Home office gleiches recht für alle

Home office gleiches recht für alle

Im Homeoffice gelten die rechtlichen Grundlagen aus dem Schweizer Obligationen- und Arbeitsrecht genauso wie am Arbeitsplatz. Doch die Voraussetzungen sind unterschiedlich. In einem Reglement sollten Unternehmen deshalb festhalten, wie es um Kostenregelung, Versicherungen, Arbeitsbedingungen und Datensicherheit bei einer Homeoffice-Tätigkeit steht.

Herausforderungen von flexiblen Arbeitsformen

Wer kommt beim Arbeiten im Homeoffice für die Kosten für Computer, Telefon etc. auf? Sind Unfälle mit der Berufsunfallversicherung abgedeckt? Diese und ähnliche Fragen stellen sich, wenn Mitarbeitende statt im Büro im Homeoffice arbeiten, wenn flexible Arbeitsformen bestehen. Grundsätzlich beantwortet das Arbeitsrecht solche Fragen. «Es gelten die gleichen Gesetze, ob am Arbeitsplatz oder zuhause», sagt Lydia Betschart, Leiterin HR bei Infoniqa Switzerland Software and Services AG. Entsprechend gelten gleiche Rechte und Pflichten.

Sowohl die Mitarbeitenden wie auch die Arbeitgeber müssen sich an die vertraglichen Bestimmungen halten (inkl.  Einhaltung von Reglementen, Weisungen etc.). Da es jedoch im Schweizer Gesetz für einige Aspekte des Homeoffice keine explizite Regelung gibt, ist es ratsam, die Rahmenbedingungen in einem Homeoffice-Reglement festzuhalten. Eine schriftliche Vereinbarung sei die beste Grundlage, um Unsicherheiten und Konflikte zu vermeiden. «Mitarbeitende haben grundsätzlich keinen Anspruch, im Homeoffice zu arbeiten. Umgekehrt können auch Arbeitgeber von ihren Mitarbeitenden nicht grundlos verlangen, dass diese zuhause arbeiten und dafür ihre Arbeitsmittel und Räumlichkeiten verwenden müssen», erklärt Betschart. Folgende Aspekte sind bei einem Homeoffice-Reglement zu berücksichtigen:

Kostenregelung

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber die für die Arbeit notwendigen Mittel zur Verfügung stellen. Sofern Geräte wie Computer, Drucker, Büromöbel, etc. im Betrieb vorhanden sind und Mitarbeitende lediglich freiwillig im Homeoffice arbeiten, haben sie keinen Anspruch auf Kostenübernahmen für Arbeitsmittel. Dies, weil sie ja die Gelegenheit haben, im Betrieb zu arbeiten. Wird jedoch eine Pflicht ausgesprochen – etwa, weil im Betrieb kein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder wenn der Arbeitgeber dies ausdrücklich verordnet, sind die Mittel zur Verfügung zu stellen oder die betreffenden Auslagen an die Mitarbeitenden zu bezahlen. Dies kann etwa auch für entsprechende Miet-, Strom- oder Internetkosten gelten.

Wie sieht das während einer Pandemie aus, z.B. wenn der Bundesrat wie in der Corona-Pandemie eine Homeoffice-Empfehlung ausspricht? Bei einer Empfehlung besteht kein gesetzlicher Zwang zum Homeoffice. «Deshalb können Arbeitgeber nicht in die Pflicht genommen werden, für diese Zeit Entschädigungen für Arbeitsgeräte, Raummiete, Internetverbindung, etc. zu bezahlen», erklärt Lydia Betschart. Um den Betrieb jedoch möglichst reibungslos weiterführen zu können, ist es ratsam, dass Unternehmen die nötigen Hilfsmittel zur Verfügung stellen, wenn dies nicht bereits ohnehin der Fall ist. Denn schliesslich hat der Arbeitgeber auch eine Fürsorgepflicht für die Mitarbeitenden und somit dafür zu sorgen, dass die Arbeitnehmer keinen Risiken ausgesetzt werden. «Bei Infoniqa zum Beispiel sind längst alle Mitarbeitenden mit Notebooks und Headsets ausgerüstet, die sie im Homeoffice benutzen können.»

Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass Mitarbeitende etwa für die Miete eines Arbeitsraumes eine Entschädigung vom Arbeitgeber verlangen können – und zwar auch dann, wenn zuvor keine Regelung vereinbart worden ist. Dies geht aus einem Bundesgerichtsentscheid vom April 2019 hervor. Dies kann sogar rückwirkend gelten und auch dann, wenn durch das Arbeiten im Homeoffice für den Mitarbeitenden keine zusätzlichen Kosten anfallen. Doch gilt auch hier: Wer im Betrieb einen Arbeitsplatz zur Verfügung hat und auf eigenen Wunsch zuhause arbeitet, hat keinen Anspruch.

Unfallversicherung

Mitarbeitende sind im Unternehmen grundsätzlich gegen Berufsunfall (BU) versichert. Bei einem Arbeitspensum von über 8 Stunden pro Woche sind die Mitarbeitenden auch gegen Nichtberufsunfälle (NBU) versichert. Die Versicherung unterscheidet, ob ein Unfall während der Arbeit oder in der Freizeit passiert. «Im Homeoffice beziehen sich die Berufsunfälle auf die definierte Arbeitszeit der Mitarbeitenden», sagt Lydia Betschart. «Wenn im Unternehmen beispielsweise Blockzeiten von 8 bis 18 Uhr gelten, sind Unfälle zu diesen Zeiten generell über die BU versichert. An anderen Zeiten jedoch über NBU.»

Für Mitarbeitende macht es keinen Unterschied, durch welche Versicherungsart die Unfallkosten (inkl. Taggelder) übernommen werden. Bei einem BU im Homeoffice gilt für den Arbeitgeber die gleiche Pflicht wie im Unternehmen. Der Arbeitgeber muss den BU lückenlos dokumentieren und allenfalls einen internen Sicherheitsdelegierten zur Schadenaufnahme beim Mitarbeitenden vorbeischicken. Bei Mitarbeitenden mit einem Arbeitspensum von weniger als 8 Stunden pro Woche ist es empfehlenswert, eine NBU-Versicherung über die private Krankenversicherung abzuschliessen. Für Unternehmen gelten unterschiedliche Prämien für BU (Prämie Arbeitgeber) und NBU (Prämienregelung je nach Unternehmen unterschiedlich). Zwischen den Unfallversicherungen kann es bei der Homeoffice-Arbeit unter Umständen zu Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen Betriebs- und Nichtbetriebsunfällen kommen.

Arbeitszeit

So wie im Office muss die Arbeitszeit auch im Homeoffice erfasst werden. Falls möglich, wird dasselbe Zeiterfassungssystem wie am Arbeitsplatz genutzt. Die Vorschriften bezüglich Arbeits- und Ruhezeiten sind ebenfalls einzuhalten. So ist etwa die Nacht- oder Sonntagsarbeit verboten, sofern keine entsprechende Erlaubnis dafür vorliegt. «Da wir dies nicht kontrollieren wollen und können, appellieren wir an die Eigenverantwortung», sagt Betschart. Werden die Arbeitszeiten definiert und erfasst, können Verstösse gegen das Nacht- und Sonntagsarbeitsverbot und das Arbeitszeitgesetz verhindert werden. Mit einer schriftlichen Vereinbarung zur Arbeit im Homeoffice sind die Verhältnisse klar. Bei einem BU/NBU oder auch im Falle von Kurzarbeit ist die individuelle Arbeitszeiterfassung essenziell.

Gesundheitsschutz

Gemäss den vom Seco definierten allgemeinen Arbeitsplatzanforderungen soll ein Arbeitsplatz unter anderem über Tageslicht verfügen, eine Mindestgrundfläche von 8 m2 haben, über Abgrenzungsmöglichkeiten verfügen sowie einen ergonomischen Bürostuhl und Schreibtisch aufweisen. Ist dies bei Mitarbeitenden nicht der Fall, dürfen diese nicht im Homeoffice arbeiten.

Datensicherheit und Haftpflicht

Im Homeoffice gelten dieselben Sicherheits- und Geheimhaltungsregelungen wie im Betrieb. Mitarbeitende müssen gewährleisten, dass sensible Daten nicht von Dritten eingesehen werden können oder dass ein Datenverlust entsteht. «Auch hier ist es notwendig, dass Regeln aufgestellt werden, wie mit Daten, Unterlagen und Zugriffen umgegangen werden soll», sagt Lydia Betschart. «Vertrauliche Informationen und Unterlagen sind vom Mitarbeitenden so zu schützen, dass Dritte – und dazu gehören auch Familienangehörige und Lebenspartner – keinen Zugriff erhalten.» Um die Geheimhaltungspflicht wahrzunehmen, sollten Massnahmen wie Passwortschutz und die Vorgaben zur Datensicherheit in der Vereinbarung erläutert werden. Auch ein unterschriebenes Geheimhaltungsdokument trägt dazu bei, dass sowohl die Mitarbeitenden als auch der Arbeitgeber eine gewisse Sicherheit haben und sich ihrer Pflicht bewusst sind.

«Das Risiko für Schäden – etwa bei Datenverlust – trägt grundsätzlich der Arbeitgeber», sagt Lydia Betschart. Von den Mitarbeitenden wird erwartet, dass sie alles unternehmen, damit kein Datenverlust eintrifft. Im Grundsatz gilt hier immer das Prinzip von Treu und Glauben. Die Lohnfortzahlungen müssen analog den vertraglichen Bedingungen gewährleistet sein. Selbst wenn Mitarbeitende beispielsweise wegen Strom- oder Internetstörungen im Homeoffice nicht arbeiten können und gleichzeitig das Arbeiten im Büro nicht möglich ist. Dem Arbeitgeber ist aber freigestellt, zum Beispiel Mittagessensentschädigungen oder Fahrpauschalen an den «normalen» Arbeitsort anteilsmässig zu kürzen.

Tätigkeiten, die Mitarbeitende im Homeoffice im Sinne und Auftrag des Arbeitgebers erbringen, werden im Grundsatz durch die Betriebshaftpflicht des Arbeitgebers abgedeckt. In den allgemeinen vertraglichen Bestimmungen oder in der entsprechenden Versicherungspolice sollte das Thema Homeoffice erwähnt sein. Grundsätzlich haftet, wie eingangs erwähnt, der Arbeitgeber. Falls jedoch eine Fahrlässigkeit nachgewiesen wird, hat der Arbeitgeber wie auch die Versicherung ein Retentionsrecht. Eine Privathaftpflichtversicherung des Mitarbeitenden leistet keine Zahlungen, wenn ein Schaden aufgrund einer Homeoffice-Tätigkeit eintritt.

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Hat man ein Recht auf Homeoffice?

Einen Anspruch auf einen Telearbeitsplatz gibt es derzeit per Gesetz nicht. Aktuell entscheidet noch allein der Arbeitgeber, ob Arbeitnehmer von zuhause aus arbeiten dürfen.

Kann Homeoffice abgelehnt werden?

Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf arbeiten im Homeoffice. Homeoffice kann nicht einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden. Sie können daher auch das Arbeiten im Homeoffice ablehnen, ohne Angst vor einer Kündigung zu haben. Im Homeoffice gilt das Arbeitszeitgesetz.

Wann wird Homeoffice zum Gewohnheitsrecht?

Wer die Belegschaft nicht zeitnah nach dem Ende der Homeoffice-Pflicht ins Büro beordert, löst damit etwa das Entstehen eines Gewohnheitsrechts aus.

Welche Gesetze gelten im Homeoffice?

Auch für die Tätigkeit im Homeoffice gilt das Arbeitszeitgesetz. Arbeitnehmer müssen daher auch bei der Arbeit von zu Hause die Regelungen zu Höchstarbeitszeit, Ruhepausen und Ruhezeiten sowie das Verbot von Sonn- und Feiertagsarbeit einhalten.