O herr wenn du kommst

Ein Lied von Zeit und Ewig­keit

„Kom­men“ ist ein wich­ti­ges Wort des Glau­bens, das gleich­sam durch das gesamte Kir­chen­jahr hin­durch­klingt. Vom advent­li­chen „Komm, du Hei­land aller Welt“ über das pfingst­li­che „Veni Crea­tor Spi­ri­tus“ bis zum end­zeit­li­chen Kom­men, um das die letz­ten Worte des Neuen Tes­ta­ments sehn­lich bit­ten: „Komm, Herr Jesus“ (Offen­ba­rung 22,20) – und zwar als Ant­wort auf Jesu Zusage „Ja, ich komme bald“.

Die­ses Lied mar­kiert den Über­gang vom endzeitlich-königlichen Kom­men des Herrn (Christ­kö­nig) zu sei­nem adventlich-zeitlichen Kom­men (Ers­ter Advent). Vom „Kom­men“ hören wir im Lese­jahr C am Ers­ten Advent auch in der zwei­ten Lesung: „… wenn Jesus, unser Herr, mit allen sei­nen Hei­li­gen kommt“ (1 Thes­sa­lo­ni­cher 3), oder am Vier­ten Advent in der Lesung aus dem Hebrä­er­brief: „Ja, ich komme, um dei­nen Wil­len zu tun“ (Hebrä­er­brief 10). Advent, das heißt auch: die Span­nung aus­hal­ten zwi­schen die­ser Ver­hei­ßung des Kom­mens und der noch aus­ste­hen­den weih­nacht­li­chen Erfül­lung.

Von die­sem Geist ist das advent­li­che Lied des Monats von Helga Poppe geprägt, ja durchstimmt.

Keine Vertröstung — "heute schon"

Auto­rin von Wort und Musik ist die heute im Ruhe­stand lebende Päd­ago­gin Helga Poppe. Aus ihrer Feder stam­men etwa 240 Lie­der, von denen „Du bist das Licht der Welt“ wohl das bekann­teste ist. „O Herr, wenn du kommst“ ist kurz vor Advent 1975 ent­stan­den. Zahl­reich sind die bib­li­schen Inspi­ra­tio­nen. Vor allem hören wir ein Echo des Gleich­nis­ses von den klu­gen und törich­ten Jung­frauen (Mat­thäus 25). Als damals der Herr und Bräu­ti­gam kam, waren nicht alle bereit. Doch der Hori­zont ist noch wei­ter, bib­lisch wie in die­sem Lied. Jesu Kom­men ist gleich in der ers­ten Lied­zeile ein Ereig­nis für die „Welt“. Sie wird erneu­ert von dem, der sagt: „Seht, ich mache alles neu“ (Offen­ba­rung 21,5).

Dann folgt eines der erre­gends­ten The­men der Reich-Gottes-Botschaft des Neuen Tes­ta­ments, näm­lich deren Span­nung zwi­schen „Schon“ und „Noch nicht“. Die Auto­rin will keine Ver­trös­tung auf das Jen­seits und schärft des­halb das „heute schon“ ein. Und sind nicht die törich­ten Jung­frauen über die­ses „Heute“ sozu­sa­gen gestol­pert? Grund­sätz­lich waren sie ja bereit, nur nicht hier und heute.

Zwischen Schöpfung und Erlösung

Die dritte Stro­phe nennt Schöp­fung (Gott­va­ter) und Erlö­sung (Chris­tus), die letzte Stro­phe dann die Voll­en­dung im Bild vom „Fest ohne Ende“. Sozu­sa­gen dazwi­schen steht das Leid, das nicht ver­harm­lost wer­den darf. Auch der Glaube kann es nicht zum Ver­schwin­den brin­gen, aber „es wird von dei­ner Klar­heit durch­strahlt“ – eine gelun­gene Kurz­for­mel der Pas­si­ons­theo­lo­gie. Die vierte Stro­phe nimmt noch­mals das Gleich­nis von den klu­gen und törich­ten Jung­frauen auf, denn nun iden­ti­fi­zie­ren die Sin­gen­den sich mit jenen: „Wir lau­fen voll Freude den Weg auf dich zu“.

Die Musik die­ses Lie­des ist ebenso erwar­tungs­voll wie die Worte.

Der signal­haft auf­stei­gen­den Quart am Beginn ent­spricht die abstei­gende Quart nach der ers­ten Atem­zä­sur zu „denn heute schon …“. Unge­wöhn­lich ist die wie­der­holte Schluss­zeile, die eben­die­ses Inter­vall der Quart nun mit Ton­schrit­ten aus­füllt. Aller­dings sind es nicht die Töne, die man von der Har­mo­nik des bis­he­ri­gen Lie­des, das in Moll steht, erwar­tet. Es erklingt näm­lich – leicht erkenn­bar an den Kreuz-Vorzeichen – aus­schnitt­haft eine Dur-Tonleiter, die alles in ein ande­res Licht rückt. Ziel­stre­bige Gewiss­heit steht am Ende jeder Stro­phe, fast wie ein Gelöb­nis. Alle Inhalte des Glau­bens, so wich­tig sie auch sind, erklin­gen zusam­men­ge­fasst in die­sem ent­schei­den­den Ges­tus des Glau­bens und Hof­fens: „O Herr, wir war­ten auf dich. O Herr, wir war­ten auf dich“.

Kein passives Warten

Das „War­ten“ ergänzt das erste Stich­wort des „Kom­mens“. Die Musik besagt, dass es kei­nes­wegs pas­siv zu ver­ste­hen ist. Wenn jeweils der Grund­ton erreicht und bestä­ti­gend aus­ge­hal­ten wird, darf ein Vor­ge­schmack des erhoff­ten Zie­les musi­ka­lisch schon aus­ge­kos­tet werden.

Mein­rad Walter 

Noten:

O Herr wenn du kommst GL 233 (CHORATZ: SAM)Herunterladen

O Herr wenn du kommst Advent GL 233 (EINSTIMMIG)Herunterladen

O Herr wenn du kommst Advent GL 233 (SAM ORGELPARTITUR)Herunterladen

Audio Übehilfen (Chorsatz SAM):

Tutti:

Sopran:

Alt:

Männerstimmen:

Mitten in der Adventszeit hat Pleinfelds Pfarrer Ottmar Breitenhuber das Lied „O Herr, wenn du kommst“ mit seinem Klavier gespielt und für uns aufgenommen. Der Text und die Melodie stammen von Helga Poppe aus dem Jahr 1979. Das Video und den Text finden Sie in dieser Meldung.

Den Text zum Lied finden Sie unterhalb des Videos oder im Gotteslob Nr. 233.

Der Text zum Lied

O Herr, wenn du kommst, wird die Welt wieder neu,
Denn heute schon baust du dein Reich unter uns,
Und darum erheben wir froh unser Haupt.
O Herr, wir warten auf dich.

O Herr, wenn du kommst, wird es Nacht um uns sein,
Drum brennt unser Licht, Herr, und wir bleiben wach.
Und wenn du dann heimkommst, so sind wir bereit.
O Herr, wir warten auf dich.

O Herr, wenn du kommst, jauchzt die Schöpfung dir zu,
Denn deine Erlösung wird alles befrein.
Das Leid wird von all deiner Klarheit durchstrahlt.
O Herr, wir warten auf dich.

O Herr, wenn du kommst, hält uns nichts mehr zurück,
Wir laufen voll Freude den Weg auf dich zu.
Dein Fest ohne Ende steht für uns bereit.
O Herr, wir warten auf dich.

Text u. Musik: Helga Poppe 1979
Gotteslob Nr. 233

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