auf dem Balkon zu grillieren. Massgebend ist jedoch die Hausordnung, die den allgemeinen

Oberster Gerichtshof

Grundeigentümer müssen Äste, die vom Nachbarn herüberragen, selbst wegschneiden

Pflanzen, die über die Grundstücksgrenze ragen, müssen entweder geduldet oder selbst entfernt werden. Ansprüche gegen den Nachbarn gibt es nur in Ausnahmen

Äste und Wurzeln, die über die Grundstücksgrenze wachsen, sind nicht selten Ausgangspunkt für Streitigkeiten zwischen Nachbarn. Grundeigentümer müssen derartigen "Überhang" aber entweder dulden oder selbst entfernen. Ansprüche gegen den Nachbarn gibt es laut dem Obersten Gerichtshof (OGH) nämlich nur dann, wenn von der Pflanze eine Gefahr ausgeht. In einer aktuellen Entscheidung konkretisierte das Höchstgericht damit seine bisherige Rechtsprechung (OGH 13.9.2021, 10 Ob 22/21i).

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Ein Nachbar darf Äste eines Baumes, die auf sein Grundstück hinüberragen, auch dann abschneiden, wenn der Baum dadurch absterben könnte.

Hintergrund: Äste ragen über Grundstücksgrenze

Grundstücksnachbarn streiten über den Rückschnitt eines Baumes.

Auf einem der Grundstücke steht seit rund 40 Jahren eine Schwarzkiefer, deren Äste seit mindestens 20 Jahren auf das Nachbargrundstück ragen. Der Baum ist etwa 15 Meter hoch.

Der Nachbar fühlt sich durch die herabfallenden Nadeln und Zapfen gestört und forderte den Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Baum steht, erfolglos auf, die überhängenden Äste zurückzuschneiden. Schließlich schnitt er selbst einige Äste ab. Die Baum-Eigentümer verlangen nun vom Nachbarn, es zu unterlassen, von der Kiefer überhängende Zweige oberhalb von fünf Metern abzuschneiden. Sie machen geltend, dass das Abschneiden der Äste die Standsicherheit des Baums gefährde.

Amts- und Landgericht gaben dem Baum-Eigentümer Recht.

Entscheidung: Überhang darf abgeschnitten werden

Der BGH hebt die Entscheidung des Landgerichts auf und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück.

Das Landgericht muss zunächst klären, ob die Nutzung des Nachbargrundstücks durch den Überhang beeinträchtigt wird. Wenn dies der Fall ist, darf der Nachbar von seinem Selbsthilferecht gemäß § 910 Abs. 1 BGB Gebrauch machen und die überhängenden Äste abschneiden. Das gilt auch, wenn dadurch das Absterben des Baums oder der Verlust seiner Standfestigkeit droht.

Das Selbsthilferecht sollte nach der Vorstellung des Gesetzgebers einfach und allgemein verständlich ausgestaltet sein. Daher unterliegt es keiner Verhältnismäßigkeits- oder Zumutbarkeitsprüfung. 

Zudem liegt die Verantwortung dafür, dass Äste und Zweige nicht über die Grenzen des Grundstücks hinauswachsen, bei dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Baum steht. Wenn er dem nicht nachkommt und die Zweige über die Grundstücksgrenze wachsen lässt, kann er nicht unter Verweis darauf, dass der Baum (nunmehr) droht, durch das Abschneiden der Zweige an der Grundstücksgrenze seine Standfestigkeit zu verlieren oder abzusterben, von seinem Nachbarn verlangen, das Abschneiden zu unterlassen und die Beeinträchtigung seines Grundstücks hinzunehmen. 

Das Selbsthilferecht kann aber durch naturschutzrechtliche Regelungen, etwa durch Baumschutzsatzungen oder -verordnungen, eingeschränkt sein. Auch dies wird das Landgericht zu prüfen haben.

(BGH, Urteil v. 11.6.2021, V ZR 234/19)

Gesetzliche Grundlage für Selbsthilferecht: § 910 BGB

Überhang

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

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