Soll man den Hund Schnüffeln lassen?

Will der fremde Hund nur spielen - oder ist er angriffslustig? Ein Schwanzwedeln ist jedenfalls noch kein Signal für Freundlichkeit.

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Gemütlich schnüffelt der 15-jährige Terrier auf einer Wiese, als plötzlich ein junger Mischling zu ihm rennt. Übermütig springt das große Tier um seinen Artgenossen herum, der Terrier wendet sich ab, doch der Mischling gibt keine Ruhe. Ob er seinen Hund bitte an die Leine nehmen könne, fragt das Frauchen des Terriers. Ihr Hund sei alt, arthrosegeplagt und habe kein Interesse mehr am Spielen. "Das regeln die unter sich", beschwichtigt die Besitzerin des Mischlings.

Fast acht Millionen Hunde in Deutschland

Begegnungen wie diese gibt es täglich. Schließlich leben nach Auskunft des Industrieverbands Heimtierbedarf fast acht Millionen Hunde hierzulande, da bleiben Konflikte nicht aus. So ärgert sich etwa das Herrchen eines Hundes, den er an der Leine führt, über freilaufende Hunde auf dem Weg. Der Besitzer eines Zwergpudels bekommt Angst, weil ein Bernhardiner auf seinen Winzling zustürmt. Und eine Frau trainiert gerade mit ihrem Tier und möchte nicht gestört werden. Hundetrainer plädieren für mehr Rücksichtnahme und gegenseitigen Respekt bei den Tierhaltern. "Mein Hund darf andere nicht belästigen", sagt Julia Dittmers vom Berufsverband der Hundetrainer in Posthausen (Niedersachsen). Und sie räumt mit weit verbreiteten Mythen auf: Zum einen regeln Hunde nicht alles unter sich. Und einen Welpenschutz gibt es nur innerhalb des Rudels, aber nicht gegenüber fremden Hunden. Halter dürfen und müssen also durchaus mal eingreifen, ohne gleich als überbesorgt zu gelten.

"Das Wichtigste ist erst einmal, dass man seinen freilaufenden Hund nicht zu angeleinten Hunden laufen lässt", erklärt Chris Maron, Betreiberin einer Martin-Rütter-Hundeschule in Bad Homburg. Doch was tun, wenn der Hund sich selbstständig gemacht hat und auf kein Rufen hört? Hier hilft nur noch ein Hinterherlaufen und Einfangen des Tieres inklusive einer Entschuldigung an den anderen Hundehalter. Damit es zu solchen Situationen nicht kommt, muss der Hund gut erzogen werden. "Der Rückruf ist das Schwerste an der Erziehung, das stellen sich viele zu leicht vor", erklärt Maron. Denn für viele Hunde ist auf dem Spaziergang einiges deutlich spannender als der Besitzer. Da riecht eine Spur verlockend nach einem Hasen. Der Geruch einer läufigen Hündin ist extrem aufregend. Und mit dem entgegenkommenden Hund lässt sich so prima spielen.

Wichtig ist es daher, für den Hund interessant zu werden. Herrchen oder Frauchen sollten den Spaziergang abwechslungsreich gestalten, zum Beispiel den Hund etwas suchen oder Dummys bringen lassen. Außerdem geht es nicht ohne konsequentes und tägliches Training. Hier gibt es verschiedene Methoden. Sinnvoll ist es, zunächst in einer reizarmen Umgebung wie im Garten den Rückruf zu üben und dann die Schwierigkeit zu steigern. Bis ein Hund hört, sollte er zumindest eine Schleppleine am Geschirr haben, damit sein Besitzer notfalls eingreifen kann.

Die Körpersprache verrät vieles

Wer selbst der Hundebesitzer ist, der sich vor einem nicht angeleinten Hund auf dem Weg fürchtet, hat mehrere Möglichkeiten. "Wichtig ist es natürlich, nicht in Panik auszubrechen", sagt die Hundetrainerin Dittmers. Die Körpersprache des Tieres verrät, ob der Hund überhaupt auf Krawall aus ist. Dann ist er sehr steif und fixiert sein Gegenüber. Alleine das Wedeln des Schwanzes ist kein Zeichen für Freundlichkeit. Der Hund hat nette Absichten, wenn er sich insgesamt locker und entspannt zeigt.

Kommt es zu einer Rauferei zwischen Hunden, sollten sie abgeleint werden. So herrscht mehr Chancengleichheit.

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Wer eine Konfrontation fürchtet, sollte sich vor seinen eigenen angeleinten Hund stellen, gegenüber dem anderen Tier abwehrend gestikulieren und ihn auch mit der Stimme auffordern, zu gehen. Reagiert er nicht wie gewünscht, kann ihm eine Handvoll Leckerlis entgegengeworfen werden. Bis er diese gefressen hat, ist vielleicht sein Besitzer da. Sollte es zu einer Rauferei zwischen den Hunden kommen, sollte das eigene Tier abgeleint werden. "Dann herrscht wenigstens mehr Chancengleichheit", sagt Maron.

Der gemeinsam Spaziergang könnte so entspannt sein – wenn Du nicht alle paar Meter stehen bleiben und auf Deinen Hund warten müsstest, weil er mal wieder an einem Busch schnüffelt. Oder an einem Gartenzaun. Oder am Staub. Einem Stein. Aber warum ist das so?
Es gehört zum Alltag mit Hund – auch wenn es definitiv eher zum nervigen Teil gehört: Dein Hund durchkreuzt zuverlässig Deine Pläne, „nur mal eben kurz“ Gassi zu gehen, indem er an jedem Baum, Stein und Grashalm ausgiebig schnuppert. Die Versuchung ist groß, irgendwann nur entnervt mit den Augen zu rollen und Deinen Vierbeiner einfach weiterzuziehen.
Doch genau das solltest Du vermeiden – denn der Geruchssinn ist für Hunde extrem wichtig: Mehr noch als über die Augen nehmen sie dadurch ihre Umgebung wahr. Deshalb lieben es die Vierbeiner so sehr, mit der Nase voran auf Erkundungstouren zu gehen.
Das weiß auch Tierärztin Dr. Andrea Tu: „Der Geruchssinn ist einer der ausgeprägtesten Sinne bei Hunden, und ihr Geruchssinn ist dem der Menschen weit überlegen“, sagt sie gegenüber „The Dodo“.

Dein Hund schnüffelt zur Orientierung und Kommunikation

Dabei helfen Gerüche Deinem Hund nicht nur, seine Umgebung zu erkunden – sie sind auch ein wichtiger Teil seines Sozialverhaltens und der Kommunikation mit Artgenossen oder anderen Tierarten. Deshalb beschnuppern so viele Hunde sich gegenseitig zuerst am Hintern, auch der menschliche Schritt ist vor neugierigen Hundenasen nur selten sicher.
Der Geruchssinn von Hunden entwickelt sich tatsächlich schon im Mutterleib – deshalb erkennen sie auch ihre Mutter hauptsächlich an dessen Duft. Hunde nehmen durchs Schnüffeln deutlich mehr Informationen über ihre Umwelt auf, als wir. Und es macht ihnen auch einfach super viel Spaß!

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Darum solltest Du Deinen Hund in Ruhe schnüffeln lassen

Die große Rolle, die Gerüche für Hunde spielen, macht deutlich, dass Du Deinen Hund nicht sofort weiterziehen solltest, wenn er beim Gassi gehen ausgiebig schnüffeln will. „Lass Deinen Hund so viel wie möglich an Rosen, Gras, Steinen und am Boden schnüffeln“, rät Tierärztin Dr. Tu. „Das macht für ihn den halben Spaß beim Spazierengehen aus.“
Sie vergleicht das Verhalten so: In vielerlei Hinsicht sei das kaum anders, als wenn wir stundenlang durchs Internet und die sozialen Medien scrollen, um die Informationen des Tages und über die Leben der anderen in unseren Gemeinschaft zu sammeln.

So funktioniert der Geruchssinn Deines Hundes

Die Schleimhaut in der Nase, mit dem wir Menschen riechen können, ist etwa fünf bis 13 Quadratzentimeter groß und beinhaltet fünf Millionen Rezeptoren. Im Vergleich zum Hund ist das verschwindend wenig: Hunde haben eine 387 bis 432 Quadratzentimeter große Riechschleimhaut mit 220 Millionen bis zwei Milliarden (!) Rezeptoren. „Deshalb ist ihr Geruchssinn 50 bis 1.000 Mal besser als der von Menschen.“
Wenn Dein Hund gar nicht genug schnüffeln kann, kannst Du seinen Geruchssinn übrigens auch mit Nasenarbeit fördern – ausgiebiges Schnüffeln während der Gassi-Runde ersetzt das aber nicht.
 

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Wie lange sollte man einen Hund Schnüffeln lassen?

Wie lange ein Hund pro Tag vor die Tür muss, ist von Hund zu Hund verschieden. Hundesitzer sollten selbst herausfinden, was für den Hund und seinen Besitzer ein gutes Maß ist, empfiehlt Reporterin Verena. Und Tierpsychologe Thomas Riepe sagt, zwei Stunden am Tag sollten es schon sein.

Warum ist schnuppern bei Hunden so wichtig?

Die Arbeit mit der Nase ist Hunden ein Grundbedürfnis. Das Schnüffeln am Intimbereich anderer Vierbeiner ist für sie eine Form der Kommunikation. Ihr Riechorgan ist so fein, dass sie über eine Geruchsprobe im Schritt feststellen, wie es der neuen Bekanntschaft geht.

Wie anstrengend ist Schnüffeln für Hunde?

Wichtig Das Schnüffeln mit der Nase fordert den Hund nicht nur geistig, sondern ist auch körperlich sehr anstrengend, da der Vierbeiner dabei bis zu 200 Mal ein- und ausatmet. Daher sollte man die Sucheinheiten nicht zu lang gestalten und seinem Hund anschließend genügend Wasser zur Verfügung stellen.

Warum riechen Hunde bei Frauen im Schritt?

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Pheromone sich bei Frauen während der Periode verändern. Der Hund nimmt die Veränderung wahr. An der Frau zu schnüffeln, ist für ihn dann um ein Vielfaches interessanter und er tut es daher viel intensiver.

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