Wann sind Bauchschmerzen bei Kindern gefährlich?

Kinder leiden häufiger unter Bauchschmerzen – die Ursachen dafür sind vielfältig und werden durch das Alter beeinflusst. Zunächst sind chronische von akuten Bauchschmerzen zu unterscheiden. Chronische Beschwerden ziehen sich meist über Wochen, Monate oder Jahre, wohingegen akute Schmerzen meist wenige Minuten, Stunden, Tage oder auch ein bis zwei Wochen anhalten. Gerade in der Kindermedizin ist es wichtig, sich das Gesamtbild anzuschauen, weiß Kinderärztin Dr. Astrid Kattner, Oberärztin in der Kinder- und Jugendmedizin am Sana Klinikum Hameln-Pyrmont. Die Expertin gibt Tipps, welche Fragen man sich als Eltern stellen sollte.

Gefühlszentrum Kinderbauch

Der Bauch ist ein zentraler Punkt im Körper, sozusagen das Gefühlzentrum. Und Bauschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden im Kindesalter. Die Eltern vermuten häufig hinter jeder Bauchschmerzsymptomatik am ehesten eine Blinddarmentzündung, aber die Ursachen dafür im Kindesalter sind vielfältig und stark abhängig vom Alter der Kinder. Je nach Alter fällt den kleinen Patienten eine Einstufung und Ortung der Schmerzen schwer.

Bei Säuglingen und Kleinkindern können überwiegend Koliken, Magen-Darm-Infekte und Verstopfung verantwortlich sein, aber eben auch gänzlich andere Infektionen an einer anderen Stelle des Körpers wie zum Beispiel Mittelohrentzündungen oder Lungenentzündungen. Bei Kindern in diesem Alter ist die Ursache daher auch schwieriger festzustellen. Anzeichen können Wimmern oder Schreien, Nahrungsverweigerung, Krümmen, Anziehen der Beine, Erbrechen, Durchfall und/oder Fieber sein.

Ältere Kinder können ihre Schmerzen meist gut beschreiben und auch lokalisieren. Allerdings können auch nicht organische Ursachen wie etwa seelische Probleme, Stress oder Angst Bauchschmerzen verursachen, sogenannte psychosomatische Beschwerden.

Bauchschmerzen als Alarmsignal

Den Weg zum Arzt sollten Eltern vor allem dann suchen, wenn ihnen folgende Punkte auffallen:

  • starke, schwere Bauchschmerzen (krampfend, stechend oder auch wandernder Schmerz), wenn der Bauch sehr hart ist bzw. die Bauchdecke stark angespannt ist
  • anhaltende Bauchschmerzen (auch nach Darmentleerung), intervallartig wiederkehrenden oder zunehmenden Bauchschmerzen
  • schlechter oder sich verschlechternder Allgemeinzustand des Kindes
  • weiteren Symptomen wie Fieber, Schüttelfrost, Durchfall, Erbrechen, galligem oder blutigem Erbrechen, Blässe oder Appetitlosigkeit und Abgeschlagenheit, Blut im Stuhl
  • schon länger ohne erkennbare Ursachen bestehende Bauchschmerzen
  • chronische Bauchschmerzen, insbesondere auch bei Gewichtsverlust und Gedeihstörung
  • anhaltende oder häufige Durchfälle über eine Dauer von mehr als 4 Wochen
  • Fieber im Säuglingsalter (insbesondere unter 6 Monaten), zudem, wenn das Kind dabei teilnahmslos oder blass wirkt

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    Mädchen mit Bauchschmerzen: Die Ursachen sind vielfältig, oft harmlos - aber nicht immer

    Mädchen mit Bauchschmerzen: Die Ursachen sind vielfältig, oft harmlos - aber nicht immer

    Foto: Corbis

    Dass es dem Mädchen nicht gut geht, sieht Andreas Busch sofort. Immer wieder habe sie Bauchweh, erzählt die 14-Jährige dem Oberarzt in der Ambulanz für Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung der Uni-Kinderklinik in Tübingen. "Seit mehr als einem Jahr gehen wir von Arzt zu Arzt, aber keiner hat herausgefunden, was es ist", sagt das Mädchen. Die 14-Jährige erzählt, sie spüre die Schmerzen im gesamten Bauch, sie träten nie nachts auf. Ihr Stuhlgang sei völlig normal, andere Beschwerden habe sie auch nicht.

    Busch hat sofort einen Verdacht: Funktionelle Bauchschmerzen. "Das sind Schmerzen, bei denen kein Organ wirklich krank ist", sagt er, "aber trotzdem haben die Kinder etwas." Der Arzt ist der Meinung, Kinder würden zu häufig "in die Psychokiste" gesteckt. "Kinder mit funktionellen Bauchschmerzen haben primär keine psychischen Probleme, sondern ihr Darm reagiert empfindlicher als bei anderen Kindern", sagt Busch.

    Bei ihnen verursacht schon eine leichte Dehnung des Darms durch Stuhl Schmerzen, während andere das gar nicht spüren. Gleichwohl hätten manche Kinder aber tatsächlich Bauchweh durch psychische Probleme, sagt Busch. "Die Schmerzen sind dann aber in der Regel nicht so stark, und die Kinder haben noch andere Beschwerden, zum Beispiel keinen Appetit mehr oder Schlafstörungen."

    Die Ursachen eingrenzen

    ALARMSIGNALE BEI BAUCHSCHMERZEN

    Folgende Symptome bei Kindern könnten auf eine ernstzunehmende Krankheit an einem Organ hinweisen:· wiederkehrendes Erbrechen
    · länger als zwei Wochen Durchfall
    · Blut im Stuhl
    · Kind wächst nicht richtig
    · Verzögerte Pubertät
    · Leistungsknick
    · Bauchschmerzen, die das Kind nachts wecken
    · Fieber
    · Gelenkschmerzen
    · Bei Mädchen: Ausbleibende Regelblutung, Schmerzen bei der Menstruation
    · Schmerzen beim Wasserlassen
    · Magen-Darm-Krankheiten in der FamilieEine Liste von Kinder-Gastroenterologen finden Sie hier. 

    Bevor er die Diagnose funktionelle oder psychisch verursachte Bauchschmerzen stellt, muss er mit Blut- oder anderen Untersuchungen Krankheiten an Organen ausschließen - vor allem wenn ein Kind noch bestimmte andere Beschwerden hat, etwa dass die Schmerzen auch nachts auftreten oder es immer wieder erbricht. "Diese Alarmzeichen sagen uns, dass ein Organ nicht richtig funktioniert", sagt Marc Sidler, Oberarzt an der Uni-Klinik Basel und niedergelassener Kinderarzt.

    Sidler sieht in seiner Praxis täglich Kinder mit Bauchweh. Akute Bauchschmerzen würden oft durch eine Magen-Darm-Grippe verursacht, sagt er, bei chronischen komme es auf das Alter der Kinder und den Ort der Schmerzen an. Bei Kleinkindern, die nicht richtig wachsen, immer wieder erbrechen und Durchfall haben, stecke oft eine Nahrungsmittel-Unverträglichkeit dahinter, zum Beispiel gegen Gluten.

    Bei Schulkindern mit chronischen Schmerzen im Oberbauch denkt er eher an eine Magenschleimhautentzündung, bei Jugendlichen unter anderem an chronisch-entzündliche Darmkrankheiten. "Weiß der Kinderarzt nicht weiter, sollte man sich zum Kinder-Gastroenterologen überweisen lassen", sagt Busch. "Die Erwachsenen-Gastroenterologen kennen sich oft mit den speziellen Darmproblemen bei Kindern nicht so gut aus."

    Manchmal ist schnelles Handeln nötig

    Wann aber genügt ein niedergelassener Arzt und wann sollte man sofort in die Klinik fahren? "Treten die Schmerzen plötzlich auf, sind sie offensichtlich sehr schlimm, und kommt noch Erbrechen hinzu: sofort in die Klinik", sagt Stefan Holland-Cunz, Chef-Kinderchirurg an der Uni-Klinik in Basel.

    Kürzlich habe ihm eine aufgeregte Mutter in der Notaufnahme erzählt, ihr zehn Monate alter Junge sei plötzlich blass geworden, habe die Beinchen angezogen und angefangen zu schreien. Nach wenigen Minuten habe er wieder gespielt, um kurze Zeit später wieder zu brüllen. Nach einem Ultraschall konnte Holland-Cunz die Eltern beruhigen: Ein Stück Darm hatte sich in ein anderes geschoben. Diese sogenannte Invagination löste der Kinderradiologe rasch mit einem Einlauf. Plötzliches, heftiges Erbrechen und starke Bauchschmerzen können aber auch ein Zeichen dafür sein, dass der Darm abgeklemmt ist, etwa durch Verwachsungen nach einer früheren Operation.

    Eine erste Idee hat Holland-Cunz oft schon mit seiner Frage, wie die Fahrt in die Klinik gewesen sei. "Klagt eine 13-Jährige über fürchterliche Bauchschmerzen, fand aber die Autofahrt okay, denke ich an die beginnende Menstruation", sagt der Kinderchirurg. "Sagt sie aber, jede Welle habe fürchterlich weh getan, läuten bei mir die Alarmglocken." Dann ist es vielleicht eine Blinddarmentzündung.

    Diagnose oft erst nach Tagen

    Der siebenjährige Junge, der kürzlich mit dem Rad gestürzt war, hatte nur leichtes Bauchweh, Holland-Cunz behielt ihn trotzdem eine Nacht in der Klinik. Am nächsten Tag sah er, dass sich die Bauchspeicheldrüse entzündet hatte. "Auch Blutungen aus Milz und Leber sind oft erst nach einer gewissen Zeit zu erkennen", sagt er.

    In der Weihnachtszeit etwa kann er dagegen viele der Kinder gleich wieder nach Hause schicken - oft haben sie Bauchweh durch Verstopfung. "Viel Schokolade, wenig Ballaststoffe und Bewegung: Da wird der Stuhl bei jedem zu fest." Andreas Busch und Marc Sidler sehen immer häufiger Kinder mit chronischer Verstopfung. "Das liegt am Lebensstil mit zu viel Weißbrot, zu wenig Obst und Gemüse und wenig Bewegung", sagt Busch. "Mich wundert, dass immer weniger auf gute Ernährung geachtet wird - dabei kann man sich heute im Internet doch gut informieren."

    Diagnose

    Psyche

    Behandlung

    Wann mit Kind ins Krankenhaus bei Bauchschmerzen?

    Wenn sich die Bauchschmerzen nach etwa einer Stunde nicht bessern oder sich der Schmerzanfall wiederholt. Wenn gleichzeitig noch andere Symptome wie Durchfall, blutiger Stuhl, Fieber, Erbrechen, Schüttelfrost auftreten. Wenn die Bauchdecke sehr angespannt ist.

    Wann Notarzt bei Bauchschmerzen?

    Treten eines oder mehrere der folgenden Symptome auf, rufen Sie umgehend den Notarzt und leisten Sie Erste Hilfe: plötzliche, heftige Bauchschmerzen, die für Betroffene kaum auszuhalten sind (Vernichtungsschmerz) rasche Verschlechterung des Allgemeinzustands. Fieber, Unruhe, Atemnot, Kollaps bis hin zum Schock.

    Was tun wenn Kinder Bauchkrämpfe haben?

    Viel Kuscheln, Geschichten vorlesen oder ruhiges Spielen hilft bei harmlosen Bauchschmerzen. Eine Wärmflasche oder auch Kühlen, Fenchel-, Anis- oder Kümmeltee, fettarme Schonkost helfen oftmals auch schon. Bei Krämpfen kann auch ein entspannendes Bad oder eine sanfte Bauchmassage Linderung verschaffen.

    Wie erkennt man einen Darmverschluss bei Kindern?

    Das Kind erbricht sich, sein Bauch wirkt gebläht, sein Stuhl enthält Schleim und Blut. Alle diese Anzeichen weisen auf eine Darmeinstülpung mit Darmverschluss hin“. Dann sollten Sie schnellstmöglich mit Ihrem Kind einen Arzt aufsuchen.