Ist ein Türspion mit Kamera erlaubt?

Ich wohne in einem Haus mit vielen kleinen Appartements. Ich wurde nachts nach Mitternacht (zwischen 3 und 4 Uhr) schon mehrmals durch Klopfen und Klingeln belästigt. Ich vermute, dass mein Nachbar, der auf dem Flur mir schräg gegenüber wohnt, der Täter ist, aber für eine Anzeige bräuchte ich einen Beweis. Um ihn zu überführen, würde ich gerne bei mir eine Türspion-Kamera einbauen, wie sie z. B. unter

http://www.pearl.de/a-PX3697-5452.shtml?vid=918&wa_id=2&wa_num=124&gclid=CNTy18uki7cCFTMRtAodbw8A3g

angeboten wird. Diese Kamera startet automatisch die Aufzeichnung, sobald sich jemand vor der Tür bewegt, sie hat einen eingebauten Bewegungsmelder.

Ich möchte gerne wissen, ob der Einsatz einer solchen Türspion-Kamera in Deutschland in Wohnhäusern legal ist, und wenn ja, ob ihr Einsatz vorher bei einer Behörde angemeldet werden muss. Dazu kommt, dass mein Nachbar mir schräg gegenüber wohnt, sodass die Möglichkeit besteht, dass ein kleiner Teil seiner Wohnung gefilmt wird, sollte er seine Wohnungstür nicht sofort schließen.

Selbstverständlich würde ich die aufgenommenen Fotos und Videos nirgendwo veröffentlichen, sondern nur an die Polizei bzw. Staatsanwaltschaft weiterleiten. Aufnahmen von Personen, die mit der Angelegenheit nichts zu tun haben, würde ich selbstverständlich löschen.

-- Einsatz geändert am 10.05.2013 23:39:49

-- Einsatz geändert am 10.05.2013 23:43:55

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Eine Videoüberwachung ist nicht grundsätzlich unzulässig.

Der Einsatz des Tür Spions dürfte in Ihrem Fall aus folgenden Gründen rechtswidrig sein:

1) Eine pauschale Überwachung Ihres Türbereichs durch eine Videokamera stellt eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der anderen Mieter dar. Diese Rechte beinhalten die Möglichkeit des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann er persönliche Lebenssachverhalte offenbart.

Wenn die Kamera sämtliche Personen, welche auch nur zufällig vor Ihrer Tür hergehen, automatisch aufzeichnet, so ist dies einer solchen pauschalen Beobachtung gleichzustellen. Diese verdachtsunabhängige Videoüberwachung ist unzulässig. Anders wäre der Fall, wenn Sie es technisch so einrichten, dass nur derjenige gefilmt würde, der die Klingel bedient (soweit das technisch machbar ist).

2) Dazu kommt, dass nach Ihren Angaben auch die Nachbartür bzw. der Eingangsbereich Ihres Nachbars gefilmt werden kann. Das regelmäßige Erfassen eines Eingangsbereichs eines Nachbarn ist jedoch durch eine Videoüberwachung nicht gestattet.

3) In Ihrem Vorgehen dürfte zudem ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht vorliegen.

Öffentlich zugänglicher Räume dürfen durch Private nur überwacht werden, wenn sie zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen (§ 6 b Abs. 1 BDSG ). Sie müssten zumindest den Umstand der Beobachtung durch geeignete Maßnahmen erkennbar machen.

4) Zudem spricht eine Abwägung der gegenseitigen Interessen, welche bei einer zulässigen Videoüberwachung ergänzend durchzuführen ist, ebenfalls gegen Sie.

Hier sind abzuwägen die Gründe, die Sie zu der Überwachung bewegen und das Interesse der Mieter an der freien Persönlichkeitsentfaltung.

Das Klingeln an Ihrer Wohnungstür ist unangenehm. Es stellt jedoch strafrechtlich „nur" eine Ordnungswidrigkeit (§ 117 OWiG ) dar.

Die Abwägung wird hier in aller Regel zugunsten des Grundrechtseingriffs und zulasten der Ordnungswidrigkeit gehen. Ansonsten müsste das Klingel schon ein Ausmaß angenommen haben, welches in den strafbaren Bereich ( z.B. Mobbing oder Nötigung)grenzt.

Was wären die Folgen einer illegalen Videoaufzeichnung?

Die rechtswidrig aufgezeichneten Bilder, die zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Nachbarn führen, würden ein Beweisverwertungsverbot begründen. Das heißt, sie können diese Bilder, nicht in einem Zivilprozess verwenden, wenn Sie z.B. einen dann erwischten Nachbarn auf Unterlassung verklagen wollen.Die Beweislast hierfür liegt bei Ihnen.

Auch in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren dürften die Bilder nicht verwendet werden.

Es gäbe für Sie noch eine Möglichkeit diese rechtlichen Probleme zu umgehen.

Hierzu würden Sie aber die Einwilligung aller Mieter bedürfen, welche am besten schriftlich dokumentiert werden sollte.

Ansonsten müsste ich Ihnen anhand der von Ihnen geschilderten Angaben, von einer solchen Videoüberwachung abraten. Wenn das Ihre Nachbarn rausbekommen, haben diese einen Anspruch auf Unterlassung und Entfernung gegen Sie.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Christopher Volke, Rechtsanwalt
Mit freundlichen Grüßen

Christopher Volke
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 11. Mai 2013 | 14:43

Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort!

Sie schreiben: "Wenn die Kamera sämtliche Personen, welche auch nur zufällig vor Ihrer Tür hergehen, automatisch aufzeichnet, so ist dies einer solchen pauschalen Beobachtung gleichzustellen. Diese verdachtsunabhängige Videoüberwachung ist unzulässig. Anders wäre der Fall, wenn Sie es technisch so einrichten, dass nur derjenige gefilmt würde, der die Klingel bedient (soweit das technisch machbar ist)."

Meine Klingel habe ich aufgrund der Belästigungen bereits abgestellt. Manchmal klopft jedoch noch jemand nachts an meine Tür. Inzwischen gibt es eine Türspion-Kamera mit einem Klopfsensor, d. h. die Kamera macht nur dann ein Foto, wenn jemand an die Tür klopft. Die durch das Klopfen ausgelösten kleinen Erschütterungen bewirken das Auslösen der Kamera. Es wird also nur dann ein Foto gemacht, wenn tatsächlich jemand an die Tür klopft, sonst nicht. Wie wäre in diesem Fall die rechtliche Situation zu beurteilen?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 11. Mai 2013 | 15:41

Diese Methode würde die rechtliche Bewertung verändern:

In diesem Fall könnten sich die dann aufgezeichnete Person nach einer Abwägung der beidseitigen Interessen nicht mehr auf eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte und seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung berufen.

Grund dafür ist, dass die Aufzeichnung von zufällig vorbeigehenden Mietern oder anderen Personen, ausgeschlossen werden würde. Somit können Sie eine Persönlichkeitsverletzung unbeteiligter Dritter ausgeschlossen werden.

Nur der Täter würde auf frischer Tat bei seiner Ordnungswidrigkeit der Ruhestörung aufgezeichnet.

Es gilt aber vor dem Einsatz, folgende Aspekte noch einmal sorgfältig abzuwägen:

1) Eine Videoüberwachung muss immer das letzte Mittel (die sogenannte Ultima Ratio) sein.

Wichtig ist, dass die Aufklärung oder Beseitigung der Belästigung nicht durch weniger einschneidende Mittel möglich wäre. Sie haben Ihre Klingel abgestellt. Dennoch werden Sie weiter belästigt. Ein weiteres milderes Mittel wäre z.B. den Vermieter einzuschalten und diesen über die Belästigungen Ihrer Person zu informieren, und von ihm eine Abhilfe zu fordern.
Haben alle diese milderen Mittel keinen Erfolg, so kann die Videoüberwachung eingesetzt werden. Ein Einschalten der Polizei bzw. der Ordnungsbehörden dürfte zur Verhinderung der Belästigung ebenfalls wenig Sinn machen.

2) Eine solche Überwachung sollte zeitlich beschränkt sein.

Die Videoüberwachung sollten Sie zur weiteren Rechtssicherheit nicht über einen vorher bestimmten Zeitraum hinaus aufrechterhalten. Hier könnte man einen Zeitraum von 4-6 Wochen andenken.

3) Um einen Verstoß gegen das Datenschutzrecht auszuschließen, wäre es erforderlich, dass Sie die Videoüberwachung öffentlich kenntlich gemacht wird. Sie müssten demnach an Ihrer Tür einen Zettel anbringen. Darauf könnte stehen „nächtliche Ruhestörungen sind zu unterlassen". Das Verbot wird durch eine technische Überwachung sichergestellt. Diese wird nur aktiv, wenn Sie die Tür berühren.

Haben Sie diese Punkte beachtet, dürfte eine Videoüberwachung zulässig sein.

Ich weise aber darauf hin, dass es eine unüberschaubare Zahl an Rechtsprechung zu diesem Thema gibt, welche im Rahmen einer Erstberatung nicht komplett ausgewertet werden kann.

Entscheidend ist aber immer der Einzelfall und die in meiner Antwort genannten Faktoren.

Mit freundlichen Grüßen

Christopher Volke
Rechtsanwalt

Ergänzung vom Anwalt 13. Mai 2013 | 10:04

Vielen Dank für Ihre sehr gute Bewertung:

Ich möchte meine Antwort auf Ihre Nachfrage noch ergänzen, dass nicht zwangsläufig ein Schild mit Text an der Tür angebracht werden muss.

Ein Hinweisschild mit einem Symbol für Videoüberwachung dürfte den selben Zweck erfüllen. Da den Nachabrn auch bekannt ist wer in der Wohnung lebt, muss auch nicht zwangsläufig eine Kontaktadresse angegeben werden.

Anzuraten wäre aber in jedem Fall eine vorherige Rücksprache mit dem Vermieter. Dieser sollte alle Mieter ermahnen, insbesondere die Nachtruhe der anderen einzuhalten.

Bewertung des Fragestellers 13. Mai 2013 | 02:17


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Ist ein digitaler Türspion erlaubt?

Ein elektronischer Türspion in einem Mietshaus ist grundsätzlich unzulässig. Das Urteil des AG München (vom 4.12.2013 – Az. 413 C 26749/13) ist keine Überraschung, sondern befindet sich in konstanter Linie mit der Rechtsprechung des BGH.

Kann man Türspion nachträglich einbauen?

Ein Türspion ist eine sehr praktische Einrichtung, die nicht zuletzt auch der Sicherheit dient. Der Einbau in eine Wohnungstür kann ohne weitere Probleme auch nachträglich erfolgen.

Was kostet ein digitaler Türspion?

Ein klassischer Türspion ist ab etwa 12 Euro* erhältlich. Türspione mit einem größeren Erfassungswinkel sind meist etwas teurer als diejenigen, die nur einen kleinen Bereich vor der Tür zeigen. Digitale Türspione mit Kamera kosten deutlich mehr und liegen zwischen 50 und 130 Euro*.

Was bringt ein digitaler Türspion?

Welchen Nutzen bringt ein digitaler Türspion? Digitale Türspione geben Ihnen ein größeres Sicherheitsgefühl, da Sie immer sehen können, wer gerade vor Ihrer Tür steht, ohne die Tür öffnen zu müssen.