Was ist eine Änderung der Fahrtrichtung?

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Höslinger und den Senatspräsidenten Dr. Porias sowie die Hofräte Dr. Vejborny, Dr. Chamrath und Dr. Kaniak als Richter, im Beisein des Polizeikommissärs Dr. Primmer als Schriftführer, über die Beschwerde des OH in W gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung - im selbständigen Wirkungsbereich - vom 8. Februar 1962, Zl.M.Abt. 70-IX-H 32/62, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die Bundes-Polizeidirektion Wien, Bezirks-Polizeikommissariat Josefstadt, hatte mit Straferkenntnis vom 3. Jänner 1962 den Beschwerdeführer der Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs. 3 Straßenverkehrsordnung 1961, BGBl. Nr. 159 (StVO) schuldig erkannt und über ihn gemäß § 90 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 100,-- (Ersatzarreststrafe 24 Stunden) verhängt, wobei ihm zur Last gelegt worden war, am 5. Dezember 1961 in Wien VIII., Kreuzung Maria-Treu-Gasse - Langegasse) als Lenker eines Personenkraftwagens beim Abbiegen nach rechts die Fahrtrichtungsänderung nicht angezeigt zu haben. Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit der Richtigstellung keine Folge, daß im ersten Absatz des Spruches die übertretene Verwaltungsvorschrift § 11 Abs. 2 StVO, zu lauten habe. Zur Begründung wurde ausgeführt:

"Zu den Berufungsausführungen wird bemerkt, daß der Berufungswerber schon in seinen Einspruchsangaben zugegeben hat, beim Einbiegen nach rechts die Fahrtrichtungsänderung seines Personenkraftwagens nicht angezeigt zu haben. Gemäß § 11 Abs. 2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können. Diese Verpflichtung besteht auch beim Überholen. (§ 15 Abs. 3) und beim Vorbeifahren (§ 17 Abs. 1) sowie beim Wegfahren nach dem Halten oder Parken, wenn dabei der Fahrstreifen gewechselt werden muß. Da nicht die beabsichtigte, sondern die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung anzuzeigen ist, ergibt sich, daß auch Fahrtrichtungsänderungen, die in Befolgung von Bodenmarkierungen oder Straßenverkehrszeichen, z.B. "Vorgeschriebene Fahrtrichtung" (§ 52 Ziff. 15 StVO) ausgeführt werden, angezeigt werden müssen. Beim Einbiegen nach links versteht es sich von selbst, daß ein Fahrer die damit verbundene Fahrtrichtungsänderung so rechtzeitig und deutlich in vorgeschriebener Weise anzuzeigen hat, daß der nachfolgende Verkehr sich darauf ohne Gefährdung oder besondere Behinderung einstellen kann. Durch das vom Berufungswerber zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. 6. 1958, Zl. 2314/57, wird für ihn nichts gewonnen, weil der Meldungsleger in der Wachemeldung vom 5. 12. 1961 ausdrücklich angegeben hat, daß zur Tatzeit in beiden Straßenzügen stärkerer Fahrzeug - und Fußgängerverkehr herrschte und der Meldungsleger am Tatort gerade eine Fußgängergruppe über die Fahrbahn der Langegasse geleitet hatte. Daher ist die Behauptung des Berufungswerbers, daß wegen den zu diesem Zeitpunkt herrschenden besonderen Umständen die Anzeige der Fahrtrichtungsänderung nicht erforderlich gewesen sei, unrichtig. Die Aussage der Zeugin RH, welche am 3. 1. 1962 angegeben hat, daß zur Tatzeit überhaupt kein Fußgängerverkehr geherrscht habe, ist nicht glaubhaft, weil ihre Aussage in Widerspruch zu den Wahrnehmungen des Meldungslegers steht. Für die Berufungsbehörde bestand keine Veranlassung, die auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmung erstattete Wachemeldung in Zweifel zu ziehen. Da der Sachverhalt geklärt ist, war die Durchführung weiterer Beweisaufnahmen entbehrlich. Der Berufungswerber wird hiedurch in seinen Verteidigungsrechten nicht beschränkt. Die dem Berufungswerber angelastete Verwaltungsübertretung ist durch die Wachemeldung erwiesen.

Die Richtigstellung des Spruches gründet sich auf die Wachemeldung und den dem Berufungswerber am 3. 1. 1962 angelasteten Tatbestand."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht wird.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erblickt die Unzuständigkeit der Behörde darin, daß das "Amt der Landesregierung" bzw. die Mag. Abt. 70 entschieden hat und nicht die "Landesregierung". Dieser Einwand ist unberechtigt. Das "Amt der Landesregierung" bzw. die betreffende Abteilung ist ein Behördenapparat, dessen sich die Landesregierung in der Vollziehung des Landes bedient (vgl. hg. Erkenntnis Slg.Nr.403/48). Daß der Bescheid in der Landesvollziehung ergangen ist, bezeugt seine Fertigungsklausel "Für die Landesregierung".

In der Sache selbst ist folgendes zu bemerken:

Der Beschwerdeführer ist wegen Unterlassung der Fahrtrichtungsanzeige bestraft worden. Unter Fahrtrichtung im Sinne des § 11 StVO ist nicht eine Bewegungsrichtung im geographischen Sinne zu verstehen - andernfalls wäre jede sich durch Straßenkrümmungen ergebende Richtungsänderung anzuzeigen -, sondern grundsätzlich die sich aus dem natürlichen oder besonders vorgeschriebenen Verlauf einer Fahrbahn ergebende Richtung. Eine Änderung der Fahrtrichtung liegt somit dann vor, wenn von dem natürlichen Verlauf der Fahrbahn abgewichen wird - ein natürlicher Verlauf kann unter gewissen Voraussetzungen auch bei Einmündungen vorliegen; vgl. hg. Erkenntnis vom 11. April 1962, Zl. 158/62 -, wenn die Wahl zwischen zwei oder mehreren Richtungen aus dem natürlichen Verlauf vorzunehmen ist - so bei Gabelungen; vgl. hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1958, Slg. Nr. 4714/A. - oder wenn von der vorgeschriebenen Richtung aus irgendeinem Grunde, gleichgültig, ob er gerechtfertigt ist oder nicht, abgewichen wird.

Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer von der Maria-Treu-Gasse in die Langegasse nach rechts eingebogen. Die Fahrtrichtung nach rechts war hier, wie unbestritten ist, besonders vorgeschrieben. Unter diesen Umständen bestand für den Beschwerdeführer keine Verpflichtung, eine Fahrtrichtungsänderung anzuzeigen. Seine Bestrafung ist zu Unrecht erfolgt.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 26. September 1962

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1962:1962000673.X00

Was ist mit Fahrtrichtungsänderung gemeint?

Eine Fahrtrichtungsänderung muss immer angezeigt werden. Der Motorradfahrer muss, bevor er nach rechts abbiegt, den Blinker setzen. Der rote PKW muss nach links blinken, bevor er abbiegt. Weil du nach links abbiegst, musst du die Änderung deiner Fahrtrichtung anzeigen.

Wann muss man die Fahrtrichtungsänderung anzeigen?

Jeder Verkehrsteilnehmer muss jegliche Fahrtrichtungsänderung anzeigen. Auch wenn du dich auf einer Vorfahrtsstraße befindest, musst du eine Änderung der Fahrtrichtung anzeigen, wenn diese abknickt. Wenn du geradeaus fährst, änderst du die Fahrtrichtung nicht und musst dies somit auch nicht anzeigen.

In welchen Fällen müssen Sie die Fahrtrichtung ändern?

In welchen Fällen müssen Sie eine Änderung der Fahrtrichtung anzeigen?.
Vor dem Abbiegen in eine Einmündung oder in ein Grundstück..
Wenn ich eine abknickende Vorfahrtstraße in gerader Richtung verlassen will..
Wenn ich dem Verlauf einer abknickenden Vorfahrtstraße folgen will..

Wer muss die Fahrtrichtungsänderung anzeigen?

Du musst keine Fahrtrichtungsänderung anzeigen, da du geradeaus fährst. Der Motorradfahrer muss allerdings den Blinker betätigen und signalisieren, dass er links abbiegt. Du änderst deine Fahrtrichtung ja nicht. Jede Richtungsänderung muss durch Blinken angezeigt werden, auch wenn man die Vorfahrtstraße nicht verlässt.