Weihnachtsmarkt ohne Glühwein ist wie eine Tanne ohne Schmuck: langweilig. Ein Becher, und schon fühlt man sich wohlig warm - und erstaunlich heiter. Macht warmer Alkohol wirklich schneller betrunken?
Von Lydia Klöckner
Macht abends essen dick? Ist es schädlich, den Deckel des Joghurtbechers abzulecken? Gibt es süßes Blut? Der stern nimmt in loser Reihenfolge Alltagsmythen unter die Lupe.
27.02.2015
Die Auflösung
Ohne Glühwein: Füße wie Eiszapfen. Ständig wird man angerempelt. Blöde Bastelkram-Buden. Was soll ich denn mit einem Filz-Rucksack? Peinliche Nikolausmützen. Und dann dieses lahme Last-Christmas-Gedudel - schrecklich.
Mit Glühwein: Herrlich, all die tanzenden Lichter! Schau mal, die verkaufen selbstgebastelten Christbaumschmuck! Und was für süße Mützen die Leute tragen! "Laaaaaaaaast Christmas, I gave you my heaaaart..."
Mit Alkohol sieht die Welt gleich ganz anders aus. Manchmal ein bisschen schöner, meist zumindest deutlich lustiger. Bei Glühwein scheint dieser Effekt besonders schnell einzutreten. Je nach Statur und Magenfüllstand fühlt man sich schon nach ein paar Schlucken angeheitert und wohlig benebelt. Ist das Einbildung? Oder steigt uns das süffige Heißgetränk wirklich schneller zu Kopf als kalter Wein?
Der Rausch setzt erst ein, wenn der konsumierte Alkohol in die Blutbahn gelangt. Eine geringe Menge wandert bereits durch die Magenschleimhaut ins Blut, doch der schnellste Weg führt durch die Schleimhaut des Dünndarms. Das heißt: Je eher der Alkohol in den Darm gelangt, umso eher wird man betrunken. Die wahre Frage ist also: Wird warmer Alkohol schneller in den Darm aufgenommen als kalter?
Laut Reinhard Urban, Fachmann für Blutalkohol am Institut für Rechtsmedizin der Universität Mainz, ist genau das der Fall: "Da unser Dünndarm Kaltes nicht gut verträgt, bleiben kalte Speisen und Getränke so lange im Magen, bis sie Körpertemperatur erreicht haben. Glühwein hingegen kann gleich in den Darm fließen und gelangt somit auch ein bisschen schneller in die Blutbahn." Hinzu kommt, dass Hitze die Durchblutung im Magen-Darm-Trakt anregt. Wenn in kürzerer Zeit mehr Blut durch die Gefäße in Magen- und Darmschleimhaut fließt, können auch schneller größere Mengen Alkohol resorbiert werden.
Der verhasste dicke Kopf
Groß sei der Unterschied zwischen heiß oder kalt allerdings nicht, meint Urban. Und für den Kater am nächsten Morgen könne man die Temperatur erst recht nicht verantwortlich machen. "Das liegt eher an den ganzen Begleitstoffen, die Glühwein beigemischt werden", erklärt er. "Es ist ja kein reiner Wein, sondern eine bunte Mixtur aus Wein, Zucker, Gewürzen und Schnäpsen." Wissenschaftler vermuten, dass die Verträglichkeit eines Getränks nicht nur vom reinen Alkoholgehalt abhängt, sondern auch von der Menge und Anzahl der Zusatzstoffe wie Fuselöle oder Tannine. Je weniger Beiprodukte ein alkoholisches Getränk enthält, umso geringer ist das Risiko, am Morgen danach mit einem dicken Kopf aufzuwachen. Wer am nächsten Tag arbeiten muss, sollte also lieber Wodka trinken. Oder lieber gleich Kakao - ohne Schuss natürlich.
Es gibt zahlreiche gängige Sprüche zum Thema Alkohol, die sich inzwischen in der Gesellschaft durchgesetzt haben: Bier auf Wein sollte man besser sein lassen, durcheinander gemischte Getränke machen schneller betrunken und Frauen spüren den Alkohol schneller als Männer. Aber ist das alles wirklich wahr - oder völliger Unsinn? Wir klären auf! (Bild: iStock/Vershinin)
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Vorher viel essen
Vor dem Trinken viel und fett essen, um länger nüchtern zu bleiben? Das klappt tatsächlich! Mit einer guten Grundlage vor dem Trinken dauert es länger, bis der Alkohol ins Blut gelangt. Allerdings verhindert ein voller Magen nicht die gänzliche Aufnahme des Alkohols - er hilft nur, nicht ganz so schnell betrunken zu werden. (Bild: iStock / Jovanmandic)
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Mit Strohhalm wird man schneller betrunken
Man wird schneller betrunken, wenn man seinen Drink durch einen Strohhalm trinkt. Stimmt das? Meistens werden Longdrinks oder Cocktails mit einem Strohhalm serviert. Aber der Alkoholgehalt im Getränk verändert sich dadurch nicht. Dahinter steckt nur das Tempo: Mit einem Strohhalm trinkt man einfach schneller und wird dann auch schneller betrunken. (Bild: iStock / pixelrainstudio)
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Schnaps hilft bei der Verdauung
Ein Schnaps nach dem Essen hilft bei der Verdauung und lindert das Völlegefühl? Ganz so ist das nicht richtig. Denn Alkohol unterstützt die Verdauung nicht, er verlangsamt sie. Allerdings stimmt es, dass Schnaps eine entspannende Wirkung auf die Muskulatur und dadurch auch den Magen hat. Das verursacht ein angenehmes Gefühl. (Bild: iStock /ESOlex)
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Bier auf Wein, das lass sein ...
"Bier auf Wein, das lass sein. Wein auf Bier, das rat' ich dir!" Viele richten sich nach diesem Spruch und trinken nach einem Wein kein Bier mehr. Zu Recht? Bisher konnte tatsächlich noch niemand beweisen, dass das stimmen könnte. Am Ende kommt es nur auf den Alkoholgehalt an und nicht darauf, in welcher Reihenfolge was getrunken wird. (Bild: iStock / Wavebreakmedia)
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Wer durcheinander trinkt, wird schneller betrunken
Wer durcheinander trinkt, wird schneller betrunken? Auch hinter diesem Mythos steckt kein Fünkchen Wahrheit. Wie auch bei dem Spruch "Bier auf Wein, das lass sein ..." kommt es nicht auf die Reihenfolge der Getränke an, sondern auf die Menge. Das ist also ebenso Unsinn - und verhindert nicht den Kater am nächsten Morgen. (Bild: istock / jacoblund)
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