Schon beim Lernen für den Führerschein ist der Anhalteweg ein wichtiges Thema. Die Frage nach seiner Berechnung ist ein beliebter Bestandteil bei der Theorieprüfung. Auf der Straße schließlich wird deutlich, wieso das so ist: Wer den Anhalteweg nicht berechnen kann, läuft Gefahr, den zum Vordermann notwendigen Mindestabstand nicht einhalten zu können. Eine solche Situation birgt dann ein großes Unfallpotential, welches nicht nur für den Ahnungslosen selbst, sondern auch für andere Verkehrsteilnehmer gilt. Damit Sie künftig auf der sicheren Seite sind, haben wir in unserem Ratgeber die wichtigsten Infos zusammengestellt.
Was besagt der Anhalteweg?
Der Anhalteweg gibt an, welche Strecke ein Fahrzeug rechnerisch bis zum vollständigen Stillstand zurücklegt. Die Länge wird dabei unter anderem von der gefahrenen Geschwindigkeit, den Straßenverhältnissen und der Reaktionszeit beeinflusst. Der Mindestabstand zum vorausfahrenden Kfz sollte Länger als der Anhalteweg sein.
Wie berechnet man Anhalteweg?
Der Anhalteweg ergibt sich aus der Addition von Bremsweg und Reaktionsweg. Die Formel zur Berechnung können Sie dieser Grafik entnehmen.
Wie lange ist der Anhalteweg bei 50 km/h?
Sind Sie mit Tempo 50 unterwegs, beträgt der reguläre Anhalteweg rund 40 m. Machen Sie hingegen eine Gefahrenbremsung, verringert sich der Anhalteweg auf 27,5 m. Eine Übersicht zu den Anhaltewegen bei verschiedenen Geschwindigkeiten finden Sie hier.
Was ist der Anhalteweg?
Grundsätzlich wird als Anhalteweg beim Auto, Motorrad und anderen Kfz der Weg bezeichnet, der zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem endgültigen Stoppen des Fahrzeugs zurückgelegt wird. So weit, so gut – schauen Sie sich den Sachverhalt jedoch detaillierter an, wird deutlich, dass mehr dahinter steckt:
- So ist der Anhalteweg mit der Reaktionszeit verbunden, die der Fahrer benötigt, um die Gefahr zu erkennen, diese Information zu verarbeiten und physisch (d. h. mit dem Betätigen der Bremse) darauf zu reagieren. Im Durchschnitt dauert dieser Vorgang etwa eine Sekunde. Während der Reaktionszeit wird bereits ein Weg zurückgelegt, der sogenannte Reaktionsweg.
- Anschließend drückt der Fahrer also auf die Bremse. Doch dabei kommt das Auto nicht sofort zum Stehen. Auch hier wird abermals ein Weg zurückgelegt, dessen Länge sich aus der gefahrenen Geschwindigkeit ergibt.
Es lässt sich somit feststellen: Bremsweg + Reaktionsweg = Anhalteweg
Faustformel für den Anhalteweg: Wie die Fahrschule es lehrt
Schon in der Fahrschule ist der Anhalteweg ein großes Thema. Die Formeln zur Berechnung desselben sehen vielleicht anfangs etwas kompliziert aus, sind jedoch relativ einfach anzuwenden, wenn sie verstanden wurden. Im Folgenden haben wir die Formeln für Sie anschaulich dargestellt. Als Beispiel für die Berechnung dient hier der Anhalteweg bei 50 km/h und 1 Sekunde Reaktionszeit.
Anmerkungen zum Reaktionsweg
Wie erwähnt, beträgt die Reaktionszeit durchschnittlich eine Sekunde. Dies kann sich jedoch schnell ändern, wenn bspw. der Fahrer abgelenkt, müde oder alkoholisiert ist oder unter bestimmten Medikamenten steht. Laut der Hessischen Polizei kann sich das Reaktionsvermögen eines Menschen um bis zu 50 Prozent verschlechtern, wenn er 0,8 Promille aufweist.
Erwähnenswert ist zudem, dass sich der Reaktionsweg bei doppelter Geschwindigkeit ebenfalls verlängert (100 km/h : 10 = 10 /// 10 x 3 = 30).
Anmerkungen zum Bremsweg
Beim Bremsweg ist dies nicht so einfach. Wenn sich hier die Geschwindigkeit verlängert, verlängert sich der Bremsweg um ein Vielfaches. Ist dieser bei 50 km/h auf 25 Meter zu berechnen, so beträgt er bei 100 km/h bereits 100 Meter (100 : 10 = 10 /// 10 x 10 = 100).
Insgesamt hat dies folgende Konsequenzen: Wenn bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h und 1 Sekunde Reaktionszeit der Anhalteweg 40 Meter beträgt, gilt für die doppelte Geschwindigkeit: Der Anhalteweg bei 100 km/h beträgt 130 Meter (30 + 100).
Der Anhaltweg bei einer Gefahrenbremsung
Eine etwas andere Herangehensweise wird bei einer Gefahrenbremsung angewendet. Hierbei handelt es sich um eine Schlagbremsung, der Fahrer drückt also das Bremspedal durch, das Anti-Blockier-System (ABS) stellt sicher, dass die Räder komplett stehen bleiben und „ruckeln“ noch immer etwas weiter, damit die Möglichkeit zum Ausweichen besteht.
Wer die Gefahrenbremsung richtig macht, kann den Bremsweg durch zwei teilen. Für den daraus resultierenden Anhalteweg dient die Faustformel für 50 km/h aus dem Beispiel von der Grafik.
Der Bremsweg ist damit nur 12,5 Meter lang (50 : 10 x 50 : 10 : 2 = 12,5). Auf diese Weise ergibt sich für eine Gefahrenbremsung bei 50 km/h ein Anhalteweg von 27,5 Meter (15 Meter Reaktionsweg + 12,5 Meter Bremsweg = 27,5).
Angaben zum Anhalteweg in der Tabelle übersichtlich zusammengefasst
10 | 4 | 3,5 |
20 | 10 | 8 |
30 | 18 | 13,5 |
40 | 28 | 20 |
50 | 40 | 27,5 |
60 | 54 | 36 |
70 | 70 | 45,5 |
80 | 88 | 56 |
90 | 108 | 67,5 |
100 | 130 | 80 |
110 | 154 | 93,5 |
120 | 180 | 108 |
130 | 208 | 123,5 |
140 | 238 | 140 |
150 | 270 | 157,5 |
Wie der Anhalteweg in die Formel für den Mindestabstand passt
Wie erwähnt, ist der Anhalteweg wichtig, um den Mindestabstand zum Vordermann korrekt einhalten zu können. Gemeinhin wird innerorts von einem Sicherheitsabstand von drei Pkw-Längen bzw. 15 Metern gesprochen, während außerorts gilt: Mindestabstand = halber Tachowert. Sollten Sie diesen Mindestabstand nicht einhalten können, kann davon ausgegangen werden, dass Sie gemäß Tatbestandskatalog eine Ordnungswidrigkeit begehen.
Schauen Sie sich im Rahmen dessen noch einmal den eben beschriebenen Anhalteweg bzw. die Faustregel dafür an, merken Sie, dass dies nicht ganz passt. Das liegt vor allem daran, dass schließlich auch der Vordermann, sobald er bremst, noch einen Bremsweg zurücklegt und nicht sofort dort stehen bleibt, wo Sie seine Bremsung zum ersten Mal vernehmen.
Zum anderen wird innerorts der Umstand mit in Betracht gezogen, dass es im dichten Stadtverkehr meist nicht möglich ist, einen gebührenden Abstand von 25 Metern (halber Tachowert bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 50 km/h) einzuhalten, geschweige denn den Anhalteweg. Bei 30 km/h würde dieser noch immer 18 Meter betragen.
Mindestabstand bei schlechten Witterungsbedingungen
Diese Faustformeln können jedoch nur bei besten Bedingungen angewendet werden – bei trockener Straße und Sonnenschein. Beachten Sie, dass sich Eis und Nässe negativ auf den Anhalteweg auswirken, die Sichtweite, wenn sie schlecht ist (etwa bei Niederschlag, Nebel o. Dunkelheit), ist ebenfalls ein sich negativ auswirkender Faktor. Deshalb sollte in solchen Fällen der Mindestabstand vergrößert werden. Dafür gibt es keine konkrete Faustformel, es gilt der Grundsatz aus der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), § 4 Abs. 1:
Der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug muss in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird.
Grundsätzlich ist natürlich der Anhalteweg bspw. bei 50 m Sicht vom Erkennen der Gefahr bis zum Zeitpunkt, an dem das Auto stehen bleibt, unverändert, sofern die Straße trocken ist. Dennoch sollte die Vorsicht erhöht und damit der Mindestabstand zum Vordermann verdoppelt werden, wenn keine idealen Bedingungen vorliegen.