In welchen Fällen kann man das Widerrufsrecht in Anspruch nehmen?

Früher gab es neben dem Widerrufs- auch ein Rückgaberecht. Diese Unterscheidung macht der Gesetzgeber heute nicht mehr. Beide Begriffe bezeichnen dasselbe: Dass ein Verbraucher das Recht hat, eine Ware, die ihm doch nicht gefällt, zurückzugeben.

Trennen müssen Sie allerdings zwischen Widerrufs- und Gewährleistungsrecht. Ware, die einen Mangel aufweist, also kaputt oder nicht voll funktionsfähig ist, dürfen Sie immer zurückgeben. Unter Umständen müssen Sie beweisen, dass der Fehler schon beim Kauf vorlag, aber sonst gibt es für dieses sogenannte Gewährleistungsrecht keine Einschränkungen. Das 14-Tage-Widerrufs- oder Rückgaberecht gilt dagegen auch für Ware, die keinen Mangel aufweist. Sie können einen (Kauf)Vertrag allerdings nur dann 14 Tage lang widerrufen, wenn es sich dabei um ein sogenanntes Haustür- oder Fernabsatzgeschäft handelt:

Fernabsatzgeschäft: Das sind alle Geschäfte, die Sie ausschließlich per Telefon, Katalog, E-Mail oder online tätigen. Wenn Lisa die Bluse also nicht in einem Laden gekauft, sondern sie aus einem Katalog oder online bestellt hätte, wäre die Rückgabe überhaupt kein Problem gewesen. In einem Laden gibt es dieses Recht aber nicht. Und das hat seinen Grund: Das Widerrufsrecht hat der Gesetzgeber nur eingeführt, um Menschen, die nicht im Laden kaufen, nicht zu benachteiligen. Sie sollen genauso die Chance haben, die Ware zu prüfen, bevor Sie sich zum Kauf entscheiden. Bei Kleidung heißt das also: Sie sollen das Material fühlen, die Verarbeitung begutachten und die Passform ausprobieren können. Das geht aber bei Online- oder Katalogbestellungen naturgemäß erst, wenn Sie die Ware gekauft haben und sie geliefert wird. Dieser Nachteil wird durch das Widerrufs- beziehungsweise Rückgaberecht ausgeglichen. Probieren Sie die Bluse im Laden an, haben Sie diesen Nachteil aber nicht. Sie können sie ausgiebig vor Ort prüfen. Folglich steht Ihnen – und Lisa – auch kein Widerrufsrecht zu, wenn Sie später feststellen, dass Sie die Farbe oder das Material doch nicht mögen.

Haustürgeschäft: Ein Haustürgeschäft schließen Sie ab, wenn Sie eine Ware oder Dienstleistung außerhalb von Geschäftsräumen kaufen. Wenn ein Vertreter unangekündigt bei Ihnen zu Hause auftaucht oder ein Händler Ihnen in der Fußgängerzone an einem Stand ein Produkt aufschwatzt, können Sie diesen Vertrag ebenfalls 14 Tage lang rückgängig machen. Das gilt zum Beispiel auch bei Käufen auf einer Kaffeefahrt. Auch hier sollen Sie vor einem Nachteil geschützt werden: Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Sie in solchen Situationen überrumpelt werden und unter Druck eine Entscheidung treffen, die Sie nach reiflicher Überlegung vielleicht nicht getroffen hätten. Deshalb bekommen Sie die Chance, diese Entscheidung im Nachgang zu korrigieren.

Wenn einer dieser beiden Fälle zutrifft, können Sie den Vertrag 14 Tage lang widerrufen. Das bedeutet, nach dem Widerruf stehen beide Vertragsparteien so da, als hätte es das Geschäft nie gegeben. Sie müssen also nicht zahlen oder bekommen Ihr Geld zurück, wenn Sie in Vorleistung gehen musste. Im Gegenzug bekommt der Händler sein Produkt zurück beziehungsweise stellt seine Dienstleistung ein oder fängt gar nicht erst mit dem Service an.

Händler muss über Widerrufsrecht informieren

Haben Sie ein Haustür- oder ein Fernabsatzgeschäft abgeschlossen, können sie also ausnahmsweise auch noch nach Vertragsschluss alles wieder rückgängig machen. Allerdings haben Sie dafür nur 14 Tage lang Zeit. Diese Frist beginnt entweder ab dem Tag nach dem Vertragsschluss oder nach Erhalt der Ware. Welcher Zeitpunkt für Sie gilt, hängt davon ab, welche Waren Sie bestellt haben. Schließen Sie zum Beispiel einen Stromvertrag ab, läuft die Widerrufsfrist ab Vertragsschluss. Kaufen Sie dagegen ein Kleidungsstück oder ein Buch online – also eine Ware, die nur einmal geliefert wird – beginnt die Widerrufsfrist erst, wenn Sie die Ware erhalten haben. Das regelt § 356 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Allerdings gibt es ein Schlupfloch, mit dem sich Ihr Widerrufsrecht unter Umständen auf mehr als ein Jahr ausdehnt: Wenn der Händler Sie über Ihr Widerrufsrecht nicht umfassend aufklärt, verlängert sich die Widerrufsfrist nämlich auf 1 Jahr und 14 Tage. Laut Artikel 246 Absatz 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (BGBEG) muss er Ihnen vor Vertragsschluss mitteilen:

  • dass Ihnen überhaupt ein Widerrufsrecht zusteht.
  • dass Sie Ihren Widerruf nicht begründen, aber erklären müssen – dass also die Rücksendung der Ware allein nicht genügt, um den Vertrag zu widerrufen.
  • wem gegenüber Sie Ihren Widerruf erklären müssen (also Name und ladungsfähige Anschrift des Händlers).
  • wann Ihre Widerrufsfrist beginnt und wie lange sie läuft.
  • dass zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung des Widerrufs genügt (es kommt also darauf an, wann Sie die Widerrufserklärung abschicken, nicht darauf, wann sie beim Händler eingeht).

Wie muss ich einen Widerruf erklären?

Seit einer Gesetzesänderung vor einigen Jahren reicht es nicht mehr, die Ware einfach an den Händler zurückzuschicken, um einen Vertrag rückgängig zu machen. Sie müssen dafür den Widerruf ausdrücklich erklären. In welcher Form und mit welchen Worten Sie das tun, ist allerdings nicht gesetzlich vorgeschrieben. Sie können dafür einfach nur eine E-Mail schreiben, aber auch eine Postkarte schicken, das Widerrufsformular beziehungsweise den Rücksendevordruck des Händlers nutzen oder ihn anrufen. Wichtig ist nur, dass Sie den Widerruf nachweisen können. Es empfiehlt sich also immer, den Widerruf schriftlich zu erklären und den Versand zu dokumentieren – zum Beispiel mit einer Versandbestätigung von der Post, dem Faxprotokoll oder einer Zustellbestätigung Ihres E-Mail-Programms.

In der Regel gibt der Händler einen Weg vor, auf dem er Ihren Widerruf am liebsten entgegennimmt. Schauen Sie dazu einfach in die Widerrufsbelehrung, die er Ihnen ja vor Vertragsabschluss zur Verfügung stellen muss. Sie sind zwar nicht verpflichtet, seinem Wunsch zu entsprechen, aber in der Regel verläuft der Widerruf reibungsloser und schneller, wenn Sie den Vorgaben des Händlers folgen.

Gut zu wissen: Auch wenn viele Händler im Rücksendeschein danach fragen: Sie sind nicht verpflichtet, einen Grund für Ihren Widerruf anzugeben. Ob Lisa die Bluse zu eng war oder sie ihr einfach nicht gefällt, müsste sie einem Online-Händler nicht mitteilen. Nur wenn Sie die Ware zurückschicken, weil Sie beschädigt ist, sollten Sie den Grund angeben. In diesem Fall geht es – juristisch betrachtet – allerdings auch nicht um einen Widerruf, sondern um Ihr Gewährleistungsrecht.

Was muss ich beim Rückversand meiner Bestellung beachten?

Wenn Sie den Widerruf erklärt haben, haben Sie wiederum 14 Tage Zeit, um die Ware an den Händler zurück zu schicken. Das gilt übrigens auch für sogenannte nichtpaketfähige Ware – also Dinge, die zu groß, schwer oder sperrig für den Postversand sind. Wenn Sie also Gartenmöbel online bestellen und diese mit einer Spedition geliefert werden, müssen Sie sie in der Regel auch selbst mit einer Spedition zurückschicken, wenn Sie von Ihrem Widerruf Gebrauch machen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Händler von sich aus anbietet, die Ware abzuholen.

Das Risiko, dass die Ware auf dem Versandweg verloren geht oder beschädigt wird, trägt dabei übrigens der Händler – jedenfalls wenn Sie die Produkte ordentlich verpackt haben.

Praxistipp: Damit es später nicht heißt, Ihre Verpackung wäre Schuld an einem Schaden, fotografieren Sie Ihre Rücksendung am besten, bevor Sie sie aufgeben. Machen Sie ein Bild vom Inneren Ihres Pakets, um zu dokumentieren, dass die Ware vollständig und unbeschädigt war, als Sie sie eingepackt haben. Und fotografieren Sie dann auch das fertige Päckchen von außen. So können Sie belegen, dass die Verpackung keine Schäden hatte, als Sie sie zur Post gebracht haben. Wenn Sie auf den Fotos auch Datum und Uhrzeit einblenden, können Sie damit in einem späteren Streit einfach beweisen, dass Sie Ihre Pflicht erfüllt haben.

Wer bezahlt den Rückversand der Ware?

Das Gesetz sieht vor, dass Sie die Kosten für den Rückversand an den Händler selbst tragen müssen. Viele Händler bieten aber aus Kulanz nach wie vor den kostenlosen Rückversand an. Davon können Sie allerdings nur Gebrauch machen, wenn Sie die Rücksendeetiketten des Händlers benutzen. Diese liegen entweder bereits Ihrem Paket bei oder Sie müssen Sie anfordern, wenn Sie Ihren Widerruf erklären. Informationen zum genauen Ablauf finden Sie meist auf der Website des Händlers oder in der Widerrufsbelehrung.

Gut zu wissen: Sie können die Kosten für den Rückversand immer dann auf den Händler abwälzen, wenn er Sie vor Vertragsschluss nicht über die Modalitäten inklusive der zu erwartenden Kosten für den Rückversand informiert hat.

Wann und wie bekomme ich mein Geld zurück?

Haben Sie auf Rechnung bestellt und schicken die Lieferung komplett zurück, brauchen Sie nichts weiter tun. Sie müssen also nicht erst bezahlen und sich das Geld dann erstatten lassen.

Haben Sie im Vorfeld bezahlt, hat der Händler, sobald er Ihren Widerruf erhalten hat, 14 Tage Zeit, um Ihnen den Kaufpreis zu erstatten.

Übrigens darf der Händler Sie nicht mit einer Gutschrift oder einem Gutschein abspeisen. Nach § 357 Abs. 3 BGB muss er Ihnen den Kaufpreis auf demselben Weg erstatten, auf dem Sie bezahlt haben. Wenn Sie via Paypal zahlten, erhalten Sie also auch auf Paypal die Erstattung. Haben Sie das Geld überwiesen, bekommen Sie den Betrag wieder auf Ihr Konto. Aber Vorsicht: Der Händler darf eine andere Art der Erstattung vereinbaren. Wenn er Sie also zum Beispiel in den AGB oder der Widerrufsbelehrung vor Vertragsschluss darauf hinweist, dass er Erstattungen nur als Banküberweisung vornimmt, ist das erlaubt. Immerhin haben Sie mit Vertragsschluss diese Bedingungen akzeptiert (auch wenn Sie vielleicht nur das Häkchen gesetzt, das Kleingedruckte aber gar nicht gelesen haben).

Gut zu wissen: Der Händler muss übrigens nicht nur den Kaufpreis erstatten, sondern auch die Kosten für den Versand der Ware zu Ihnen, wenn diese bei der Bestellung angefallen sind.


Unser Beispiel: Wenn Lisas Bluse online 24,95 Euro gekostet hätte und sie außerdem 5,99 Euro Versand hätte bezahlen müssen, müsste der Händler ihr nach dem Widerruf insgesamt 30,94 Euro erstatten.


Das gilt allerdings nicht, wenn Sie eine Sonderlieferung buchen. In diesem Fall muss der Händler nur die Kosten für den Basisversand erstatten, die Mehrkosten tragen Sie selbst.


Unser Beispiel: Lisa braucht die Bluse unbedingt am nächsten Tag und bestellt sie deshalb mit Expressversand. Dafür fallen statt 5,99 Euro aber 7,99 Euro Versandkosten an. Wenn Sie die Bluse nun zurückschickt, weil sie von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch macht, bekommt Sie aber trotzdem nur 30,94 Euro zurück. Die 2 Euro Differenz zwischen Standard- und Expressversand trägt sie selbst.


Was muss ich beachten, wenn ich Ware oder Dienstleistungen bereits genutzt habe?

Wenn Sie eine Dienstleistung oder eine Ware bereits genutzt haben, wenn Sie Ihr Widerrufsrecht ausüben, kann der Händler unter Umständen einen sogenannten Wertersatz verlangen. Das bedeutet, dass Sie dafür bezahlen, dass die Ware durch Ihre Behandlung an Wert verloren hat. Allerdings darf der Händler nicht pauschal und für jede Nutzung Wertersatz geltend machen.

Waren dürfen Sie kostenfrei so nutzen, wie es nötig ist, um sie zu prüfen. Kaufen Sie also zum Beispiel ein Kleidungsstück, dürfen Sie es natürlich auspacken und anprobieren. Dafür wird kein Wertersatz fällig. Würden Sie das Teil aber einen ganzen Tag lang tragen und dann den Widerruf geltend machen, fällt das nicht mehr unter „Prüfung“. In diesem Fall könnte der Händler Ihnen einen Teil des Kaufpreises als Wertersatz in Rechnung stellen. Aber auch das darf er nur, wenn er Sie vor Vertragsschluss ordnungsgemäß schriftlich per Post oder E-Mail darüber informiert hat, dass ein Wertersatz fällig werden kann.

Haben Sie Dienstleistungen gebucht, ist die Sachlage ein bisschen komplizierter: Wertersatz kann fällig werden, wenn Sie die Dienstleistung bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist nutzen wollen. Dann zahlen Sie für die Leistung, die Sie bis zum Widerruf in Anspruch genommen haben. Das gilt auch bei der Lieferung von Strom, Gas oder Wasser. Wenn Sie den Service bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist nutzen möchten, müssen Sie das dem Händler allerdings mitteilen (schriftlich, per Post oder E-Mail zum Beispiel). Nur wenn der Händler nachweisen kann, dass Sie diese frühere Lieferung ausdrücklich verlangt haben und er Sie ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht und den Wertersatz aufgeklärt hat, kann er diesen bei einem Widerruf auch geltend machen. Vorsicht: Wenn Sie den Händler zur sofortigen Lieferung auffordern, kann es sein, dass sich Ihre Frist für den Widerruf verkürzt. Der Händler kann dann vereinbaren, dass Ihr Widerrufsrecht erlischt, sobald er die Leistung vollständig erbracht hat.


Ein Beispiel: Sie buchen online einen Webdesigner, um Ihre Homepage neu zu gestalten. Der braucht dafür nur eine Woche. Sie haben ihn aber aufgefordert, sofort mit der Arbeit zu beginnen statt die Widerrufsfrist abzuwarten. Dann erlischt Ihr Widerrufsrecht in dem Moment, in dem die Arbeiten abgeschlossen sind – also schon nach einer Woche statt nach 14 Tagen.

In welchen Fällen hat der Käufer ein Widerrufsrecht?

Gesetzliches Widerrufsrecht Ein Widerruf ist zunächst nur dann möglich, wenn ein Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer geschlossen wurde. Für Verträge zwischen 2 Unternehmern oder 2 Verbrauchern besteht grundsätzlich kein Widerrufsrecht. Zweite Regel: Es kommt auf den Vertragstyp an.

Welche Gründe für Widerruf?

BGH: Kunden müssen Widerruf nicht begründen Für einen wirksamen Widerruf reicht es aus, wenn die Kunden diesen innerhalb der gesetzlich geregelten Frist erklären. Begründen müssen sie die Erklärung aber nicht. Auch die Beweggründe spielen keine Rolle.

Wann greift das Widerrufsrecht nicht?

Kein Widerrufsrecht, wenn kein Fernabsatzvertrag Hierzu gehört neben dem Internet auch eine Bestellung mittels eines Kataloges oder eine telefonische Bestellung, letztlich jeglicher Vertragsschluss, bei dem Käufer und Verkäufer zum Zeitpunkt des Vertrages sich nicht persönlich gegenübergestanden haben.

Hat man auf alles Widerrufsrecht?

Nein. Verbraucher können nicht von jedem Vertrag zurücktreten bzw. diesen widerrufen. Es gibt kein allgemeines Widerrufsrecht.