Wer ist ersatzmitglied im betriebsrat

Ersatzmitglieder im Sinne von § 25 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) sind diejenigen, die aufgrund des Wahlergebnisses nicht direkt in den Betriebsrat eingezogen sind; sie aber dennoch im Rahmen der Betriebsratswahl Stimmen aus der Belegschaft auf sich vereinigen konnten. Sie stehen sozusagen „auf Abruf“ bereit; haben eine Anwartschaft darauf, im Falle einer Verhinderung eines ordentlichen Betriebsratsmitgliedes in das Gremium nachzurücken. Dies ist dann der Fall, wenn ordentliche Betriebsratsmitglieder auf Dauer ausscheiden (vgl. § 25 Abs. 1 S. 1 BetrVG) oder zeitweilig verhindert sind (vgl. § 25 Abs. 1 S. 2 BetrVG).

Die Ersatzmitglieder sind im Verhinderungsfalle von ordentlichen Betriebsratsmitgliedern vom Betriebsratsvorsitzenden zu Betriebsratssitzungen nach § 29 Abs. 2 S. 6 BetrVG zu laden.

Was Sie rechtlich als auch in der praktischen Umsetzung wissen sollten, erfahren Sie hier.

Inhaltsverzeichnis

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  • 1Nachrücken von Ersatzmitgliedern
    • 1.1Nachrücken für ausgeschiedene Betriebsratsmitglieder
    • 1.2Nachrücken für zeitweilig verhinderte Betriebsratsmitglieder
    • 1.3Nachrücker erhält nicht alle Ämter
    • 1.4Reihenfolge des Nachrückens
    • 1.5Auseinandersetzungen beim Thema Nachrücken
  • 2Die Rechtsstellung des Ersatzmitglieds
  • 3Unterschiede beim Einsichtsrecht
  • 4Kündigungsschutz von Ersatzmitgliedern
  • 5Freistellung von Ersatzmitgliedern
  • 6Praxis-Tipp

Nachrücken von Ersatzmitgliedern

Ist ein ordentliches Betriebsratsmitglied i.S.v. § 25 Abs. 1 BetrVG verhindert, ist es Aufgabe des Betriebsratsvorsitzenden, einen Nachrücker (Ersatzmitglied) zu Betriebsratssitzungen zu laden (§§ 25, 29 Abs. 2 S. 6 und 33 Abs. 2 BetrVG).

Nachrücken für ausgeschiedene Betriebsratsmitglieder

Ein Betriebsratsmitglied scheidet endgültig aus dem Betriebsrat aus, wenn es

  • sein Amt niederlegt (Rücktritt) (vgl. § 24 Nr. 2 BetrVG)
  • aus dem Betrieb ausscheidet (vgl. § 24 Nr. 3 BetrVG)
  • seine Wählbarkeit verliert (vgl. § 24 Nr. 4 BetrVG)
  • durch rechtskräftigen Beschluss des Arbeitsgerichts aus dem Betriebsrat ausgeschlossen wird (vgl. § 24 Nr. 5 1. Alt. BetrVG)
  • das Arbeitsgericht die Nichtwählbarkeit festgestellt hat (vgl. § 24 Nr. 6 BetrVG)

In diesen Fällen rückt das dem Wahlergebnis entsprechende Ersatzmitglied automatisch in den Betriebsrat nach. Es bedarf keiner besonderen Feststellung bzw. keines Beschlusses des Gremiums über das nachrücken, vielmehr geschieht das Nachrücken kraft gesetzlicher Regelung.

Das Ersatzmitglied wird vollwertiges Mitglied. Allerdings übernimmt es nicht automatisch Aufgaben des ausgeschiedenen Betriebsratsmitglieds, wie z.B. eine Ausschussmitgliedschaft.

Nachrücken für zeitweilig verhinderte Betriebsratsmitglieder

Beim Nachrücken wird differenziert zwischen tatsächlichen und rechtlichen Verhinderungen:

Gründe für die zeitweilige tatsächliche Verhinderung eines ordentlichen Betriebsratsmitgliedes sind unter anderem:

  • krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des ordentlichen Betriebsratsmitgliedes
    ACHTUNG!: Die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit begründet nicht automatisch einen Verhinderungsfall, vielmehr muss im Einzelfall beurteilt werden, ob sich diese auch auf den Rechtsstatus des betriebsverfassungsrechtlichen Ehrenamtes auswirkt  
  • Kur oder Rehabilitationsmaßnahme
  • Urlaub
    ACHTUNG!: Die urlaubsbedingte Abwesenheit begründet nicht automatisch einen Verhinderungsfall, vielmehr muss im Einzelfall beurteilt werden, ob sich diese auch auf den Rechtsstatus des betriebsverfassungsrechtlichen Ehrenamtes auswirkt!
  • Seminarteilnahme
  • Dienstreise

Der Grund für die zeitweilige rechtliche Verhinderung eines ordentlichen Betriebsratsmitgliedes ist, wenn dieses von einer Beratung und Beschlussfassung persönlich betroffen ist.

Eine Stellvertretung durch ein Ersatzmitglied muss notwendig sein. Eine willkürliche Einladung zur Betriebsratssitzung, um etwa den erweiterten Sonderkündigungsschutz (§ 15 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes zu erreichen, ist unzulässig.

Praxisproblem: In der Praxis führt dies mitunter zu Problemen, besonders für den Betriebsratsvorsitzenden, da zum einen das ordentliche Betriebsratsmitglied allein darüber entscheidet, ob es seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit nachgehen will oder dem betriebsverfassungsrechtlichen Ehrenamt – und der Betriebsratsvorsitzende dies, mithin über das Vorliegen eines Verhinderungsgrundes, nicht überprüfen darf.

Praxishinweis: Besonders wichtig ist auch, dass nicht jedes Fernbleiben eines ordentlichen Betriebsratsmitgliedes einem Verhinderungsfall entspricht und damit zu einem Nachrücken führt! Bleibt ein ordentliches Betriebsratsmitglied ohne Verhinderungsanzeige bzw. -grund (s)einer Betriebsratsarbeit fern, bricht es den betriebsverfassungsrechtlichen Grundsatz, dass Betriebsratsarbeit, sofern sie erforderlich ist, der subjektiv geschuldeten Tätigkeit vorgeht – und deswegen wird in einem solchen Fall kein Ersatzmitglied geladen. Für die Situation einer Betriebsratssitzung bedeutet dies, dass das Gremium mit einem Mitglied weniger tagt – und auch beschließen kann, sofern die Voraussetzungen zur Beschlussfähigkeit (§ 33 Abs. 1, 2 BetrVG) gewahrt sind.

Nachrücker erhält nicht alle Ämter

Die Tatsache, dass ein Nachrücker vollwertiges Mitglied Ihres Betriebsrats wird, führt aber nicht dazu, dass der Nachrücker automatisch alle Ämter seines ausgeschiedenen Vorgängers erhält. Begehrt ein nachrückendes Ersatzmitglied dieses, um z.B. die Ausschusstätigkeit eines Vorgängers zu übernehmen, müssen Sie als Betriebsrat einen entsprechenden Beschluss fassen.

Reihenfolge des Nachrückens

Die Reihenfolge des Nachrückens schreibt das BetrVG vor – weshalb das gewillkürte Nachrücken rechtswidrig ist.

Ist die Betriebsratswahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl (Listenwahl) durchgeführt worden, so bestimmt sich das Nachrücken gem. der Reihenfolge in der Liste (§ 25 Abs. 2 S. 1 BetrVG). Ist eine Liste erschöpft, so rückt das Ersatzmitglied der Liste nach, auf die der nächste Sitz fallen würde (§ 25 Abs. 2 S. 2 BetrVG). Dabei muss das Geschlecht der Minderheit entsprechend vorrangig berücksichtigt werden gem. § 15 Abs. 2 BetrVG.

Ist die Betriebsratswahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl (Personenwahl) durchgeführt worden, so rücken die Ersatzmitglieder gemäß der erreichten Stimmenanzahl nach (§ 25 Abs. 2 S. 3 BetrVG). Beachten Sie hierbei § 15 Abs. 2 BetrVG für die Berücksichtigung des Geschlechts in der Minderheit.

Sind nach Ladung aller Ersatzmitglieder eines Geschlechts die Sitze des jeweiligen Geschlechts nicht mehr zu besetzen, so werden die Ersatzmitglieder des anderen Geschlechts geladen.

Sind keine Ersatzmitglieder mehr vorhanden und scheidet ein ordentliches Betriebsratsmitglied dauerhaft aus, so muss gem. § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG ein neuer Betriebsrat gewählt werden. Der alte Betriebsrat bleibt bis zur Bekanntgabe des endgültigen Wahlergebnisses des neuen Betriebsrats rechts- und geschäftsfähig im Amt (§ 22 BetrVG).

Auseinandersetzungen beim Thema Nachrücken

Streitigkeiten über das Nachrücken sowie über die Reihenfolge des Nachrückens kommen immer wieder vor. Sämtliche Auseinandersetzungen dieser Art sowie über die Rechtsstellung von Ersatzmitgliedern und deren Rechte und Pflichten werden vom Arbeitsgericht im Beschlussverfahren entschieden.
Die Kosten, die durch solche Gerichtsverfahren hervorgerufen werden, sind von Ihrem Arbeitgeber auf Grundlage des allgemeinen Kostentragungsgrundsatzes gem. § 40 Abs. 1 BetrVG zu tragen; da es sich um eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit handelt.

Kein Nachrücker mehr für den Betriebsrat?

Die Rechtsstellung des Ersatzmitglieds

Zwar treten die Ersatzmitglieder im Fall eines Verhinderungsfalls vorübergehend oder in manchen Fällen eben auch endgültig mit allen sich aus dieser Stellung ergebenden Rechten und Pflichten in den Betriebsrat ein. Die Rechtsstellung von Ersatzmitgliedern unterscheidet sich jedoch teilweise von der eines von vornherein fest ins Gremium gewählten Mitglieds.

Unterschiede beim Einsichtsrecht

Nach § 34 Abs. 3 BetrVG haben Betriebsratsmitglieder das Recht, die Unterlagen des Gremiums und seiner Ausschüsse jederzeit einzusehen. Insoweit ist das Vorliegen besonderer Interessen eines einzelnen Betriebsratsmitglieds nicht erforderlich. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist vielmehr, dass Sie als Betriebsrat die Möglichkeit haben, sich einen Überblick über die Gesamttätigkeit des Betriebsrats zu verschaffen.
Das gilt auf jeden Fall für die Kollegen, die endgültig in den Betriebsrat nachrücken. Sie haben deshalb die gleichen Einsichtsrechte.
Etwas differenzierter muss die Angelegenheit allerdings im Hinblick auf vorübergehend eingesetzte Ersatzmitglieder betrachtet werden. Diese haben kein generelles Einsichtsrecht. Sie dürfen vielmehr nur in das Protokoll Einsicht nehmen, das zu einer Sitzung angefertigt wurde, an der sie berechtigt teilgenommen haben. Zudem haben sie ein Recht auf Einsichtnahme in Unterlagen, wenn die Einsichtnahme der Vorbereitung auf die Sitzung dient und sie die entsprechenden Informationen benötigen, um eine gute Entscheidung treffen zu können. Und: Ersatzmitglieder, die unbeteiligt sind, haben generell kein Einsichtsrecht.

Kündigungsschutz von Ersatzmitgliedern

Für die Dauer der Vertretung genießen Ersatzmitglieder den besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Kündigungsschutzgesetz in Verbindung mit § 103 BetrVG. Im Falle einer Betriebsratssitzung beginnt der Kündigungsschutz bereits mit Zugang der Einladung.

Der Kündigungsschutz gilt für die Dauer von einem Jahr (§ 15 Abs. 1 S. 2 KSchG), gerechnet ab dem Zeitpunkt, ab dem das Ersatzmitglied für ein verhindertes Betriebsratsmitglied Betriebsratsaufgaben wahrgenommen hat.

Haben Ersatzmitglieder auch Kündigungsschutz?

Freistellung von Ersatzmitgliedern

Sobald ein Ersatzmitglied nach § 25 Abs. 1 S. 2 BetrVG zeitweise in den Betriebsrat nachrückt, erhält es dieselben Rechte wie ein ordentliches Betriebsratsmitglied. Es ist dann zeitweise im Amt. Ergeben sich erforderliche Betriebsratstätigkeiten für das Ersatzmitglied, ist es nach § 37 Abs. 2 BetrVG für die Erledigung dieser Aufgaben von der Erfüllung seiner Arbeitstätigkeiten freizustellen.

Für die Frage der Erforderlichkeit gelten dann dieselben Maßstäbe wie bei einem ordentlichen Betriebsratsmitglied. Erforderliche Tätigkeiten sind beispielsweise die Teilnahme an Betriebsratssitzungen, deren Vor- und Nachbereitung und die Teilnahme an Betriebsversammlungen.

Das Ersatzmitglied muss sich zur Erledigung der Betriebsratsaufgaben beim Arbeitgeber lediglich an- und abmelden. Einer Genehmigung zur Freistellung bedarf es nicht.

Mehr zur Freistellung des Betriebsrats erfahren

Wer ist ersatzmitglied im betriebsrat

Ratgeber „Grundlagen für Ersatzmitglieder“

Aufgaben, Rechte und Pflichten des Ersatzmitglieds

Als Ersatzmitglied haben Sie im Betriebsrat ein häufig sehr kurzes Amt inne. Dennoch ist ein kompetentes und souveränes Auftreten das A und O für Ersatzmitglieder, wie für feste Betriebsratsmitglieder. Daher ist eine optimale Vorbereitung unumgänglich. In unserem Ratgeber haben wir Ihnen alle Informationen zusammengestellt, die Sie als Ersatzmitglied für Ihre Arbeit im Betriebsrat benötigen.

Praxis-Tipp

In jedem Falle der (zeitweiligen) Verhinderung ordentlicher Betriebsratsmitglieder sind Ersatzmitglieder zu laden. Beachte §§ 25, 29 Abs. 2 Satz 6 und 33 Abs. 2 BetrVG.

Wann Ersatzmitglied Betriebsrat?

Wann kommt ein Ersatzmitglied im Betriebsrat zum Einsatz? Die Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes sind auf den ersten Blick eindeutig: Sobald ein Betriebsratsmitglied dauerhaft oder vorübergehend ausscheidet, rückt ein Ersatzmitglied nach (vgl. § 25 Abs. 1 BetrVG).

Wann ist ein Ersatzmitglied zu laden?

Wann Sie ein Ersatzmitglied laden müssen Das heißt, wenn die Teilnahme eines Kollegen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich ist. Beispiele für tatsächliche Verhinderungsgründe: Elternzeit, Krankheit, Kuraufenthalt, Mutterschaftsurlaub, Urlaub, Teilnahme an einem Seminar, Wehr- oder Zivildienst.

Was dürfen Ersatzmitglieder im Betriebsrat?

Dauerhaftes Ausscheiden eines festen Mitglieds Wenn ein festes Mitglied des Betriebsrats ausscheidet, ist der Fall klar: Ein Ersatzmitglied rückt nach und ist berechtigt, an Schulungsveranstaltungen nach § 37 Abs. 6 BetrVG teilzunehmen.

Hat man als Ersatzmitglied beim Betriebsrat Kündigungsschutz?

Grundsätzlich sind Ersatzmitglieder des Betriebsrats kündigungsrechtlich so zu behandeln wie „gewöhnliche“ Arbeitnehmer. Ihre Arbeitsverhältnisse sind – unter den jeweiligen Voraussetzungen – ordentlich sowie außerordentlich kündbar und der Betriebsrat ist zuvor nach § 102 BetrVG zu beteiligen.