Wer hat Anspruch auf Grundsicherung im Alter?

12. März 2020

Auf die Sozialleistung hätten weitaus mehr Menschen Anspruch – Wie und wo man sie beantragt und was dabei zu beachten ist

Wer hat Anspruch auf Grundsicherung im Alter?

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Mehr als eine Million Rentner in Deutschland hätten Anspruch auf Grundsicherung im Alter. Doch nur 566 000 Senioren haben sie tatsächlich beantragt. Das geht aus einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor. Viele wissen nicht, dass ihnen diese Leistung zusteht.

Hier gibt es wichtige Informationen rund um die Grundsicherung. Mit der Grundsicherung stockt der Staat Renten auf, die zu gering sind, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Mehr als die Hälfte aller Anspruchsberechtigten verzichten auf die Antragstellung. Neben Unwissenheit fürchten viele, ihre Kinder müssten die staatliche Hilfe zurückerstatten.

Andere schämen sich, zum „Amt“ gehen zu müssen. Dabei wurde die Sicherungsleistung extra für Menschen geschaffen, deren Rente zum Leben nicht ausreicht.

Alle, die das Renteneintrittsalter erreicht haben, in Deutschland leben und ein so niedriges Einkommen haben und ein so geringes Vermögen besitzen, dass sie damit ihren Lebensunterhalt nicht finanzieren können. Die Deutsche Rentenversicherung rät Menschen mit einem Einkommen von durchschnittlich weniger als 865 Euro im Monat, prüfen zu lassen, ob sie anspruchsberechtigt sind. In Kommunen mit hohem Mietniveau lohnt sich die Prüfung auch bei einem höheren Einkommen. In die Berechnung werden allerdings auch die finanziellen Verhältnisse des Lebenspartners miteinbezogen. Wenn dieser ein zu hohes Einkommen hat, besteht unter Umständen kein Anspruch.

In der Regel wird der Antrag für ein Jahr bewilligt, danach muss ein Folgeantrag gestellt werden. Wenn es wahrscheinlich ist, dass sich am Einkommen des Antragstellers auch künftig nichts ändern wird, kann die Grundsicherung auch für länger als ein Jahr bewilligt werden.

Für die Antragstellung ist das Sozialamt vor Ort zuständig. Die Träger der Rentenversicherung sind allerdings verpflichtet, Versicherte über die Voraussetzungen für die Grundsicherung zu informieren, sowie die Anträge entgegenzunehmen und an die zuständigen Sozialämter weiterzuleiten.

Der Antragsteller muss Angaben über seine persönlichen Verhältnisse machen. Zum Beispiel hat er die Pflicht, offenzulegen, mit wem er zusammenlebt, wie hoch sein Einkommen ist und welche Geld- und Sachwerte er besitzt. Dazu zählen Immobilien, Autos und Schmuck.

Benötigt werden ein gültiger Personalausweis, der Rentenbescheid, alle weiteren Einkommens- und
Vermögensnachweise, die Kontoauszüge der letzten drei Monate, der Mietvertrag, ein Nachweis über Kranken- und Pflegeversicherung und natürlich der Antrag auf die Grundsicherung.

Der Bedarf wird anhand der Rente und des Vermögens individuell berechnet. Der Regelsatz ist für Nahrung, Kleidung, Hausrat, Körper pflege und Strom vorgesehen. Die Pauschale beträgt 2020 für einen Alleinstehenden 432 Euro pro Monat, für Paare 389 Euro pro Person. Zusätzlich übernimmt das Sozialamt Kosten für Unterkunft und Heizung, soweit diese angemessen sind. Die Höhe orientiert sich am örtlichen Mietspiegel. Hinzu kommen Kranken- und Pflegeversicherung sowie ein Mehrbedarf für Menschen mit Schwerbehinderung.

Nein. Der Staat gewährt ein Schonvermögen von 5000 Euro, allerdings zählen auch Sachwerte wie beispielsweise ein Auto dazu.

Nein. Das Sozialamt übernimmt die Mietkosten jedoch nur bis zu einer bestimmten, „angemessenen“ Größe. Diese beträgt für eine Person 45 bis 50 Quadratmeter, für zwei Personen 60 Quadratmeter oder zwei Zimmer. Übrigens: Wer eine angemessene Eigentumswohnung besitzt und darin wohnt, muss diese nicht verkaufen.

Auch Erwerbsminderungsrentner können anspruchsberechtigt sein. Hier ist es sinnvoll, sich individuell beraten zu lassen.

Kinder sind nur dann zahlungspflichtig, wenn sie ein zu versteuerndes Einkommen von mehr als 100 000 Euro pro Jahr haben. Das trifft aber nur auf einen Bruchteil der Steuerzahler zu.

Ja. Für einen Widerspruch hat man einen Monat Zeit. Der Sozialverband VdK hilft seinen Mitgliedern gerne bei allen Fragen rund um die Grundsicherung, bei der Antragstellung und gegebenenfalls bei einem Widerspruch. Betroffene wenden sich an ihre zuständige Geschäftsstelle.

Annette Liebmann

Wer hat Anspruch auf Grundsicherung im Alter?

dobok / iStock / Getty Images Plus

Wenn im Alter oder bei Erwerbsminderung das Einkommen und das Vermögen nicht ausreichen, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, besteht Anspruch auf Grundsicherung. Sie ist eine aus Steuermitteln finanzierte Sozialleistung. Das Einkommen von Kindern oder Eltern der Anspruchsberechtigten bleibt bei der Berechnung in der Regel unangetastet.

Wer hat Anspruch?

Anspruchsberechtigt ist, wer die geltende Altersgrenze für den Renteneintritt erreicht hat oder dauerhaft voll erwerbsgemindert ist und das 18. Lebensjahr vollendet hat.

Welche Leistungen gibt es?

Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfasst den Regelsatz zur Sicherung des Lebensunterhaltes, Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Mehrbedarfe (z.B. bei Schwerbehinderung, Schwangerschaft) oder einmalige Bedarfe (z.B. Erstausstattung einer Wohnung, Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt) werden ebenfalls gewährt.

Einkommen und Vermögen

Die Höhe der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung richtet sich nach dem Einkommen und Vermögen des Antragstellers oder der Antragstellerin. Auch das von Ehegatten, Lebenspartnern oder Partnerinnen einer eheähnlichen Gemeinschaft werden dazugezählt.

Als Einkommen zählen auch Einkünfte aus geringfügiger Beschäftigung sowie Renten, Kindergeld und Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.

Nicht angerechnet werden kleinere Barbeträge bis zu einer bestimmten Vermögensfreigrenze, eine selbstgenutzte Wohnimmoblie sowie gefördertes Altersvorsorgevermögen.

Unterhaltsansprüche an Kinder oder Eltern?

Bei der Grundsicherung bleiben Unterhaltsansprüche gegenüber Kindern bzw. Eltern in der Regel unberücksichtigt. Voraussetzung ist, dass das jährliche Einkommen der Kinder bzw. das gemeinsame Einkommen der Eltern unter 100.000 Euro liegt. Hat der Antragsteller/die Antragstellerin mehrere Kinder, darf jedes Kind bis zu 100.000 Euro verdienen. Liegt das Einkommen über dieser Grenze kann ein Antrag auf Hilfe zum Lebensunterhalt gestellt werden.

Antrag stellen

Der Antrag auf Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung wird beim Sozialamt des Wohnbezirks beantragt. Er wird für 12 Monate bewilligt. Danach muss ein Folgeantrag gestellt werden.

Beratungsstellen

Die Sozialämter beraten zum Anspruch auf Grundsicherung und helfen beim Ausfüllen des Antrags. Bei der Deutschen Rentenversicherung kann man sich zu grundsätzlichen Voraussetzungen und Anspruch auf Grundsicherung beraten lassen.

Downloads

Der Paritätische: Broschüre: Was tun, wenn die Rente nicht reicht?

Broschüre des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes mit Informationen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung

PDF-Dokument

Deutsche Rentenversicherung: Broschüre: Die Grundsicherung – Hilfen für Rentner

Broschüre der Deutschen Rentenversicherung mit Informationen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung

PDF-Dokument

Links

  • berlin.de: Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
  • berlin.de: Zuständige Sozialämter für Grundsicherung im Alter/Erwerbsminderung
  • service.berlin.de: Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
  • Deutsche Rentenversicherung: Grundsicherung bei niedrigen Renten


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