Wer ist der Vater von Horst Kasner?

Horst Kasner gestorben Angela Merkel trauert um ihren Vater

Der Vater von Angela Merkel ist tot. Der Theologe Horst Kasner wurde 85 Jahre alt. Den Kirchenmann verband mit der DDR ein besonderes Verhältnis. Die Bundeskanzlerin sagte alle Termine ab.

Er habe sie "entscheidend geprägt", hat Angela Merkel einmal über ihren Vater gesagt. Jetzt trauert sie um ihn: Am Freitag ist Horst Kasner im Alter von 85 Jahren gestorben.

Kasner, geboren 1926 in Berlin-Pankow, war evangelischer Theologe. Er hatte in Heidelberg und Hamburg studiert und war mit seiner Familie im Jahr 1954, einige Wochen nach der Geburt seiner Tochter Angela, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, von Hamburg in die DDR übergesiedelt. Merkel-Biograf Gerd Langguth schrieb später in einer Biografie über die Kanzlerin, dass das Leben in einem Pfarrhaus in der kirchenfeindlichen DDR sie und ihre Geschwister in besonderer Weise geprägt habe. Seinen Umzug nach Ostdeutschland begründete Kasner in einem Interview mit der "International Herald Tribune" vor sechs Jahren mit den Worten: "Wir wurden dort gebraucht."

Für die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg nahm Horst Kasner in Quitzow eine Pfarrerstelle an. Dort verbrachte Angela Merkel die ersten Jahre ihrer Kindheit.

Der Kirchenmann Kasner hatte zu DDR-Zeiten den Spitznamen "der rote Kasner" inne, da er als Sympathisant des SED-Staates galt. Während seiner Frau Herlind Kasner, einer zwei Jahre jüngeren Latein- und Englischlehrerin, die Tätigkeit im DDR-Schuldienst verwehrt wurde, durften die Kinder der Familie, anders als bei einigen anderen Pfarrersfamilien, ein Hochschulstudium aufnehmen.

Seltene Auftritte in der Öffentlichkeit

Öffentlich in Erscheinung getreten sind Merkels Eltern selten. Als ihre Tochter 2005 und 2009 im Bundestag ins Amt gewählt wurde, war das Ehepaar Kasner auf der Besuchertribüne zu sehen. Zu Beginn der ersten Amtszeit seiner Tochter hatte der Vater stolz gesagt: "Das kommt nicht alle Tage vor." Damals hatte Kasner zum ersten Mal das Reichstagsgebäude in Berlin besucht und sich "sehr beeindruckt" gezeigt.

Der Superintendent der evangelischen Kirchengemeinde Maria Magdalenen in Templin, Uwe Simon, zeigte sich nach dem Tod Kasners betroffen: "Das ist ein großer Verlust. Horst Kasner war ein sehr engagierter Mann", sagte Simon am Samstag der Nachrichtenagentur DPA. Kasner habe bis zuletzt noch im "Kirchlein im Grünen" in Alt Placht bei Templin Trauungen vorgenommen. "Er war die gute Seele des dortigen Fördervereins", sagte Simon.

Wegen dem Tod ihres Vaters hat die Kanzlerin alle Termine am Samstag abgesagt. Geplant war für den Nachmittag eigentlich ein Auftritt Merkels beim Wahlkampfabschluss der CDU Mecklenburg-Vorpommern. Noch am Freitagabend hatte die Parteichefin in Neustrelitz und Neubrandenburg um Stimmen für die CDU geworben.

kmi/DPA DPA

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Welche Gefühle mögen Horst Kasner bewegt haben, als der linksorientierte DDR-Pfarrer auf der Ehrentribüne des Bundestages miterlebte, wie seine Tochter Angela zur Bundeskanzlerin gewählt wurde? Wohl eine Mischung aus Stolz und Zweifel. Das Leben seiner Tochter war nicht zuletzt auch durch die Auseinandersetzung mit dem Vater geprägt.

Zu DDR-Zeiten war Horst Kasner einer der einflussreichsten Kirchenoberen, er leitete in Templin den „Waldhof“, der in der Berlin-Brandenburgischen Kirche jedermann ein Begriff war: Viele Theologen kamen zu ihrer Weiterbildung oder während ihrer Ausbildungszeit als Vikare vor dem zweiten theologischen Examen nach Templin. Kasner gehörte zu den umstrittenen evangelischen Pastoren.

Wenige Tage nach der Geburt der Tochter Angela in Hamburg siedelte Familie Kasner mit dem Säugling im Tragekorb in die DDR über. Zunächst wirkte Merkels Vater als Pfarrer in dem Dreihundert-Seelen-Dorf Quitzow in der brandenburgischen Prignitz. Kasner stammte aus Berlin-Pankow.

Manche Kritiker haben Kasner unterstellt, er sei als überzeugter Freund des Sozialismus in die DDR zurückgekehrt. Doch damals herrschte Pfarrermangel im Osten, die Kirche wurde verfolgt und drangsaliert. In den heute noch erhaltenen Papieren der DDR wird Kasner in seiner Frühzeit als „ein Gegner unseres Arbeiter- und Bauernstaates“ bezeichnet.

Späterer Beiname: der "rote Kasner"

Später jedoch erhielt er den Beinamen „roter Kasner“. Spätestens nach dem Mauerbau 1961 gehörte er zu den Pfarrern, die für eine selbstständige DDR-Kirche kämpften – ohne organisatorische und inhaltliche Anbindung an den Westen. Kasner gehörte dem am 17. Januar 1958 gegründeten „Weißenseer Arbeitskreis“ an – einer evangelischen Bruderschaft, die sich u.a. die Loslösung von der EKD zur Aufgabe machte. Hier entwickelte sich erstmals eine Nähe von Christentum und Sozialismus. Zeitweise war Kasner sogar im Leiterkreis dieses Arbeitskreises.

Zweifellos hatte er sich in der DDR arrangiert. Es ist keinesfalls auszuschließen, dass er dies auch dem Schutz seiner Kinder zuliebe getan hat. Der Pfarrerstochter Angela wurde früh von ihren Eltern geraten: „Du musst besser sein als alle anderen, nur so kannst du die Oberschule und die Universität besuchen.“

Angela ging, was als ein Stück Auflehnung des Vaters interpretiert werden konnte, nicht zur DDR-„Jugendweihe“, allerdings ihre jüngeren Geschwister. Kasner habe Autorität ausgestrahlt und Menschenkenntnis besessen, erinnert sich eine Mitschülerin Merkels.

Ein Pfarrerkollege sagte: „Geistig wollte er nicht den DDR-Mief. Er war ein Nischendenker. Er konnte motivierend wirken. Aber er war nicht ein wirklicher DDR-Kritiker, er hatte seine Nische gefunden, er wusste, wo die Grenzen sind, um nicht mit dem Staat in Konflikt zu kommen.“

Herzliches Verhältnis zur Mutter

Das Verhältnis Angelas zur Mutter war herzlich. Die Tochter war aber auch zweifellos auf den von ihr oft vermissten Vater fixiert. In einem Interview berichtete sie: „Er hat immer viel gearbeitet. Arbeit und Freizeit flossen bei ihm zusammen, und manchmal hat er sich mit der Arbeit vielleicht auch von den Familienpflichten ferngehalten.“

Als Kind sei es nicht einfach gewesen, weil alles immer „ordentlich und perfekt“ sein musste. „Was mich als Kind manchmal fuchsig gemacht hat, war seine Art, verständnisvoll gegenüber jedermann zu sein. Aber wenn wir selbst etwas verbockt hatten, reagierte er völlig anders.“

Der Vater konnte harsch auf seine Tochter reagieren. Als er sie an ihrem 30. Geburtstag – damals war sie bei der Akademie der Wissenschaften tätig – in einer provisorischen Bleibe in Berlin besuchte, war er über den Zustand der Wohnung wohl eher entsetzt: „Weit hast du es noch nicht gebracht“, sagte er.

Merkels Vater dominierte die Familie, sein „unnahbares“ Wesen, seine Strenge, sein Absolutheitsanspruch haben die Tochter, die die Liebe des Vaters suchte, geprägt. Dass sie nach der Wende nicht etwa zu den Grünen, wohin sie viele Freunde eher verorteten, sondern zur CDU gegangen ist, war vielleicht so etwas wie eine politische Emanzipation von ihrem Elternhaus. Es fiel auch auf, dass Angela Merkel bei Erzählungen über ihre Jugend und ihre Eltern meist nur von ihrer Mutter sprach.

Nicht-Verhältnis zur CDU

Der Vater, der sich nach der „Wende“ nirgendwo parteipolitisch engagierte – seine Frau hingegen bei der Templiner SPD –, hatte ein Nicht-Verhältnis zur Partei seiner Tochter. War sie zum Wahlkampf in Templin, gesellte sich ihre Mutter zu den Zuhörern, nicht der Vater. Ähnlich beim 50. Geburtstag der Tochter. Er fehlte bei der von der CDU ausgerichteten Feier im Juli 2004 – anders als seine Frau und die übrigen Kinder.

In der kirchenfeindlichen DDR versuchte Kasner einen Spagat: Er wollte als Mann der Kirche erscheinen, deren Dienst er alles unterordnete – auch seine Familie. Er wollte Mann der Kirche und loyaler Bürger der DDR sein.

Auf Synoden vertrat er mit Vehemenz Positionen, die im machtpolitischen Interesse der SED lagen. Wie häufig wird ihm seine Tochter, wenn auch nur unterschwellig, vorgeworfen haben: Wäre er nicht 1954 freiwillig in die DDR zurückgekehrt, wäre ihr ein Leben in der Diktatur erspart geblieben?

Der Autor Gerd Langguth ist Politikwissenschaftler und Verfasser einer Biografie über Angela Merkel

Wer war die Mutter von Herlind Kasner?

Gertrud JentzschHerlind Kasner / Mutternull

Wer ist die Mutter von Angela Merkel?

Herlind KasnerAngela Merkel / Mutternull

Wie alt ist Horst Kasner?

85 Jahre (1926–2011)Horst Kasner / Alter zum Todeszeitpunktnull

Hat die Angela Merkel Kinder?

Im Jahr 1984 lernte Merkel an der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin-Adlershof den Quantenchemiker Joachim Sauer kennen, den sie am 30. Dezember 1998 heiratete. Die Ehe ist kinderlos; Sauer brachte zwei Söhne aus erster Ehe mit in die Partnerschaft.