von , veröffentlicht am 26.10.2021 Show Bei den mit dem An- und Ablegen der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) verbundenen Tätigkeiten sowie den erforderlichen innerbetrieblichen Wegezeiten zwischen Spind, Umkleideraum und eigentlichem Arbeitsplatz handelt es sich um grundsätzlich vergütungspflichtige Arbeitszeiten. Durch Arbeits- oder Tarifvertrag kann für diese Zeiten der Entgeltanspruch jedoch ausgeschlossen werden. Das hat das BAG entschieden. Der Kläger arbeitet bei VW im Werk Kassel. Auf sein Arbeitsverhältnis findet der Haustarifvertrag zwischen VW und der IG Metall Anwendung. Im Werk gilt eine Vertrauensarbeitszeit, als Arbeitszeiten werden grundsätzlich die Schichtzeiten erfasst. Arbeitsschutzrechtlich ist der Kläger verpflichtet, bei seiner Arbeit eine Schutzausrüstung (feuerbeständige Hose und Jacke, Sicherheitsschuhe, Helm, Schutzbrille und Gehörschutz) zu tragen. Mit seiner Klage begehrt er die Bezahlung für Umkleide- und innerbetriebliche Wegezeiten für die Monate September bis Dezember 2017 in Höhe von insgesamt rund 550 Euro. Die Klage blieb in allen drei Instanzen ohne Erfolg:
BAG, Urt. vom 21.7.2021 - 5 AZR 110/21, BeckRS 2021, 30979 und weitere Verfahren vom gleichen Tage Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis Umkleidezeiten sind im Grundsatz Arbeitszeit und damit vergütungspflichtig. Allerdings kann der Anspruch auf Vergütung durch Tarifvertrag ausgeschlossen werden – so das BAG. Immer wieder ist vor Gerichten streitig, ob Umkleide- und Wegezeiten vergütungspflichtige Arbeitszeit sind. Die Gerichte haben einiges geklärt. Viele Fragen sind allerdings noch offen. Das war der FallDer Mechaniker ist bei einem Betrieb angestellt, für den ein Manteltarifvertrag mit der IG Metall besteht. Der Mechaniker ist aufgrund Betriebsvereinbarung verpflichtet, eine persönliche Schutzausrüstung anzulegen und während der Arbeit zu tragen. Hierzu legt er innerbetriebliche Wege zurück. Diese Umkleide- und Wegezeiten fallen außerhalb der schichtplanmäßigen Arbeitszeit an und werden vom Arbeitgeber nicht vergütet. Hiermit war der Mechaniker nicht einverstanden und verlangte von seinem Arbeitgeber eine Vergütung der Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten, hilfsweise eine Zeitgutschrift. Das sagt das GerichtDas BAG kommt zu dem Ergebnis, dass die Umkleide- und Wegezeiten grundsätzlich zwar vergütungspflichtige Arbeitszeit nach § 611a Abs. 2 BGB darstellen, denn das Umkleiden beruhe auf der Anweisung des Arbeitgebers und sei Teil der fremdnützigen Tätigkeit des Arbeitnehmers. Daher müsste es eigentlich Arbeitszeit und damit vergütungspflichtig sein. Aber: Durch Arbeits- oder Tarifvertrag könne eine gesonderte Vergütungsregelung für Umkleide- und Wegezeiten getroffen werden. Die Auslegung des Tarifvertrags ergebe hier, dass die Tarifvertragsparteien eine solche Vergütungspflicht ausgeschlossen haben, sodass die Vergütungspflicht des Arbeitgebers für Umkleide- und Wegezeiten entfällt. Dem Mechaniker sei auch keine Zeitgutschrift zu gewähren. Einen Verstoß gegen die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes gem. § 3 Abs. 3 ArbSchG hat das BAG verneint. Die Umkleide- und Wegezeiten beruhen zwar auf der Anweisung des Arbeitgebers und stellen zudem eine Maßnahme des Arbeitsschutzes dar. Dem Beschäftigten würden durch das An- und Ablegen der Schutzkleidung jedoch keine Kosten entstehen. Als Kosten im Sinne der Vorschrift seien lediglich Aufwendungen für Sachmittel zu verstehen. Der Aufwand von Zeit erfülle demnach den Kostenbegriff nicht. Was regelte der Manteltarifvertrag?Der Ausschluss der Vergütung der Umkleide- und Wegezeiten war im Manteltarifvertrag nicht definiert. Es hieß lediglich, dass geleistete Arbeit und Arbeitsbereitschaft bezahlt werde, es sei denn, dass durch Tarifverträge andere Regelungen getroffen seien. Geregelt war u.a., dass den Beschäftigten eine tägliche Waschzeit von bis zu 20 Minuten gewährt wurde, sofern sie besonders schmutzige Arbeiten verrichten. Da für diese sogenannte „Zusammenhangstätigkeit“ eine explizite Regelung getroffen wird, war aus Sicht des BAG durch Auslegung des Manteltarifvertrages darauf zu schließen, dass andere Zusammenhangstätigkeiten, wie Umkleide- und Wegezeiten, keine zu vergütende Arbeitszeit darstellen, da es hierzu eben keine tarifvertraglichen Regelungen gibt. Das muss die Interessenvertretung wissenDurch einen Tarifvertrag kann die Vergütungspflicht des Arbeitgebers für Zusammenhangstätigkeiten ausgeschlossen werden. Dies kann sich, wie der obige Fall zeigt, auch durch Auslegung des Tarifvertrages ergeben. Klare Formulierungen im Tarifvertrag sind daher wichtig, um eine eindeutige Regelung zwischen den Vertragsparteien herbeizuführen. © bund-verlag.de (jv) Was bedeutet Vergütungspflichtige Arbeitszeit?Die Zeiten, die ein Außendienstmitarbeiter in Erfüllung seiner vertraglich geschuldeten Arbeitspflicht für Fahrten zu und von Kunden aufwendet, sind uneingeschränkt der entgeltpflichtigen Arbeitszeit zuzurechnen und mit der tariflichen Grundvergütung zu vergüten.
Ist umziehen Arbeitszeit Schweiz?Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco sagt dazu: Falls das Umziehen für die Tätigkeit notwendig ist (interne Weisung des Betriebs, nach der Arbeitnehmende sich vor Arbeitsbeginn umziehen müssen), ist die Umkleidezeit als Arbeitszeit anzurechnen.
|