Abteilungsleiter und mitarbeiter haben gleiche rechte

Wäre Jekabs Leititis zehn Jahre jünger, hätte er seinen Job als Geschäftsführer der Kliniken der Stadt Köln im Jahr 2009 behalten – das vermutete er selbst zumindest. Damals war Leititis 62 Jahre alt. Sein Vertrag lief aus und wurde nicht verlängert.

Stattdessen machte der Aufsichtsrat einen 44-Jährigen zum Geschäftsführer der Krankenhäuser und damit zu Leititis’ Nachfolger. Der so Ersetzte fühlte sich wegen seines Alters diskriminiert – und verklagte die Stadt Köln auf Schadenersatz.

Zwar betonten die Kliniken nachträglich, dass sie den Vertrag in Wahrheit nicht wegen Leititis’ Alter hätten auslaufen lassen, sondern weil es ihm an den nötigen Qualitäten gemangelt habe. Doch der Bundesgerichtshof (BGH) gab Leititis in zweiter Instanz Recht, die Stadt musste Schadenersatz zahlen.

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Medienberichten zufolge hatte ein Mitglied des Klinik-Aufsichtsrats zum Beispiel erklärt, dass man sich wegen des „Umbruchs auf dem Gesundheitsmarkt“ einen Klinikleiter wünschte, der das Unternehmen „langfristig in den Wind stellen“ könne.

Die Stadt wollte die Stelle für fünf Jahre besetzen, schickte Mitarbeiter damals aber grundsätzlich mit 65 Jahren in Rente – der 62-jährige Leititis konnte die gewünschte Kontinuität ganz augenscheinlich nicht bieten.

Altersdiskriminierung: Das sagt das Gesetz

Der BGH berief sich in Leititis’ Fall auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), umgangssprachlich auch Antidiskriminierungsgesetz genannt.

Es ist im Jahr 2006 in Kraft getreten und soll, wie der Name schon sagt, verhindern, dass Menschen wegen ihrer Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung benachteiligt werden oder weil sie eine Behinderung haben, eine bestimmte sexuelle Identität und eben, weil sie in einem bestimmten Alter sind.

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Dabei bezieht sich das Gesetz explizit auch auf Benachteiligung und Ausgrenzung am Arbeitsplatz, wie beim ehemaligen Klinik-Chef Leititis. Seine Situation bekam besonders viel Aufmerksamkeit, weil in Sachen AGG damals zum ersten Mal ein Gericht zugunsten eines Managers entschied.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes meldet, dass es in rund 16 Prozent ihrer Beratungsgespräche um Altersdiskriminierung geht. Auch eine Studie der Job- und Recruiting-Plattform Glassdoor aus dem Jahr 2019 zeigt: Altersdiskriminierung ist nach der Benachteiligung aufgrund des Geschlechts die häufigste Form der Diskriminierung im Berufsleben.

Altersdiskriminierung im Job: So zeigt sie sich

Altersdiskriminierung im Job kann viele Formen annehmen. Juristisch unterscheidet man zwischen unmittelbarer und mittelbarer Benachteiligung, erklärt Christine Chalupa. Sie ist Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Wittig Ünalp und sagt: „Bei der unmittelbaren Benachteiligung werden Arbeitnehmer wegen ihres Alters direkt erkennbar schlechter behandelt.“

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Ein Beispiel: Ein jüngerer, aber ansonsten gleichgestellter Arbeitnehmer darf mehr Fortbildungen besuchen, weil er nach Ansicht des Arbeitgebers voraussichtlich länger im Unternehmen bleibt als sein älterer Kollege und dem Betrieb damit einen größeren Nutzen bringt. „Das ist eine unmittelbare Benachteiligung des älteren Arbeitnehmers“, sagt Chalupa.

Eine mittelbare Benachteiligung am Arbeitsplatz nachzuweisen, sei etwas komplexer. „Dabei ist oft nicht auf den ersten Blick erkennbar, dass eine Diskriminierung der älteren Arbeitnehmer vorliegt“, erklärt die Fachanwältin: „Man sieht es nur dann, wenn man einen direkten Vergleich zwischen den Altersgruppen anstellt.“

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In der Praxis kann das Chalupa zufolge etwa vorliegen, wenn es in einer Stellenbeschreibung heißt, dass das Unternehmen einen Angestellten sucht, der gerade frisch aus einer Ausbildung kommt. Denn diese Eigenschaft trifft eben häufig auf jüngere und nicht auf ältere Bewerber zu.

Altersdiskriminierung: Wer ist betroffen?

Beim Thema Altersdiskriminierung hat man meist ältere Menschen im Kopf, Arbeitnehmer über 50 zum Beispiel. Und tatsächlich fühlen sich Angehörige dieser Altersgruppe vor allem bei der Jobsuche häufig ausgegrenzt und benachteiligt.

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Das berichtet etwa Bernhard Franke, kommissarischer Leiter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Er kennt Fälle, in denen schon in der Stellenausschreibung ganz konkret von „einem jungen, dynamischen Team“ die Rede ist, das sich aus „motivierten Kollegen im Alter von 25 bis 45 Jahren“ zusammensetzt.

„Wenn ein Unternehmen, das eine solche Stellenausschreibung veröffentlicht, sich bei zwei Bewerbern mit denselben Voraussetzungen für den 26-Jährigen statt für den 61-Jährigen entscheidet, kann man schon von einer Altersdiskriminierung ausgehen“, sagt Franke.

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Umgekehrt stellen Arbeitgeber ältere Angestellte, deren Zeit im Unternehmen sich dem Ende zuneigt, manchmal buchstäblich aufs Abstellgleis. Sie vertrauen ihnen zum Beispiel keine neuen Aufgaben mehr an, weil es sich „nicht mehr lohnt“. Stattdessen sollen sie sich um Jobs kümmern, für die sie eigentlich überqualifiziert sind.

Auch besonders junge Menschen kann Altersdiskriminierung treffen. Sie erhalten bisweilen zum Beispiel weniger Gehalt oder Urlaubstage als ältere Kollegen mit der gleichen Qualifikation. Bei Beförderungen stecken junge Arbeitnehmer ebenfalls oft zurück.

„Jungen Angestellten wird oft pauschal zugeschrieben, dass sie weniger Erfahrung haben“, sagt Franke. Das sei allerdings nicht immer der Fall. Außerdem können auch Arbeitnehmer, die ihren Job erst wenige Jahre machen, bereits bessere Leistungen bringen als ihre älteren Kollegen.

Altersdiskriminierung: Wie können sich Arbeitnehmer wehren?

Wer einen Arbeitgeber in Sachen AGG angehen will, braucht stichhaltige Beweise. In manchen Fällen ist es relativ leicht, solche Beweise zu liefern, meint Anwältin Chalupa. Zum Beispiel, wenn schon die Stellenausschreibung wie in dem von Bernhard Franke geschilderten Fall mit dem jungen und dynamischen Team diskriminierend formuliert ist.

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„Wenn dann ein älterer Bewerber eine Absage erhält, kann ein Rechtsanwalt vergleichsweise leicht eine Diskriminierung nachweisen“, erklärt Chalupa. „Dann muss der Arbeitgeber erst mal beweisen, dass er den jungen Bewerber nicht wegen seines Alters bevorzugt hat – und das ist schwierig.“

In solchen Situationen bekommen oft die diskriminierten Kläger Recht. Damit erhalten sie einen Anspruch auf Schadenersatz, nicht aber auf den Job, für den sie sich beworben haben. Wichtig: Man muss innerhalb von maximal zwei Monaten nach der Diskriminierung klagen, um vor Gericht Recht zu bekommen.

Alles zum Vorstellungsgespräch

Kompliziert wird eine Klage in Fällen, bei denen die Altersdiskriminierung subtiler abläuft – zum Beispiel, wenn ein Chef älteren Arbeitnehmern keine neuen Projekte mehr gibt oder sie pauschal von Weiterbildungen ausschließt.

Bernhard Franke von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes nennt so etwas Mobbing. „Die Vorgesetzten oder Kollegen mobben ja normalerweise nicht öffentlich, sondern im Vieraugengespräch“, weiß Franke. Das macht es für die Arbeitnehmer schwierig, dagegen vorzugehen.

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Zunächst kann ein Gespräch mit dem Betriebsrat oder einer anderen Beschwerdestelle hilfreich sein. Grundsätzlich sind Arbeitgeber nämlich laut AGG dazu verpflichtet, ihre Mitarbeiter vor Diskriminierung zu schützen – zum Beispiel durch entsprechende Anlaufstellen.

„In schwierigen Fällen rate ich zu einem Mobbing-Tagebuch, das man später einem Anwalt vorlegen kann“, sagt Franke. Ob Arbeitnehmer in einem Unternehmen bleiben möchten, in dem sie über lange Zeit hinweg Diskriminierung erfahren, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

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Dieser Artikel wurde erstmals im März 2021 veröffentlicht.

Wann darf man ungleich behandelt werden?

Eine unterschiedliche Behandlung der Geschlechter ist nur zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist (§ 8 Abs. 1 AGG).

Wann findet der Gleichbehandlungsgrundsatz keine Anwendung?

Keine Anwendung findet der Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn die Besserstellung einzelner Arbeitnehmer unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen erfolgt.

Was versteht man unter dem Gleichbehandlungsgrundsatz?

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz besagt, dass der Arbeitgeber bei begünstigenden Maßnahmen gegenüber seinen Arbeitnehmern keinen einzelnen Arbeitnehmer aus willkürlichen Gründen schlechter als andere, mit ihm vergleichbare Arbeitnehmer behandeln darf.

Wo sind die zulässige Ungleichbehandlungen im Gesetz geregelt?

Nähere Informationen zu den nach dem AGG erlaubten Ungleichbehandlungen finden Sie in dem Handbuchartikel "Diskriminierung - Erlaubte Benachteiligungen".