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Tourismus:Was genau heißt Meerblick?
2. Februar 2017, 4:48 Uhr
Kempten/Hannover (dpa/tmn) - "Hotelzimmer mit Meerblick": Woran denkt der Urlauber bei dieser Beschreibung im Reisekatalog? Womöglich ist es folgende Szene: Geöffnetes Fenster, unten der Strand, der Wind trägt das Rauschen der Wellen ins Zimmer. Doch das muss gar nicht so sein.
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Kempten/Hannover (dpa/tmn) - "Hotelzimmer mit Meerblick": Woran denkt der Urlauber bei dieser Beschreibung im Reisekatalog? Womöglich ist es folgende Szene: Geöffnetes Fenster, unten der Strand, der Wind trägt das Rauschen der Wellen ins Zimmer. Doch das muss gar nicht so sein.
Was bedeutet der Begriff Meerblick genau? Der Urlauber muss zwar auf das Meer schauen können, allerdings nicht "auf voller Zimmerbreite", wie der Reiserechtler Prof. Ernst Führich aus Kempten in seinem Standardwerk "Reiserecht" erläutert. Das heißt: Auch wenn der Urlauber seinen Kopf erst drehen und zur Seite schauen muss, um das Wasser zu sehen, ist das Wort Meerblick erlaubt.
Noch wichtiger: Ein Zimmer mit Meerblick bedeutet nicht unbedingt, dass sich das Hotel direkt am Strand befindet. Es kann zum Beispiel auch oben auf einer Klippe liegen, und der Gast muss erst einige Minuten hinab zum Strand laufen. Oder die Herberge liegt gar im Hinterland. "Man sieht in der Ferne etwas Blau, das gilt schon als Meerblick", sagt der Reiserechtler Paul Degott aus Hannover.
Vorsicht ist bei der Beschreibung "Zimmer mit Meerseite" angebracht. In diesem Fall ist nicht einmal gesagt, dass der Urlauber durch das Fenster überhaupt des Wasser sieht. Meerseite heißt nicht Meerblick, erklärt Führich. Das heißt: Auch wenn das Zimmer meerseitig liegt, schaut der Gast zum Beispiel auf andere Hotels.
Wie bei den schon erwähnten Gartenblick-Zimmern, gibt es auch bei den Zimmern mit Meerblick oft Überraschungen, die man eigentlich lieber nicht erleben würde. Es gibt beim Meerblick diverse Unterkategorien: direkter Meerblick, eingeschränkter Meerblick und seitlicher Meerblick sind im deutschsprachigen Raum
die gängigsten Einteilungen. Dazu kommt noch die berüchtigte ‚Meerseite‘. International wird meist unterschieden zwischen ‚Ocean View‘ und ‚Ocean Front‘. Fangen wir damit mal an. ‚Ocean Front‘ bedeutet, dass sich das Zimmer in erster Reihe direkt am Meer befindet. Das heisst, dass keine anderen Gebäude dazwischen stehen, sagt aber nichts über die Entfernung zum Meer aus. ‚Ocean View‘ heisst hingegen, dass man irgendwie das Meer sehen kann. Wieviel davon man sieht bleibt dabei
völlig offen, und auch, was man sonst noch alles sieht. Manche Hotels sind so fair, einen sehr stark eingeschränkten Meerblick tatsächlich als ‚Limited Ocean View‘ zu bezeichnen, aber viele verzichten einfach drauf und stellen sich bei Beschwerden komplett stur mit der Begründung, dass man das Meer ja schliesslich sieht und somit die gebuchte Leistung erbracht wurde. Im deutschsprachigen Raum und auch bei Reisen ins Ausland, die über deutsche Pauschalanbieter gebucht werden, wird das oft
ähnlich zu Ungunsten des Reisenden gehandhabt.
Das Dumme ist: man kann nicht wirklich was dagegen tun, auch wenn man über die Sachlage Bescheid weiss.
Man sollte ja eigentlich davon ausgehen, dass man in einem Hotel, welches die Zimmerkategorien ’seitlicher Meerblick‘ und ‚Meerblick‘ anbietet, auf der sicheren Seite ist, wenn man ‚Meerblick‘ wählt.
Ist aber leider doch nicht so, wie ich letztes Jahr auf Mallorca feststellen durfte, als ich beim Blick aus dem Fenster relativ entgeistert feststellte, dass mein gebuchtes ‚Meerblick‘-Zimmer zu exakt derselben Seite zeigte, wie die Zimmer mit seitlichem Meerblick.
Beschwerde bei der Rezeption ergab, dass es in diesem Hotel noch die Zimmerkategorie ‚Splendid‘ gibt, wo der Meerblick erheblich direkter ist.
Da ich das nicht eingesehen habe, habe ich das Zimmer auch noch bei der Vertreterin der Reiseagentur reklamiert, die mir dann aber erklärte, dass es sich laut Reiserecht um einen direkten Meerblick handelt, wenn man den Kopf bis zu 45 Grad zur Seite drehen muss, und dass der seitliche Meerblick erst bei 46 Grad beginnt. Und nein: das ist kein Scherz!
Da mein Zimmer die 45 Grad nicht überschritten hat, war das Hotel also im Recht. Ich habe trotzdem einen Gutschein über 50 Euro bekommen – das wäre laut Reiserecht nicht nötig gewesen, ich fand es deshalb nicht logisch, aber trotzdem sehr freundlich.
Ein anderes Hotel, was offensichtlich auch die 45 Grad-Regelung kennt, kann ich hier mal per Bild präsentieren. Man beachte: es handelt sich hierbei um eine Zimmerkategorie, die mit einem ‚besonders schönen Meerblick‘ angepriesen wird und deshalb auch mehr kostet.
Ja, tatsächlich: im 45 Grad -Winkel sieht man das Meer, und zwar sowohl rechts, als auch links. Geradeaus sehe ich allerdings ein Gebäude. Für mich ist das ein eingeschränkter Meerblick, aber das Hotel sieht das anders. Da ich das Eckzimmer hatte, habe ich noch Glück gehabt, denn die drei Zimmer daneben gehörten in dieselbe Kategorie ‚toller Meerblick‘ und guckten noch sehr viel direkter auf die Wand und das Dach des Nachbargebäudes.
Da sowas recht häufig unter ‚Meerblick‘ läuft, sollte man seine Erwartungen lieber ganz runterschrauben, wenn man von vornherein den ‚eingeschränkten Meerblick‘ gebucht hat, denn der wird sicherlich halten, was er verspricht.
‚Seitlicher Meerblick‘ geht logischerweise zur Seite des Gebäudes heraus und da hängt es davon ab, was sich da gegenüber befindet. Häufig ist es die Fassade des Hotel nebenan und wenn man Pech hat, steht das sehr nah dran. Glückssache ist auch, wo genau auf der ‚Seite‘ man landet – zwangsläufig muss ja das eines Ende des Flures, auf dem sich die Zimmer befinden, relativ nah am Meer sein, aber je weiter man zur anderen Seite kommt, desto weiter ist man davon weg. Ganz grosses Pech hat dann derjenige, der am anderen Ende landet – da ist meistens die Strasse. Seitlich sieht er das Meer aber selbstverständlich trotzdem, vor allem, wenn er sich ganz weit über den Balkon lehnt.
Und last, but not least: die ‚Meerseite‘. Das bedeutet, dass das Zimmer zu der Seite zeigt, wo sich das Meer befindet. Kann aber durchaus 5 km entfernt sein. Und definitiv sieht man das Meer nicht, sondern man ahnt seine Existenz allenfalls.
Fazit: man sollte sich genau mit den buchbaren Zimmerkategorien auseinandersetzen und auch bei den Zimmerbeschreibungen sehr zwischen den Zeilen lesen. Und dann viel Glück – vor allem, wenn man das Hotel noch nicht vor Ort gesehen hat, sondern nur aus Internet oder Katalog kennt.