Stand: 13.07.2021 10:22 Uhr Show
Schwindel kann vielfältige Ursachen haben, die jeweils unterschiedliche Therapien erfordern. Unterschieden wird zwischen zentralem und peripherem Schwindel. Schwindel ist keine Krankheit, sondern ein Symptom. Es entsteht ein Gefühl, dass sich die Umgebung oder der eigene Körper dreht oder schwankt. Dabei handelt es sich nicht um Bewegungen, sondern um eine gestörte Wahrnehmung der Umgebung. So funktioniert das Gleichgewichtsorgan im InnenohrDas Gleichgewichtsorgan im Innenohr ist dafür verantwortlich, dass Menschen nicht aus der Balance geraten. Es besteht aus drei mit Flüssigkeit gefüllten Bogengängen, in denen sich Sinneszellen befinden. Bei jeder Bewegung werden die Zellen aktiviert und liefern Informationen an das Gehirn. Dort findet ein Abgleich mit Informationen der Augen, der Stellung von Gelenken und der Muskulatur statt. Das Gehirn berechnet daraus die Position des Körpers im Raum. Passen eine oder mehrere Informationen nicht zueinander, entsteht Schwindel. Zentralen und peripheren Schwindel unterscheidenEs gibt zwei Arten von Schwindel:
Lagerungsschwindel ist harmlosDie häufigste krankhafte Schwindelform ist der Lagerungsschwindel. Etwa 2 bis 2,5 Prozent der Bevölkerung sind betroffen. Diese Art des Schwindels
ist unangenehm, aber harmlos. Typische Symptome:
Lagerungsschwindel entsteht in der Regel, wenn sich im hinteren Bogengang eines Gleichgewichtsorgans Kalziumkristalle (Otolithen) ansammeln. Bei bestimmten Bewegungen bewegen sich die Kristalle mit der Schwerkraft in der Lymphflüssigkeit des Bogenganges und reizen die Sinneshärchen. Dadurch ist das Gehirn irritiert, Drehschwindel entsteht. Typische Auslöser für Lagerungsschwindel:
Gegen Lagerungsschwindel helfen ÜbungenWarum sich Kalziumkristalle im Gleichgewichtsorgan bilden und ablösen, ist nicht geklärt. Vermutlich handelt es sich um einen normalen Alterungsprozess. In den meisten Fällen bildet sich Lagerungsschwindel von selbst zurück. Falls nicht, können spezielle Übungen helfen. In einer Studie mit mehr als 200 Betroffenen waren 98 Prozent nach drei Sitzungen geheilt. Morbus Menière kann Schwindel verursachen
Ein weiterer Grund für Schwindel kann Morbus Menière sein. Die Erkrankung des Innenohres beeinträchtigt die Funktion des Gleichgewichtsorgans erheblich. Schwindel und Übelkeit treten sehr plötzlich auf, oft verbunden mit Schwerhörigkeit, Ohrgeräuschen und Druck auf den Ohren. Schwindel durch Entzündung des GleichgewichtsnervsEin einseitiger Ausfall eines Gleichgewichtsorgans ist in der Regel die Folge einer Entzündung des Gleichgewichtsnervs. In den meisten Fällen werden die Entzündungen durch Herpesviren verursacht. Bei der sogenannten Neuritis vestibularis tritt plötzlich Dreh- und Kippschwindel, verbunden mit Übelkeit und Erbrechen, auf. Betroffene neigen zu Stürzen und haben sichtbare Störungen der Augenbewegung (Nystagmus). Typischerweise nehmen die Beschwerden in den ersten Stunden rasch zu, bleiben einige Tage und bilden sich schließlich innerhalb von Tagen bis Wochen zurück. Die Besserung der Beschwerden ist darauf zurückzuführen, dass das Gehirn lernt, den Ausfall eines Gleichgewichtsorgans zu kompensieren. Zur Behandlung können Kortisonpräparate eingesetzt werden. Schwindel kann auch psychische Ursachen habenSchwindel kann auch psychisch bedingt sein. Experten sprechen dann von einem somatoformen oder psychosomatischen Schwindel. Nach dem gutartigen Lagerungsschwindel ist er die zweithäufigste Schwindelform. Bei etwa 15 bis 20 Prozent der Betroffenen liegt ein somatoformer Schwindel vor. Am häufigsten ist der phobische Schwankschwindel im Rahmen von Angsterkrankungen. Typischerweise treten die Schwindelanfälle dabei nur in bestimmten Situationen, zum Beispiel beim Aufenthalt in großen Menschenmengen oder beim Überqueren großer Plätze auf. Oft werden diese Schwindelattacken von heftigen vegetativen Symptomen wie Schweißausbrüchen, Herzrasen oder Übelkeit begleitet. Beim psychosomatischen Schwindel sind die Gleichgewichtsorgane unversehrt. Daher lassen sich die Beschwerden in den meisten Fällen erfolgreich behandeln. Entscheidend ist, die Betroffenen über die psychischen Hintergründe und die Mechanismen der Schwindelentstehung aufzuklären. Bereits das Wissen darüber erleichtert vielen Betroffenen den Alltag. Im Rahmen von Psychotherapien, kognitiven Verhaltenstherapien und unterstützenden physiotherapeutischen Therapien lernen die Betroffenen, das Schwindelgefühl zu beherrschen und den Teufelskreis von Schwindel und Angst zu unterbrechen. Typischerweise bessern sich die Beschwerden, wenn das Gleichgewichtsorgan gefordert wird. Mit Sport und Bewegung vom Schwindel ablenken
Bei Schwindel durch psychische Auslöser kann Ablenkung durch Sport und Bewegung helfen. Der Körper lernt dadurch, den Schwindel zu kompensieren. Dabei sollten Betroffene mit ungefährlichen Aktivitäten beginnen, die das Gleichgewicht nicht zu sehr fordern. Gut geeignet sind zum Beispiel Nordic Walking und Spinning (Indoor Cycling). Ideal ist ein Gleichgewichtstraining bei Physiotherapeuten, die auf Gleichgewichtsprobleme spezialisiert sind (Vestibulartherapeuten). Wichtig: Die Therapie erfordert Geduld, sie kann mehrere Monate dauern. Soziale Isolation durch erlernten SchwindelWer organischen Schwindel erlebt hat, kann einen sogenannten erlernten Schwindel entwickeln. Betroffene fühlen dann unbewusst einen Schwindel, auch wenn sich keine organische Ursache mehr finden lässt. Das Schwindelgefühl kann zu Fehlhaltungen, Angst vor Stürzen und nicht selten in die soziale Isolation fühlen. Viele Betroffene trauen sich kaum noch aus dem Haus. Ursachen für Schwindel erkennenDie Ursachen für Schwindel lassen sich zum Beispiel in einer Schwindelambulanz herausfinden, in der Spezialisten mehrerer Fachrichtungen zusammenarbeiten. Wichtig dabei sind:
Schwindel mit Medikamenten therapierenWird keine eindeutige behandelbare Ursache für einen chronischen Schwindel gefunden, kann ein Behandlungsversuch mit einem sogenannten Antivertigonosum sinnvoll sein. Diese Medikamente werden zur symptomatischen Therapie des Schwindels eingesetzt: Sie lindern Schwindel und Übelkeit, beseitigen aber nicht deren Ursache. Dabei gibt es fünf Wirkstoffklassen:
Die Kombination aus Cinnarizin und Dimenhydrinat wirkt zugleich auf zentralen und peripheren Schwindel und wird deshalb oft bei chronischem Altersschwindel eingesetzt, bei dem keine einzelne Ursache festzustellen ist. Sie kann Betroffenen helfen, den Schwindel in den Griff zu bekommen und ein Stück Lebensqualität zu gewinnen. Wichtig ist, dass bei einem schon lange bestehenden Schwindel keine sofortige Wirkung zu erwarten ist. In diesem Fall lässt sich erst nach einiger Zeit beurteilen, ob das Medikament den Schwindel effektiv lindern kann oder nicht. Es sollte daher nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt abgesetzt werden, wenn der Erfolg zunächst ausbleibt. Auch der Dopaminantagonist Sulpirid kann bei chronischem Schwindel hilfreich sein, bei leichten Beschwerden auch pflanzliche Alternativen wie Ginkgo zur besseren Durchblutung des Gehirns oder Ingwer gegen Übelkeit. Nebenwirkungen von Schwindel-MedikamentenMedikamente gegen Schwindel wirken im Gehirn. Als häufigste Nebenwirkungen treten Müdigkeit und Benommenheit auf, beides kann zu Schwindelgefühlen führen. Einige Medikamente gegen Schwindel verursachen auch Mundtrockenheit, Sehstörungen und Blutdruckveränderungen. Übungen gegen SchwindelIn vielen Fällen können Betroffene etwas gegen die Ursachen des Schwindels tun. Spezielle Übungen:
Übung: Kreislauf stabilisieren bei niedrigem Blutdruck
Übung: Stabilen Stand ermöglichenBarfuß oder mit Socken auf einen Igelball stellen, dabei im Türrahmen oder an einem Möbelstück festhalten. Die Füße müssen mit Kraft auf den Ball drücken, ihn hin und her bewegen. Abwechselnd den Druck lockern und wieder fest drücken, wie beim Aufpumpen einer Luftmatratze. Die Noppen des Igelballs sorgen für eine bessere Durchblutung der Fußsohlen und stimulieren dort Gleichgewichtsrezeptoren. Diese senden Signale an das Gehirn, das dadurch die Füße besser wahrnimmt. Der Stand wird stabiler, die Füße entspannen sich. Betroffene bekommen mehr Bodenhaftung, wackeln nicht mehr und ihr Schwindel lässt nach. Übung: Gleichgewichtssinn trainierenTanzen trainiert die Orientierung im Raum und stärkt das Gleichgewicht. Die Bewegung nach Musik macht Spaß, lenkt vom Schwindel ab und stärkt das Selbstbewusstsein. Dadurch wird der Schwindel weniger. Ein Tanzpartner gibt Betroffenen Halt - viele haben weniger Angst vor Schwindel. Weitere Informationen
Dieses Thema im Programm: Visite | 13.07.2021 | 20:15 UhrSchlagwörter zu diesem ArtikelMedizinische TherapieBewegungsapparatGehirn
Warum wird mir schwindelig wenn ich den Kopf bewege?Gutartiger Lagerungsschwindel ist eine häufige, harmlose Erkrankung. Bei Seitwärtslage des Kopfs verlagern sich kleinste Steinchen (Otolithen) im Gleichgewichtsorgan des Innenohrs und führen zu heftigen, sekundenlangen Drehschwindelattacken. Sie werden schwächer, wenn sie mehrmals kurz hintereinander provoziert werden.
Warum wird mir immer schwindelig wenn ich aufstehe?Die häufigsten Ursachen für neu auftretenden Schwindel beim Aufstehen sind: Verringertes Blutvolumen (beispielsweise infolge einer Dehydratation (Flüssigkeitsmangel) oder eines Blutverlusts) Medikamente. Längere Bettruhe.
Kann die Halswirbelsäule Schwindel verursachen?HWS-Syndrom: Verspannungen können auf Nerven drücken
Schwindel und Ohrgeräusche können entstehen, wenn sich die an der Halswirbelsäule aktiven Muskeln, der Musculus splenius capitis und der Musculus semispinalis capitis, so verspannen, dass sie auf die aus der Wirbelsäule austretenden Nerven drücken.
Warum wird mir schwindelig wenn ich mich nach vorne beuge?Lagerungsschwindel am häufigsten
Gutartiger Lagerungsschwindel ist die häufigste Schwindelform überhaupt. Darunter leiden oft ältere Menschen. Sie klagen über kurze, heftige Drehschwindelattacken, wenn sie sich hinlegen, im Liegen den Kopf drehen oder sich aus dem Liegen aufrichten.
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