Die ziege oder wer ist sylvia mit andrea sawatzki

Mein Mann liebt eine Ziege!

Von MARTINA KADEN Ein Mann verliebt sich in eine Ziege. . . Eine Ziege? Eine Ziege! Was wie ein Witz klingt, ist großes Theater, ausgeheckt vom Meister des Absurden: US-Dramatiker Edward Albee („Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“). Das neue Stück mit dem ausgefallenen Titel „Die Ziege oder Wer ist Sylvia?“ stilisiert den Ehebruch zur großen Tragödie. Dabei geht es um ein Tier! Über das aber geredet wird, als wäre es ein Mensch. Zum Ehekampf im Renaissance-Theater treten an: Tatort-Kommissarin Andrea Sawatzki, 40, und Christian Berkel, 46 („Das Experiment“, „Affäre Semmeling“) – auch privat ein Paar. Im Endproben-Stress fanden sie Zeit für ein B.Z.-Interview. B.Z.: Ein Mann liebt eine Ziege. Das ist doch sicher mehr als Sex mit einem Tier, oder? Christian Berkel: Auf jeden Fall. Im Stück heißt es, das ist eine Offenbarung. Echte Liebe. Und was er da beschreibt, ist vor allem eine große seelische Beziehung. Ihm geht es nicht ums Körperliche.

Andrea Sawatzki: Ja, das ist ja für die Frau, die ich spiele, das Schlimme! Eine andere Frau könnte sie ja noch nachvollziehen. Aber eine Ziege!? Das erinnert an Woody Allens Schaf Daisy in „Was Sie schon immer über Sex wissen wollten“. Trägt die Ziege Sylvia auch Strapse? CB: (lacht) Nein, tut sie nicht.

AS: Aber sie hat schönes seidiges weißes Fell (lacht). Sie als Tierschützerin, Frau Sawatzki – würden Sie der Ziege etwas antun? AS: Wahrscheinlich (lacht). Ich würde sie wahrscheinlich umbringen. Was würde Sie im wahren Leben eifersüchtig machen? AS: O Gott, weiß nicht.

CB: Andrea ist keine sehr eifersüchtige Frau. Mich könntest du schon eifersüchtig machen, wenn du es drauf anlegtest.

AS: Ich geb‘ dir aber keinen Grund. Sie wirken sehr verliebt. War es Liebe auf den ersten Blick, als Sie sich 1997 bei „Tod auf Amrum“ kennen lernten? CB: Ja, ich glaube, das ging ziemlich schnell. Eigentlich wollten Sie letztes Jahr auf Amrum heiraten. Was ist daraus geworden? CB: Das wurde genauso verschoben wie der Urlaub, den wir schon ewig machen wollten.

AS: Ich glaube, wir heiraten, wenn keiner mehr dran glaubt. Stattdessen jetzt dieses erste gemeinsame Theater-Projekt. AS: Ja, das haben wir uns auch sehr gewünscht.

CB: Obwohl es natürlich auch sehr anstrengend ist: Hier so eingespannt und dann die Kinder zu Hause. Das ist eine echte Herausforderung. Der Große ist ja jetzt 4, der Kleine 15 Monate. Zum Glück hilft uns Andreas Mutter seit Weihnachten aus.

AS: Das Theater lässt einen nicht mehr los, das nimmt man mit nach Hause, man träumt davon, steht damit auf. Man denkt daran. Ununterbrochen. Sie sind im letzten Jahr 40 geworden, Frau Sawatzki. War das ein wichtiges Datum? AS: Ja, grauenhaft! (lacht). Aber noch schlimmer war der 39. Geburtstag. Weil ich immer dachte: Nächstes Jahr wirst du 40!!! Als der Vierzigste kam, war’s gar nicht so schlimm. Und jetzt bin ich total entspannt. Weil ich auch merke, dass sich im Moment etwas verändert. Man sieht, wie attraktiv Frauen um die 40 sein können.

CB: Das ist auch ein tolles Alter. Da merkt man zwar, dass es Grenzen gibt, aber man ist auch fokussierter. Sie haben ja zuletzt gleich zwei Grenzen durchstoßen, Frau Sawatzki: Sie haben Ihr 2. Kind bekommen und kurz danach Fotos für den Playboy gemacht. Was ist Ihr Geheimnis? AS: Weiß nicht. Ich hatte keine Zeit, Gymnastik zu machen oder so. Das Playboy-Angebot kam während der Schwangerschaft, da habe ich es erst mal abgelehnt. Später sah ich es als Experiment, ich sagte zu. Und es hat Spaß gemacht. Haben Sie immer eines der Fotos dabei, Herr Berkel? CB: Nein, ich weiß doch, wie sie aussieht. Ich sehe mir Andrea jeden Tag an, da brauche ich keine Fotos. Info: Voraufführungen ab Sonnabend, 24.1., 20 Uhr. Premiere: 29.1., 20 Uhr, Tickets: 11-32 Euro , Knesebeckstr. 100, Telefon 312 42 02

WELT am SONNTAG: Frau Sawatzki, Herr Berkel, gibt es Sie beide im Doppelpack billiger?

Christian Berkel: (lacht) Nein, Rabatt wird nicht gewährt!

WamS: Wie lockt man dann zwei so erfolgreiche und gut bezahlte Filmstars in eine Theaterproduktion?

Berkel: Man weiß ja, dass beim Theater weniger Geld vorhanden ist. Das Wichtigste ist das Projekt, das Geld kommt erst an zweiter Stelle.

Andrea Sawatzki: Wir hatten schon lange den Traum, zusammen Theater zu spielen. (Pause) Zumindest von mir war es ein sehnlicher Wunsch, mit dir auf der Bühne zu stehen (freundlich auffordernder Blick in Richtung Berkel).

Berkel: Von mir auch. Der Regisseur Felix Prader hat uns angerufen und uns dann das Stück geschickt. Und wir hatten große Lust dazu.

WamS: Warum spielen Sie oft gemeinsam?

Berkel: Ich arbeite gern mit Menschen zusammen, die ich als Schauspieler mag. Das ist wichtiger als der private oder persönliche Aspekt. Fürs Private ist es manchmal eher anstrengend, weil hier unser Familienleben mit unseren beiden Söhnen einfach so weiterläuft.

WamS: Und weil sich private Reibereien in der Arbeit fortpflanzen?

Berkel: Überhaupt nicht. Das ist ja das Gute an diesem Beruf. Ein Luxus, dass unsere Fantasien auf der Bühne oder im Film halb realisiert werden. Normale Leute müssen sie mit allen Folgen entweder in die Tat umsetzen oder können sie nur extrem in der Fantasie ausleben. Ich bin nicht ganz sicher, aber vielleicht führt das bei uns zu mehr Entspanntheit im Privaten, in allen Bereichen. Man kann es ausleben, ohne es zu leben.

WamS : Eines wird in diesem Stück sehr deutlich. Ihr Mann, Frau Sawatzki, verliebt sich in diesem Stück in eine Ziege. Wäre es für Sie als Frau einfacher, wenn er sich in ein Pferd verlieben würde?

Sawatzki : Das wäre dann auch egal. Es ist fast nicht vorstellbar.

WamS: Herr Berkel, wo haben Sie recherchiert? Im Streichelzoo?

Berkel: Den kennen wir. Da sind wir mit den Kindern immer mal wieder. Als ich wusste, dass wir das Stück spielen, fing ich an, die Ziegen mit anderen Augen anzusehen. Erst mal gibt es da schönere Tiere.

WamS: Vor allem welche, die weniger riechen.

Sawatzki: Oh ja! Wenn sie auf die Bühne kommt, riecht der ganze Raum.

Berkel: Naja.

Sawatzki : Zumindest in der ersten Reihe riecht man es bestimmt.

Berkel: Egal, ob sie riecht, schön ist oder nicht: Die Liebe zu einem Tier bleibt schwer vorstellbar. Als Schauspieler musste ich einen Weg finden, kann ihn aber nur schwer beschreiben. Edward Albee nennt die Liebe in dem Stück "eine Offenbarung". Wer würde sich zutrauen, eine Offenbarung zu beschreiben? Alle Versuche, die Liebe und ihren Ursprung in Worte zu packen, damit es für einen außen Stehenden zu verstehen ist, scheitern mehr oder weniger.

WamS: Gibt es berufliche Konkurrenz zwischen Ihnen beiden?

Berkel: Natürlich gibt es eine Konkurrenz im positiven Sinne. Jeder versucht, so gut wie möglich zu sein. Konkurrenz im negativen Sinne, also etwa "Wer steht mehr im Vordergrund?" gibt es nicht.

Sawatzki: Dann sollte man sich auch besser trennen.

WamS: Wie bleibt man auf ewig zusammen? Braucht eine Beziehung Geheimnisse?

Berkel: Es gibt einen wunderbaren Satz von Voltaire: Das Geheimnis der Langweile besteht darin, alles zu sagen. Ich will damit nicht für Geheimniskrämerei plädieren. Aber es ist bestimmt auch ein Geheimnis für eine gute Beziehung, nicht in ein permanentes Ausdiskutieren bis in die letzte Ecke hineinzugehen, denn da schwebt Misstrauen mit.

WamS: Also haben Sie vielleicht doch eine Ziege im Keller?

Berkel: Bestimmt nicht. Ich schwöre - nicht im Keller (lacht).

Das Interview führte Dirk Krampitz

Premiere am Donnerstag um 20 Uhr im Renaissance-Theater, Hardenberg-/ Ecke Knesebeckstraße, bis 28.2., Karten 312 42 02