Wer hat den jüdischen Tempel zerstört?

Der Erste und der Zweite Tempel standen auf dem Tempelberg in Jerusalem. Der jüdischen Tradition zufolge wird auch der Dritte Tempel dort errichtet werden, wenn der Messias kommt. Dann soll ein friedliches Zeitalter beginnen. Anhand dieses Tora-Vorhanges aus unserer Dauerausstellung erfahrt Ihr mehr über die Bedeutung des Tempels.

Details, die auf den Tempel verweisen

In der Mitte seht Ihr hier die Bundeslade, die für die Verwahrung der Gesetzestafeln steht – die Zehn Gebote, die Moses von Gott erhielt und auf zwei Steintafeln festhielt. Das Allerheiligste des Tempels, die Bundeslade, wird in der Synagoge symbolisch mit dem Tora-Schrein verbunden.

Die beiden Säulen erinnern an das Eingangsportal des Tempels. Auf ihnen sind der siebenarmige Tempelleuchter und der Schaubrot-Tisch zu sehen. Der Leuchter, das historische Symbol des Judentums, verweist ebenfalls auf den Tempel: dortbefand sich einst der siebenarmige Öl-Leuchter, die Tempel-Menora, die Tag und Nacht brannte. Der Schaubrot-Tisch, ebenfalls ein Ritualgegenstand aus dem Tempel, diente der Darbietung von Schaubroten, die als Opfergaben zum Schabbat dargeboten wurden.

Die beiden Kartuschen (von rechts nach links) auf den Säulen haben folgende Inschrift: "Gestiftet von der Chewra Kadischa (Deutsch für Heilige Gesellschaft) 'Heilige Gewänder' zum Tag der Einweihung der Synagoge 26 Adar im Jahre 1866." Der Begriff der Heiligen Gewänder bezeichnet in der Bibel auch die Kleidung der Priester - eine weiterer Bezug zwischen Tempel und Synagoge.

Den Vorhang schmückt außerdem eine Krone, die mit "Krone der Tora" beschriftet ist.

Die zentrale Kartusche im Arkadenscheitel trägt die Inschrift: "Zum Gedenken an das Heiligtum damals". Das Heiligtum bezeichnet den Tempel und wird nochmals von der Inschrift der Arkade (von rechts nach links) untermalt: "Macht mir ein Heiligtum und ich werde darin wohnen". Nach der Tora war der Tempel die Wohnung Gottes auf Erden.

In der Stadt tobte ein Kampf jeder gegen jeden. Man kannte keine Rücksicht mehr auf lebende Angehörige, und die Toten begrub man nicht mehr, berichtet der jüdische Historiker Flavius Josephus, der sich beizeiten den Römern ergeben hatte und im Stab ihres Feldherrn das blutige Geschehen verfolgte: „Die Freunde des Friedens mordeten sie als gemeinsame Feinde, sodass das Einzige, worin sie übereinstimmten, die Niedermetzelung derer war, die eine Rettung verdient hätten … keine Art von Grausamkeit ließen sie ungeschehen.“

So sah es aus im Jerusalem des Jahres 70 n. Chr. Seit vier Jahren tobte der Aufstand gegen die Herrschaft der Römer, die ihm den Namen Jüdischer Krieg gegeben hatten. Ganze Regionen waren zerstört, Städte ausgelöscht worden. Doch selbst als die Legionen sich der alten Hauptstadt Jerusalem näherten, verschlissen die Rebellen ihre Kräfte in mörderischen Kämpfen gegeneinander und ließen dabei ihrer Wut gegenüber jenen freien Lauf, die vielleicht das Unglück noch hätten abwenden können.

Die Energie, mit der die Eingeschlossenen ihre Selbstzerfleischung betrieben, sagt einiges aus über die Gründe, die im Jahr 66 zu dem großen Aufstand geführt hatten. 60 Jahre zuvor hatte Rom Judäa zur Provinz gemacht. Die Volkszählung, von der der Evangelist Lukas in seiner Geburtsgeschichte Jesu berichtet, erinnert daran. Doch die römische Verwaltung hatte keineswegs blühenden Landschaften den Weg bereitet. Als Nebenland der wichtigen Provinz Syrien fristete Judäa zusammen mit den benachbarten Herrschaften der Herodes-Nachfahren ein Schattendasein, in dem die sozialen Spannungen sich zunehmend verschärften.

Aufstieg und Niedergang des Römischen Reiches

Vom 3. Jahrhundert vor bis zum 6. Jahrhundert n. Chr. umspannte das Imperium Romanum das Mittelmeer. Damit ist es das dauerhafteste Weltreich der Geschichte.

Quelle: Zoomin TV

Bauern, welche die Abgaben an Grundherren und Staat nicht mehr bedienen konnten, verloren ihr Land und oft genug ihre Freiheit, die hellenisierte Oberschicht kollaborierte mit den Römern und den Eliten der griechischen Städte in der Levante und die ritterlichen Prokuratoren vom Schlag eines Pontius Pilatus setzten darauf, während ihrer Dienstzeit genügend Schätze beiseitezuschaffen, um sich anschließend ein sorgenfreies Leben in freundlicheren Orten des Imperiums leisten zu können.

Denn die irdischen Konflikte fanden ihren Niederschlag im Glauben. Während das Gros der kaiserlichen Untertanen gab, was des Kaisers ist, suchten die Juden zunehmend ihr Heil beim Gott ihrer Väter, der ihnen ihre Sonderstellung und ihre Identität garantierte. Je größer die Not wurde, umso heftiger tobte aber der Streit darüber, wie Jahwes Wille zu interpretieren sei. Während Hohepriester, Herodianer und ihre Anhänger für eine friedliche Zusammenarbeit mit den Römern plädierten, gewannen auf dem Land und in den städtischen Elendsquartieren jene die Oberhand, welche die Ursache für alles Unglück in selbst verschuldeter Gottlosigkeit sahen und von einer baldigen Ankunft des Messias überzeugt waren. In diesem Sinn eröffneten diese Zeloten (griechisch: Eiferer) einen Guerillakrieg gegen die Unterdrücker und terrorisierten jene Glaubensgenossen, die anderer Ansicht waren als sie.

Als der Prokurator Gessius Florus in dem allgemeinen Chaos nur noch die Chance sah, sein Scherflein durch Griff in den Jerusalem-Tempelschatz ins Trockene zu bringen, brach der große Aufstand los. Die Zeloten besetzten die Festungen des Herodes wie Masada, Jerusalem und weitere Städte. Die 12. Legion, die der Statthalter Syriens halbherzig den wenigen Hilfstruppen des Prokurators zu Hilfe schickte, wurde aufgerieben. Umgehend wurden Archive mit Schuldverschreibungen in Brand gesetzt, was „ganz deutlich das soziale Motiv des Aufstandes“ zeigt, schreibt der Judaist und Direktor des Jüdischen Museums Berlin, Peter Schäfer, in seiner „Geschichte des Judentums in der Antike“.

Vespasian (Titus Flavius Vespasianus) (9-79). Roman Emperor (69-79). Founder of the Flavian dynasty. Bust. Marble. 70 A.C. From
Naples. Carlsberg Glyptotek Museum. Copenhagen. Denmark. |

Sein Siegeszug brachte Vespasian (9-79) den kaiserlichen Purpur

Quelle: picture alliance / Prisma Archiv

Während sich Kaiser Nero in Rom dem Bau seines Goldenen Hauses widmete, überließ er es dem erfahrenen (und gesellschaftlich, wie er meinte, kaum purpurfähigen) General Vespasian, den Aufstand niederzuschlagen. Der zog zusammen mit seinem Sohn Titus drei Legionen, zahlreiche Hilfstruppen und Verbände von Klientelfürsten, rund 60.000 Mann, zusammen und begann, systematisch und brutal das Land zu befrieden.

Während verschiedene Thronprätendenten nach dem Sturz Neros im Sommer 68 in Rom um die Macht rangen, brachte Vespasian fast das gesamte Land unter seine Kontrolle. Der Erfolg machte ihn für die Legionen des Ostens zu ihrem Kandidaten für den Thron, den er im Jahr 70 auch bestieg. Die Eroberung der letzten jüdischen Bastion, Jerusalem, überließ er seinem Sohn Titus. Der schloss die Stadt kurz vor dem Pesachfest ein und begann, nachdem ein Handstreich am Widerstand der Verteidiger gescheitert war, nach allen Regeln der Kunst mit der Belagerung.

Erst der Aufmarsch von vier Legionen ließ die Bürgerkriegsparteien im Inneren der Stadt in ihrem Blutrausch einhalten. Zuvor hatten die Zeloten die traditionellen Eliten, die Familien der Hohepriester und die Mitglieder der Ratsversammlung, über die Klinge springen lassen. Daneben bekämpften sie sich selbst. Während Simon bar Giora die Ober- und Teile der Unterstadt terrorisierte, übte Johannes von Gischala auf dem Tempelberg ein Schreckensregiment aus. Als dritte Partei hielt Elazar b. Simon mit zahlreichen niederen Priestern den inneren Vorhof des Tempels besetzt. Als der wegen des Festes die Tore öffnete, wurden er und seine Anhang von Simon und Johannes hingemetzelt. Erst dann fanden sich beide Zelotenführer bereit, gemeinsam gegen die Römer vorzugehen.

La destruction du temple et de la ville de Jerusalem en 70 par l'empereur romain Titus (40-81). Gravure anonyme du milieu du 19eme siecle. ©Bianchetti/Leemage | Keine Weitergabe an Wiederverkäufer.

Nicht einmal ihr Feldherr Titus konnte die Wut der Legionäre zähmen

Quelle: picture-alliance / Leemage

Nachdem Titus’ Legionären der Durchbruch durch die beiden äußeren Mauerringe gelungen war, umschlossen sie das verbleibende Stadtgebiet mit einer Befestigung. Ende Juli wurde die Burg Antonia erobert, am 6. August hörte das tägliche Opfer im Tempel auf. Eine letzte Prophezeiung hat sich womöglich in der Offenbarung des Johannes im Neuen Testament erhalten, als der Vorhof des Tempels bereits in der Hand der Römer war und die Juden nur noch auf ein Wunder hoffen konnten: „Stehe auf und miss den Tempel Gottes und den Altar und die darinnen anbeten. Aber den Vorhof außerhalb des Tempels lass weg ... denn er ist den Heiden gegeben; und die heilige Stadt werden sie zertreten zweiundvierzig Monate.“

Josephus berichtet, was dort vier Tage später geschah: „Die Angriffswut der hereinbrechenden Legionen war weder durch Ermahnungen noch durch Drohungen aufzuhalten … In der großen Menge häuften sich die Toten um den Brandopferaltar. Blut floss in Strömen von den Stufen des Tempels herab, gefolgt von den hinabgleitenden Leibern der weiter oberhalb Getöteten.“

Der Triumph des späteren Kaisers Titus (39–81)

Die berühmteste Darstellung eines Triumphzuges ist auf dem Titusbogen in Rom überliefert. Er stammt aus der frühen Kaiserzeit und zeigt die Siegesbeute, die der Prinz und spätere Kaiser Titus im Jüdischen
Krieg bis 70 n. Chr. gemacht hat.

Die berühmteste Darstellung eines Triumphzuges ist auf dem Titusbogen in Rom überliefert. Er stammt aus der frühen Kaiserzeit und zeigt die Siegesbeute, die der Prinz und spätere K...aiser Titus im Jüdischen Krieg bis 70 n. Chr. gemacht hat.

Quelle: picture-alliance/akg-images /

Die gleiche Szene, nachgestellt in der ZDF-Sendung „Terra X: Das geraubte Gold Jahwes“.

Die gleiche Szene, nachgestellt in der ZDF-Sendung „Terra X: Das geraubte Gold Jahwes“.

Quelle: picture-alliance / obs

Und so stellte der Renaissance-Maler Giulio Pippi um 1537 den „Triumph des Titus und des Vespasian“ dar.

Und so stellte der Renaissance-Maler Giulio Pippi um 1537 den „Triumph des Titus und des Vespasian“ dar.

Quelle: picture-alliance / akg-images /

Die Oberstadt hielt noch bis Anfang September durch, dann fiel auch sie in römische Hand. Sämtliche Überlebenden wurden versklavt oder getötet, die Stadt völlig zerstört. Von ihrem Triumphzug, den Vespasian und Titus 71 in Rom feierten, zeugt der Titusbogen am Forum Romanum. Der Tempelschatz mit dem Siebenarmigen Leuchter und zahllose Gefangene wurden vorgeführt, die anschließend auf die Baustelle des Kolosseums geschickt wurden. Bis 74 hielt sich als letzte jüdische Bastion die Herodes-Festung Masada über dem Toten Meer, dann überwanden die Römer die Mauer. Widerstand fanden sie nicht mehr, denn die Zeloten hatten sich zuvor das Leben genommen, 960 Männer, Frauen, Kinder.

„Dies war das Ende der prächtigen, weltberühmten Stadt Jerusalem infolge des Wahnsinns der Fanatiker“, formulierte der Jude Flavius Josephus das Epitaph. Aber nicht nur das urbane Zentrum des Judentums und sein Tempel waren Opfer des Krieges geworden, sondern auch die religiösen Richtungen, die es bis dahin geprägt hatten. Hohepriester und Pharisäer verschwanden ebenso wie Zeloten und Essener. Die Zukunft der mosaischen Religion sollte in den Händen der Rabbiner liegen.

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Wer hat den ersten jüdischen Tempel zerstört?

Im Jahr 587 vor der Zeitrechnung eroberten die Babylonier unter Nebukadnezar das Land, verschleppten die Elite Israels nach Babylon und zerstörten den ersten salomonischen Tempel. Der jüdischen Tradition zufolge war das die Strafe dafür, dass die Israeliten sich nicht an Gottes Gebote gehalten hatten.

Wer zerstörte den Tempel von Jerusalem?

Chr.) Die Eroberung von Jerusalem durch die Römer im Jahr 70 im Jüdischen Krieg war ein wichtiges Ereignis in der Geschichte des jüdischen Volkes. Der Jerusalemer Tempel wurde zerstört, seine Kultgeräte erbeutet und später im Triumphzug in Rom mitgeführt.

Wann wurde der erste jüdische Tempel zerstört?

Zerstörung der Tempel Im Jahr 586 v. Chr. wurde der Tempel von den Babyloniern zerstört.