Bald den gleichen nachname

Wenn zwei Menschen hei­raten, stellt sich oft die knifflige Frage: Wie wollen wir nach der Hochzeit heissen?

Camilla Alabor

Wenn zwei Menschen heiraten, stellt sich oft die knifflige Frage: Wie wollen wir nach der Hochzeit heissen? Heute gibt es drei Möglichkeiten: Der Mann übernimmt den Namen der Frau, die Frau trägt künftig den Namen des Mannes – oder jeder behält seinen Ledignamen. Nur eine Option gibt es nicht mehr: den kombinierten Namen. Obwohl sich viele Paare just dies wünschen.

Doch das Parlament hat den Doppelnamen per 2013 abgeschafft. Familiennamen wie jener der SP-Politikerin Susanne Leutenegger Oberholzer – eine zentrale Figur im Kampf um das neue Namensrecht – sind seither nicht mehr zugelassen.

Dabei hatte das neue Gesetz durchaus ein hehres Ziel: Die Parlamentarier wollten Gleichberechtigung schaffen. Künftig sollte der Name des Mannes nicht mehr automatisch zum gemeinsamen Namen werden. Stattdessen sollten die Paare den Familiennamen frei wählen dürfen.

Frauen haben das Nachsehen

Wie sich heute zeigt, ging das mit der Gleichberechtigung allerdings zünftig in die Hose. Viele Paare wünschen sich weiterhin einen einheitlichen Namen – und sind nun gezwungen, sich für den einen oder anderen Nachnamen zu entscheiden. Mit dem Resultat, dass in 97 Prozent der Fälle die Frau ihren Namen aufgibt. Das zeigen Zahlen des Bundesamts für Statistik fürs Jahr 2019.

«Das neue Gesetz zielt an den Bedürfnissen der Leute vorbei», stellt Fleur Weibel (37) fest. Die Soziologin und Genderforscherin an der Uni Basel hat untersucht, weshalb sich Paare für welchen Familiennamen entscheiden. Das Resultat: Gesellschaftliche Normen spielen weiter eine starke Rolle, unabhängig von der rechtlichen Gleichstellung. Männer tun sich oft schwer damit, ihren Namen aufzugeben.

Kommt hinzu: «Wer heiratet, möchte Zusammengehörigkeit herstellen.» Wenn einer der beiden dafür seinen Namen aufgeben müsse, stehe das jedoch nicht nur im Widerspruch zur Gleichberechtigung, sondern auch zum Bedürfnis, den – wie Weibel es formuliert – «Identitätsstiftenden Geburtsnamen» beizubehalten».

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Nun wird die Namensfrage durch einen Vorstoss des früheren SVP-Nationalrats Luzi Stamm (68) wieder aufgegriffen, den die Rechtskommission des Nationalrats nächste Woche behandelt.

Darin verlangt Stamm, Doppelnamen wieder zu erlauben. Wenn Marlene Müller und Stefan Schmid heiraten, sollen sie neu also auch Marlene Müller und Stefan Schmid Müller heissen können. Oder Marlene Müller Schmid und Stefan Schmid.

Parteienübergreifende Einigkeit

Unterstützung dafür kommt nicht nur von bürgerlicher, sondern auch von linker Seite.

«Die Überlegung ist, dass Frauen ihren Namen eher behalten, wenn Doppelnamen möglich sind», argumentiert SP-Nationalrätin Min Li Marti (46). Auch könnten Männer künftig den Namen ihrer Frau tragen.

Die nationalrätliche Kommission für Rechtsfragen hat am 17. Juni 2022 die Vernehmlassung zu einer Vorlage eröffnet, mit der eine parlamentarische Initiative zur Wiedereinführung von Doppelnamen bei der Heirat umgesetzt werden soll. Die Vorlage sieht zwei Umsetzungsvarianten vor:

Bei der ersten kann die Person, deren Ledignamen nicht zum gemeinsamen Familiennamen gewählt wurde, dem Familiennamen ihren eigenen bisherigen Namen voranstellen. Die zweite Lösung sieht vor, dass beide Eheleute einen amtlichen Doppelnamen führen können. Dieser kann auf zwei Arten gebildet werden:

  • Entweder kann jede Person ihren eigenen bisherigen Namen dem bisherigen Namen des Ehepartners respektive der Ehepartnerin voranstellen.
  • Oder aber die Eheleute wählen einen Ledignamen als gemeinsamen Familiennamen und hängen diesem den bisherigen Namen des Ehegatten respektive der Ehegattin, dessen bzw. deren Name nicht als Familienname gewählt wurde, an.

Zudem ist es immer auch möglich, dem eigenen Namen den Namen des Ehegatten bzw. der Ehegattin oder dem gemeinsamen Familiennamen den Namen des Ehegatten bzw. der Ehegattin, dessen bzw. deren Name nicht als Familienname gewählt wurde, einfach mittels Bindestrich anzuhängen. Auf die Namensführung der gemeinsamen Kinder soll die Vorlage keine Folgen haben. Die Vernehmlassungsfrist dauert noch bis zum 8. Oktober 2022.

Wer heiratet, muss sich in Sachen Nachnamen entscheiden. Bei der Diskussion geht es um mehr als nur um Klang oder Geschmack. Es geht um Gefühle, Tradition, Familiengeschichte - und auch darum, wer sich durchsetzt. Bei Ehen zwischen Männern und Frauen fällt die Wahl immer noch meist auf den Namen des Mannes. Dabei gibt es längst andere Möglichkeiten.

Bei der Wahl des Nachnamens nach der Hochzeit sind die meisten Deutschen ziemlich oldschool: Nur jeder 16. Mann nimmt den Namen seiner Frau an, zeigt eine aktuelle Studie der „Gesellschaft für deutsche Sprache“. Bis 1976 war es Vorschrift, dass Frauen ihren Nachnamen ablegen und den des Mannes annehmen. Das ist allerdings 40 Jahre her. Mittlerweile gibt es mehr Möglichkeiten - auch durch die gleichgeschlechtliche Ehe. Welcher Name gewählt wird, ist mehr als je zuvor Aushandlungssache.

Keine Schwäche zeigen

Bei Frauen und Männern fällt die Wahl des Ehenamens dennoch recht eindeutig zugunsten der Männer aus. Nur sechs Prozent der Ehepaare entscheiden sich für den Namen der Frau. Alex ist einer der Männer, die jetzt den Nachnamen seiner Frau tragen. Er sagt, bei ihm und seiner Frau Johanna war schnell klar, wie die Entscheidung ausfallen würde. Ihr war ihr Nachname wichtig, und dass ihre Kinder genauso heißen wie sie. 

"Dann war das für mich kein großes Ding zu sagen: Okay, dann verzichte ich auf meinen Nachnamen und nehme ihren an."

Alex hat den Namen seiner Frau angenommen

Zwar hat Alex sich ein paar praktische Überlegungen gemacht: Führt die Namensänderung zu Problemen im Job? Wie wichtig ist der Name für ihn als Selbständigen? Das ließ sich aber schnell klären. "Diese Fragen muss sich eine Frau ja auch stellen, die den Namen ihren Mannes annimmt," sagt Alex. 

Keine echten Doppelnamen

Ganz so geschmeidig wie bei Alex und Johanna läuft die Diskussion um das Thema allerdings nicht immer. Oft geht es bei der Diskussion um mehr, als nur um den schönsten Nachnamen: Es geht um Gefühle, Werte, Tradition, Familiengeschichte - und auch darum, wer am Ende nachgibt. 

Bei Jasha und seinem Mann Michael war die Sache nah dran an einer Grundsatzdiskussion. Eigentlich hatten die beiden die Option Doppelname anvisiert, für die sich etwa zwölf Prozent aller Ehepaare entscheiden. Doch das mit dem Doppelnamen lief nicht so einfach, wie sie gedacht hatten. Einen waschechten Doppelnamen, bei dem beide den gleichen Doppelnamen annehmen, gibt es nämlich nicht mehr. Stattdessen entscheidet sich das Paar bei dieser Option für einen Ehenamen. Einer der beiden kann dann zusätzlich seinen Geburtsnamen als eine Art Begleitnamen behalten. Aber eben nur einer.

"Das hat zu großen Verwerfungen geführt, weil wir uns nicht entscheiden konnten. Und so haben wir dann beide hinterher – ein bisschen beleidigt – gesagt: Okay, dann müssen wir halt jeder unseren eigenen Familiennamen behalten. Leider."

Jasha und sein Mann haben jeweils ihren Namen behalten

Für Erika und ihren Mann kam die Option Doppelname nicht in Frage. Sich von ihrem Nachnamen zu trennen, ist Erika allerdings schwer gefallen. Doch sie sagt, ihr Mann hatte die besseren Argumente: "Er meinte, sonst stirbt seine Familie namentlich aus, wenn wir das jetzt nicht fortführen. Und das wollte ich natürlich nicht. Bei mir wäre es nicht so." Sie hat daher überlegt, ob sie ihren Namen auf andere Weise "behalten" kann. Eine Idee war etwa, ihn sich tätowieren zu lassen.

Vorurteile gegenüber ausländischen Namen

Bei Mirja und Yvonne war die Ausgangssituation eine andere: Beide wollten ihren Nachnamen loswerden, keine von beiden hing besonders am Geburtsnamen. Yvonne nicht, weil sie in der Familie mit Stiefvater und Stiefgeschwistern immer die einzige mit dem Nachnamen ihres leiblichen Vaters war. Mirja hingegen wollte sich nicht mehr mit Vorurteilen gegenüber ihrem persischen Nachnamen konfrontiert sehen.

"Vor allem wenn es um behördliche Termine oder Arzttermine geht. Hörst du dich deutsch an, kriegst du schneller einen Termin. Hörst du dich ausländisch an, wird dann drei mal überlegt, ob du dann wirklich was bekommst."

Mirja über Nachteile aufgrund eines ausländisch klingenden Nachnamens

Am Ende, sagt Yvonne, haben sie eine Lösung gefunden, mit der beide glücklich sind: "Ich hab dann irgendwann gesagt, dann machen wir das so: Ich hab mich immer alleine gefühlt mit meinem Nachnamen. Und dann sind wir jetzt halt zu zweit."

Bei Jasha und Michael wird die Entscheidung mit dem Nachnamen übrigens bald vielleicht noch einmal neu aufgerollt. Ihre eingetragene Lebenspartnerschaft wollen sie in eine Ehe umtragen lassen. Das heißt: Neuer Hochzeitstermin.

Kann man Nachnamen verschmelzen?

Der Partner, dessen Name Ehename geworden ist, kann an seinem Namen nichts verändern. In Deutschland ist es nicht erlaubt, dass Ehepaare einen „echten“ Doppelnamen aus ihren Nachnamen bilden, den sie beide tragen und an ihre Kinder weitergeben können.

Ist es erlaubt den selben Vor und Nachnamen zu haben?

Frau Müller hieß vor Ihrer Ehe „Meier“. Sie kann jetzt den Namen „Müller“ behalten. Sie kann sich aber auch wieder „Meier“ nennen oder ab sofort „Müller-Meier“ beziehungsweise „Meier-Müller“ heißen. Gut zu wissen: Die gleiche Regel gilt auch, wenn einer der Eheleute stirbt.

Was ist der seltenste Nachname auf der Welt?

Der seltenste Nachname ist Wollseif, der in Deutschland nur 1x vorkommt. Dieser Nachname sei in dieser Schreibweise nach Aussagen von Herrn Wollseif damit auch einmalig in Europa.

Warum haben viele den gleichen Nachnamen?

Im Mittelalter entwickelten sich dann immer größere Städte und auf einmal hatten viele Leute die gleichen Namen. Deshalb gab man ihnen Beinamen, zum Beispiel "langer Klaus", wenn sie sehr groß waren oder "Klaus der Schuster", passend zu ihrem Beruf. Die Kinder und Enkelkinder bekamen aber oft andere Beinamen.