Was kann die teilnahme an illegalen straßenrennen zur folge haben

Seit 2017 gelten illegale Autorennen als Straftat und nicht mehr als Ordnungswidrigkeit. Wir erklären, was als illegales Autorennen zählt und welche Strafen drohen.

  • Es droht Verurteilung wegen Mordes

  • Auch Alleinrasern droht Strafe

  • Staat kann Autos beschlagnahmen

Inhaltsverzeichnis:

Was zählt als illegales Autorennen?
Definition von "Rennen"
Rennen gegen sich selbst
Wer wird bestraft?
Diese Strafen drohen
Kann der Staat das Auto entziehen?

Wann spricht man von einem illegalen Autorennen?

Illegale Autorennen können verschiedene Formen haben: Es liegt beispielsweise dann vor, wenn Fahrzeuge unerlaubt auf einer längeren Strecke gegeneinander fahren oder bei einem Beschleunigungsrennen von Ampel zu Ampel . Aber auch ein Rennen allein gegen die Uhr kann ein illegales Autorennen sein und damit strafbar.

Was ist ein Rennen?

Ein Rennen im Sinne des § 315 d StGB besteht aus zwei Komponenten. Es geht um Wettbewerb und Geschwindigkeit, und es wird die Beteiligung von mindestens zwei Teilnehmern vorausgesetzt. Auf die Länge der gefahrenen Strecke kommt es nicht an. Auch können sich die Teilnehmer im Vorfeld zum Rennen verabreden oder spontan beschließen, ein Rennen durchzuführen.

Typische Indizien für das Vorliegen eines Rennens sind ein zeitgleicher Start mehrerer Fahrzeuge, z.B. an einer Ampel, ein riskanter Fahrstil, gemeinsame Etappenziele, Zeitnahmen sowie die Verwendung hochmotorisierter, gegebenenfalls auch getunter Fahrzeuge. Weiter kommt es auf den Willen der Beteiligten an, möglichst schnell zu fahren und nach einer (noch) höheren Geschwindigkeit zu streben.

Rennen gegen sich selbst?

Wer als sogenannter “Alleinraser” unterwegs ist, der kann sich gemäß § 315 d Absatz 1 Nr. 3 StGB ebenfalls strafbar machen. Das gilt immer dann, wenn sich der Fahrer – wie im Gesetzestext festgelegt – mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine möglich hohe Geschwindigkeit zu erreichen.

Das Gesetz soll u.a. die Raser erfassen, die vor der Polizei fliehen. Bloße, auch erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen – ohne die Absicht, ein Rennen gegen sich selbst nachzustellen, also Fahrten ohne typischen Renncharakter – sollen hingegen nicht als strafbares "Einzelrennen" verfolgt werden.

Streit um den „Raser-Paragrafen“

Nachdem das Amtsgericht Villingen-Schwenningen (Beschluss vom 16.1.2020, 6 Ds 66 Js 980/19) ein Strafverfahren gegen einen Einzelraser ausgesetzt hat, weil es die Norm für verfassungswidrig hielt, wurde viel über den Paragrafen diskutiert. Streit bestand u.a. darüber, wie die einzelnen Merkmale in § 315 d Absatz 1 Nr.3 StGB auszulegen sind, das heißt, wie z.B. ein Fahren mit nicht angepasster Geschwindigkeit, um möglichst schnell zu sein, von einem strafbaren Rennen abzugrenzen ist.

Zwischenzeitlich hatte sich der Bundesgerichtshof u.a. im "Stuttgarter Raser-Fall" (BGH, Beschluss vom 17.2.2021, 4 StR 225/20) zu diesem Thema geäußert. Der BGH teilt die Bedenken gegen die Bestimmtheit der Norm nicht. § 315 d Absatz 1 Nr.3 StGB sei verfassungsgemäß. Auslegungsprobleme gäbe es nicht.

Nunmehr hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 9. Februar 2022, 2 BvL 1/20) den „Raser-Paragrafen“ für verfassungsgemäß erklärt. § 315 d Abs.1 Nr.3 StGB ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Es gibt keinen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot.

Die Entscheidung des BVerfG schafft endlich Rechtsklarheit.

Wer wird bestraft?

Das Gesetz bestraft nicht nur die Teilnehmer an illegalen Autorennen, sondern auch deren Veranstalter. Wer grob verkehrswidrig und rücksichtslos das Geschwindigkeitslimit seines Fahrzeugs auslotet, ohne an einem Rennen mit anderen teilzunehmen, der muss ebenfalls mit Strafen rechnen.

Welche Strafen drohen?

Grundsätzlich gilt: Wer aufgrund eines illegalen Autorennens verurteilt wird, dem wird in der Regel die Fahrerlaubnis entzogen.

Eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe drohen, wenn jemand

  • ein illegales Autorennen ausrichtet oder durchführt

  • daran teilnimmt oder

  • mit nicht angepasster Geschwindigkeit grob verkehrswidrig und rücksichtslos fährt, um eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen

Wer dabei andere Menschen oder Gegenstände von bedeutendem Wert gefährdet, muss bei fahrlässiger Begehung mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe rechnen. Handelt derjenige vorsätzlich, droht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

Werden Menschen getötet oder schwer verletzt, beträgt dieFreiheitsstrafe bis zu zehn Jahre.

Raser können Mörder sein

Einer der bekanntesten Fälle ist der Fall der Ku'damm-Raser. Am 1.2.2016 lieferten sich zwei junge Männer ein Rennen durch Berlin. Mit etwa 160 km/h rasten beide über eine Kreuzung, deren Ampel Rot zeigte. Es kam zu einem Unfall zwischen einem der beiden Raser und einem unbeteiligten Fahrzeug, das bei Grün in die Kreuzung eingefahren war. Dessen Fahrer verstarb am Unfallort.

So urteilte das Gericht
Seit Januar 2022 ist das Verfahren abgeschlossen. Der Bundesgerichtshof hatte bereits am 18.6.2020 (4 StR 482/19) entschieden, dass sich der unfallbeteiligte Raser wegen Mordes in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung strafbar gemacht hatte. Er wurde zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Am 19.1.2022 (4 StR 319/21) bestätigte der Bundesgerichtshof nun, dass sich der zweite Raser wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung strafbar gemacht hat. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt.

Kann der Staat das Auto wegnehmen?

Ja. Das Tatfahrzeug kann unmittelbar nach der Tat beschlagnahmt und auch gemäß § 315 f StGB eingezogen werden. Einziehung bedeutet, dass das Eigentum an dem Fahrzeug auf den Staat übergeht. Hierbei muss es sich nicht um das Eigentum des Täters handeln. Auch Fahrzeuge, die für das Rennen verwendet werden, jedoch nicht dem Raser gehören, können im Einzelfall eingezogen werden.

Durch Anklicken des Vorschaubildes mit dem Play-Button werden Sie auf die Internetseite von YouTube weitergeleitet. Für deren Inhalte und Datenverarbeitung ist der jeweilige Seitenbetreiber verantwortlich. ∙ Bild: © ADAC/David Klein/Shutterstock

Im Einsatz gegen illegale Autorennen – ein Blick nach Zittau

Immer wieder sterben unbeteiligte Passanten oder Autofahrer, weil sich Menschen illegale Autorennen liefern. Ein Beispiel: Im sächsischen Zittau wird der Stadtring als Rennstrecke missbraucht. Jetzt greift die Polizei durch: Mit verstärkten Kontrollen will sie diesem Wahnsinn ein Ende setzen. Ein Besuch bei den Einsatzkräften.

Was kann die teilnahme an illegalen straßenrennen zur folge haben

Rennstrecke: Der Zittauer Ring führt als Einbahnstraße rund um die Altstadt © Jürgen Lösel

Freitagabend am Zittauer Stadtring: Es sind die selben Autos, die immer wieder ihre Runden drehen. Laut röhren die Wagen auf, wenn die Fahrer Gas geben. An roten Ampeln und den beiden fest installierten Radargeräten bremsen sie ab, um anschließend wieder zu beschleunigen. Hinter dem Steuer sitzen junge Männer, sie fühlen sich unbeobachtet. "Permanente Kontrollen sollen den Rasern die Lust nehmen, die Innenstadt als illegale Rennstrecke zu benutzen", sagt Polizeidirektor Carsten Weber.

Der Leiter des Polizeireviers Zittau-Oberland bespricht mit einigen Kollegen, verdeckten Ermittlern und Mitarbeitern der Bußgeldstelle den Ablauf der Aktion, die gleich beginnen soll. Seit Mitte 2017 nimmt die Ermittlungsgruppe "Ringraser" die Adrenalinjunkies in der Stadt am Dreiländereck verstärkt ins Visier. Denn immer wieder haben sich die Anwohner beschwert. "Bei gutem Wetter gibt es vor allem in den Abend- und Nachtstunden Klagen über übermäßigen Lärm, wenn Fahrzeuge mit Vollgas um die Stadt fahren", sagt Polizeioberkommissar Kai Schöne.

Was kann die teilnahme an illegalen straßenrennen zur folge haben

Ein Polizeibeamter im verdeckten Einsatz. Im Visier: Adrenalinjunkies im Auto © Jürgen Lösel

Zuerst verlassen Zivilpolizisten die Dienststelle. Über Funk bleiben sie mit den Kollegen in Kontakt. Landkreismitarbeiter Martin Petters baut in einer Toreinfahrt des Reviers seine Radarfalle auf. Er stellt den Blitzer so ein, dass die Sensorik bei 84 Kilometern pro Stunde auslöst – ohne Blitz, um nicht aufzufallen. Hier sind 50 km/h erlaubt. "Manche fahren dreimal schneller", erklärt Polizeisprecher Thomas Knaup. Mit dem Abzug einer Toleranz geht es um jene, die um mindestens 31 km/h zu schnell unterwegs sind. Das heißt dann: einen Monat Fahrverbot, 160 Euro Bußgeld und zwei Punkte in Flensburg.

Das Funkgerät rauscht. Die Zivilstreife hat drei einschlägig bekannte Fahrzeuge an einer Innenstadt-Tankstelle entdeckt. Sie ist ein beliebter Treffpunkt für die Jugendlichen, von dort starten sie häufig zur Protzfahrt auf dem Ring. Bisher sind die Rennen ohne Verletzte und Sachschäden ausgegangen. Doch das muss nicht so bleiben. Außerdem "geht es um das Sicherheitsgefühl in Zittau", sagt Stadtsprecher Kai Grebasch.

Bei der letzten Geschwindigkeitskontrolle gingen der Ermittlungsgruppe drei jugendliche Raser ins Netz. Eine 21-Jährige und ein 24-Jähriger gaben sogar zu, ein Rennen gefahren zu haben. Das hatte Konsequenzen: Ihre Fahrerlaubnis mussten sie sofort abgeben, die Bußgeldbehörde verhängte ein einmonatiges Fahrverbot, 400 Euro Strafe und zwei Punkte. Etwaigen Nachahmern solle die rote Linie klar aufgezeigt werden, sagt Polizeisprecher Knaup. Seine Zielgruppe ist jung: Die meisten der Zittauer Raser haben ihre Fahrerlaubnis erst seit Kurzem in der Tasche.

Was kann die teilnahme an illegalen straßenrennen zur folge haben

Versteckt beobachten die Ermittler das Geschehen auf dem Ring. In der Szene warnt man sich gegenseitig © Jürgen Lösel

In seinem Funkgerät knirscht es. Die "Petzen" – so nennen die Kollegen die Zivilfahnder humorvoll – melden, dass die Fahrzeuge losfahren. Die Autos umkreisen gemächlich den Ring. "Ich vergleiche Polizeiarbeit mit Angeln. Man muss Geduld haben, dann warten, und manchmal beißt einer an", sagt Polizeidirektor Carsten Weber beim Messstand in der Toreinfahrt des Polizeireviers.

Wer an dieser Stelle auffällt, kommt nicht weit. Auch etwa 200 Meter entfernt, in der nächsten Toreinfahrt, stehen Polizisten. "Wir wissen, wer in den Autos sitzt", sagt Polizeikommissar Sebastian Kießling. Doch um den Tätern ein illegales Rennen nachzuweisen, reicht das Foto des Blitzers nicht. "Vor Gericht braucht es Beweise", sagt Polizeisprecher Knaup.

Aus diesem Grund haben sich die Zittauer Kollegen in dieser Nacht die Autobahnpolizei mit ihrem Videomessfahrzeug ins Boot geholt. Mit Front- und Heckkameras zeichnet der Škoda Verkehrsverstöße auf. Für Polizeihauptmeister Frank Scheibe und seinen Kollegen bleibt der Abend ruhig. Anscheinend hält das schlechte Wetter die Raser vom Gasgeben ab. Oder der Polizeieinsatz ist aufgeflogen. "Wir wissen, dass die Raser vor den illegalen Rennen Aufklärungsrunden drehen, um zu prüfen, ob Einsatzkräfte unterwegs sind", sagt Kai Schöne.

Gegen ein Uhr endet an der zweispurigen Einbahnstraße die Aktion. "Die Kontrollen und die Strafen sprechen sich herum. In den sozialen Netzwerken wird manche Stimme leiser", sagt Knaup. Sein Funkgerät krächzt ein letztes Mal, die Kollegen melden ihre Rückkehr ins Revier. Bald werden sie wieder die Leine nach den Ringrasern auswerfen.