Wann gegen keuchhusten impfen wenn polio diptherie vier jahre zurückliegt

Krankheitsbild

Keuchhusten (Pertussis) ist eine hochansteckende Infektionskrankheit, die mit Anzeichen einer einfachen Erkältung beginnt und dann typischerweise in ein Stadium schwerer krampfartiger Hustenanfälle übergeht. Wochen bis Monate später klingen die Symptome allmählich wieder ab. Bei jungen Säuglingen können statt der Hustenanfälle lebensbedrohliche Atemstillstände auftreten.

Übertragung und Vorkommen

Der Keuchhusten-Erreger wird durch Tröpfcheninfektion beim Niesen, Husten oder Sprechen übertragen.

Der Erreger kommt auf der ganzen Welt vor.

Vorbeugung

Gegen Keuchhusten stehen Impfungen zur Verfügung. Bei engem Kontakt zu Erkrankten können vorbeugend Antibiotika sinnvoll sein.

Impfstoff

Kombinationsimpfstoffe zur Injektion (in der Spritze)

Impfempfehlung

Grundimmunisierung für Säuglinge ab einem Alter von zwei Monaten (bevorzugt mit Sechsfach-Impfstoff); Auffrischimpfung für Kinder im Alter zwischen fünf und sechs Jahren (als Tetanus-Diphtherie-Pertussis-Kombinationsimpfung) sowie Auffrischimpfung für Jugendliche zwischen neun und 16 Jahren (als Tetanus-Diphtherie-Pertussis-Polio-Kombinationsimpfung);
für alle Erwachsenen einmalige Impfung (als Tetanus-Diphtherie-Pertussis-Kombinationsimpfung oder bei Bedarf als Tetanus-Diphtherie-Pertussis-Polio-Kombinationsimpfung);
für schwangere Frauen eine Impfung zu Beginn des letzten Schwangerschaftsdrittels, falls eine Frühgeburt wahrscheinlich ist, bereits im zweiten Schwangerschaftsdrittel (als Tetanus-Diphtherie-Pertussis-Kombinationsimpfung);
für enge Kontaktpersonen von Säuglingen sowie Personal im Gesundheitswesen und in Gemeinschaftseinrichtungen Auffrischimpfung alle zehn Jahre

Unser Rat für Sie:

Achten Sie darauf, dass Ihr Baby möglichst frühzeitig gegen Keuchhusten geimpft wird. Aber auch Vorschulkinder und Jugendliche sowie Erwachsene, insbesondere Frauen in der Schwangerschaft, enge Kontaktpersonen von Säuglingen sowie Beschäftigte in Gesundheits- und Gemeinschaftseinrichtungen, sollten ausreichend gegen Keuchhusten geimpft sein.

Wenn Sie noch mehr hierzu wissen möchten, wenden Sie sich an Ihren Arzt/Ihre Ärztin oder an die Experten der Universitätsklinik Mainz.

Krankheitsbild Keuchhusten (Pertussis)

Symptome und Verlauf

Keuchhusten (Pertussis) kann in verschiedenen Formen auftreten. Ein typischer Verlauf wird bei älteren Säuglingen, Klein- und Schulkindern beobachtet. Untypische Krankheitsbilder findet man im frühen Säuglingsalter sowie bei Jugendlichen und Erwachsenen.

Erste Krankheitszeichen treten meist 9 bis 10 Tage, manchmal auch schon 6 oder bis zu 20 Tage nach der Ansteckung auf.

Typischer Verlauf

Keuchhusten (Pertussis) verläuft typischerweise in drei Stadien:

Zunächst stehen für ein bis zwei Wochen erkältungsähnliche Beschwerden wie Schnupfen und leichter Husten im Vordergrund, mäßiges Fieber kann hinzukommen (Stadium catarrhale).

Im zweiten Stadium (Stadium convulsivum), das in der Regel mindestens vier bis sechs Wochen andauert, kommt es zu krampfartigen Hustenanfällen. Häufig enden die Hustenstöße mit dem typischen keuchenden Einziehen der Luft. Die Hustenanfälle können zum Herauswürgen von zähem Schleim und anschließendem Erbrechen führen. Die Hustenattacken können sehr zahlreich sein und treten gehäuft nachts auf. Fieber fehlt oder ist nur leicht ausgeprägt.

Schließlich klingen die Hustenanfälle über einen Zeitraum von sechs bis zehn Wochen allmählich ab (Stadium decrementi).

Besondere Krankheitsbilder

Bei Jugendlichen und Erwachsenen verläuft Keuchhusten oft als lang andauernder Husten, jedoch ohne die typischen Hustenanfälle.

Auch bei Säuglingen ist das Krankheitsbild häufig nicht charakteristisch. Zu Beginn tritt zwar ebenfalls Schnupfen und leichter Husten auf. Statt der Hustenanfälle kann es jedoch zu Luftschnappen, Würgen, Erbrechen, verlangsamter Herztätigkeit und lebensbedrohlichen Atemstillständen (Apnoen) kommen.

Bei mehr als zwei Drittel der erkrankten Säuglinge bis zum Alter von drei Monaten wird eine Krankenhausbehandlung erforderlich. Säuglinge haben das höchste Risiko für schwere Komplikationen.

Mögliche Komplikationen

Die häufigste Komplikation ist eine Lungenentzündung, oft verursacht durch eine zusätzliche Infektion mit anderen bakteriellen Erregern. Jeder zehnte erkrankte Säugling entwickelt eine Lungenentzündung. Weitere Komplikationen sind bei Säuglingen neben Apnoen auch Mittelohrentzündungen und in seltenen Fällen Funktionsstörungen des Gehirns.

Hustenattacken können zu Blutungen an der Augenbindehaut oder sogar im Gehirn führen, es kann außerdem zu Rippenbrüchen und Leistenbrüchen kommen.

Erkennung und Behandlung

Ärztinnen und Ärzte erkennen Keuchhusten bei Kindern aufgrund der typischen Beschwerden. Ein Verdacht wird durch Laboruntersuchungen bestätigt.

Untypischer Keuchhusten wird in vielen Fällen nicht erkannt, die Betroffenen können die Erreger dann unbemerkt weiterverbreiten.

Zur Behandlung werden Antibiotika eingesetzt, die bei Verdacht auf Pertussis so früh wie möglich verabreicht werden sollten. Werden Antibiotika erst gegeben, wenn bereits die typischen Hustenattacken auftreten, können sie den Krankheitsverlauf zwar nicht mehr lindern, aber die Weiterverbreitung des Bakteriums unterbinden.

Bei Säuglingen wird eine stationäre Aufnahme zur Überwachung von Apnoen empfohlen.

Übertragung und Vorkommen

Der Erreger des Keuchhustens (Bordetella pertussis) kommt weltweit vor. Die Übertragung erfolgt von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion beim Husten, Niesen oder Sprechen. Eine Ansteckungsgefahr besteht bereits kurz vor Auftreten der Krankheitszeichen und ist während der ersten beiden Wochen der Erkrankung am höchsten, wenn der Keuchhusten oft noch nicht erkannt wird. Erkrankte können noch bis zu drei Wochen ansteckend sein, nachdem die krampfartigen Hustenafälle begonnen haben. Durch die Gabe von Antibiotika verkürzt sich die Dauer der Ansteckungsfähigkeit auf etwa drei bis sieben Tage nach Beginn der Behandlung.

Durch weltweite Impfprogramme konnten große Erfolge bei der Eindämmung schwerer Keuchhusten-Infektionen im Kindesalter erzielt werden.

In Deutschland starben vor der Einführung einer Impfung im Jahr 1955 jährlich mehr als 20.000 Kinder an Keuchhusten. Anfang der 1970er Jahre galt Keuchhusten als nahezu besiegt. Nachdem die reguläre Impfung mit dem damals verfügbaren Impfstoff aufgrund gemeldeter Nebenwirkungen in den westlichen Bundesländern ausgesetzt wurde, nahmen die Pertussisfälle bis Anfang der 1990er Jahre wieder drastisch zu. Seit 1994 Impfungen mit modernen azellulären Pertussis-Impfstoffen für alle Kinder empfohlen werden, ist Keuchhusten im frühen Kindesalter wesentlich seltener geworden.

Im Abstand von vier bis sechs Jahren werden allerdings zyklische Anstiege von Pertussis-Fällen beobachtet. Dazu trägt eine unzureichende Umsetzung der empfohlenen Auffrischimpfungen bei Jugendlichen und Erwachsenen bei. Dies gefährdet auch junge Säuglinge, die selbst noch nicht geimpft werden können.

Seit Einführung der bundesweiten Keuchhusten-Meldepflicht im Jahr 2013 werden jährlich zwischen 11 und 20 Erkrankungen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner übermittelt. Im Jahr 2020 wurden in Deutschland 3.462 Erkrankungen an Pertussis gemeldet.

Vorbeugung

Gegen Keuchhusten stehen Schutzimpfungen zur Verfügung.

Ungeimpfte enge Kontaktpersonen von Erkrankten, zum Beispiel in der Familie oder in Gemeinschafts- und Gesundheitseinrichtungen, sollten frühzeitig Antibiotika zur Vorbeugung erhalten. Geimpfte Kontaktpersonen sind zwar weitgehend geschützt, können aber von dem Erreger vorübergehend besiedelt werden und diesen weiterverbreiten. Daher sollten auch diese vorsichtshalber vorbeugend Antibiotika einnehmen, wenn sich in ihrer Umgebung besonders gefährdete Menschen aufhalten, zum Beispiel ungeimpfte oder unvollständig geimpfte Säuglinge, Kinder mit Herz- oder Lungenleiden oder Schwangere im letzten Schwangerschaftsdrittel.

Bei Häufungen von Erkrankungen an Keuchhusten kann auch bei vollständig geimpften Kindern und Jugendlichen, die engen Kontakt zu Erkrankten haben, eine Impfung erwogen werden, wenn die letzte Impfung länger als fünf Jahre zurück liegt.

Impfung gegen Keuchhusten (Pertussis)

Impfstoff

Die modernen, azellulären Keuchhusten-Impfstoffe bestehen aus einigen Eiweißen des Bakteriums und sind wesentlich besser verträglich als der frühere Ganzkeimimpfstoff. Für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene gibt es verschiedene Kombinationsimpfstoffe mit Keuchhusten-Komponente zur Grundimmunisierung und Auffrischung.

Anwendung des Impfstoffs

Der Impfstoff wird in der Regel in die Muskulatur gespritzt. Falls erforderlich, können einige der Impfstoffe auch unter die Haut gespritzt werden.

Zur Grundimmunisierung im Säuglings- und Kleinkindalter wird bevorzugt Sechsfach-Kombinationsimpfstoff eingesetzt, mit dem außer gegen Keuchhusten (Pertussis) gleichzeitig gegen Tetanus, Diphtherie, Haemophilus influenzae Typ b (Hib), Kinderlähmung (Polio) und Hepatitis B geimpft wird. Die Ständige Impfkommission STIKO empfiehlt hierfür bei reifgeborenen Säuglingen drei Impfungen (2+1-Schema): Die ersten beiden Impfungen sollen im Alter von 2 Monaten und von 4 Monaten in einem Abstand von 2 Monaten gegeben werden. Die dritte Impfung soll im Alter von 11 Monaten mit einem Abstand von mindestens 6 Monaten zur vorherigen Impfung erfolgen.

Frühgeborene, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren sind, sollen nach dem 3+1-Impfschema mit vier Impfstoffdosen geimpft werden, und zwar im Alter von 2, 3, 4 und 11 Monaten. Zwischen den ersten drei Impfstoffdosen soll jeweils ein Mindestabstand von 4 Wochen liegen; zwischen der dritten und vierten Impfstoffdosis ist ein Mindestabstand von 6 Monaten einzuhalten.

Eine Auffrischimpfung gegen Pertussis ist im Alter von 5 bis 6 Jahren (als Tetanus-Diphtherie-Pertussis-Kombinationsimpfung) und eine weitere im Alter von 9 bis 16 Jahren (als Tetanus-Diphtherie-Pertussis-Polio-Kombinationsimpfung) erforderlich.

Im Erwachsenenalter wird gegen Pertussis in Kombination mit der Auffrischimpfung gegen Tetanus, Diphtherie und ggf. Kinderlähmung (Polio) geimpft.

Wirksamkeit des Impfstoffs

Nach der ersten Impfdosis besteht für Säuglinge ein um ca. 40 Prozent niedrigeres Erkrankungsrisiko als für ungeimpfte Säuglinge. Nach der zweiten Impfung steigt der Immunschutz auf über 80 Prozent. Nach Abschluss der Grundimmunisierung ist in über 90 Prozent ein Immunschutz vorhanden. Dieser hält etwa 5 bis 7 Jahre an.

Wer geimpft sein sollte

Die Keuchhusten-Impfung ist eine allgemeine, von den Gesundheitsbehörden öffentlich empfohlene Impfung für alle Kinder ab einem Alter von 2 Monaten. Mit 5 bis 6 Jahren - am besten noch vor Eintritt in die Schule - sowie im Alter von 9 bis 16 Jahren sollte die Keuchhusten-Impfung aufgefrischt werden. Versäumte Impfungen sollten baldmöglichst nachgeholt werden.

Alle Erwachsenen sollten möglichst mit der nächsten Auffrischimpfung gegen Tetanus, Diphtherie und ggf. Polio einmalig auch gegen Keuchhusten geimpft werden.

Für schwangere Frauen wird eine Impfung zu Beginn des letzten Schwangerschaftsdrittels (ab der 28. Schwangerschaftswoche) empfohlen. Wenn die Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt erhöht ist, sollte die Impfung ins zweite Schwangerschaftsdrittel vorgezogen werden. Die Impfung sollte unabhängig vom Abstand zu vorher verabreichten Keuchhusten-Impfungen und in jeder Schwangerschaft erfolgen. Durch die Impfung in der Schwangerschaft soll ein Nestschutz für den Säugling in den ersten Lebenswochen erzielt werden, indem von der Mutter gebildete Antikörper vor der Geburt auf das Kind übertragen werden.  

Enge Kontaktpersonen von Neugeborenen wie Eltern, Geschwister, Großeltern, Babysitter oder Tagesmütter, die in den letzten 10 Jahren nicht geimpft wurden, sollten möglichst bis vier Wochen vor der Geburt des Kindes ebenfalls eine Keuchhusten-Impfung erhalten.

Außerdem wird eine Pertussis-Impfung alle 10 Jahre für Personal im Gesundheitswesen sowie in Gemeinschaftseinrichtungen empfohlen.

Bei Häufungen von Keuchhustenfällen im Umfeld kann auch bei vollständig geimpften Kindern und Jugendlichen eine weitere Impfung erwogen werden, wenn ihre letzte Impfung länger als 5 Jahre zurückliegt.

Wer nicht geimpft werden sollte

Bei bekannter Überempfindlichkeit gegen Impfstoffbestandteile darf nicht geimpft werden.

Auch wenn nach einer vorangegangenen Impfung gegen Keuchhusten innerhalb von sieben Tagen eine Enzephalopathie (Erkrankung des Gehirns) unklarer Ursache aufgetreten ist, darf nicht geimpft werden.

Bei einer akuten, behandlungsbedürftigen Erkrankung und Fieber ist die Impfung zu verschieben.

Weitere Gegenanzeigen, bei denen Impfstoffe mit Keuchhusten-Komponente nicht angewendet werden dürfen, können Sie der Packungsbeilage entnehmen.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auch unter "Besondere Situationen & Erkrankungen".

Nebenwirkungen des Impfstoffs

Zu den möglichen Nebenwirkungen der Impfung gegen Keuchhusten zählen folgende Impfreaktionen und seltene Komplikationen:

Mögliche Lokal- und Allgemeinreaktionen

Sehr häufige Impfreaktionen aufgrund der Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem Impfstoff sind Schwellungen, Rötungen und Schmerzhaftigkeit an der Impfstelle. Gelegentlich schwellen Lymphknoten in der Nähe mit an oder die gesamte Gliedmaße, in die geimpft wurde, ist von einer Schwellung betroffen. Außerdem kann es zu Allgemeinsymptomen wie Fieber, Frösteln, Kopf- und Gliederschmerzen, Kreislaufbeschwerden und Müdigkeit kommen. Auch Magen-Darm-Beschwerden wie Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall sind möglich. Bei der Impfung von Säuglingen und Kleinkindern kann es zu ungewöhnlichem Schreien, Unruhe und Reizbarkeit kommen.

Alle diese Erscheinungen sind nur vorübergehend und klingen in der Regel rasch und folgenlos ab.

Mögliche Komplikationen

Wie bei den meisten Impfstoffen ist in seltenen Fällen eine allergische Reaktion möglich.

In einzelnen Fällen kann im Zusammenhang mit Fieber beim Säugling und jungen Kleinkind ein Fieberkrampf auftreten. Dieser bleibt in der Regel jedoch ohne Folgen. Ebenfalls in Einzelfällen kann es nach der Impfung gegen Keuchhusten zu einer hypoton-hyporesponsiven Episode (HHE) kommen. Bei diesem kurzzeitigen schockähnlichen Zustand erschlaffen die Muskeln und das Kind reagiert nicht, wenn es angesprochen wird. Eine HHE bildet sich jedoch schnell und folgenlos zurück.

Weitere Informationen zu Nebenwirkungen, die nach der Gabe von Impfstoffen mit Keuchhusten-Komponente auftreten können, sind der Packungsbeilage zu entnehmen.

Weitere Informationen finden Sie auch unter "Mögliche Nebenwirkungen".

Ihr Arzt bzw. Ihre Ärztin wird Sie vor der Impfung individuell beraten und ausführlich über Nutzen und mögliche Risiken aufklären. Weitere Hinweise finden Sie unter „Information vor der Impfung“.