Erziehungs-Expertin Nicola Schmidt : Ihr Kind treibt Sie zur Weißglut? Dann sagen Sie ihm diese vier Worte Show
Teilen Getty Images
Aktualisiert am Donnerstag, 29.09.2022, 06:18 Wäre es nicht schön, wenn es einen simplen Trick gäbe, der unseren Alltag mit Kindern einfacher machen würde? Erziehungs-Profi Nicola Schmidt erklärt, was Eltern tun können, um das Familienleben friedvoller zu gestalten – und warum davon nicht nur die Nerven der Eltern profitieren. Die mit einem Symbol oder Unterstreichung gekennzeichneten Links sind Affiliate-Links. Kommt darüber ein Einkauf zustande, erhalten wir eine Provision - ohne Mehrkosten für Sie! Mehr Infos Egal, wie abgöttisch wir unsere Kinder lieben – es gibt Momente, in denen sie uns einfach wahnsinnig auf die Nerven geben. Oder etwa nicht? Erziehungsexpertin und Bestsellerautorin Nicola Schmidt hat zu diesem Thema kürzlich einen spannenden Beitrag auf Instagram geteilt. https://www.instagram.com/p/CV0ks4atkYF/?utm_medium=copy_link "Sag deinem Kind einmal am Tag, wie lieb du es hast. Außer wenn es dir wirklich auf die Nerven geht." Wer dann zum zweiten Bild swiped, kann weiter lesen: "Dann sag es ihm zweimal." Punkt. Das muss man erstmal sacken lassen. In schwierigen Situationen mit unseren Kindern, in Momenten, in denen sie uns zur Weißglut treiben, sollen wir innehalten und ihnen unsere bedingungslose Liebe erklären? Gar nicht so einfach. Aber dafür umso wirkungsvoller. Ein kleines "Hab dich lieb" kann in der Erziehung viel verändernNicola Schmidt kennt die Methode aus ihrer eigenen Kindheit. Sie schreibt auf Instagram: "Meine Mutter hat oft zu mir gesagt: Kind, du gehst mir heute entsetzlich auf die Nerven. Was ist los? Ich glaube, ich muss dir mal sagen: ich hab dich lieb. Ich habe erst viel später verstanden, wie klug das ist! Wie heilsam das war!" Die Expertin beschreibt, was sich in der Beziehung zu ihren eigenen Kinder verändert hat, seitdem sie in schwierigen Situationen klarstellt, wie lieb sie sie hat. Die Expertin erklärt: "Als ich anfing, (meinem Sohn) zu sagen: Uff, ich finde das zwischen uns heute echt anstrengend! Komm mal her, ich muss dir dringend sagen: ich hab dich lieb! veränderte sich alles. Plötzlich waren wir wieder ein Team. Plötzlich konnte ich wieder seine Not sehen, nachsichtig sein, uns beiden mehr Zeit lassen, uns besser vor der Welt und ihrem schnellen Takt schützen. Und wenn ich heute nölig und nervig bin, an den Kindern herummäkele, die Wohnung nicht sauber genug ist, mich die Nachbarn nerven und die Katzen im Weg herumliegen, dann sagen die Kinder es auch schon mal zu mir: Mama, du bist heute echt nervig, komm mal her, wir kuscheln. Hab dich lieb.” Über die ExpertinNicola Schmidt ist Politologin und Wissenschaftsjournalistin sowie eine der radikalsten Denkerinnen der aktuellen Erziehungsdebatte. Als international gefragte Referentin bildet sie auch pädagogisches Fachpersonal aus. Nicola Schmidt fragt konsequent, was nachweislich "artgerecht" für menschlichen Nachwuchs ist – von Babys über Kleinkinder bis hin zu Schulkindern. Mit ihrem 2019 veröffentlichten Bestseller "Erziehen ohne Schimpfen" positionierte sie sich in den Medien endgültig als Deutschlands Expertin für Erziehungsfragen auf der Schnittstelle zwischen Entwicklungspsychologie, Nachhaltigkeit und Politik. Mit dem "Elternkompass" legt sie ihr erstes Sachbuch vor, das die wissenschaftlichen Grundlagen ihrer Arbeit vorstellt. Ein Gamechanger in der Kinder-Erziehung?Eine schöne Geschichte. Kann das also der von so vielen Eltern im stressigen Familienalltag ersehnte Gamechanger sein? Kann ein schlichtes 'ich hab dich lieb' wie durch Zauberhand alles ändern? FOCUS Online hat Nicola Schmidt gefragt. "Viele Eltern hoffen ja, wenn ich sowas mache, hört mein Kind sofort auf zu schreien, oder dann macht es sofort das, was ich will, oder dann funktioniert das Kind sofort", sagt die Expertin. Aber das sei natürlich nicht immer der Fall. "Es gibt keinen Trick, der dafür sorgt, dass Kinder immer auf Knopfdruck funktionieren. Aber – und das ist der Gamechanger – durch dieses 'ich hab dich lieb' kriege ich erstens die Chance auf Kooperation und zweitens, die Basis für langfristige Kooperation." Diese langfristige Kooperation ist es, auf die Eltern sich konzentrieren sollten, anstatt nach einer kurzfristigen Lösung zu suchen. Mehr zum Thema Erziehung
Langfristige Kooperation in der Erziehung erreichen"Wir denken ja oft nur: Das Kind muss jetzt die Jacke aufheben. Aber wenn wir über langfristige Kooperation nachdenken, ist es viel sinnvoller zu sagen: Okay, ich glaub, du schaffst das gerade nicht und ich find das echt blöd und du gehst mir echt gerade auf den Keks damit. Aber ich will, dass du weißt, dass ich dich lieb habe", erklärt Schmidt. "Denn dann bekomme ich ein Kind, das mehr Selbstbewusstsein hat. Und selbstbewusste Menschen können mehr Stress aushalten, besser kooperieren und bekommen ihr Leben besser auf die Reihe. Es ist also ein Gamechanger – langfristig und nicht kurzfristig, wie manche Menschen sich das wünschen, die es vielleicht ausprobieren und dann sagen: Toll, Nick zieht aber trotzdem nicht seinen Schneeanzug an.”
Lesetipp (Anzeige) "Der Elternkompass – Was ist wirklich gut für mein Kind? Alle wissenschaftlichen Studien ausgewertet" von Nicola Schmidt, GU Hier geht's zum Buch bei Amazon Wie ein "Ich hab dich lieb" auch den Eltern hilftUm zu verstehen, was in einer solchen Situation zwischen Eltern und Kindern passiert, müssen wir einen Schritt zurücktreten und von einem neutralen Standpunkt aus betrachten, was in uns Erwachsenen vorgeht, wenn unsere Kinder uns durch ihr Verhalten reizen. Schmidt erklärt: "Grundsätzlich ist es ja so: Wenn mich das Kind nervt, gerate ich unter Stress. Wenn ich unter Stress gerate, gerate ich in meine negativen Muster. In dem Moment, in dem ich mich daran erinnere, dem Kind zu sagen, 'Ich glaub, es geht dir nicht gut, ich hab dich lieb', passieren drei Dinge.
An diesem Punkt ist es sehr wichtig klarzustellen, dass wir als Eltern durch den Einsatz dieser Technik nicht etwa einen Freifahrtschein für jedes unerwünschte Verhalten ausstellen. Es geht nicht darum, dass unser Kind plötzlich alles tun und lassen darf und wir es dafür auch noch mit einer Liebesbekundung belohnen. Es heißt einfach nur, dass unsere Liebe sich nicht an dem Verhalten unserer Kinder bemisst. Es heißt, dass wir unsere Kinder bedingungslos lieben – auch, und gerade wenn – sie Fehler machen. Deshalb ist es auch Nicola Schmidt wichtig, zu betonen: "Das Kind darf ruhig wissen, wenn ich etwas absolut nicht okay finde. Und das Kind darf auch hören, dass mich das total ärgert. Das Kind darf aber nie das Gefühl haben: und deshalb hat meine Mama oder mein Papa mich nicht mehr lieb."
Buchempfehlung (Anzeige) "Erziehen ohne Schimpfen" von Nicola Schmidt Zum Buch Schmidt erklärt: "Zu sagen, 'Ich hab dich lieb', bedeutet nicht zu sagen: Du darfst mich anschreien, du darfst machen was du willst, du kriegst alles, was du haben möchtest. Sondern es heißt einfach nur: Wir sind alle Menschen, wir machen alle Fehler und ich möchte, dass du weißt, dass jemand wie du, der ja noch ein Auszubildender des Lebens ist, der noch alles lernen muss; dass der noch am meisten das Recht hat, Fehler zu machen und dass ich dich liebe, mit all den Fehlern, die du machst." Die Herausforderung, neue Wege zu gehenDiese bedingungslose Liebe sei etwas, das die meisten heutigen Eltern selbst nicht in der Form erlebt hätten, meint Schmidt. Die meisten seien mit der Erfahrung aufgewachsen, dass sie geliebt werden, wenn sie brav sind, und nicht geliebt werden, wenn sie nicht so funktionieren, wie die Eltern es sich wünschen. Es ist daher eine Herausforderung für heutige Eltern, es mit ihren eigenen Kindern anders zu machen. Umso wichtiger ist es zu betonen, dass ein friedvoller Umgang mit den Kleinsten nicht bedeutet, dass Eltern sich alles gefallen lassen müssen. Eine Beziehung zu seinen Kindern zu pflegen, die auf bedingungsloser Liebe beruht, heißt nicht, dass man ihnen "alles durchgehen lassen" soll, wie es so oft von Kritikern heißt.
"Es geht darum, trotz allem, was passiert ist, meine Liebe nicht zu entziehen", sagt Nicola Schmidt. Das ist die wichtigste Botschaft, denn Kinder, die auf Liebesentzug sind, können in einer solchen Situation nichts lernen. Wenn wir unsere Kinder also mit Liebesentzug für ihr Verhalten bestrafen – auch wenn wir das vielleicht gar nicht so bewusst machen –, erreichen wir das Gegenteil von dem, was wir möchten. Zwar werden wir Erwachsenen vielleicht unseren Stress los, die Kinder aber lernen nichts und machen, was noch schlimmer ist, die Erfahrung, dass die Liebe ihrer Eltern an Bedingungen geknüpft ist. Eine für Kinder verheerende Situation, wie Neurobiologe Gerald Hüther immer wieder betont. Ja, als Eltern liegen uns oft die Nerven blank. Ja, Kinder sind oft anstrengend und bringen uns an unsere Grenzen. Aber trotz allem sind sie eben noch Kinder, Auszubildende des Lebens, wie Nicola Schmidt sagt. Und deshalb müssen wir Eltern die Verantwortung übernehmen. Vielleicht, indem wir die Ich-hab-dich-lieb-Technik anwenden und beobachten, wie unser Familienleben sich wandelt.
Dieses Thema könnte Sie auch interessieren:
Zum Thema Frech, laut, forderndWarum Kinder sich schlechter benehmen, wenn die Mutter anwesend istWohnrecht, Arbeitsrecht, RentenrechtDeutschland ist kinderfeindlich – diese Zahlen und Fakten belegen esCorona-PandemieLehrergewerkschaft warnt vor SchulschließungenVielen Dank! Ihr Kommentar wurde abgeschickt. Im Interesse unserer User behalten wir uns vor, jeden Beitrag vor der Veröffentlichung zu prüfen. Als registrierter Nutzer werden Sie automatisch per E-Mail benachrichtigt, wenn Ihr Kommentar freigeschaltet wurde. Artikel kommentieren Logout | Netiquette | AGB Bitte loggen Sie sich vor dem Kommentieren ein Login Login Überschrift Kommentar-TextSie haben noch 800 Zeichen übrig Leser-Kommentare (8) Bei den folgenden Kommentaren handelt es sich um die Meinung einzelner FOCUS-online-Nutzer. Sie spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider. Sonntag, 19.06.2022 | 10:38 | Sabine Paul | 1 Antwort "Gschürsch-mi" Getüddelmag bei den meisten neurotypischen Kindern wirken :) Bei Kindern wie mir (Jg.72) einer hochfunktionalen Autistin hat sie damit verloren, meine Mutter hat das versucht und sich danach immer (!) heulend und sich selbst lauthals bemitleidend im Bad eingeschlossen = Kind hat den mentalen Ringkampf gewonnen ! Respekt hat mir nur meine Oma eingeflösst, ich wusste, wenn ich es übertreibe sie zu trietzen, dann gabs paar hinter die Löffel und die Grenzen waren ganz klar abgesteckt ! Und ich bin Oma bis heute dankbar dafür !!! Kinder ohne Grenzen, Respekt und Disziplin sind die Verlierer der Zukunft ! Ich musste das auf die harte Tour nachträglich lernen und hab die Kurve grad noch gekriegt :) Antwort schreiben
Weitere Kommentare (7) Montag, 14.03.2022 | 12:22 | Wolfgang Thelen | 1 Antwort Vier worteDu kommst ins Kinderheim,waren die häufigsten Worte die ich in meiner Kindheit gehört habe. Die zweit meisten waren : gleich setzt es was Antwort schreiben
Freitag, 31.12.2021 | 21:44 | Eberhard Breicker So so...vier Worte?Früher waren die vier Worte: "Gleich setzt es was!". Die haben Wunder gewirkt und nicht jeder Halbstärke hat gemeint, er sei Gottes Geschenk an die Menschheit und als Meister vom Himmel gefallen. Antwort schreibenDonnerstag, 30.12.2021 | 13:13 | Bernd Dehnhardt | 1 Antwort Erziehung ist nicht einfach!Natürlich können Kinder Eltern bis zur Weißglut reizen! Kinder probieren sich aus! Doch man sollte ruhig und gelassen bleiben, wenn so etwas vorkommt! Kinder sind eben keine Erwachsenen! Deshalb ist es gut, wenn sich die Situation beruhigt hat, dem Kind zu sagen, das man es lieb hat!
Montag, 27.12.2021 | 22:17 | Melitta Krischer Dafür gibt eseinen schönen Spruch. Erziehen heißt vorleben, alles andere ist Dressur! Es sollte im täglichen Umgang mit seinen Kindern klar sein, dass sie geliebt und geschätzt sind. Die Kinder sollten mit Respekt behandelt werden und umgedreht ist es genau so. Meine Kinder sind tolle Kinder. In den 70er Jahren geboren, da hat man grundsätzlich nicht alle 5 Minuten gesagt, ich hab Dich lieb. Hat trotzdem funktioniert. Heute müssen alle gepempert und gepudert werden. Schaut Euch nur mal um. Respekt? Fehlanzeige! Es gibt auch ein Paar andere. Stimmt Antwort schreibenMontag, 27.12.2021 | 22:15 | Johann Brückner | 1 Antwort KlarAber der Grund warum das Land voll mit schlecht erzogenen Kindern ist. Früher hatte es eine oder gar zwei gesetzt und es wäre Ruhe und Frieden eingekehrt. Antwort schreiben
Montag, 27.12.2021 | 20:18 | Martin Lotz | 4 Antworten Früher gab es auf den Hintern und gut war!Und dennoch hat nie jemand an der Liebe der Eltern gezweifelt! Ich fühle mich heute nicht misshandelt nur weil ich was auf den Hintern bekommen habe wenn ich mich nicht benommen habe. Früher hatten wir auch noch Respekt vor Polizei und Co. Produkte wie Spuckschutzhauben gab es einfach nicht und wurden auch nicht gebraucht. Was bei den heutigen Erziehungsmethoden rauskommt sehen wir täglich in den Nachrichten. Respektlose und gewalttätige Kinder die mal lieber was auf den Hintern bekommen hätten anstatt ein „Ich liebe dich“ im komplett falschen Situationen. Langfristig tut man den Kindern damit keinen Gefallen denn spätestens in der Schule ist damit Schluss. Was die Eltern versäumen hohlen die Klassenkameraden nach. Das gibt dann schmerzhafte Erziehung im Schnelldurchlauf. Antwort schreiben
Montag, 27.12.2021 | 19:04 | Renate Stott | 3 Antworten Ganz einfach...Ich habe meinen Kindern jeden Tag gesagt und gezeigt wie lieb ich sie habe. Für mich und den allermeisten Freunden und Bekannten das natürlichste auf der Welt. Außerdem hilft es meistens kleine Kinder die "nerven" einfach auf den Schoß zu nehmen, ganz fest halten und beruhigend auf sie einwirken. Das können Worte oder Lieder oder Streicheleinheiten sein. Das machen meine Kinder heute auch mit ihren Kindern. Antwort schreiben
|