Show
Kind krank Was Arbeitgeber über die Rechte von Eltern wissen müssen Wie lange dürfen Mitarbeiter im Corona-Winter 2021/22 zu Hause bleiben, wenn ihr Kind krank ist? Und wer bezahlt dann ihr Gehalt? Die aktuellen Fragen und Antworten.
Für Eltern von kleinen Kindern eine typische Situation: Die Kita ruft an, das Kind hat Fieber oder Durchfall und muss sofort abgeholt werden. In Zeiten von Corona hat sich die Situation noch verschärft, eine leichte Schnupfnase reicht, und die Kinder werden nach Hause geschickt. „In so einem Fall darf der
Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz verlassen, um sich um sein krankes Kind zu kümmern – wenn keine andere im Haushalt lebende Person die Betreuung übernehmen kann“, sagt Kathrin Bürger, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Beiten Burkhardt. Der Mitarbeiter muss seinen Vorgesetzten natürlich darüber informieren, dass er nach Hause geht. Da ist die
Gesetzgebung nicht eindeutig. Paragraf 45 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), der die Zahlung von Krankengeld regelt, zielt nur auf Kinder ab, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben (oder behindert und auf Hilfe angewiesen sind). Eltern können sich laut Bürger aber auch auf
Paragraf 275 Absatz 3 in Verbindung mit Paragraf 616 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) beziehen: Darin wird geregelt, wann Arbeitnehmer aufgrund einer „vorübergehenden Verhinderung“ bezahlt von der Arbeit freigestellt werden müssen – und dort findet sich keine Altersbegrenzung. „Das
Problem ist, dass die Ansprüche aus dem SGB V und dem BGB nebeneinander stehen und keine der Regelungen vorrangig ist“, erklärt Arbeitsrechtlerin Bürger. Man müsse beide Normen stets zusammen lesen – und das führe immer wieder zu Unklarheiten und beschäftige die Gerichte. Die elterliche Fürsorgepflicht habe aber in aller Regel Vorrang. Mütter und Väter dürfen also nach Hause gehen, wenn es die Erkrankung ihres Kindes dringend erforderlich macht. Auch dann, wenn das Kind über zwölf ist. Wie lange dürfen Mitarbeiter mit ihrem Kind zu Hause bleiben?Auch hier muss man unterscheiden. Zur PersonKathrin Bürger ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin bei der Wirtschaftskanzlei Beiten Burkhardt in München.Nach Paragraf 45 SGB VBeziehen sich Angestellte auf Paragraf 45 SGB V, ist genau geregelt, wie lange der Arbeitgeber sie unbezahlt freistellen muss – wenn das Kind jünger als zwölf ist. Bislang standen jedem Elternteil pro Kind 10 Kinderkrankentage im Jahr zu (Alleinerziehende: 20). Im Zuge der Corona-Pandemie wurde der Satz auf je 15 Tage (Alleinerziehende: 30) angehoben, doch diese Regelung lief zum Jahresende 2020 aus. Anfang Januar 2021 hatte das Bundeskabinett eine Regelung auf den Weg gebracht, das die Ansprüche auf Kinderkrankengeld verdoppelt. Im April wurde der Anspruch auf Kinderkrankengeld noch einmal erhöht. Angesichts der Rekord-Inzidenzen im Spätherbst 2021 verlängerte der Gesetzgeber die Regelung bis zum 19. März 2022. Das gilt:
Wichtig: Diese neue Regelung greift auch dann, wenn das Kind gar nicht krank ist, sondern aus anderen Gründen daheim betreut werden muss – etwa weil pandemiebedingt Schulen und Kitas geschlossen sind oder die Präsenzpflicht aufgehoben wurde. So will die Bundesregierung auf die besondere Herausforderung berufstätiger Eltern in der Pandemie eingehen und mögliche finanzielle Einbußen abfedern. Ein ärztliches Attest brauchen Eltern nicht, wenn sie die Kinderkrankentage so nutzen. Sie müssen stattdessen bei der Krankenkasse nachweisen, dass ein akuter Betreuungsbedarf besteht, etwa durch eine Bescheinigung der Kita oder Schule. Eltern dürfen ihre Kinderkrankentage komplett verwenden, um einen zusätzlichen Betreuungsbedarf infolge der Coronavirus-Pandemie abzudecken – auch dann, wenn sie im Homeoffice arbeiten. Mehr dazu lesen Sie hier: Coronavirus und Kinderbetreuung: Wer zahlt, wenn Eltern ihre Kinder zuhause betreuen müssen? Ansprüche
übertragen Beschäftigte in
Teilzeit Nach Paragraf 616 BGBIn Paragraf 616 BGB gibt es dagegen keine klare Aussage, wie lange Arbeitnehmer zur Pflege kranker Kinder zuhause bleiben können. Es heißt: „Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.“ „Was als verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit angesehen wird, ist Auslegungssache“, sagt Bürger. „Man hat versucht, da die zehn Tage aus dem SGB V hineinzulesen – aber das ist nicht eindeutig.“ In vielen Arbeitsverhältnissen ist deshalb explizit geregelt, ob und wie lange Mitarbeiter zur Pflege eines kranken Kindes zu Hause bleiben können und dabei weiter das volle Gehalt bekommen. Laut Paragraf 29 im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) müssen Arbeitgeber zum Beispiel bis zu vier Tage Sonderurlaub im Jahr für die Pflege eines kranken Kindes unter zwölf Jahren gewähren, sofern Paragraf 45 SGB V nicht greift. Woher bekommt der Mitarbeiter denn dann sein Geld, vom Arbeitgeber oder der Krankenkasse?Auch hier ist es kompliziert. Im Prinzip wird der Arbeitgeber vom Gesetz dazu angehalten, den Mitarbeiter bei vollen Bezügen freizustellen. Aber dazu verpflichtet ist er nicht. Arbeitgeber dürfen deshalb individuelle Regelungen festlegen und beispielsweise sagen, dass sie die Mitarbeiter nur für drei Tage bezahlt freistellen – oder auch für 10 oder 15. Das regeln häufig Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen. Gibt es eine solche Regelung, muss der Arbeitgeber dem Mitarbeiter laut Bürger tatsächlich die vollen Bezüge zahlen. War der Mitarbeiter beispielsweise für eine Nachtschicht eingeteilt und konnte sie nicht antreten, weil er sich um sein Kind kümmern musste, bekommt er auch den Nachtzuschlag. Mehr zum Anspruch auf Lohnfortzahlung: Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: Wer bekommt wie viel? Können Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung ausschließen?Das ist möglich. „Etwa, indem man Paragraf 616 BGB im Arbeitsvertrag explizit ausschließt. Oder man greift auf eine Formulierung zurück wie ‚Nur tatsächlich geleistete Arbeit wird auch vergütet'“, erklärt Bürger. Aber auch dann haben Arbeitnehmer das Recht, zu Hause zu bleiben. „Ist das Kind unter zwölf und der Arbeitnehmer gesetzlich versichert, fällt er auf die Regelung zurück, dass die Krankenkasse Krankengeld bezahlt.“ Wie bekommen Angestellte Kinderkrankengeld?Gesetzlich Versicherte haben unter den in Paragraf 45 SGB V beschriebenen Bedingungen Anspruch auf Kinderkrankengeld. Es beträgt in der Regel 70 Prozent des Bruttoverdienstes, maximal aber 90 Prozent des Nettoverdienstes. Um es zu beziehen, müssen die Versicherten den Krankenschein (bzw. den Nachweis, dass wegen geschlossener Schule oder Kita ein Betreuungsbedarft besteht) bei ihrer Krankenkasse einreichen. Privat versicherte Mitarbeiter haben keinen Anspruch auf das sogenannte Kinderkrankengeld – auch nicht in Coronazeiten. Sie regeln die Situation häufig mit einer entsprechenden Zusatzversicherung. Gibt es auch keine anderslautende Vereinbarung im Arbeitsvertrag, zahlt der Arbeitgeber für die Zeit ihrer Abwesenheit nicht. Was, wenn das Kind länger krank ist?Eltern wissen: Gerade der erste Kita-Winter ist hart, kleine Kinder nehmen dann häufig jeden Infekt mit und sind ständig krank. Doch mehr als die aktuell 30 Tage unbezahlter Freistellung pro Kalenderjahr und Kind stehen Arbeitnehmern nicht zu. „Wenn der Arbeitgeber verständnisvoll ist und es die Aufgaben erlauben, kann man sich darauf verständigen, dass der Mitarbeiter in dieser Zeit im Homeoffice arbeitet“, sagt Bürger. Geht das nicht, bleibt dem Arbeitnehmer keine andere Wahl, als Urlaub zu nehmen. Und auch wenn es für geplagte Eltern der einzige Ausweg erscheint: Sie dürfen in dieser Situation nicht krankfeiern, wenn sie selbst gesund sind. Hegen Arbeitgeber diesen Verdacht, dürfen sie ab dem ersten Krankheitstag ein Attest von der Mutter oder dem Vater verlangen. Wenn sowohl Mutter als auch Kind krank sind, darf dann auch der Vater zuhause bleiben?Es hat die halbe Familie erwischt? „Wenn die Mutter arbeitsunfähig erkrankt ist und das Kind aufgrund dieser Tatsache nicht betreuen kann, greifen die gesetzlichen Regelungen und der Vater hat Anspruch darauf nach Hause zu gehen“, so Bürger. Ob er in diesem Fall auch bezahlt freigestellt werden muss, ist strittig. Man geht aber davon aus, dass Arbeitnehmer mit einer solchen Forderung gute Chancen haben. Wie können sich Chefs auf Ausfälle wegen kranker Kinder einstellen?„Wer Eltern von kleinen Kindern im Team hat, muss damit rechnen, dass die Kleinen häufiger mal krank sein können“, sagt die Arbeitsrechtlerin. Da sei es sinnvoll, mit einer gewissen Personalreserve zu planen und je nach Branche Springer oder Aushilfen in der Hinterhand zu haben. Besonders im Falle des Coronavirus sollten solche Engpässe frühzeitig geplant werden. Hilfreich sei zudem, Übergabeprozesse gut zu planen und Mütter und Väter, die wegen ihrer Kinder ausfallen könnten, möglichst in Teams arbeiten zu lassen, damit die Kollegen die Aufgaben spontan übernehmen können. 100 Ideen, die Ihr Unternehmen voranbringenSie wünschen sich motivierte Mitarbeiter, mehr Produktivität oder zufriedene Kunden? Unsere 100 Ideen bringen Sie und Ihr Unternehmen diesem Ziel näher. Jetzt anmelden! Wer zahlt Wenn ich auf mein Kind krankgeschrieben bin?Wenn ein Kind krank wird und ein Elternteil daher nicht zur Arbeit gehen kann, müssen Sie als Arbeitgeber für diese Zeit das Entgelt fortzahlen, sofern dies nicht vertraglich ausgeschlossen wurde. Ist der Anspruch ausgeschlossen, zahlt die Krankenkasse dem entsprechenden Elternteil Krankengeld.
Kann man sich krankschreiben lassen wenn das Kind krank ist?Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) stellt sicher, dass sich jeder Arbeitnehmer pro Kind und Jahr maximal für zehn Arbeitstage unbezahlt freistellen darf. Alleinerziehende haben sogar Anspruch auf 20 Tage. Von diesem Recht kannst du aber nur Gebrauch machen, wenn dein Kind jünger als 12 Jahre ist.
Wie hoch ist das Krankengeld bei Kind krank?Das Kinderkrankengeld beträgt regulär 90 Prozent des entgangenen Nettoentgelts. Sofern Sie an Ihren Mitarbeiter in den letzten 12 Monaten einmalige Zahlungen geleistet haben (z.B. Weihnachts- oder Urlaubsgeld), beträgt das Kinderkrankengeld 100 Prozent des entgangenen Nettoentgelts.
Was mache ich wenn mein Kind krank ist und ich arbeiten muss?Arbeitnehmer dürfen zuhause bleiben, wenn das Kind krank ist
Sie sind bei der Arbeit und erhalten den Anruf, dass Ihr Kind krank ist. Sie müssen es aus der Kita oder Schule abholen und nach Hause bringen. Dürfen Sie dafür Ihren Arbeitsplatz verlassen, um sich um Ihr krankes Kind zu kümmern? Ja, Sie dürfen.
|