Wie kann man aufhören zu knacken?

Bringen Sie auch manchmal Ihre Finger zum Knacken? Dann kennen Sie vermutlich die Warnung: „Hör auf damit - davon kriegt man Arthrose!“. Aber stimmt das tatsächlich? In diesem Video sehen Sie, was wirklich dran ist an der Aussage.

Wissenschaftlich betrachtet, gibt es dafür keinen Beweis. Jacqueline Detert von der Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie von der Charité in Berlin sagt: „Knackende Finger können ein Begleitsymptom der Arthrose sein. Ausgelöst wird die Arthrose dadurch nicht.“

Trotzdem: Fingerknacken ist ungesund. Das Auseinanderziehen der Finger überdehnt die Bänder und Sehnen. Das knackende Geräusch entsteht durch die Bildung eines Hohlraums im Gelenk. Wenn Sie die Finger mehrmals täglich knacken lassen, kann das die Gelenke lockern. Das bedeutet aber nicht, dass es Verspannungen löst, sondern eher, dass die Bänder und Sehnen dadurch ausleiern. Das ist auf Dauer schädlich. Gegensteuern kann man, indem man die Muskulatur kräftigt.

Solange knackende Gelenke nicht schmerzen, muss man sich keine Sorgen machen, sagt Bernd Kladny, Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie an der Fachklinik Herzogenaurach. Noch wissen Ärzte nicht genau, was das Knacken verursacht. Aber sie wissen, was hilft: Bewegung!

17.04.2013, 10.48 Uhr

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Wie kann man aufhören zu knacken?

Gelenke unter der Lupe: Noch ist nicht geklärt, warum der Körper knackt

Foto: Corbis

SPIEGEL ONLINE: Herr Professor Kladny, muss ich mir Sorgen machen, wenn meine Gelenke regelmäßig knacken?

Kladny: Es ist natürlich nicht normal, wenn ein Körperteil Geräuschphänomene von sich gibt - und das regelmäßig. In der Orthopädie betrachten wir diese Geräusche aber als kein größeres Problem, sofern sie keine Beschwerden verursachen.

SPIEGEL ONLINE: Mein Rücken macht auch komische Geräusche. Und zwar mittlerweile so laut, dass auch mein Physiotherapeut ratlos ist. Und ich bin erst 39! Was ist da los?

Kladny: Was das Knacken verursacht, ist noch nicht so ganz geklärt. Mögliche Hypothesen sind, dass sich Gelenkflächen kurzzeitig voneinander lösen und dies wie bei einem Saugnapf Geräusche macht. Eine weitere Hypothese besagt, dass die Gelenkflüssigkeit kurzzeitig ihren Aggregatzustand in Form von Bläschenbildung ändert, bis Gelenkflächen wieder in Kontakt kommen.

SPIEGEL ONLINE: Ist Gelenkknacken ein Alarmsignal des Körpers?

Kladny: Solange Sie keine Beschwerden haben, nicht.

SPIEGEL ONLINE: Aber in der Folge kann es zu Beschwerden kommen?

Kladny: Wenn es immer wieder knackt und wehtut, deutet das darauf hin, dass die Muskulatur nicht ausreichend stabilisiert, ein Ungleichgewicht der Muskulatur besteht oder Muskeln verkürzt sind, beispielsweise durch Krafttraining. Das beeinträchtigt das Gelenkspiel. Im CT oder im Kernspin zeigt sich aber, dass die Leute trotzdem normale Gelenke haben können. Wenn Gelenke knacken, sind sie also nur "eingerostet", die Gelenke selbst müssen nicht beschädigt sein.

Gelenke brauchen - ähnlich wie ein Kugellager - ein gewisses Spiel. Und wenn aufgrund einer Fehlbelastung, einer langdauernden Fehlhaltung oder von Muskelveränderungen dieses Gelenkspiel gestört ist, dann läuft es nicht mehr ganz rund. Der Körper reagiert darauf oft mit einer Muskelblockade, um Schaden abzuwenden. Das führt häufig zu Schmerzen. Der Arzt diagnostiziert dann eine sogenannte hypomobile Funktionsstörung. Die ist aber glücklicherweise reversibel.

SPIEGEL ONLINE: Wie werde ich das Knacken wieder los?

Kladny: Man müsste mal bei Ihnen die Muskulatur analysieren, schauen, wo es Verkürzungen gibt oder Schwächen. Und es ist wichtig, auf Bewegung zu achten. Vor allem am Arbeitsplatz bewegen wir uns in der Regel zu wenig.

SPIEGEL ONLINE: Sie sagen, die Muskulatur muss ausreichend stabilisieren, verkürzte Muskeln sind nicht hilfreich. Ist also Krafttraining dann gar nicht so gut?

Kladny: Irgendwelche Dogmen, dass man die Muskeln durch Krafttraining stärken muss, haben sich nicht bewährt. Jede Form von Bewegung ist gut. Und es gibt auch keine Variante, die sich wissenschaftlich besser bewährt hat als andere.

SPIEGEL ONLINE: Es gibt Leute, die knacken alle zehn Minuten mit ihren Fingern. Ich habe mir angewöhnt, dass ich regelmäßig meinen Nacken "entknacke". Ist das überhaupt gut?

Kladny: Nein, das sollte man nicht machen. Jemand, der darin geschult ist, kennt die Grenzen und macht die richtigen Handgriffe. Wenn Sie das aber selber machen, kann es passieren, dass Sie Schaden anrichten.

SPIEGEL ONLINE: Rührt der Begriff "Alter Knacker" daher, dass Gelenkknacken eine typische Alterserscheinung ist?

Kladny: Ich bin kein Sprachwissenschaftler, aber im Alter passiert eigentlich das Gegenteil: Gelenke werden verschleißbedingt steif. Und dann knackt nichts mehr, dann gibt es ein Reibegeräusch durch den Kontakt von Knochen auf Knochen. Knacken tritt bei Leuten auf, die wie gesagt eine Störung der Funktion haben, aber nicht der Struktur. Bei alten Leuten haben sie eine kaputte Struktur, bedingt durch Verschleiß. Und damit verbunden meistens auch Schmerzen.

SPIEGEL ONLINE: Hat Gelenkknacken irgendeine Verbindung zu Rheuma?

Kladny: Wenn entzündlich-rheumatische Gelenke Geräusche verursachen, machen sie das, weil sie kaputt gehen. Da hat das Geräusch eine andere Ursache, weil unter Umständen schon Knochen auf Knochen reibt.

Wie hört man auf zu knacken?

Unterwegs empfiehlt es sich, eine kleine Handlotion dabei zu haben, welche beim Drang nach Fingerknacksen auf die Hände aufgetragen wird (die Hände sind so beschäftigt). Mit eincremten Fingern wird das Fingerknacken vielleicht auch häufiger vermieden, schließlich ist es mit trockenen Fingern deutlich leichter.

Ist häufiges Knacken ungesund?

Auch wenn manche das Geräusch knackender Finger als ungesund oder störend empfinden, ist Fingerknacken keineswegs schädlich. Dass es ungesund sein soll, ist ein Mythos: Die Gelenke nehmen dabei keinen Schaden, Arthritis und Arthrose werden dadurch nicht begünstigt.

Warum knacken meine Gelenke ständig?

Häufig finden sich knackende Gelenke gerade bei jüngeren Menschen, ohne dass degenerative oder sonstige Veränderungen der Gelenke nachweisbar wären. Insbesondere knirschende Geräusche können ein Hinweis auf eine Arthrose sein, teilt der Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) mit.

Ist es gut sich zu knacken?

Es gibt keine Hinweise darauf, dass das Knacken und Knirschen schädlich ist. Ein Gelenkknorpel wird auch durch jahrelanges Knacken nicht beschädigt. Allenfalls könnten beim willentlichen Gelenkknacken über lange Zeit die Gelenke etwas ausleiern. Aber auch das scheint keine bekannten Langzeitschäden hervorzurufen.