Susanna prozess gegen ali b. begonnen

Im Mordfall Susanna F. hat der 22-jährige Ali B. vor Gericht die Tötung der Schülerin gestanden. Eine Vergewaltigung bestritt er.

Wiesbaden. Vor dem Landgericht Wiesbaden hat an diesem Dienstag der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder der Schülerin Susanna F. begonnen. Der 22-jährige Ali B. gestand, die 14-jährige Mainzerin im Mai 2018 in Wiesbaden-Erbenheim getötet zu haben. „Es wurde vor meinen Augen schwarz, dann kam es zu diesem Ereignis. Ich weiß nicht, wie das geschehen konnte“, sagte der 22-Jährige.

Gegen den Vorwurf der Vergewaltigung setzte er sich zur Wehr: Der Sex sei einvernehmlich gewesen, sagte Ali B. Kennengelernt habe er Susanna über einen gemeinsamen Bekannten. Sie hätten öfter Zeit miteinander verbracht, Musik gehört oder seien Hand in Hand spazieren gegangen. Er habe nicht gewusst, wie alt sie sei, sagte der Iraker.

Anklage wirft Ali B. Vergewaltigung vor

Seit dem 10. Juni sitzt der Angeklagte in Untersuchungshaft in Frankfurt. Der irakische Flüchtling Ali B. hatte in Vernehmungen gestanden, Susanna in der Nacht zum 23. Mai 2018 getötet zu haben. Die Vergewaltigung bestritt er. Die Leiche der Schülerin war am 6. Juni in einem Erdloch nahe Bahngleisen gefunden worden, rund zwei Wochen nach dem Verschwinden des Mädchens.

Morgenpost von Christine Richter

Bestellen Sie hier kostenlos den täglichen Newsletter der Chefredakteurin

E-Mail*

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Jetzt anmelden

Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder. Eine Abmeldung ist jederzeit über einen Link im Newsletter möglich.

Laut Anklage habe Ali B. Susanna in einem Feld zum Sex gezwungen. Als die 14-Jährige danach drohte, zur Polizei zu gehen, habe er sie von hinten angegriffen und erwürgt. Anschließend habe er mit einer weiteren, bislang unbekannten Person ein Erdloch ausgehoben und die Tote vergraben. Um Susannas Mutter in Sicherheit zu wiegen, habe er vom Handy des Opfers eine Nachricht geschrieben, in der er behauptete, Susanna sei in Paris.

Ali B. muss sich in mehreren Verfahren verantworten

Das Verfahren ist nicht das einzige, in dem sich Ali B. verantworten muss - es gab einen weiteren Haftbefehl. Wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung eines elfjährigen Mädchens muss sich Ali B. vom 19. März an in einem gesonderten Verfahren zusammen mit einem 14-jährigen Afghanen verantworten.

Laut Staatsanwaltschaft soll B. außerdem einen Mann im Wiesbadener Kurpark mehrfach geschlagen, gewürgt und ihm unter anderem eine Bankkarte und ein Smartphone entwendet haben.

Der Angeklagte setzte sich in den Irak ab – Bundespolizei holte ihn zurück

Der Fall ist auch politisch und gesellschaftlich brisant: Nach dem Fund der toten Susanna gab es sowohl Gedenkveranstaltungen, bei denen still um das Mädchen getrauert wurde, als auch Mahnwachen, die sich gegen illegale Einwanderung richteten.

Der angeklagte Ali B. war 2015 aus dem Irak nach Deutschland gekommen. Sein Asylantrag wurde Ende 2016 abgelehnt.

Der Angeklagte hatte sich kurz nach der Tat mit seiner Familie in den kurdisch kontrollierten Nordirak abgesetzt. Er wurde von kurdischen Sicherheitskräften gefasst und von der Bundespolizei nach Deutschland überführt.

Susanna prozess gegen ali b. begonnen

Tatverdächtiger im Fall Susanna nach Deutschland überstellt

Tatverdächtiger im Fall Susanna nach Deutschland überstellt

Der Behördenchef Dieter Romann reiste dazu persönlich ins irakische Erbil. Die Abschiebung wurde von der irakischen Zentralregierung in Bagdad als Rechtsverstoß kritisiert. Es gebe kein Auslieferungsabkommen zwischen dem Irak und Deutschland.

Kritik an der Ermittlungsarbeit der Polizei

Die Sicherheitsdebatte rund um den tatverdächtigen Flüchtling beschäftigte auch die Bundespolitik. Kanzlerin Angela Merkel sagte in einem Fernsehinterview: „Der Fall zeigt doch, wie wichtig es ist, dass die Menschen, die keinen Aufenthaltsstatus haben, schnell ihr Verwaltungsgerichtsverfahren bekommen und schnell wieder nach Hause geschickt werden können.“

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte im unionsinternen Streit um die Asylpolitik, er habe den Eindruck, man habe bei der Migrations- und Sicherheitspolitik nicht alles im Griff.

  • Susanna prozess gegen ali b. begonnen

    Die 14-jährige Susanna verschwand am 22. Mai nach einem Treffen mit ihren Freundinnen. Ihre Mutter meldete sie als vermisst. Die Polizei leitete die Fahndung ein. Der entscheidende Hinweis kam laut Ermittlern von einem jungen Geflüchteten, der den mutmaßlichen Täter kannte. Er führte die Polizisten zu diesem Feldweg im Stadtteil Erbenheim in Wiesbaden. Erst am 6. Juni fanden die Beamten die Leiche der vermissten Susanna. Foto: Arne Dedert / dpa
  • Susanna prozess gegen ali b. begonnen

    Die Polizisten befragten am 6. Juni auch Passanten. Nicht weit entfernt – an den Bahngleisen – fanden sie die Leiche einer weiblichen Person. Da sie vergraben war, konnte man Susanna nicht sofort identifizieren. Foto: Arne Dedert / dpa
  • Susanna prozess gegen ali b. begonnen

    Die Leiche von Susanna hatte der Täter in diesem Gebüsch am Bahngleis versteckt. Später stellte sich heraus: Susanna wurde vergewaltigt. Foto: Arne Dedert / dpa
  • Susanna prozess gegen ali b. begonnen

    Erst einen Tag nach dem Fund, am 7. Juni, bestätigte ein Polizeisprecher: Bei der in Wiesbaden gefundenen Leiche handelt es sich um die vermisste 14-jährige Susanna aus Mainz. Foto: Arne Dedert / dpa
  • Susanna prozess gegen ali b. begonnen

    Bei der ersten Pressekonferenz von Polizei und Staatsanwaltschaft zum Todesfall von Susanna war noch einiges unklar. Die Journalisten erfahren: Die 14-jährige wurde umgebracht, ein Tatverdächtiger sitzt in Haft, ein zweiter Mann hat sich offenbar in den Irak abgesetzt. Foto: Boris Roessler / dpa
  • Susanna prozess gegen ali b. begonnen

    Am 8. Juni eine weitere Pressekonferenz in Quedlinburg: Diesmal spricht Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). An diesem Tag verkündet er die Festnahme des zweiten Tatverdächtigen, der mit seiner Familie tatsächlich in den Irak geflüchtet war. Der andere Tatverdächtige wurde hingegen freigelassen. Foto: Hendrik Schmidt / dpa
  • Susanna prozess gegen ali b. begonnen

    Am gleichen Tag nutzt die AfD-Fraktion den Fall Susanna im Bundestag für ein medienwirksames Statement. Die Mitglieder der Fraktion legen – unangekündigt – eine Schweigeminute ein. Sie werden später dafür kritisiert, den tragischen Fall für politische Zwecke zu instrumentalisieren. Foto: Ralf Hirschberger / dpa
  • Susanna prozess gegen ali b. begonnen

    AfD-Demonstranten am 9. Juni in Mainz: Nur wenige dutzend Teilnehmer sind zu einer von der Partei organisierten Mahnwache für die getötete Susanna gekommen. Foto: Boris Roessler / dpa
  • Susanna prozess gegen ali b. begonnen

    Einigen Teilnehmern der von der AfD organisierten Mahnwache wird ebenfalls vorgeworfen, den Fall Susanna für politische Zwecke zu instrumentalisieren. Etliche Experten betonen, dass es sich bei dem mutmaßlichen Täter, der aus dem Irak nach Deutschland geflüchtet war, um einen Einzelfall handelt. Foto: Boris Roessler / dpa
  • Susanna prozess gegen ali b. begonnen

    Diese Debatten berühren kaum die Trauer der Bekannten und Verwandten von Susanna. Kerzen stehen vor dem Haus der Mutter der getöteten Susanna . Foto: Boris Roessler / dpa
  • Susanna prozess gegen ali b. begonnen

    Hier sehen sich Schulkinder in Mainz Blumen und Kondolenzschreiben an, die von Trauernden und Passanten im Flur des Wohnblocks abgelegt wurden, in dem die Mutter der getöteten Susanna lebt. Foto: Boris Roessler / dpa
  • Susanna prozess gegen ali b. begonnen

    „Wir vermissen dich Susanna“: Viele Menschen haben Botschaften hinterlassen und Briefe der Anteilnahme geschrieben. Oft wurden sie mit Buntstiften geschrieben. Foto: Boris Roessler / dpa
  • Susanna prozess gegen ali b. begonnen

    Junge Frauen legen an einer provisorischen Gedenkstätte für die getötete Susanna Blumen nieder und entzünden Kerzen. Foto: Boris Roessler / dpa
  • Susanna prozess gegen ali b. begonnen

    Am Abend des 9. Juni konnte der Hauptverdächtige von der Bundespolizei in Frankfurt in Haft genommen werden. Die irakische Polizei hatte ihn am Tag davor festnehmen können, danach wurde er mit einer Lufthansa-Maschine von Erbil nach Frankfurt geflogen. Ali B. soll am 10. Juni bei seiner Haftprüfung stundenlang ausgesagt haben. Foto: Boris Roessler / dpa

Nach einer Anzeige hatte die Staatsanwaltschaft Frankfurt Ermittlungen gegen Bundespolizei-Präsidenten Romann eingeleitet, die jedoch inzwischen eingestellt wurden. Für den Vorwurf der Freiheitsberaubung gebe es keinen hinreichenden Tatverdacht, hatte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft im Januar 2019 erklärt.

An der Arbeit der Polizei war Kritik laut geworden. Unter anderem ging es um die Frage, ob die Leiche früher hätte gefunden werden können, wenn die Beamten umfassender nach dem Mädchen gesucht hätten. Die Polizei hatte zunächst kein Verbrechen vermutet. (dpa/mein/tki)