Eine typische Aufgabe im Anfangsunterricht in organischer Chemie (für die mich jeder Molekularchemiker aufgrund der immensen didaktischen Reduktion killen würde) könnte folgendermaßen aussehen: Show Ihnen liegen fünf organische Verbindungen vor, deren Siedepunkt jeweils über dem Molekül angegeben ist. Begründen Sie nachvollziehbar anhand der Moleküleigenschaften, warum die Siedepunkte vom Methan bis zum Wasser in dieser Reihe ansteigen! MethanSiedepunkt: ‑162°C Tetrafluorethan Siedepunkt: ‑128°C 2‑Methylbutan Siedepunkt: 28°C n‑Pentan Siedepunkt: 36°C Wasser Siedepunkt: 100°C Musterantwort: Entscheidend für den Siedepunkt sind im Wesentlichen zwei Faktoren: Die Molekülmasse und intermolekulare Wechselwirkungen. Bei den Wechselwirkungen ist ferner zu unterscheiden zwischen Van-der-Waals-Kräften, elektrostatischen Wechselwirkungen aufgrund von polaren Atombindungen im Molekül und Wasserstoffbrückenbindungen. Dabei gelten folgenden Gesetzmäßigkeiten:
Die zu besprechenden Moleküle besitzen folgende Molekülmassen: Methan: 16u Tetrafluormethan: 88u 2‑Methylbutan: 72u n‑Pentan: 72u Wasser: 18u 1.) Methan: Methan besitzt die kleinste Molekülmasse bei einer sehr geringen Kettenlänge, sodass intermolekulare Bindungskräfte nur äußerst schwach wirken. Daher hat Methan den geringsten Siedepunkt. 2.) Tetrafluormethan Tetrafluormethan hat eine höhere Molekülmasse als Methan oder n‑Pentan und 2‑Methylbutan und müsste daher den zweithöchsten Siedepunkt besitzen. Offenbar überwiegen bei den beiden letztgenannten Verbindungen offenbar die Van-der-Waals-Kräfte die bei Tetrafluormethan auftretenden elektrostatischen Anziehungskräfte aufgrund der polaren Atombindung zwischen dem Kohlenstoff- und dem Fluoratom. Dies ist durch die größere Kettenlänge begründbar. Daher siedet Tetrafluormethan vor 2‑Methylbutan und n‑Pentan. 3.) 2‑Methylbutan & n‑Pentan Beide Moleküle besitzen zwar die gleiche Molekülmasse, jedoch kann die Van-der-Waals-Kraft beim n‑Pentan durch die weniger verzweigte Kette stärkeren Einfluss gewinnen. Daher siedet n‑Pentan etwas später als 2‑Methylbutan. 4.) Wasser Wasser besitzt mit 18u die zweitniedrigste Molekülmasse, kann aber pro Molekül vier sehr starke Wasserstoffbrückenbindungen ausbilden. Daher überwiegt hier der Einfluss der intermolekularen Bindungskräfte den Einfluss der Molekülmasse erheblich, sodass Wasser den höchsten Siedepunkt aufweist. Hinweis: Noch schwieriger wird es, wenn man keine Siedepunkte angibt. Dann müssen die SuS auf Basis ihres Wissens nämlich eine in sich geschlossene Argumentation entwickeln, die sprachlich um einiges schwieriger umzusetzen ist… This work by Maik Riecken is licensed under a Creative Commons Attribution-NonCommercial-ShareAlike 4.0 International Ähnliche Artikel:
Chemieunterricht Anhängigkeit, Chemie, intermolekular, Molekülmasse, organisch, Siedepunkt, Van-der-Waals, Verbindung, Wasserstoffbrückenbindung, Wechselwirkung Wann können sich Wasserstoffbrückenbindungen ausbilden?Eine Wasserstoffbrückenbindung entsteht, wenn zwei stark elektronegative Atome über ein Wasserstoffatom in Verbindung stehen. Die Wechselwirkung kann zwischen zwei Molekülen (intermolekular) oder zwischen Abschnitten eines größeren Makromoleküls (intramolekular) entstehen.
Was kann Wasserstoffbrückenbindungen ausbilden?Zusammenfassung. Wasserstoffbrücken sind die stärksten zwischenmolekularen Wechselwirkungen. Sie können sich ausbilden, wenn Wasserstoff-Atome mit positiven Teilladungen und sehr elektronegative Atome mit freien Elektronenpaaren (wie z.B. Sauerstoff oder Fluor) vorhanden sind.
Wie bilden sich Wasserstoffbrückenbindungen?Die Wasserstoffbrückenbindungen entstehen, weil das Sauerstoffatom im Wassermolekül partiell negativ, die Wasserstoffatome partiell positiv geladen sind. Da sich entgegengesetzte Ladungen anziehen, ergibt sich das beschriebene Phänomen der Wasserstoffbrückenbindung.
Welche funktionellen Gruppen können Wasserstoffbrückenbindungen eingehen?Intramolekulare Wasserstoffbrückenbindungen
Treten innerhalb eines Moleküles mehrere Donatoren/Akzeptoren auf, so kann es innerhalb des Moleküles zu Wasserstoffbrückenbindungen kommen, wie etwa bei der Rizinolsäure. Dort ist sowohl eine Hydroxygruppe, als auch eine Carboxygruppe vorhanden.
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