Auto beschleunigt mit gleicher leistung aber unterschiedlichen massen aufgabe

Soll ein Körper möglichst schnell beschleunigt werden (z.B. beim Anfahren eines Autos), so müssen entsprechend große Kräfte erzeugt werden.

Beim Anfahren eines Autos üben die Reifen eine Kraft auf die Straße aus. Die entsprechende Reaktionskraft der Straße auf die Reifen beschleunigt das Auto. Diese Kraft kann jedoch nicht größer sein als die Reibungskraft zwischen Reifen und Straße.

Das gleiche gilt auch beim Bremsen.

Da die Reibungskraft im Normalfall nicht größer sein kann als die Normalkraft (diese entspricht auf nicht geneigter Fahrbahn der Gewichtskraft), kann die Beschleunigung beim Anfahren und Bremsen nicht größer sein als die Fallbeschleunigung g.

Mit der Beschleunigung a = g ergibt sich im Idealfall eine Beschleunigung von 0 auf 100km/h in 2,83s sowie ein minimaler Bremsweg aus 100km/h von 39,33m.

Dass diese Werte z.T. im Realfall sogar übertroffen werden, liegt daran, dass neben der Reibungskraft weitere Effekte eine Rolle spielen können, die die Reaktionskraft vergrößern können.

Verletzungsgefahr beim Unfall

Bei Unfällen werden Fahrzeuge innerhalb kürzester Zeit aus hohen Geschwindigkeit bis zum Stillstand abgebremst. Das ist nur durch sehr große Kräfte möglich, die sowohl auf das Fahrzeug als auch auf die Insassen wirken.

Je größer die Geschwindigkeitsänderung pro Zeit (also je größer die Bremsbeschleunigung), umso größere Kräfte treten auf. Die Bremsbeschleunigung und damit die auf den Fahrer wirkende Kraft hängt von der Geschwindigkeit sowie vom Bremsweg ab. Dabei gilt: Je kleiner der Bremsweg und je höher die Geschwindigkeit, umso höher die Kräfte.

Fährt ein Auto gegen einen feststehenden Gegenstand, so ist der Bremsweg gerade so groß wie das Auto verformt werden kann. Dieser Bereich wird auch “Knautschzone” genannt.

Bei einem Unfall ist es daher nicht wünschenswert, dass das Auto so wenig wie möglich beschädigt wird, weil die auftretenden Kräfte dann noch größer wären. Vielmehr ist man bemüht, einen möglichst großen Bereich verformen zu lassen, wodurch die Unfallfolgen auf die Insassen reduziert werden sollen.

Berechnung der auf die Insassen eines Autos wirkenden Kräfte bei einem Unfall:

Angenommen ein Auto fährt mit 40km/h frontal gegen ein Hindernis. Die Knautschzone betrage 80cm.

Berechnung der Beschleunigung:

Aus den Bewegungsgesetzen ergibt sich für die Beschleunigung

Auto beschleunigt mit gleicher leistung aber unterschiedlichen massen aufgabe
    wobei s der Beschleunigungsweg ist, also hier die Knautschzone

Damit erhält man

Auto beschleunigt mit gleicher leistung aber unterschiedlichen massen aufgabe

Die Bremsbeschleunigung beträgt also -77,16m/s2. Das entspricht dem 7,9-fachen der Erdbeschleunigung, also knapp 8g.

Kraft

Da für die Kraft gilt, beträgt auch die Kraft, die auf die Insassen wirkt, dem etwa dem 8-fachen ihrer Gewichtskraft.

Das kann u.U. bereits zu ernsthaften Verletzungen führen – vor allem wenn man nicht angeschnallt ist!

Wichtig dabei ist die Erkenntnis, dass die Beschleunigung und damit die auf die Insassen wirkende Kraft bei einem Unfall quadratisch mit der Geschwindigkeit steigt. Bei doppelter Geschwindigkeit (also 80km/h) wären Beschleunigung und Kraft also 4-mal so groß und entsprächen über 31g!

Wieviel g hält ein Mensch aus?

Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, da zum einen die Richtung der auftretenden Beschleunigungskräfte (längs oder quer zur Körperachse) wie auch die Dauer eine große Rolle spielen.

Menschen, die besonders hohen Beschleunigungskräften ausgesetzt sind, wie z.B. Kampfpiloten, Astronauten oder Rennfahrer, müssen ein spezielles Training absolvieren. Nicht alle Menschen sind dazu geeignet.

Für kurze Zeit (unterhalb von 0,5s) können längs der Körperachse etwa 20g ohne Folgeschäden überstanden werden.

Quer zum Körper kann man kurzzeitig etwa 30g ertragen. Für einige Sekunden liegt die Grenze hier bei etwa 15g.

Bei Achterbahnen liegt die Grenze des Erlaubten bei 6g, Astronauten müssen beim Start bis zu 5g aushalten – das dann allerdings für einige Minuten!

In der Simulation in Abb. 1 siehst du einen Körper (violett) der Masse \(m\), der sich mit der Geschwindigkeit \(v\) nach rechts bewegt. Es liegt also Energie in Form von kinetischer Energie \(E_{\rm{kin}}\) vor.

Masse m

Geschwindigkeit v

Eindringtiefe e

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Abb. 2 Experiment zur Untersuchung der Abhängigkeit der kinetischen Energie \(E_{\rm{kin}}\) von der Masse \(m\) und der Geschwindigkeit \(v\)

Wenn du die Simulation startest, bewegt sich der Körper nach rechts und trifft dort auf einen Nagel (blau), der in einem Schaumstoffblock (gelb) steckt. Durch den Aufprall des Körpers dringt der Nagel tiefer in den Schaumstoffblock ein. Die Simulation zeigt den Wert der zusätzlichen Eindringtiefe \(e\) an. Die Simulation geht von der plausiblen Voraussetzung aus, dass die Eindringtiefe \(e\) des Nagels in den Schaumstoff ein Maß für die kinetische Energie \(E_{\rm{kin}}\) zu Beginn ist.

Mit den Schiebereglern am linken Rand der Simulation kannst du die Werte für die die Masse \(m\) und die Geschwindigkeit \(v\) in gewissen Grenzen verändern.

Wenn du in der Simulation jeweils eine Größe konstant hältst und die andere Größe schrittweise veränderst, kannst du folgende Beobachtungen machen:

  • Je größer die Masse \(m\) des Körpers, desto größer ist die kinetische Energie \(E_{\rm{kin}}\).
  • Je größer die Geschwindigkeit \(v\) des Körpers, desto größer ist die kinetische Energie \(E_{\rm{kin}}\).

Eine Formel für die kinetische Energie

Sowohl durch viele Versuche als auch durch theoretische Überlegungen ist es den Physikern gelungen, eine Formel für die kinetische Energie zu finden. Wie man auf den verschiedenen Wegen zu dieser Formel gelangt findest du in den weiterführenden Artikeln am Ende dieser Seite.

Es zeigt sich, dass die kinetische Energie \(E_{\rm{kin}}\) eines Körpers der Masse \(m\), der sich mit der Geschwindigkeit \(v\) bewegt, proportional zur Masse \(m\) und proportional zum Quadrat \(v^2\) der Geschwindigkeit ist. Die Proportionalitätskonstante hat den Wert \(\frac{1}{2}\).

Kinetische Energie (Bewegungsenergie)

Wenn sich ein Körper der Masse \(m\) mit der Geschwindigkeit \(v\) bewegt, dann besitzt der Körper die kinetische Energie (Bewegungsenergie)\[E_{\rm{kin}} = \frac{1}{2} \cdot m \cdot v^2\]Mit dieser Formel können wir eine Maßeinheit für die kinetische Energie festlegen:

Auto beschleunigt mit gleicher leistung aber unterschiedlichen massen aufgabe
John Collier [Public domain], via Wikimedia Commons

Abb. 3 James Prescott JOULE (1818 - 1889)

Tab. 1 Definition der kinetischen Energie und ihrer Einheit

GrößeNameSymbolDefinitionkinetische Energie\(E_{\rm{kin}}\)\(E_{\rm{kin}} := \frac{1}{2} \cdot m \cdot v^2\)EinheitNameSymbolDefinitionJoule\(\rm{J}\)\(1\,\rm{J}:=1\, \frac{\rm{kg}\,\rm{m}^2}{\rm{s}^2}=1\,\rm{N}\;\rm{m}\)

Gleichung \((1)\) gibt eine Erklärung, was du dir unter einer kinetischen Energie von \(1\,\rm{J}\) vorstellen kannst: Ein Körper besitzt eine kinetische Energie von \(1\,\rm{J}\), wenn sich der Körper mit der Masse \(2\,\rm{kg}\) mit der Geschwindigkeit \(1\,\frac{\rm{m}}{\rm{s}}\) bewegt.

Will man in Kurzschreibweise ausdrücken, dass die Einheit der kinetischen Energie \(1\,\rm{J}\) ist, so kann man schreiben \([E_{\rm{kin}}] = 1\,\rm{J}\).

Hinweis

Es ist besonders im Straßenverkehr von enormer Bedeutung, dass die kinetische Energie quadratisch von der Geschwindigkeit \(v\) abhängt. Eine Verdopplung der Geschwindigkeit eines Autos z.B. von \(30\,\frac{\rm{km}}{\rm{h}}\) auf \(60\,\frac{\rm{km}}{\rm{h}}\) bedeutet eine Vervierfachung der kinetischen Energie und damit der Wirkung auf andere Verkehrsteilnehmer. Die immer weiter zunehmende Vergrößerung der Massen von Autos muss ebenfalls mit bedacht werden. Bedenkt man schließlich, dass sich durch die Verdopplung der Geschwindigkeit auch der Bremsweg eines Autos vervierfacht, so erklären sich die Geschwindigkeitsbegrenzungen in Wohngebieten.

Hinweis

Auch für die potentielle Energie und die Spannenergie gibt es entsprechende Formeln. Weil die Physiker davon überzeugt sind, dass die Energie in einem System erhalten bleibt, mussten sie beim Aufstellen der Formeln  genau darauf achten, dass bei jeder Energieumwandlung die Energiewerte, die mit den Formeln vor und nach der Umwandlung berechnet werden können, gleich sind. Das ist ihnen zum Glück gelungen!

Dieses Vorgehen beim Aufstellen der Formeln bedeutet aber insbesondere, dass du durch das Anwenden der Formeln in Versuchen die Energieerhaltung nicht "beweisen" kannst, weil die Formeln gerade so entwickelt wurden, dass die Energieerhaltung gewährleistet ist.