Impfen oder nicht impfen das ist hier die frage

Impfen oder warten, das ist hier die Frage!

Keine Frage, die Sicherheit der Impfung ist essenziell. Der Zuwachs an Wissen zum neuen Coronavirus geschieht exponentiell wie dessen Ausbreitung. Zunehmend geraten Folgen von COVID-19 in den wissenschaftlichen Fokus. Das Long-COVID-Syndrom scheint un­abhängig von den meisten Risikofaktoren für einen schweren Verlauf von COVID-19 auf­zutreten. Menschen, die daran leiden, weisen oft keine speziellen Risiken auf. Betroffen sind auffällig häufig jüngere Frauen. Mit höherem Alter und BMI nimmt das Risiko geschlechtsunabhängig zu. Als Komorbidität könnte Asthma, das kein Prädiktor für einen schweren Verlauf von COVID-19 ist, dazu prädisponieren. Eine interessante Studie [1] bei über 4000 Patienten mit positiver PCR hat ­ergeben, dass jede siebente Person mehr als 28 Tage daran gelitten hat. Teilweise handelt es sich um Nachwehen, wie sie von anderen viralen Affektionen bekannt sind, teilweise auch nicht. Gehäuft wurden Müdigkeit, Kopfschmerzen, Kurzatmigkeit und Geruchsverlust rapportiert. Verschiedene Organe nebst den Lungen können involviert sein. Viruspersistenz oder Autoantikörper [2], vielleicht stimuliert durch molekulare Mimikry, können pathogenetisch eine Rolle spielen. Vieles ist derzeit noch offen. Der natürliche Verlauf von COVID-19 bei jüngeren Menschen kann mit erheblicher Morbidität einhergehen. Das gilt es bei der Impffrage zu berücksichtigen. Die Impfstoffentwicklung beruht auf verschiedenen Ansätzen [3]. Die raschen Fortschritte bei der Impfstoffentwicklung sind jahrelangen Vorarbeiten zu Impfungen gegen SARS und MERS zu verdanken. Erst mit der Anwendung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 eröffnet sich über Jahre das Spektrum möglicher un­erwünschter Wirkungen. RNA-basierte Impfstoffe sind in Tiermodellen gut untersucht und humane Phase-III-Trials verlaufen er­mutigend. Spezielle Überwachung erfordert «Vaccine-enhanced disease». Eine gute Übersicht zum Thema findet sich in der zitierten Review [3]. Nach Translation an den Ribosomen wird mRNA rasch degradiert, sie wird nicht in DNA umgeschrieben und gelangt nicht in den Zellkern, womit keine Veränderungen am Erbgut in somatischen Zellen entstehen. Ob Langzeitfolgen auftreten, ist naturgemäss unbekannt. Dies gilt für die Infektion mit SARS-CoV-2 ebenso. Spätfolgen einer Infektion könnten Tumoren oder Autoimmun­krankheiten [2] sein. Die Pandemie nimmt ihre­n Lauf. Ohne wirksame Impfungen ist kein Ende in Sicht. Das veränderte Leben führt ­neben ökonomischen Auswirkungen zu ­mentalen Problemen. Inwieweit diese krankmachendes Potenzial haben, wird sich weisen. In einer epidemiologischen Notfall­situation stösst die individuelle Freiheit an Grenzen. Soziale Verantwortung ist gefragt. Die Debatte, ob man sich impfen lassen soll, wird möglicherweise bald von einer neuen Realität eingeholt: dass nur Geimpfte Zugang zu bestimmten Dienstleistungen und Konsumgütern haben, sei es weil öffentlich-rechtliche oder private Akteure entsprechende regulatorische Vorschriften erlassen.

1 Sudre CH, et al. Attributes and predictors of Long-COVID: analysis of COVID cases and their symptoms collected by the Covid Symptoms Study App.
https://doi.org/0.1101/2020.10.19.20214494

2 Halpert G, Shoenfeld Y. SARS-CoV-2, the auto­immune virus.
https://doi.org/10.1016/j.autrev.2020.102695

3 Krammer F. SARS-CoV-2 vaccines in development. https://doi.org/10.1038/s41586-020-2798-3

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Impfen oder nicht impfen das ist hier die frage

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Falsche Einschätzungen vermeiden

Im Leben ist nichts ohne Risiko, sagt man. Jeden Tag müssen wir Entscheidungen treffen, ob etwas für uns gefährlich ist. Manchmal erscheint uns ein Risiko viel größer, als es in Wirklichkeit ist. 
Ein Beispiel: Viele Menschen haben Flug-Angst. Aber fast niemand hat Angst vor dem Autofahren. Dabei gibt es viel mehr Auto-Unfälle. Ein Flugzeug-Absturz ist dagegen sehr selten. Dazu sagt man Fehl-Einschätzung.

Auch bei der Corona-Schutzimpfung gibt es diese Fehl-Einschätzungen. Hier geht es um die Frage, ob die Impfung gefährlicher ist als die COVID-19-Erkrankung. Bei dieser Frage kann es gefährlich sein, wenn man das Impf-Risiko zu hoch einschätzt.

Zahlen und Fakten zum Impf-Risiko

Das Risiko einer schweren Nebenwirkung nach einer Corona-Schutzimpfung beträgt 0,02 Prozent. Das heißt: Nur eine von 5.000 Impfungen hat eine schwere Nebenwirkung.

Wie hoch ist das Risiko einer schweren COVID-19-Erkrankung bei nicht geimpften Personen? Hier beträgt das Risiko 14 Prozent. Das heißt: Jede 7. Person, die nicht geimpft ist, kann schwer erkranken. 

Das Risiko, eine schwere COVID-19-Erkrankung zu bekommen, ist zurzeit also viel höher als der Schaden durch eine Impf-Nebenwirkung.  

(Die Zahlen sind Durchschnitts-Werte aus dem Paul-Ehrlich-Institut, 2020.)

Außerdem gibt es für Personen mit einer Corona-Infektion noch ein anderes Risiko: Sie können auch nach einer überstandenen Infektion von „Long Covid“ betroffen sein. 10 Prozent aller erkrankten Personen leiden an Langzeit-Folgen von COVID 19. Das heißt: 10 von 100 erkrankten Personen leiden auch später noch an schwerer Erschöpfung, langer Atem-Not oder an Nerven-und Gehirn-Erkrankungen. 

(Diese Zahlen sind Schätz-Werte von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin.) 

Vor diesem Risiko kann die Impfung schützen: Alle in Europa zugelassenen Impfstoffe bieten guten Schutz gegen eine Ansteckung mit dem Corona-Virus, gegen die bekannten Virus-Varianten und vor allem gegen schwere Krankheits-Verläufe und Long Covid.

Gefahr durch Impf-Reaktionen?

Auch nach einer Corona-Schutzimpfung kann es zu Impf-Reaktionen wie Schmerzen an der Einstich-Stelle, Kopfschmerzen, Schmerzen in Armen und Beinen oder Müdigkeit kommen. Das sind Zeichen dafür, dass die Impfung wirkt. Das Immun-System beginnt zu arbeiten. Es sorgt dafür, dass sich die Schutz-Reaktion gegen eine Corona-Infektion aufbaut. Das heißt: Der Impfstoff wirkt. Die Beschwerden sind meistens nicht sehr stark. Sie dauern oft nur einen Tag oder wenige Tage. 

Wenn eine geimpfte Person keine Impf-Reaktion zeigt, bedeutet das aber nicht, dass das Immun-System keinen Schutz aufgebaut hat.

Impfen – ein Training für das Immun-System

Das Impfen war eine wichtige Entdeckung in der Geschichte der Menschheit. Viele gefährliche Krankheiten wie Pocken, Kinderlähmung oder Tollwut haben dadurch ihren Schrecken verloren. 

Das Impfen benutzt eigentlich einen ganz natürlichen Vorgang. Denn eine Impfung bewirkt, dass unser Körper eine spezielle Immun-Antwort gegenüber einem bestimmten Krankheits-Erreger aufbaut. 

Durch Impfungen wird also unser Immun-System trainiert. Der Körper hat dann bei Kontakten mit dem echten Virus schon Abwehr-Kräfte gebildet und kann schneller reagieren. So kann eine Ansteckung vermieden werden. Oder die Folgen einer Ansteckung sind nicht so stark und man erkrankt nur leicht. 

So trainiert die Corona-Schutzimpfung das Immun-System 

Bei der Corona-Schutzimpfung lernt unser Immun-System, einen kleinen Teil des Corona-Virus zu erkennen. Dieser Teil heißt Spike-Protein [gesprochen: speik-proteh-ihn]. Gegen das Spike-Protein kann das Immun-System nun Anti-Körper und Abwehr-Kräfte bilden. 

Wenn man schon den vollen Immun-Schutz hat und trotzdem eine Infektion bekommt, dann kann das Immun-System viel schneller reagieren. Das Virus wird bekämpft, bevor es sich stark vermehren und Schaden anrichten kann. 

Gemeinsam für den Schutz vor Corona

Durch Impfungen schützt man sich selbst vor ansteckenden Krankheiten wie COVID-19. Doch man schützt nicht nur sich, sondern auch die Gemeinschaft. Warum?

In einer Pandemie haben Menschen nicht nur das Risiko, sich selbst anzustecken. Sie können auch andere Menschen anstecken. Deshalb ist jeder Mensch auch ein Risiko für andere. Wenn man sich impfen lässt, wird das Risiko für andere Menschen kleiner. Je mehr Menschen sich impfen lassen, desto besser lässt sich das Corona-Virus in der ganzen Gesellschaft kontrollieren. 

Es geht also um den Gemeinschafts-Schutz. Dieser Gemeinschafts-Schutz hängt von 2 Fakten ab: 

1. von der Impf-Quote: Wie viele Menschen sind vollständig geimpft?

2. von der Herden-Immunität: Wie viele Menschen haben die Krankheit schon überstanden, sind also Genesene?

Zurzeit gibt es keine ausreichende Herden-Immunität gegen das Corona-Virus. Deshalb gilt: Je höher die Impf-Quote ist, umso besser ist der Gemeinschafts-Schutz. Das Robert Koch-Institut (RKI) hat Ziele für die aktuelle Impf-Quote ausgerechnet:

  • Impf-Quote für Personen von 12 bis 59 Jahren: mindestens 85 Prozent Das heißt: Von 100 Personen von 12 bis 59 sollten 85 Personen vollständig geimpft sein. 
  • Impf-Quote für Personen ab 60 Jahren: mindestens 90 Prozent Das heißt: Von 100 Personen über 60 sollten 90 Menschen vollständig geimpft sein. 

Impfen schützt also auch Menschen, die sich nicht impfen lassen können. Zum Beispiel wegen einer Vorerkrankung oder einer Unverträglichkeit. Auch Kinder unter 5 Jahren können noch nicht geimpft werden, weil dafür noch keine Impfstoffe zugelassen sind. 

Das bedeutet: Wenn Sie noch nicht geimpft sind, informieren Sie sich bitte. Lassen Sie sich impfen, wenn es möglich ist! Für Ihre eigene Gesundheit und die Gesundheit von anderen. 

Lassen Sie sich beraten! 

Über Risiken, Nebenwirkungen und alle Ihre Fragen zum Impfen können Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt sprechen. Dort werden Sie persönlich beraten und bekommen Informationen, damit Sie Ihre Entscheidung gut und sicher treffen können.