Überschuldeter Nachlass. Schlägt ein Erbe die Erbschaft aus, wandert sie zum nächsten. © Lisa Rock Show
Erben heißt nicht immer reich werden. Wenn Schulden drohen, kann der Erbe sie ausschlagen. Wir erklären, welche Regeln und Fristen für eine Ausschlagung gelten. InhaltDas Wichtigste in KürzeBesteht ein Erbe hauptsächlich aus Schulden, sollten Sie die Erbschaft ausschlagen. Dafür bleiben Ihnen sechs Wochen Zeit. Was im Erbfall passiertDer Erbe tritt automatisch in die Rechtsposition des Verstorbenen ein – mit allen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, aber auch mit allen Pflichten. Im besten Fall bekommt der Erbe das Vermögen. Im schlechtesten Fall hatte der Verstorbene gar kein Geld, und es sind nur Schulden, die auf den Erben übergehen: Verbindlichkeiten aller Art, vor allem offene Rechnungen und Kredite, Steuerschulden, Kontoüberziehung, Miet- und Unterhaltsrückstände. Der Erbe muss dann für die Schulden aufkommen. Wer die Erbschaft ausschlägt, entledigt sich dieser Pflicht. Erbschaft fristgerecht ausschlagenErben dürfen die Erbschaft nur innerhalb einer gesetzlich festgelegten Frist ausschlagen. Sie beträgt sechs Wochen. Das ist recht kurz, denn oft ist auf den ersten Blick nicht klar, was sich im Nachlass verbirgt. Vor allem, wenn ein entfernterer Verwandter verstorben ist, wissen die Erben oft nicht, was sie erwartet. Unser RatÜberblick verschaffen. Als Erbe sollten Sie den Nachlass sichten, um festzustellen, ob Schulden drohen. Suchen Sie nach Kontoauszügen und Schriftverkehr des Verstorbenen und fragen Sie gegebenenfalls nähere Verwandte nach dem Lebenswandel.Erbschaft ausschlagen. Fürs Ausschlagen haben Sie sechs Wochen Zeit. Die Frist beginnt, wenn der Erbfall eingetreten ist und Sie wissen, dass Sie Erbe sind. Es gilt: Wer das Verwandtschaftsverhältnis kennt, weiß um sein gesetzliches Erbrecht. Sie werden also meist nicht extra benachrichtigt. Zuständig für die Ausschlagung ist das Nachlassgericht am Wohnsitz des Verstorbenen oder das am eigenen Wohnsitz. Im Internet können Sie herausfinden, welches Gericht das ist, zum Beispiel mithilfe Ihrer Postleitzahl auf der Internetseite Justiz.de. Bei Gericht müssen Sie sich ausweisen können.Bestattung zahlen. Schlagen Sie als Angehöriger ein Erbe aus, müssen Sie oft trotzdem die Kosten für die Bestattung tragen – dann nämlich, wenn Sie nicht nur Erbe, sondern gleichzeitig unterhalts- oder bestattungspflichtig sind. Eine Unterhaltspflicht haben Eltern für ihre Kinder und umgekehrt. Schlagen alle Erben aus und gibt es keine unterhaltspflichtigen Angehörigen, müssen jene zahlen, die durch das Bestattungsgesetz des Bundeslandes zur Bestattung verpflichtet sind. Das können auch entfernte Angehörige sein.Ratgeber und Leitfaden für Hinterbliebene. Nach einem Todesfall wird nahen Angehörigen viel abverlangt: Sie müssen die Bestattung organisieren, Verträge beenden, Renten und Versicherungsleistungen beantragen, Nachlass und Erbschaftsteuer klären. Mit dem Finanztest-Ratgeber „Schnelle Hilfe im Trauerfall“ bewahren Familien in der schweren Zeit den Überblick. Es ist für 14,90 Euro im Handel erhältlich oder im test.de-Shop.Herausfinden, was der Nachlass enthältSchlagen Sie nicht voreilig aus, sondern prüfen Sie erst, was die Erbschaft enthält. Ist die Erbschaft überschuldet?Erbschein. Herauszufinden, was im Nachlass steckt, ist nicht immer leicht. Erben haben zwar ein Recht darauf, bei Banken Auskunft zu bekommen und Kontoauszüge einzusehen. Sie müssen dazu meist einen Erbschein vorlegen, ein Dokument, das sie beim Nachlassgericht beantragen können und sie als Erben ausweist. Der Haken: Holt sich der Erbe einen Erbschein, wird darin eine Annahme der Erbschaft gesehen. Ein Ausschlagen ist dann nicht mehr möglich. Testament. Können die Erben ein notarielles Testament vorlegen, brauchen sie nicht unbedingt einen Erbschein. Vollmacht. Oft regeln Bankkunden, wer nach ihrem Tod auf ihr Konto zugreifen darf. In einer Kontovollmacht „über den Tod hinaus“ oder einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigen sie zum Beispiel einen nahen Angehörigen. Der Bevollmächtigte hat Zugriff auf die Konten und kann sich einen Überblick über das Vermögen, laufende Zahlungen und etwaige Schulden verschaffen. Detektiv spielen. Erben, die keinen Zugriff auf die Konten haben, sollten – wenn möglich – in der Wohnung des Verstorbenen nach Hinweisen zu dessen finanzieller Lage suchen. Aufschluss geben können Kontoauszüge und Rechnungen aller Art sowie Post von Ämtern und Gerichten. Auch Auskünfte von Verwandten, Freunden oder Bekannten bis hin zu Nachbarn können hilfreich sein: Wie lebte der Verstorbene, wofür gab er sein Geld aus? Verwandte befragen. Ein Indiz für einen überschuldeten Nachlass kann sein, dass schon nähere Verwandte vor dem jetzigen Erben ausgeschlagen haben – vielleicht ist das aber auch nur ein Hinweis darauf, dass keiner von ihnen gründlich genug nachgeforscht hat. Und wenn der ausgeschlagene Nachlass doch nicht überschuldet war?Achtung: Ist die Erbschaft erst einmal ausgeschlagen, gibt es kaum ein Zurück: Der Erbe kann die eigene Erklärung zwar anfechten, muss dafür aber einen im Bürgerlichen Gesetzbuch genannten Grund haben. Der kann zum Beispiel darin liegen, dass der Erbe nicht wusste, dass eine bestimmte Forderung zum Erbe gehört. Wie in diesem Fall: Eine Frau schlug den vermeintlich überschuldeten Nachlass ihrer Nichte aus, die bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war. Später erfuhr sie, dass zum Nachlass auch Schadenersatzansprüche gegen die Fluggesellschaft gehören. Ihre Anfechtung hatte Erfolg (Oberlandesgericht Düsseldorf, Az. 3 Wx 12/16). Wann und wo ausschlagen?Wollen Sie die Erbschaft ausschlagen, müssen Sie sich beim Nachlassgericht oder Notar ausweisen können. Wann die Frist für die Ausschlagung beginntFamilie. Die sechswöchige Frist für die Ausschlagung beginnt, sobald der Erbfall eingetreten ist und die hinterbliebene Person weiß, dass sie Erbe ist. Das muss ihr in der Regel nicht offiziell bekannt gegeben werden, zum Beispiel durch das Nachlassgericht. Vielmehr gilt: Wenn der Hinterbliebene sein Verwandtschaftsverhältnis zum Verstorbenen kennt, ist davon auszugehen, dass er auch weiß, dass er gesetzlicher Erbe ist. Nahe Verwandte können sich also nicht darauf berufen, sie hätten die sechswöchige Frist verpasst, weil sie sich nicht für Erben gehalten haben. Weiß der Erbe Bescheid und lässt die Frist verstreichen, gilt das als eine Annahme der Erbschaft. Dritte. Anders sieht es aus, wenn ein Verstorbener ein Testament hinterlassen hat und eine Person zum Erben gemacht hat, mit der er nicht verwandt war. Vielleicht erfährt der im Testament benannte Erbe erst nach der Testamentseröffnung durch das Nachlassgericht von seiner Erbenstellung. Die Frist beginnt erst dann zu laufen. Fristverlängerung bei AuslandsaufenthaltenLebte der Verstorbene im Ausland oder hält sich der Erbe außerhalb von Deutschland auf, verlängert sich die Frist für die Ausschlagung auf sechs Monate. Wie und wo schlage ich das Erbe aus?Der Erbe kann sich aussuchen, ob er die überschuldete Erbschaft bei einem Notar oder direkt beim Nachlassgericht ausschlägt. Die Ausschlagung bei Gericht verursacht weniger Kosten. Zuständig sind sowohl das Nachlassgericht am eigenen Wohnsitz als auch das am letzten Wohnsitz des Verstorbenen. Telefonisch oder schriftlich kann der Erbe nicht ablehnen. Er muss bei Gericht erscheinen und sich vor Ort ausweisen können oder einen Bevollmächtigten schicken. Die Vollmacht muss aber öffentlich beglaubigt sein. Achtung. Wenn der Hinterbliebene die Erbschaft ausschlägt, darf er keine Bedingung daran knüpfen. Die Erklärung „Ich schlage die Erbschaft nur aus, wenn sie überschuldet ist“ ist unwirksam und führt dazu, dass die Erbschaft als angenommen gilt. Was die Ausschlagung kostetFürs Ausschlagen fallen bei Gericht und Notar Gebühren an, die sich nach dem Wert des Nachlasses richten. Ist der Nachlass überschuldet, muss der Erbe bei Gericht nur eine Mindestgebühr von 30 Euro zahlen. Wer das Erbe aus anderen Gründen ausschlägt – etwa weil es sich um ein sanierungsbedürftiges Haus handelt –, muss tiefer in die Tasche greifen. Je höher der Wert der ausgeschlagenen Erbschaft, desto mehr zahlt der Erbe. Wer ausschlagen mussSchlagen Sie als Erbe die Erbschaft aus, wandert sie zum nächsten. Auch weitere Erben müssen ausschlagenWer eine Erbschaft ausschlägt, löst einen Dominoeffekt aus. Sagt der erste nein, landet der Nachlass beim nächsten in der gesetzlichen Erbfolge. Lehnt auch dieser ab, wandert die Erbschaft weiter. Den Weg des Schuldenbergs gibt die gesetzliche Erbfolge vor. Sie regelt, dass Verwandte in einer bestimmten Rangfolge erben. Ehe- und eingetragene Lebenspartner haben ein spezielles gesetzliches Erbrecht. Ansonsten stehen Kinder an erster Stelle, dann Enkel oder Urenkel. Wenn der Verstorbene keine hat, erben seine Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen. Ein einziger Erbfall kann also sehr weite Kreise ziehen. Die Angelegenheit endet erst, wenn das Nachlassgericht keine weiteren Erben ermitteln kann. Beispiel: Der Nachlass des verstorbenen Fritz Kaufmann ist heillos überschuldet, das Haus abbruchreif. Fritz‘ Sohn Daniel schlägt das Erbe aus. Da Daniel kinderlos ist und die Eltern von Fritz Kaufmann tot sind, ist Fritz‘ Schwester – Daniel Kaufmanns Tante – die nächste in der gesetzlichen Erbfolge. Auch sie schlägt die Erbschaft aus. Die Schulden und das marode Haus wandern an ihre Tochter und ihren Sohn, Daniel Kaufmanns Cousine und Cousin. Wenn diese für sich und ihre minderjährigen Kinder bis hin zum Baby die Ausschlagung erklärt haben, ist der letzte Dominostein in dieser Erbangelegenheit gefallen. Eltern schlagen für ihre minderjährigen Kinder ausLandet die überschuldete Erbschaft bei minderjährigen Kindern, müssen die sorgeberechtigten Eltern auch für diese ausschlagen. Dabei gibt es eine Besonderheit: Wenn die Kinder nicht erst infolge der Erbausschlagung eines Elternteils Erbe werden, sondern neben den Eltern erben, brauchen diese für die Ausschlagung eine familiengerichtliche Genehmigung. Das wäre zum Beispiel bei Eheleuten der Fall, wenn der überschuldete Mann verstirbt, es kein Testament gibt und die Frau nicht nur für sich, sondern auch für die gemeinsamen Kinder ausschlagen will. Eine Ausschlagung ist sogar für ungeborene Kinder möglich und nötig. In einem Erbfall gelten sie rein rechtlich als „bereits geboren“. Per Testament als Erbe eingesetztGibt es ein Testament, aber der dort eingesetzte Erbe möchte das ihm Zugesprochene nicht haben und schlägt die Erbschaft aus, wird der Nachlass ebenfalls nach der gesetzlichen Erbfolge verteilt. Auch der neue Erbe hat sechs Wochen Zeit, die Erbschaft auszuschlagen. Die Frist beginnt, wenn ihm das Nachlassgericht mitteilt, dass er Erbe geworden ist. Nicht auf Mitteilung des Nachlassgerichts wartenManchmal wissen entferntere Verwandte, dass der Nachlass überschuldet ist und die Näherstehenden ausschlagen werden. Dann müssen sie nicht warten, bis sich das Nachlassgericht bei ihnen meldet, sondern können die Erbschaft auch schon vorher ausschlagen – sogar schon vor den engeren Verwandten. Am Ende landet die Erbschaft beim StaatHaben alle Erben ausgeschlagen, landet die Erbschaft beim Staat. Der macht das Hab und Gut des Verstorbenen, sofern noch vorhanden, zu Geld und tilgt damit vielleicht einen Teil der Schulden. Für den Rest haftet der Staat nicht. Die Gläubiger gehen leer aus. Hilfe bei verpasster FristAls Erbe haben Sie sechs Wochen Zeit, die Erbschaft auszuschlagen. Probleme können entstehen, wenn Sie die Frist versäumen. Mit anwaltlicher Hilfe lassen sie sich lösen. Anfechtung, Nachlassverwaltung und NachlassinsolvenzHat der Hinterbliebene die Ausschlagungsfrist versäumt, wird er Erbe. Möchte er die Erbschaft dennoch loswerden oder zumindest nicht für die Schulden geradestehen, sollte er eine Fachanwältin oder einen Fachanwalt für Erbrecht beauftragen. Möglich sind: Anfechtung. Erben können den Umstand anfechten, dass sie die Frist versäumt haben – etwa, wenn ihnen nicht klar war, dass der Fristablauf zur Annahme führt. Außerdem können sie die Annahme der Erbschaft als solche anfechten, wenn plötzlich und völlig unerwartet Schulden auftauchen, von denen sie bei Annahme nichts gewusst haben können. Nachlassverwaltung. Um den Schulden zu entkommen, können Erben ihre Haftung beschränken. Das heißt: Die Schulden werden nur aus dem Nachlass und nicht aus der eigenen Tasche gezahlt. Eine Haftungsbeschränkung auf den Nachlass können Erben herbeiführen, indem sie beim Nachlassgericht die Anordnung der Nachlassverwaltung beantragen. Das müssen sie innerhalb von zwei Jahren tun, nachdem sie die Erbschaft angenommen haben. Das bietet sich nicht nur nach Ablauf der Ausschlagungsfrist an, sondern auch, wenn der Nachlass unübersichtlich ist, das heißt, wenn Erben noch nicht wissen, ob Schulden drohen. Nachlassinsolvenz. Ist der Nachlass offensichtlich überschuldet, sollten Erben beim Insolvenzgericht die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen.
Welche Schulden sind nicht vererbbar?Nicht vererblich ist zum Beispiel die noch vom Erblasser eingegangene Verpflichtung zur Herstellung eines Kunstwerkes, wenn nur er in der Lage ist, das Werk in der gewünschten Form herzustellen. Ebenfalls gehen Verpflichtungen des Erblassers aus abgeschlossenen Arbeitsverträgen nicht auf den Erben über.
Wer zahlt Schulden Wenn Erbe ausgeschlagen wird?Möchte niemand die Hinterlassenschaft haben, landet das überschuldete Erbe am Ende beim Staat. Er wird das Vermögen (sofern vorhanden) verwerten und damit vielleicht einen Teil der Schulden tilgen. Für den Rest haftet der Staat nicht. Die Gläubiger des Verstobenen gehen in diesem Fall leer aus.
Wer zahlt offene Rechnungen nach dem Tod?Der Erbe haftet zugleich bei Annahme der Erbschaft für alle Verbindlichkeiten des Verstorbenen (1967 Abs. 1 BGB). Dies bedeutet, dass die Erben, die eine Erbschaft annehmen, auch die Schulden des Erblassers -des verstorbenen Patienten- auszugleichen haben.
Was passiert mit Ratenzahlungen wenn man stirbt?Grundsätzlich gilt, dass mit dem Tod des Kreditnehmers die Schulden auch nach dem Tod weiter bestehen. Das Erbe umfasst, wie bereits erwähnt, nicht nur das Vermögen des Verstorbenen, sondern auch vorhandene Kredite beziehungsweise Schulden.
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