Warum 2 3 facher Satz GOÄ?

Schwellenwertüberschreitungen können zu Problemen bei der Abrechnung führen. Doch auch in solchen Fällen lässt sich eine Lösung finden.

Die Frage nach der Schwellenwertüberschreitung wird Abrechnungsdienstleistern mit Abstand am häufigsten gestellt. Die Abrechnung führt in vielen Fällen zu Unstimmigkeiten bei der Erstattung. Viele Kostenträger empfinden die Begründung der Praxen für eine Schwellenwertüberschreitung als nicht ausreichend, und jede Versicherung legt dabei unterschiedliche Kriterien zugrunde.

Diese Kriterien finden sich allerdings in der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) und in der zum Teil greifenden Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) nicht wieder. Gemäß § 5 GOZ und GOÄ steht der Praxis ein Gebührenrahmen vom 1,0- bis 3,5-fachen Satz zur Verfügung. Der 2,3-fache Gebührensatz hat innerhalb der Gebührenordnung nur die Bedeutung, dass bei seiner Überschreitung eine Begründung anzugeben ist.

Bezüglich des Gebührenrahmens sagt die GOZ in § 5 Abs. 2: „… eine Überschreitung des 2,3-fachen Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in § 5 Abs. 2 Satz 1 genannten Bemessungskriterien – Schwierigkeit und Zeitaufwand der einzelnen Leistungen bei der Ausführung – dies rechtfertigen“. Viele Beihilfestellen und mittlerweile auch einige private Versicherungen verweisen darauf, dass die Besonderheit bzw. Schwierigkeit persönlich beim Patienten gelegen haben muss.

Begründung muss für Patienten nachvollziehbar sein

Die Begründung in der Abrechnung sollte so einfach und verständlich wie möglich formuliert werden, sodass auch Fachfremde sie verstehen. Zudem muss aus ihr hervorgehen, auf welches Bemessungskriterium nach § 5 Abs. 2 GOZ die Überschreitung abzielt. Und last but not least: Die Begründung sollte für den Patienten nachvollziehbar sein. Denn: Die Begründung ist einzig für den Patienten gedacht, nicht für die Versicherung. Standardbegründungen sind nach § 10 nicht GOZ-konform.

Ein Beispiel für eine Begründung einer Zahnentfernung: „Bei Frau Musterpatientin lagen eine erheblich erhöhte Schwierigkeit und ein erhöhter Zeitaufwand aufgrund erschwerten Zugangs zum Arbeitsgebiet im retromolaren Bereich und anhaltender Knochenblutung vor.“

Zusammenfassung

Um Probleme bei der Erstattung durch den Kostenträger zu vermeiden, sollte Eure Begründung bei Schwellenwertüberschreitung einfach und verständlich, patientenindividuell und für den Patienten nachvollziehbar formuliert sein.


20.12.2012·Fachbeitrag ·GOÄ

von Dr. med. Bernhard Kleinken, Pulheim

| Niedergelassene Ärzte rechnen etwa 95 Prozent ihrer Leistungen mit den Schwellenwerten der GOÄ ab. Angesichts des bei gestiegenen Kosten seit 1996 gleich gebliebenen Punktwertes in der GOÄ wächst aber das Interesse der Ärzte an der Möglichkeit, ihre Leistungen auch mit höheren Faktoren zu berechnen. Wir geben deshalb eine Einführung in die zu beachtenden „Spielregeln“ und zeigen Beispiele auf. |

Wer schematisch abrechnet, verschenkt Geld

Schwellenwerte sind die Faktoren, bis zu denen man in der Rechnung keine Begründung für den Ansatz des höheren Faktors geben muss, also zum Beispiel der 2,3-fache Faktor für die sogenannten ärztlichen Leistungen, 1,8-fach für die sogenannten technischen Leistungen. Das schematische Abrechnungsverhalten ist aus manchen Gründen verständlich. Hauptgrund ist die Erfahrung, dass bei der Abrechnung höherer Faktoren mit Nachfragen von Kostenträgern zu rechnen ist und dass man den Patienten, die bisher die Abrechnung nur mit Schwellenwerten kannten, eventuell die Änderung des Abrechnungsverhaltens erklären muss. Tatsache ist, dass die Abrechnung mit höherem Faktoren rechtens ist und dass derjenige, der darauf verzichtet, mit diesem Verzicht auch einen erheblichen Teil des möglichen Honorarvolumens in der Privatliquidation (unbegründet) verloren gibt.

Der Schwellenwert bildet den Durchschnitt ab

Bevor wir uns mit den „technischen Details“ befassen, müssen wir Klarheit darüber haben, was mit dem Schwellenwert der GOÄ (zum Beispiel dem 2,3-fachen) abgebildet ist. Dazu steht inzwischen fest, dass mit dem Schwellenwert die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche ärztliche Leistung berücksichtigt ist (vgl. zum Beispiel § 5 der inzwischen neu gefassten Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ), der spiegelbildlich zum § 5 der GOÄ zu sehen ist). Logische Folge daraus ist, dass überdurchschnittlich schwierige und/oder zeitaufwendigere Leistungen mit einem höheren Faktor berechnet werden dürfen. Ebenso aber auch, dass dann, wenn es einmal besonders einfach war oder besonders schnell ging, ein niedrigerer Faktor berechnet werden muss (so zum Beispiel der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 8.11.2007, Az: III ZR 54/07). Dazu kommen wir später noch.

§ 5 GOÄ

In erster Linie ist § 5 GOÄ zu beachten (bitte ziehen Sie dazu Ihre GOÄ heran). Als Kriterien für die Bemessung des Faktors nennt § 5 GOÄ in erster Linie Schwierigkeit und Zeitaufwand (die dort auch genannten „Umstände bei der Ausführung“ treffen seltener zu). Diese Kriterien sind auf „die einzelne Leistung“ bezogen. Das heißt, sie müssen auf die jeweilige Leistung zutreffen. Derselbe Grund für die Berechnung eines höheren Faktors kann also nicht „automatisch“ auch für andere Leistungen zutreffen, vielmehr muss er zu der Leistung passen.

Zu den Leistungen, die bis 3,5-fach steigerbar sind, sagt § 5 GOÄ, dass auch „die Schwierigkeit des Krankheitsfalles“ den höheren Faktor begründen kann. Solche Schwierigkeiten sind zum Beispiel schwerwiegende Erkrankungen, aber auch komplexe Krankheitsbilder. Auch hier gilt, dass der schwierige Krankheitsfall nicht „automatisch“ alle Leistungen schwieriger macht.

Weiter sagt § 5 GOÄ, dass Bemessungskriterien, die „bereits in der Leistungsbeschreibung berücksichtigt“ worden sind, außer Betracht zu bleiben haben. Das heißt: Ist in der Leistungslegende der Ziffer bereits auf eine höhere Schwierigkeit/einen höheren Zeitaufwand abgestellt, kann man dies nicht noch einmal als Grund für einen höheren Faktor heranziehen.

Indirekt ergibt sich aus dieser Bestimmung, dass auch dann, wenn der besondere Aufwand bei der Leistungserbringung durch einen Zuschlag berücksichtigt wird, dieser Umstand nicht nochmals als Begründung für einen höheren Faktor herangezogen werden kann.

Schließlich ist zu § 5 GOÄ noch zu berücksichtigen, dass er die Bemessung des Faktors „nach billigem Ermessen“ fordert. Das heißt nicht, so billig wie möglich, sondern sachgerecht, mit Augenmaß und unter Berücksichtigung der Interessen des Patienten.

Was angemessen ist, kann aber nur der die Leistung erbringende Arzt ermessen, nicht der Kostenträger.

§ 12 GOÄ

Als weitere „Spielregel“ zur Berechnung höherer Faktoren ist § 12 GOÄ zu beachten. Er verlangt, dass die Begründung „auf die einzelne Leistung bezogen“ anzuführen ist. Das heißt, es muss in der Rechnung erkennbar sein, zu welcher Leistung die Begründung gehört.

§ 12 GOÄ verlangt auch, die Begründung „verständlich und nachvollziehbar“ zu fassen, ferner, dass die Begründung auf Verlangen „näher zu erläutern“ ist. Verständliche und nachvollziehbare Begründungen sind solche mit erkennbarem Bezug auf die Besonderheiten der Erkrankung(en) oder den Patienten und ohne Verwendung kryptischer Fachtermini und/oder Abkürzungen. Aus dem Recht auf Nachfrage machen manche Kostenträger leider eine Gewohnheit.

Den möglichen Umgang mit „nervigen“ Kostenträgern können wir in diesem Beitrag nicht darstellen, hierzu liegen aber schon Leserfragen vor, die wir in Kürze in AAA abhandeln werden.

Beispiele für zulässige Begründungen

Um aufzuzeigen, dass „gute Gründe“ für die Bemessung mit einem höheren Faktor häufiger vorliegen, als dass das von niedergelassenen Ärzten in der Abrechnung genutzt wird, geben wir Beispiele zulässiger Begründungen. Selbstverständlich können die Begründungen nur dann herangezogen werden, wenn die betreffende Leistung auch tatsächlich schwieriger und/oder zeitaufwendiger war als durchschnittlich.

Außerdem empfiehlt es sich - auch wenn viele der Besonderheiten so wie hier formuliert in vielen Leistungsfällen zutreffend sind -, eigene, individuell auf den Patienten und/oder die Besonderheiten des Krankheitsfalls oder die Leistung abgestellte, eigene Formulierung zu verwenden.

Die Beispiele sind natürlich nicht abschließend. So können unter anderem die Berücksichtigung umfangreicher, auswärtiger Vorbefundung oder eine zusätzliche ST-Streckensenkungsanalyse beim EKG nach Nr. 651 GOÄ zulässige Gründe sein, einen höheren Faktor anzusetzen. Bei Chirurgen kann außer den bereits angeführten Gründen, die auch auf operative Leistungen zutreffenden, zum Beispiel auch eine vermehrte Blutung bei Eingriff unter gerinnungshemmender Therapie ein zulässiger Grund sein, den Faktor höher zu bemessen.

Beispiele für unzulässige/nicht ausreichende Begründungen

Manche der in der Praxis anzutreffenden Beispiele sind nach den GOÄ-Kriterien nicht zulässig oder ausreichend.

Faktoren differenziert bemessen

Es ist logisch, dass die jeweiligen Leistungen nicht nur durchschnittlich (2,3-fach) oder besonders schwierig/zeitaufwendig sind, sondern dass es auch Abstufungen gibt. Zum Beispiel kann angemessen sein, den Faktor mit 3,2-fach zu bemessen. Auch kommt es ja vor, dass eine Leistung unterdurchschnittlich schwierig und/oder zeitaufwendig war. Für diese ist dann zum Beispiel auch ein 1,4-facher Faktor angemessen. Meist sind dies Leistungen mit nur geringen Bewertungen. Der Gewinn bei Abkehr von der Gewohnheit, nur mit den Schwellenwerten zu berechnen, ist höher.

Den niedrigeren Faktor brauchen Sie übrigens nicht zu begründen. Dass das etwas Mühe macht und mancher Praxis-EDV erst noch „beigebracht“ werden muss, ist kein zulässiges Argument dagegen.

Anlass für diesen Beitrag waren die in letzter Zeit häufigeren Anfragen zum Umgang mit den Steigerungsfaktoren. In den folgenden Ausgaben werden wir diese und sicher nach diesem Beitrag noch kommende Leserfragen aufgreifen und für Sie erläutern.

Wann darf der 3 5 fache Satz berechnet werden?

Was ist der Regelhöchstsatz?.

Was bedeutet 3 5 facher Satz?

Regelhöchstsatz = 2,3-facher Satz: einfache Rechnung, Ärzte können diesen ohne Begründung abrechnen. Höchstsatz: = 3,5-facher Satz: Abrechnung mit schriftlicher Begründung zusätzlich zur Rechnung. Sätze über dem Höchstsatz > 3,5-facher Satz: Gesonderte Honorarvereinbarung zusätzlich zur Rechnung notwendig.

Was ist der steigerungsfaktor?

Faktor, mit dem der durch die analytische Arbeitsbewertung für eine bestimmte Tätigkeit ermittelte Arbeitswert (ausgedrückt in Arbeitswertpunkten) zu multiplizieren ist. Das Produkt wird zum gleichbleibenden Grundbetrag addiert und ergibt den Grundlohn.