Bescheid über die gesonderte feststellung des verbleibenden verlustvortrags

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist Steu­er­be­ra­ter und er­zielt dar­aus Einkünfte aus selbständi­ger Ar­beit. Das Fi­nanz­amt folgte zunächst den An­ga­ben des Klägers in der Ein­kom­men­steu­er­erklärung 2013 mit dem An­trag nach § 32d Abs. 6 EStG (Güns­ti­gerprüfung) so­wie dem An­trag auf Überprüfung des Steu­er­ein­be­halt für be­stimmte Ka­pi­tal­einkünfte. Er hatte zu­gleich an­ge­ge­ben, dass Ab­gel­tungs­steuer und Ne­ben­leis­tun­gen nicht ein­be­hal­ten wor­den wa­ren. Das Fi­nanz­amt er­ließ un­ter dem 22.8.2014 erklärungs­gemäß den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid. Nach der Dar­stel­lung des "Ein­kom­mens / zu ver­steu­ern­den Ein­kom­mens" enthält der Be­scheid u.a. fol­gende An­ga­ben:

"Be­rech­nung der Einkünfte, die nach § 32d Abs. 1 EStG be­steu­ert wer­den (Ab­gel­tungs­steuer)

Ka­pi­tal­erträge 36 €
Ver­rech­nung von Ver­lust­vorträgen aus Ka­pi­tal­vermögen (ohne Veräußerung von Ak­tien) -36 €
Ka­pi­tal­erträge i.S.d. § 32d Abs. 1 EStG 0 €

zu ver­steu­ern nach dem Grund­ta­rif 3.250 €
ab Ermäßigung für Hand­wer­ker­leis­tun­gen 12 €
zu ver­steu­ern nach § 32d Abs. 1 EStG 0 €
fest­zu­set­zende Ein­kom­men­steuer 3.238 € "

In dem zeit­gleich er­gan­ge­nen Be­scheid über die ge­son­derte Fest­stel­lung des ver­blei­ben­den Ver­lust­vor­trags zur Ein­kom­men­steuer auf den 31.12.2013 min­derte das Fi­nanz­amt den Ver­lust­vor­trag für Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen (ohne Veräußerung von Ak­tien) um die vor­ge­nann­ten 36 € und stellte den ver­blei­ben­den Ver­lust­vor­trag in­so­weit mit 10.389 € fest. Beide Be­scheide er­gin­gen un­ter dem Vor­be­halt der Nachprüfung nach § 164 AO. Be­reits un­ter dem 8.9.2014 hob das Fi­nanz­amt den Vor­be­halt der Nachprüfung für den Be­scheid über Ein­kom­men­steuer 2013 wie­der auf. Der Kläger er­hob - zunächst ohne Begründung - frist­ge­recht Ein­sprüche ge­gen die bei­den Steu­er­be­scheide.

Mit Schrei­ben vom 1.10.2014 machte der Kläger erst­mals gel­tend, durch ins­ge­samt drei Wert­pa­pierkäufe (Op­ti­ons­scheine - DAX Puts), die letzt­lich we­gen der an­ders ver­lau­fen­den Ent­wick­lung des DAX ver­fal­len seien, im Streit­jahr aus den ver­geb­li­chen An­schaf­fungs­kos­ten einen Ver­lust von 7.060 € er­lit­ten zu ha­ben. Die­ser Ver­lust sei we­der in den Erträgnis­auf­stel­lun­gen der Bank noch in dem bei der Bank geführ­ten "Ver­lust­topf" berück­sich­tigt wor­den, weil die Bank sich nach der Rechts­lage nicht für be­rech­tigt ge­hal­ten habe, sol­che Ver­luste zu berück­sich­ti­gen.

Er be­an­tragte, die rea­li­sier­ten Ka­pi­tal­ver­luste im Rah­men der ge­son­der­ten Fest­stel­lung des ver­blei­ben­den Ver­lust­vor­trags zur Ein­kom­men­steuer auf den 31.12.2013 gem. § 20 Abs. 6 S. 3 und 4 EStG noch zu berück­sich­ti­gen. Zu­gleich nahm er sei­nen Ein­spruch ge­gen den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid 2013 zurück. Das Fi­nanz­amt wies den Ein­spruch ge­gen den Ver­lust­fest­stel­lungs­be­scheid zurück

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt.

Die Gründe:
Der an­ge­foch­tene Be­scheid über die ge­son­derte Fest­stel­lung des ver­blei­ben­den Ver­lust­vor­trags zur Ein­kom­men­steuer auf den 31.12.2013 ist rechts­wid­rig und ver­letzt den Kläger in sei­nen Rech­ten, da das Fi­nanz­amt den in­so­weit änder­ba­ren Be­scheid nicht geändert hat und die zusätz­li­chen Ver­luste des Klägers i.H.v. 7.060 € nicht bei dem ver­blei­ben­den Ver­lust­ab­zug nach § 10d Abs. 4 EStG für die Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen (ohne die Veräußerung von Ak­tien) fest­ge­stellt hat. Das Fi­nanz­amt war nicht gem. § 10d Abs. 4 S. 4 EStG ge­hin­dert, einen geänder­ten Be­scheid über die ge­son­derte Fest­stel­lung des ver­blei­ben­den Ver­lust­vor­trags zur Ein­kom­men­steuer auf den 31.12.2013 zu er­las­sen, da es sich im Streit­fall nicht um Be­steue­rungs­grund­la­gen han­delte, die den Steu­er­fest­set­zun­gen des Ver­an­la­gungs­zeit­raums zu Grunde ge­legt wor­den sind.

Durch die Neu­fas­sung des § 10d Abs. 4 S. 4 und 5 EStG mit dem JStG 2010 hat der Ge­setz­ge­ber grundsätz­lich als Vor­aus­set­zun­gen für eine Ände­rung der Ver­lust­fest­stel­lung die Änder­bar­keit des ent­spre­chen­den Steu­er­be­schei­des ein­geführt. Die Be­steue­rungs­grund­la­gen des be­standskräfti­gen Steu­er­be­schei­des sind zwin­gend im Ver­lust­fest­stel­lungs­be­scheid zu berück­sich­ti­gen. An­de­rer­seits wer­den die Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen durch die Einführung der Ab­gel­tungs­steuer in § 32d EStG re­gelmäßig nicht mehr im Steu­er­be­scheid selbst er­fasst. Le­dig­lich durch einen An­trag nach § 32d Abs. 6 EStG (Güns­ti­gerprüfung) können sol­che Einkünfte im Ein­zel­fall, wenn die Güns­ti­gerprüfung zu einem für den Steu­er­pflich­ti­gen güns­ti­ge­ren Er­geb­nis führt, bei der Be­rech­nung des zu ver­steu­ern­den Ein­kom­mens ein­be­zo­gen wer­den. In­so­weit wer­den sie dann auch Be­steue­rungs­grund­la­gen für die Steu­er­fest­set­zung im Ein­kom­men­steu­er­be­scheid. Vor­lie­gend sind die Einkünfte des Klägers aus Ka­pi­tal­vermögen nicht in die Steu­er­fest­set­zung des Ein­kom­men­steu­er­be­schei­des ein­ge­flos­sen. Eine Bin­dungs­wir­kung an den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid ist nicht ein­ge­tre­ten.

Die Auf­wen­dun­gen des Klägers für die durch Zeit­ab­lauf wert­los ge­wor­de­nen Op­tio­nen (Dax Puts) sind als Veräußerungs­ver­lust i.S.d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a i.V.m. Abs. 4 S. 5 EStG i.H.v. 7.060 € steu­er­min­dernd bei der Fest­stel­lung des ver­blei­ben­den Ver­lust­ab­zug zu berück­sich­ti­gen und dem­ent­spre­chend fest­zu­stel­len. Nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG gehört zu den Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen der Ge­winn bei Ter­min­ge­schäften, durch die der Steu­er­pflich­tige einen Dif­fe­renz­aus­gleich er­langt. Ter­min­ge­schäft im Sinne die­ser Vor­schrift ist auch das Op­ti­ons­ge­schäft. Hierzu zählen auch Call- und Put-Op­tio­nen. Diese Rechte wer­den be­en­digt, wenn es zu einem Dif­fe­renz­aus­gleich führt.

Kommt es aber - wie bei De­ri­vat­ge­schäften übli­cher­weise - nicht zu einem Ba­sis­ge­schäft, wird das Ter­min­ge­schäft an­der­wei­tig be­en­det, z.B. durch einen Bar­aus­gleich. Die­ser Bar­aus­gleich ist der Dif­fe­renz­aus­gleich i.S.d. vor­ge­nann­ten Norm. Das Ge­setz er­fasst mit dem Bar­aus­gleich nicht nur eine po­si­tive Dif­fe­renz, son­dern fol­ge­rich­tig auch eine ne­ga­tive Dif­fe­renz als Ver­lust, Vor­teil ist auch der Nach­teil, so­weit er auf den Ba­sis­ge­schäft be­ruht. Wird eine sol­che Op­tion nicht ausgeübt und als wert­los von der Bank aus­ge­bucht, bleibt das Ter­min­ge­schäft zwar ohne Dif­fe­renz­aus­gleich im Ba­sis­ge­schäft. Da aber auch eine ne­ga­tive Dif­fe­renz steu­er­bar wäre, muss es für das We­ni­ger - das Nicht­ausüben ei­ner wirt­schaft­lich wert­lo­sen Op­tion - schon we­gen des Ge­bots der Gleich­be­hand­lung des Gleich­ar­ti­gen (Art. 3 Abs. 1 GG) ebenso sein, mit der Folge der Ab­zieh­bar­keit der Op­ti­onsprämien als Wer­bungs­kos­ten.

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Wird der Verlustvortrag automatisch verrechnet?

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Was ist der verbleibende Verlustvortrag?

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Solange kein Einnahmenüberschuss entsteht, werden die erklärten Verluste vom Finanzamt automatisch in die nächsten Jahre übertragen. Erst, wenn laut Steuererklärung die Einnahmen die Verluste übersteigen, endet der Verlustvortrag. Dies ist meist der Fall, wenn das Studium beendet und ein fester Job begonnen wurde.

Was ist ein Verlustvortrag Bescheid?

Bei einem Verlustvortrag werden Verluste mit Gewinnen verrechnet, die man in der Zukunft erwartet. Dadurch wird die Steuerlast gemindert. Verluste werden vom Finanzamt in einem eigenen Steuerbescheid, dem Verlustfeststellungsbescheid, festgesetzt.