Der richter und sein henker charakterisierung

Kommiss�r B�rlach: Ein todkranker Kommiss�r der Berner Polizei. Er hat, wenn er sich einer gewissen Operation unterzieht, noch ungef�hr ein Jahr zu leben. Er ist ein Kommissar der alten Schule, von altem Schrot und Korn. Ein konservativer Mensch, der von den modernen Techniken der Kriminologie wenig h�lt.

Tschanz: Er ist der M�rder, der Polizist und der Henker in einer Person. Tschanz vollzieht w�hrend des Romans eine Verwandlung. Er schl�pft nach und nach in die Rolle seines Opfers. Er kleidet sich wie dieser, kauft dessen Auto, und �berredet seine Freundin, sich nun mit ihm zu verloben. Er erhofft sich, den Aufstieg schneller zu schaffen, indem er nicht nur das Hindernis Schmied beseitigt, sondern dessen Vorarbeit als Anfangsguthaben �bernimmt.

Gastmann: Er ist B�rlachs Gegenspieler. Er ist eine Person voller Geheimnisse f�r seine Mitmenschen, mit Ausnahme von B�rlach. Die meisten halten ihn f�r einen �beraus gro�z�gigen Menschen. Vor allem die Bewohner von Laboing, da er ihre Steuern f�r sie zahlt. Er pflegt internationale Beziehungen die f�r ihn von gro�er Wichtigkeit sind. Sie bieten ihm immer wieder diplomatischen Schutz.

Schmied: Er kommt in diesem Roman von Anfang an nur als Leiche vor. Schmied war gut gebildet und hatte eine h�bsche Frau. Auch kam er in Beruf und Leben gut voran und war bei seinen Kollegen beliebt. Das brachte ihm den Neid eines Kollegen ein, was ihm sp�ter auch das Leben kostete.

Ist es moralisch vertretbar, jemanden für etwas zu bestrafen, was er nicht getan hat, nur weil die Person in der Vergangenheit andere Verbrechen begangen hatte? Vielleicht vermutest Du aufgrund des Romantitels "Der Richter und sein Henker", dass es im Roman um eine gerechte Rechtsprechung und Verurteilung eines Täters geht. Doch im Verlauf der Handlung wirft der Roman moralische Fragen auf und verwischt die Grenzen zwischen Gut und Böse.

"Der Richter und sein Henker" ist ein Detektivroman des Schweizer Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt. Nachdem der Roman 1950 und 1951 zunächst als Fortsetzungsroman in der Zeitschrift "Der Schweizerische Beobachter" veröffentlicht wurde, erschien er 1952 erstmalig in Buchform.

Im Zentrum der Handlung steht die Wette zwischen Kommissar Bärlach und dem Verbrecher Gastmann. Um Gastmann für seine Taten zu bestrafen, nimmt Bärlach die Rolle eines Richters ein und gleichzeitig damit auch den Tod mehrerer Personen in Kauf.

Das Genre des Detektivromans

"Der Richter und sein Henker" ist ein Detektivroman. Dieser stellt eine Sonderform des Kriminalromans dar. Während in einem Kriminalroman das Verbrechen und der Täter im Zentrum stehen und falsche Fährten (sogenannte "red herrings") gelegt werden, um die Leser*innen in die Irre zu führen, legt der Detektivroman den Fokus, insbesondere auf die Aufklärung des Verbrechens. Kriminalromane thematisieren oft die Persönlichkeit des Täters, schildern Motive, Tathergang und Folgen. Detektivromane suchen nach dem Täter und klären einen Fall nach und nach auf. Dabei kannst Du gespannt miträtseln. Rückblickend kannst Du kleine Andeutungen und Details erkennen, die sich über den gesamten Roman erstrecken und die von Anfang an auf den Täter hingedeutet haben.

"Der Richter und sein Henker" – Zusammenfassung und Inhaltsangabe

Im Folgenden erhältst Du eine Zusammenfasssung und Inhaltsangabe von "Der Richter und sein Henker". Die Erzählung in Friedrich Dürrenmatts spielt im November 1948 über einen Zeitraum von sechs Tagen. Von Ereignissen aus der Vergangenheit erfährst Du nur nach und nach. Auch die Figur des Kommissars hält Dir gegenüber einige Informationen zurück. Erst gegen Ende des Romans ergeben die Informationen und Handlungsstränge ein stimmiges Gesamtbild.

Der richter und sein henker charakterisierung
Die Handlung des Romans "Der Richter und sein Henker" im zeitlichen Verlauf

3. November 1948

Direkt zu Beginn der Handlung wird der Berner Polizist Ulrich Schmied tot am Rand einer Landstraße in der Nähe des Ortes Lamboing in seinem Auto aufgefunden. Schmied wurde mit einem Schuss durch die Schläfen getötet. Sein Vorgesetzter Kommissar Bärlach nimmt in Bern die Ermittlungen auf. Bärlach ordnet an, dass der Mordfall zunächst geheim gehalten wird. Er macht sich auf den Weg zu Schmieds Mietwohnung. Gegenüber der Vermieterin Frau Schönler gibt Bärlach an, dass Schmied sich auf einer dienstlichen Reise befände und er ihm wichtige Dokumente zuschicken müsse. Bärlach nimmt eine Mappe mit Dokumenten aus Schmieds Zimmer an sich.

Nach der Lektüre der Mappe schließt Bärlach diese in seinem Schreibtisch ein und macht sich auf den Weg zu seinem Vorgesetzten Dr. Lutz. Diesem gegenüber gibt er an, bereits jemanden im Mordfall Schmied zu verdächtigen. Wen er jedoch meint, möchte er noch nicht offenbaren. Im weiteren Gesprächsverlauf bittet Bärlach darum, bei seinen Ermittlungen durch den Polizisten Tschanz unterstützt zu werden. Als Grund für die benötigte Hilfe verweist er auf seinen gesundheitlichen Zustand: Bärlach leidet unter starken Magenschmerzen.

Am Tatort findet Bärlach eine Revolverkugel. Sein Kollege Clenin lobt Bärlach euphorisch für den Fund. Bärlach jedoch antwortet darauf, dass der Fund allein dem Zufall zuzuschreiben sei.

In vielen Werken Dürrenmatts spielt der Zufall eine wichtige Rolle. Mehr zur Rolle des Zufalls in Dürrenmatts Werken findest Du im Abschnitt Interpretationsansätze zu "Der Richter und sein Henker" weiter unten in der Erklärung.

4. November 1948

Am nächsten Morgen treffen sich Bärlach und Tschanz in Bärlachs Büro. Nachdem Bärlach zunächst die Arbeitsweise des toten Schmieds lobt, bespricht er mit Tschanz den Mordfall. Tschanz scheint über diesen bereits optimal informiert zu sein und erörtert eine Theorie zur Ermordung Schmieds: Schmied habe seinen Mörder gekannt und diesem die Wagentür geöffnet.

Tschanz zeigt Bärlach einen Kalender, der Schmied gehört haben soll. Da in diesem sowohl an seinem Todestag als auch an weiteren Abenden der Buchstabe "G" eingetragen war – so auch an diesem Abend –, beschließen die beiden dieser Spur nachzugehen. Als Tschanz Bärlach nach seinem Tatverdächtigen fragt, weigert sich Bärlach einen Namen zu nennen.

. . . mein Verdacht ist nicht ein kriminalistisch wissenschaftlicher Verdacht. Ich habe keine Gründe, die ihn rechtfertigen. Sie haben gesehen, wie wenig ich weiß. Ich habe eigentlich nur eine Idee, wer als Mörder in Betracht kommen konnte; aber der, den es angeht, muß die Beweise, daß er es gewesen ist, noch liefern.

Alle Zitate stammen, wenn nicht anders gekennzeichnet, aus Friedrich Dürrenmatts "Der Richter und sein Henker/ Der Verdacht" (1952/1953, Benziger Verlag).

Tschanz wählt einen Umweg aus, um nach Lamboing zu fahren. Bärlach erkundigt sich, warum Tschanz diese ungewöhnliche Route gewählt hat. Daraufhin antwortet Tschanz, dass er über einen bestimmten Ort fahren möchte. Tschanz und Bärlach erinnern sich daran, dass Schmied einen besonderen Namen für sein Auto hatte: Er nannte den Wagen den "blauen Charon". An verschiedenen Tankstellen, die sich auf der Route befinden, fragen die beiden nach, ob dort ein Mann getankt habe, der sein Auto "blauen Charon" nannte. Bei Erlach erinnert sich ein Tankwart an einen solchen Mann, der am Tag der Ermordung Schmieds seinen Wagen bei ihm getankt hatte. Am Straßenrand von Twann nach Lamboing angekommen, legen sich Bärlach und Tschanz auf die Lauer.

Zur Bedeutung des Wagennamens "blauer Charon": Die Farbe Blau ergibt sich aus der Farbe von Schmieds Auto, einem blauen Mercedes. Der Begriff "Charon" bezeichnet in der griechischen Mythologie den Fährmann, der Tote in die Unterwelt überfährt.

Ironischerweise wird Schmied in seinem Auto erschossen und nachdem seine Leiche von einem überforderten Polizisten gefunden wurde, auf den Beifahrersitz geschoben und im "blauen Charon" in die Stadt gefahren. Auch Tschanz stirbt am Ende des Romans in diesem Wagen, den er zuvor gekauft hatte.

Als einige Limousinen am Wagen der beiden vorbeifahren, folgen sie diesen bis zu einem privaten Grundstück. Auf dem Eingangstor des Grundstücks ist ein Schild mit dem Buchstaben "G" angebracht. Tschanz hat sich bereits im Vorfeld darüber informiert, welche Namen mit "G" in Lamboing ansässig sind. Da sich im Telefonbuch neben der Gendarmerie nur ein weiterer Eintrag finden lässt, ist sich Tschanz sicher, dass das "G" für "Gastmann" stehen muss. Er fragt Bärlach, ob dieser glaubt, dass ein Polizist etwas mit dem Mord zu tun habe, woraufhin Bärlach antwortet, dass alles möglich ist.

Das Wort Gendarmerie wird in Teilen der Schweiz anstelle des Wortes "Polizei" verwendet. Ironischerweise ist der einzige weitere, mit dem Buchstaben "G" beginnende, Telefonbucheintrag die Gendarmerie. Das ist ein Hinweis darauf, dass der Mörder Schmieds Polizist ist.

Im Gebäude hat sich eine Gesellschaft versammelt und Musik ist zu hören. Bärlach und Tschanz erkunden das Grundstück. Als Bärlach von einem Wachhund angegriffen wird, erschießt Tschanz den Hund mit seinem Revolver. Bärlach gibt an, selten eine eigene Waffe bei sich zu tragen. Durch den Schuss werden die Personen im Haus auf die beiden Polizisten aufmerksam. Sie zeigen sich nur wenig begeistert von deren Anwesenheit.

Am Eingangstor treffen Bärlach und Tschanz auf den Nationalrat Oberst von Schwendi, der gleichzeitig auch der Anwalt von Gastmann ist. Bärlach offenbart, den Mord an Schmied zu untersuchen. Er äußert die Vermutung, Schmied sei am Tag seiner Ermordung Gastmanns Gast gewesen und auf dem Heimweg getötet worden. Von Schwendi zeigt sich daraufhin kooperationsbereit und verspricht, dass er am nächsten Morgen ins Polizeibüro kommen wird. Weiterhin sagt von Schwendi, dass Gastmann am heutigen Abend nicht zu sprechen sei. Von Schwendi verspricht jedoch, sich bei Gastmann nach Schmied zu erkundigen.

Der Begriff "Nationalrat" ist sowohl die Bezeichnung für eine der beiden Kammern der Schweizer Bundesversammlung als auch die Bezeichnung für die Mitglieder der Kammer. Die Bezeichnung "Oberst" steht für einen hohen Rang im militärischen Dienst.

Im Anschluss erkundigt sich Tschanz bei der Polizei von Lamboing über Gastmann. Bärlach wartet währenddessen in einem Restaurant auf ihn. Tschanz erfährt, dass die Polizei noch keinen Hinweis auf den Mörder hat und Gastmann angibt, Schmied nicht zu kennen. Auch andere Personen, die an Gastmanns Gesellschaften teilgenommen haben, – darunter ein Schriftsteller –, erinnern sich nicht an Schmied. Außerdem ist Gastmann in Lamboing bei allen Einwohnern sehr beliebt, da er die Steuern für das Dorf zahlt.

Tschanz macht sich auf den Weg, um Bärlach im Restaurant abzuholen. Dieser hat das Restaurant jedoch längst verlassen. Als Tschanz auf der Rückfahrt am Tatort vorbeifährt, tritt eine Gestalt aus der Dunkelheit hervor und gibt ihm ein Zeichen anzuhalten. Tschanz hält an, die Gestalt öffnet die Beifahrertür. Tschanz denkt an Schmieds Ermordung, die ungefähr so abgelaufen sein muss. Er greift zu seiner Waffe, erkennt dann jedoch, dass es sich bei der Gestalt um Bärlach handelt, der den Tathergang nachgespielt hat. Bärlach erkundigt sich nach den neuen Erkenntnissen. Tschanz fährt Bärlach nach Hause, die beiden verabschieden sich. Bärlach holt eine eigene Waffe aus seiner Manteltasche. Außerdem ist sein Arm bandagiert. Er war auf den Hundeangriff vorbereitet.

5. November 1948

Am nächsten Tag spricht Oberst von Schwendi mit Dr. Lutz und übt Druck auf ihn aus. Er teilt Dr. Lutz mit, dass sich Schmied bei Gastmann als Dr. Prantl ausgab. Von Schwendi schlussfolgert, dass Schmied, wenn er denn nicht im Auftrag der Polizei gehandelt habe, ein Spion eines anderen Auftraggebers gewesen sein muss. Bei den Treffen seien wichtige politische Vorgänge besprochen worden, die jedoch geheim gehalten werden müssen. Von Schwendi verlangt, dass die Polizei ermittelt, warum Schmied unter falschem Namen bei Gastmann war. Dr. Lutz ist sichtlich eingeschüchtert und verspricht, dass die Ermittlungen gegen Gastmann größtenteils eingestellt und zudem mild verlaufen werden.

Bärlach möchte mit Gastmann sprechen. Dr. Lutz vertröstet Bärlach jedoch auf einen späteren Zeitpunkt. Die beiden gehen zur Beerdigung von Schmied. Auch Tschanz, die Vermieterin von Schmied und Schmieds Freundin Anna nehmen an der Zeremonie teil. Bärlach hält sich die Hand auf den Bauch, er scheint Schmerzen zu haben. Zwei Betrunkene stören die Zeremonie und werfen einen Kranz mit der Aufschrift "Unserem lieben Doktor Prantl" auf den Sarg. Vermutlich steckt Gastmann dahinter.

Zu Hause angekommen findet Bärlach einen Eindringling vor: Gastmann sitzt an seinem Schreibtisch und blättert durch Schmieds Mappe. Gastmann kennt sich mit Bärlachs Ermittlungsmethoden bestens aus und weiß zudem sehr genau über Bärlachs Gesundheitszustand Bescheid. Nun wird einiges über die Vorgeschichte von Bärlach und Gastmann klar.

Bärlach und Gastmann haben sich vor 40 Jahren in Konstantinopel kennengelernt und eine Wette abgeschlossen. Sie philosophierten darüber, ob es möglich sei, unerkannt Verbrechen zu begehen oder ob der Zufall die meisten Verbrechen aufdecke. Während Bärlach damals argumentierte, dass die meisten Verbrechen aufgeklärt werden, vertrat Gastmann die Überzeugung, dass es Verbrechen gibt, die nicht aufgeklärt oder noch nicht einmal als Verbrechen erkannt werden.

Um zu beweisen, dass er recht hat, beging Gastmann nach Abschluss der Wette in Anwesenheit von Bärlach einen Mord. Es kam jedoch nie zur Aufklärung des Falls, da Bärlach Gastmann den Mord nicht nachweisen konnte. Gastmann schlug eine Karriere als Verbrecher ein. Bärlach hingegen trieb die Wette an, seine Fähigkeiten als Kommissar stetig zu verbessern. Bärlach hatte es sich seitdem zur Aufgabe gemacht, Gastmann zu verfolgen und ihm eine seiner Straftaten nachzuweisen – bislang erfolglos. Solange es Bärlach nicht schafft, Gastmanns Taten zu beweisen, ist der Ausgang der Wette offen.

Bärlach hatte Schmied deshalb unter dem Namen Dr. Prantl zu Gastmann geschickt und Beweise sammeln lassen, die Gastmann belasteten. Diese Beweise befinden sich in Schmieds Mappe, die Gastmann nun an sich nimmt. Gastmann verlässt das Haus. Bärlach hat starke Schmerzen.

Die Mappe beinhaltet Beweise für die Verbrechen, die Gastmann verübt hat. Schmied hatte diese im Auftrag von Bärlach gesammelt. Die Mappe stellt für Bärlach die einzige Möglichkeit dar, Gastmanns Verbrechen auf legalem Weg zu beweisen. Deshalb entwendet Gastmann die Mappe. Nach dem Tod Gastmanns wird die Mappe in seinem Haus gefunden.

Bärlach widerspricht Dr. Lutz nicht, als dieser anordnet, dass im Mordfall Schmied zukünftig nicht mehr gegen Gastmann ermittelt wird. Bärlach bittet um eine Woche Krankenurlaub, der ihm von Dr. Lutz gewährt wird.

Gemeinsam überprüfen Bärlach und Tschanz das Alibi des Schriftstellers, der an Gastmanns Treffen teilnahm. Der Schriftsteller sagt, dass Gastmann eine interessante Persönlichkeit besitzt und Nihilist ist. Der Schriftsteller schildert den Ablauf des Abends. Daraus ergibt sich ein Alibi für Gastmann. Bärlach fragt den Schriftsteller, ob er denkt, Gastmann wäre zum Mord an Schmied fähig, woraufhin der Schriftsteller angibt, er traue Gastmann jede Tat zu, Schmieds Mörder sei er allerdings nicht.

Das Wort Nihilismus leitet sich vom lateinischen Wort nihil ab, das "nichts" bedeutet. Nihilismus bezeichnet eine Philosophie, die alle Ideale und Werte ablehnt. Verbunden damit ist ein relativ pessimistisches Weltbild: Nihilisten gehen davon aus, dass alle Handlungen und Ziele des Menschen keinen Nutzen haben und sinnlos sind.

Tschanz stellt die Forderung, zu Gastmann zu fahren, um diesen zu überführen. Bärlach jedoch lehnt dies aufgrund des Gesprächs mit Dr. Lutz ab. Tschanz ist aufgebracht darüber, dass er nicht die Möglichkeit bekommt, seine polizeilichen Fähigkeiten zu zeigen. Er bittet Bärlach darum, erneut mit Dr. Lutz zu sprechen. Bärlach lehnt ab.

Beim Besuch seines Arztes Dr. Hungertobel erfährt Bärlach, dass in die Praxis eingebrochen wurde. Bärlachs Patientenakte lag nach dem Einbruch auf dem Tisch. Nun weiß Bärlach, wie Gastmann an die Informationen über seinen Gesundheitszustand kam. Der Arzt weist auf die Dringlichkeit einer Operation Bärlachs hin. Dieser müsse sich innerhalb der nächsten drei Tage operieren lassen.

Als Bärlach aus dem Fenster der Praxis schaut, sieht er, wie eine Frau aus Tschanz Auto steigt. Dabei handelt es sich um Anna, die Freundin von Schmied. Tschanz und Anna gehen in ein Restaurant.

Bärlach wacht nachts auf. Jemand ist in seine Wohnung eingebrochen und hat einen Kurzschluss verursacht. Bärlach und der Einbrecher kämpfen im Dunkeln um Leben und Tod. Indem Bärlach blind um sich schließt, vertreibt er den Einbrecher, der ihn zuvor fast mit einem Messer getroffen hätte.

Bärlach erzählt Tschanz vom Einbruch und gibt diesem gegenüber an, den Einbrecher zwar nicht gesehen zu haben, jedoch zu wissen, wer der Täter sei. Er nennt Tschanz jedoch keinen Namen.

6. November 1948

Am nächsten Morgen fährt Bärlach in einem Taxi zum Bahnhof. Der Taxifahrer stellt sich als Gastmanns Diener heraus. Gastmann sitzt auf der Rückbank. Gastmann fordert, dass Bärlach die Wette aufgibt. Für Bärlach ist nicht nur Gastmann schuldig, weil er die Wette angeboten hatte, sondern auch ihn selbst trifft eine Mitschuld, weil er die Wette damals angenommen hatte.

Gastmann erkundigt sich, ob Bärlach davon ausgeht, dass Gastmann der Mörder Schmieds sei. Bärlach gibt an, dass er das nie geglaubt hat. Gastmann droht Bärlach, dass er ihn töten lassen wird, falls er die Operation überlebt. Bärlach jedoch kündigt an, dass er Gastmann bereits gerichtet und zum Tod verurteilt habe.

Ich habe dich gerichtet, Gastmann, ich habe dich zum Tode verurteilt. Du wirst den heutigen Tag nicht mehr überleben. Der Henker, den ich ausersehen habe, wird heute zu dir kommen. Er wird dich töten, denn das muß nun eben einmal in Gottes Namen getan werden.

Tschanz holt Anna nach einem Gottesdienst ab und kündigt an, dass er heute den Mörder von Schmied stellen wird. Er fragt sie, ob sie ihn heiraten möchte. Sie willigt ein. Tschanz macht sich auf den Weg zu Gastmann. Ein Diener Gastmanns schießt auf Tschanz und verletzt ihn leicht. Daraufhin schießt Tschanz dreimal auf Gastmann. Es wird deutlich, dass Tschanz als der Henker auftritt, den Bärlach zuvor angekündigt hatte.

Tschanz hat die Polizei zum Tatort gerufen. Er ist nur leicht verletzt, die beiden Diener und Gastmann hingegen sind tot. Die Toten halten jeweils eine Waffe in den Händen.

7. November

Am nächsten Morgen versuchen Dr. Lutz und von Schwendi zu rekonstruieren, was passiert ist. Dr. Lutz ist überzeugt, dass Gastmann der Mörder Schmieds sein muss. Die Kugel, mit der Schmied getötet wurde, stammte aus der Waffe, die einer der Diener in der Hand hielt. Tschanz habe laut Dr. Lutz in Notwehr gehandelt und soll nun befördert werden. Bärlach, der mittlerweile zu den beiden hinzugestoßen ist, äußert sich hingegen nicht zum vermuteten Tathergang.

Am Abend empfängt Bärlach Tschanz mit einem festlichen Abendessen. Bärlach konfrontiert Tschanz damit, dass er weiß, dass Tschanz Schmieds Mörder ist. Tschanz habe Bärlach schon längst den nötigen Beweis geliefert. Die Kugel, die den Wachhund getötet hatte, stammte aus der Waffe, mit der auch Schmied erschossen wurde. Demnach hatte Tschanz seine Waffe mit der des Dieners ausgetauscht. Bärlach vermutet, dass Tschanz' Motiv Eifersucht war.

Außerdem offenbart Bärlach, dass er Tschanz dafür benutzt hat, um Gastmann zu überführen und zu richten. Für Bärlach diente Tschanz als Mittel, um sich endlich an Gastmann zu rächen. Auch wusste Bärlach, dass Tschanz der Einbrecher war und nach Schmieds Mappe gesucht hatte. Tschanz greift zu seiner Tasche, in der sich eine Waffe befindet. Bärlach überzeugt ihn jedoch davon, dass es keinen Sinn hat, ihn zu töten: Dr. Lutz wisse über das Treffen Bescheid. Bärlach verlangt, dass Tschanz sein Haus verlässt und verspricht, dass er ihn nicht verraten wird.

8. November 1948

Bärlach erfährt am nächsten Morgen, dass Tschanz in seinem Wagen von einem Zug erfasst wurde. Tschanz hatte vermutlich Suizid begangen – er wurde zu seinem eigenen Henker. Bärlachs Gesundheitszustand ist schlecht. Nun ist er endlich dazu bereit, sich operieren zu lassen.

"Der Richter und sein Henker" – Charakterisierung

In der folgenden Grafik erkennst Du die Personenkonstellation in "Der Richter und sein Henker". Anschließend folgt eine Charakterisierung zu den Personen aus "Der Richter und sein Henker".

Der richter und sein henker charakterisierung
Personenkonstellation in "Der Richter und sein Henker"

Hans Bärlach

  • Schweizer Kommissar

  • über 60 Jahre alt

  • arbeitete lange Zeit im Ausland, unter anderem in Konstantinopel und zuletzt bei der Kriminalpolizei in Frankfurt am Main

  • seit 1933 lebt er wieder in der Schweiz, weil er einen deutschen Beamten – einen Nationalsozialisten – geohrfeigt hatte

  • wirkt zunächst uninformiert über den Stand der Ermittlungen

  • Im Laufe der Handlung wird jedoch deutlich, dass Bärlach eigenes Wissen für sich behält sowie taktisch und strategisch vorgeht.

  • verdächtigt Tschanz von Anfang an

  • schloss vor 40 Jahren in Konstantinopel eine Wette mit Gastmann ab

  • will Gastmann für seine Verbrechen überführen

  • Durch seine Erkrankung (Magenleiden) wächst der zeitliche Druck, um Gastmann zu überführen.

  • legt ein moralisch fragwürdiges Verhalten an den Tag, um Gastmann für seine Verbrechen zu bestrafen

  • nutzt Tschanz als seine Marionette beziehungsweise seinen Henker, um Gastmann zu bestrafen

"Der Richter und sein Henker" – Tschanz

  • Kriminalbeamter
  • unterstützt Bärlach bei den Ermittlungen im Mordfall Schmied
  • tötete Schmied aus Eifersucht, nachdem er die Mappe mit den von Schmied gesammelten Beweisen gegen Gastmann gefunden hatte.
  • Im Gegensatz zu Schmied kommt Tschanz nicht aus einer reichen Familie und konnte auch nicht das Gymnasium besuchen.
  • nimmt Schmied als sein Vorbild und eifert diesem nach: Er kleidet sich ähnlich wie dieser, kauft nach dessen Tod seinen Wagen und möchte Schmieds Freundin Anna heiraten.
  • versucht, die Schuld im Mordfall Schmied auf Gastmann zu lenken, um sich beruflich einen Namen zu machen und nicht tatverdächtig zu werden.
  • beging vermutlichSuizid, nachdem Bärlach ihm offenbart hatte, dass er gegen ihn in der Hand Beweise hätte

"Der Richter und sein Henker" – Gastmann

  • Verbrecher
  • wurde in Lamboing geboren, verließ den Ort mit 13 Jahren, um die Welt zu entdecken
  • kehrte kürzlich nach Lamboing zurück
  • beliebt bei den Einwohnern, weil er Steuern des Ortes zahlt
  • empfängt in seinem Haus regelmäßig Gäste aus Politik und Industrie
  • wohlhabend und einflussreich
  • Nihilist: Grundlage für sein Handeln sind keine moralischen Überzeugungen oder eine bestimmte Philosophie. Er handelt stattdessen aus der "Freiheit des Nichts" (S. 100), wodurch sein Handeln unberechenbar wird.
  • Der Schriftsteller sagt über Gastmann, dass dieser ein Mensch sei, der ...

. . . das Gute ebenso aus einer Laune, aus einem Einfall tut wie das Schlechte, welches ich ihm zutraue. Er wird nie das Böse tun, um etwas zu erreichen, wie andere ihre Verbrechen begehen, um Geld zu besitzen, eine Frau zu erobern oder Macht zu gewinnen, er wird es tun, wenn es sinnlos ist, vielleicht, denn bei ihm sind immer zwei Dinge möglich, das Schlechte und das Gute, und der Zufall entscheidet.

Der Schriftsteller weißt autobiografische Züge Friedrich Dürrenmatts auf. So kleidet sich der Schriftsteller unter anderem ähnlich wie Dürrenmatt und besitzt neben demselben Beruf auch einen ähnlichen familiären und philosophischen Hintergrund wie dieser. In einer der späteren Verfilmungen des Romans aus dem Jahr 1975, ist Dürrenmatt in der Rolle des Schriftstellers zu sehen.

Dr. Lucius Lutz

  • Vorgesetzter von Bärlach und Untersuchungsrichter
  • kehrte kürzlich von einem Besuch der Polizei in New York und Chicago zurück
  • betrachtet die Polizeiarbeit in der Schweiz kritisch, da diese nicht den modernen Standards, die er in den Vereinigten Staaten kennengelernt hat, entspricht

Der Name Lucius lässt sich vermutlich vom lateinischen Wort lux ableiten. Lux steht neben Licht auch für Aufklärung und Erleuchtung. Dass Dürrenmatt den Namen für den Untersuchungsrichter verwendet, lässt sich als Ironie deuten: Dr. Lutz lässt sich von Tschanz täuschen und durchschaut nicht, dass Tschanz der wahre Mörder Schmieds ist. Stattdessen ist er bis zum Ende des Romans von Tschanz Heldenrolle überzeugt.

"Der Richter und sein Henker" – Analyse von Aufbau und Sprache

Zwei Handlungsebenen

Der Roman besteht aus zwei Handlungsebenen, die durch die Figur des Tschanz miteinander verknüpft sind. Die erzählte Zeit der ersten Ebene erstreckt sich auf sechs Tage.

Die erzählte Zeit in einer Geschichte meint den Zeitraum, in dem sich die Handlung abspielt.

  • 1. Handlungsebene: Die Ermittlungen im Mordfall Schmied

  • 2. Handlungsebene: Die seit 40 Jahren andauernde Wette zwischen Bärlach und Gastmann

Tschanz versucht die Schuld im Mordfall Schmied durch eine Manipulation von Beweisen auf Gastmann zu schieben und tötet Gastmann gegen Ende des Romans. Damit spielt er Bärlach in die Hände, der Gastmann über Tschanz für frühere Verbrechen bestraft. Gleichzeitig sammelt Bärlach Beweise gegen Tschanz und überführt ihn als Mörder Schmieds.

Der Aufbau von "Der Richter und sein Henker"

Die Handlung des Detektivromans "Der Richter und sein Henker" ist in 21 Kapitel eingeteilt. In seinem Aufbau hält sich das Werk an den klassischen Aufbau eines Detektivromans: Direkt zu Beginn des Romans wird eine Leiche gefunden und die Ermittlungen nach dem Täter beginnen. Das Buch endet damit, dass ein Täter feststeht und sowohl seine Motive als auch Beweise gegen ihn offengelegt werden.

Dennoch weicht der Aufbau auch von dem klassischen Aufbau eines Detektivromans ab, da der Roman an einigen Stellen retardierende Elemente beinhaltet.

  • Exposition: Die Leiche wird gefunden und die Ermittlungen beginnen.

  • 1. Erzählphase: Die laufenden Ermittlungen werden geschildert.

  • 1. Spannungshöhepunkt: Bärlach wird von Gastmanns Hund angegriffen.

  • Retadierendes Moment: Von Schwendi bringt Dr. Lutz dazu, die Ermittlungen gegen Gastmann einzustellen bzw. zu minimieren.

  • 2. Erzählphase: Bärlach und Gastmanns Vorgeschichte wird offenbart.

  • 2. Spannungshöhepunkt: Bärlach und Gastmann geraten aneinander.

  • Retadierendes Moment: Das Gespräch mit dem Schriftsteller eröffnet Details über Gastmanns Persönlichkeit.

  • 3. Spannungshöhepunkt: Bärlach kämpft in seiner Wohnung auf Leben und Tod mit einem Einbrecher.

  • 3. Erzählphase: Bärlach kündigt Gastmann an, dass er ihm einen Henker geschickt hat.

  • Schlussphase: Die beiden Handlungsebenen werden zusammengefügt. Tschanz ermordet Gastmann und begeht, nach der Konfrontation mit Bärlach vermutlich Suizid.

Die Sprache im Detektivroman "Der Richter und sein Henker"

Die Sprache in "Der Richter und sein Henker" besteht hauptsächlich aus Satzgefügen.

Sie rannten auf die Trauergemeinde zu, stürzten in sie hinein, zwischen Frau Schönler und Tschanz, ohne daß sie gehindert wurden, denn alle waren wie erstarrt, und schon taumelten sie wieder hinweg durch das nasse Gras, sich aneinander stützend, sich umklammernd, über Grabhügel fallend, Kreuze umwerfend in gigantischer Trunkenheit. Ihr Singsang verhallte im Regen, und alles war wieder zugedeckt.

Falls Du mehr über Satzgefüge erfahren möchtest, dann schau Dir gern die Erklärung "Satzgefüge" auf StudySmarter an!

Da die Handlung in der Schweiz spielt, verwenden die Figuren einige Schweizer Ausdrücke wie Gendarmerie. Vom Polizisten Charnel wird außerdem eine Mischung aus Französisch und Deutsch gesprochen.

Non", sagte Charnel, "keine Spur von Assassin. On a rien trouve, gar nichts gefunden."

"Der Richter und der Henker" ist außerdem von vielen grotesken Szenerien geprägt. So entscheidet sich der Polizist, der die Leiche Schmieds findet, diese auf den Beifahrersitz zu schieben und in die Stadt zu fahren.

Das Groteske stellt in der Literatur und Kunst eine absichtliche Abweichung von künstlerischen Normen dar, indem grauenvolle Elemente mit Komik kombiniert werden.

Der Tote saß bewegungslos neben ihm, und nur manchmal, bei einer Unebenheit der Straße etwa, nickte er mit dem Kopf wie ein alter, weiser Chinese, so daß Clenin es immer weniger zu versuchen wagte, die andern Wagen zu überholen.

Die Idylle der Landschaften, die häufig bildlich beschrieben wird, steht konträr zum Verbrechen. Auch die Metapher des Lichts wird an mehreren Stellen des Romans verwendet. Hierbei stehen häufig die Gegensätze hell und dunkel im Mittelpunkt. Genau wie gut und böse existieren diese gleichzeitig in der Welt.

. . . die Sonne brach durch die Wolken, verschwand wieder, kam aufs neue im jagenden Spiel der Nebel und der Wolkenberge, Ungetüme, die vom Westen herbeirasten, sich gegen die Berge stauten, wilde Schatten über die Stadt werfend, die am Flusse lag, ein willenloser Leib, zwischen die Wälder und Hügel gebreitet.

"Der Richter und sein Henker" – Wichtige Textstellen

Im Folgenden siehst Du einen Überblick über wichtige Textstellen aus "Der Richter und sein Henker". Obwohl Gastmann 40 Jahre lang Straftaten verübt hat, ist es Bärlach zu keinem Zeitpunkt gelungen, ihm diese nachzuweisen. Damit geht Gastmann als Gewinner der Wette hervor. Um Gastmann für seine vergangenen Verbrechen zu bestrafen, greift Bärlach zu gesetzeswidrigen Methoden und macht sich dadurch selbst schuldig.

Bärlach fühlt sich seit 40 Jahren schuldig und ist daran interessiert, Gastmann zu überführen. Wäre er die Wette mit diesem damals nicht eingegangen, hätte Gastmann keinen Grund gehabt, den Mord zu begehen.

Du bist in jener Nacht in der Türkei schuldig geworden, weil du die Wette geboten hast, Gastmann, und ich, weil ich sie angenommen habe.

Wie sehr ihn die Schuld auffrisst, wird von Bärlachs schlechtem Gesundheitszustand versinnbildlicht.

Bärlach konnte nicht akzeptieren, dass er die Wette verliert und die vermeintlich böse Seite gewinnt. Er will Gastmann nicht einfach so davonkommen lassen. Bärlachs schwere Krankheit setzt ihn zudem unter Zeitdruck und erfordert ein schnelles Handeln. Dass Tschanz Schmied umgebracht hat, spielt Bärlach in die Hände. Er setzt Tschanz unter Druck, weil er weiß, dass Tschanz Gastmann beschuldigt, um sich selbst zu schützen.

Um Gastmann zu bestrafen, sind Bärlach alle Mittel recht. Dass neben Gastmann zwei seiner Diener sterben und Tschanz sich das Leben nimmt, nimmt Bärlach in Kauf.

Erst nach Schmieds Tod weicht Bärlach von den Normen und Prinzipien polizeilicher Ermittlungsarbeit ab. Er hat erkannt, dass er Gastmann nicht mit Beweisen überführen kann und maßt sich eigenmächtig die Rolle eines Richters an. Tschanz instrumentalisiert er als seinen Henker, um Gastmann für die Taten zu bestrafen, die er ihm 40 Jahre lang nicht nachweisen konnte. Ein Sieg über Gastmann ist ihm wichtiger, als das Gesetz einzuhalten und den Täter gemäß geltender Gesetze zu bestrafen.

Damit wird die Schuldfrage in den Raum gestellt, die für den klassischen Detektivroman ungewöhnlich ist. Dürrenmatt verwischt die Grenzen zwischen Gut und Böse. Leser*innen werden dazu aufgefordert, über Moralvorstellungen zu reflektieren. Heiligt der Zweck alle Mittel? Darf man jemanden für etwas bestrafen, dass dieser nicht getan hat, nur um frühere Taten zu vergelten? Ist Bärlach als der Gute zu sehen, obwohl er sich im Verlauf der Handlung selbst schuldig macht? Wer verleiht Bärlach die Autorität, über andere zu richten?

Außer Bärlach erfährt keiner von dem wahren Mörder Schmieds, denn aufgrund der am Tatort gefundenen Mappe schlussfolgern Dr. Lutz und von Schwendi, dass Gastmann Schmied aufgrund der gegen ihn gesammelten Beweise töten ließ.

Statt Polizei und Rechtsstaat wird auf Gewalt zurückgegriffen, um Verbrecher zu richten, denn weder gegen Tschanz noch gegen Gastmann wird ein legales Verfahren eingeleitet. Beide Figuren sterben am Ende des Romans.

Die Rolle des Zufalls in "Der Richter und sein Henker"

Der Zufallsbegriff spielt in der Wette zwischen Bärlach und Gastmann eine große Rolle. Beide Seiten argumentieren auf Grundlage des Zufalls. Bärlach vertritt die Auffassung, dass jedes Verbrechen früher oder später aufdeckt wird, weil der Zufall und damit auch das zufällige Handeln anderer unberechenbar ist. Täter*innen scheitern am Zufall, da dieser auch ein perfekt geplantes Verbrechen durchkreuzt.

. . . daß die menschliche Unvollkommenheit, die Tatsache, daß wir die Handlungsweise anderer nie mit Sicherheit vorauszusagen, und daß wir ferner den Zufall, der in alles hineinspielt, nicht in unsere Überlegungen einzubauen vermögen der Grund sei, der die meisten Verbrechen zwangsläufig zutage fördern müsse.

Gastmann hingegen argumentiert, dass gerade der Zufall dafür verantwortlich ist, dass Verbrechen unerkannt bleiben.

Ich [Gastmann] dagegen stellte die These auf . . . , daß gerade die Verworrenheit der menschlichen Beziehungen es möglich mache, Verbrechen zu begehen, die nicht erkannt werden könnten, daß aus diesem Grunde die überaus größte Anzahl der Verbrechen nicht nur

ungeahndet, sondern auch ungeahnt seien, also nur im Verborgenen geschehen.

Beide Thesen lassen sich in "Der Richter und sein Henker" bestätigen. Der zufällige Fund der Revolverkugel am Tatort hilft Bärlach dabei, Tschanz Schuld zu beweisen. Jedoch ist Bärlach seit 40 Jahren nicht dazu in der Lage gewesen, Gastmann eines seiner Verbrechen nachzuweisen. Die Taten, die Gastmann verübt, begeht er ohne persönliche Beziehung zum Opfer, wie den Mord in Konstantinopel vor 40 Jahren. Diese Unberechenbarkeit im Verhalten erschwert es Bärlach, Gastmann zu überführen.

Der Zufall spielt in vielen Werken Friedrich Dürrenmatts hinsichtlich zweier Aspekte eine wichtige Rolle. Einerseits ist der Zufall relevant für die Dramaturgie und treibt die Handlung voran. So führt etwa der zufällige Fund der Revolverkugel dazu, dass Bärlach plant, sich von dem Wachhund angreifen zu lassen, um an eine Kugel aus Tschanz Revolver zu gelangen. Diese kann er wiederum mit der am Tatort gefundenen Kugel abgleichen und hat ein wichtiges Beweismittel gegen Tschanz in der Hand.

Außerdem spiegelt der Zufall Dürrenmatts Weltsicht wider: Durch zufällige Ereignisse wird von Menschenhand Geplantes außer Kraft gesetzt. Der Mensch ist nicht allmächtig, zufällige Ereignisse können seine Pläne durchkreuzen.

"Der Richter und sein Henker" – Friedrich Dürrenmatt

Der Schweizer Autor Friedrich Dürrenmatt (1921–1990) gilt als einer der bedeutendsten Dramatiker des 20. Jahrhunderts. Der "Richter und sein Henker" wurde zum weltweiten Erfolg für den Autor und in über 20 Sprachen übersetzt. Bis heute verkaufte sich der Roman millionenfach.

Während Kriminalromane zur Entstehungszeit des Werkes als minderwertig galten, zählt "Der Richter und der Henker" heutzutage in vielen Schulen zur Pflichtlektüre. Der Roman entspricht in seinem Aufbau einem Detektivroman, jedoch verwischt Dürrenmatt die für den Detektivroman typischen Grenzen zwischen Gut und Böse. Er beabsichtigt damit, dass Leser*innen zum Nachdenken und Reflektieren von gesellschaftlichen Normen und Werten angeregt werden.

Dürrenmatt setzt die Geschichte von Kommissar Bärlach im Roman "Der Verdacht" fort. In seinen späteren Werken entfernte sich Dürrenmatt zunehmend von der Realität. Dabei betont der Autor vor allem, dass das im Detektivroman dargestellte Weltbild nicht mit der Realität übereinstimmt: Nicht immer führen Ermittlungen zum Ziel, Täter*innen werden nicht immer gefasst und die Welt ist nicht immer gerecht.

"Der Richter und sein Henker" – Zeitgeschichtlicher Hintergrund

"Der Richter und sein Henker" spielt im Jahr 1948 und damit nach dem Zweiten Weltkrieg. Diese Zeit war von wirtschaftlichem Aufschwung und politischer Stabilität geprägt. Da die Schweiz durch ihre neutrale Haltung weniger zerstört war als andere Länder, fand ihre Modernisierung und ihr Umbau zum Industrieland schneller statt. Im Roman spiegelt sich dies an einigen Stellen wider. So pflegt etwa Gastmann weltweit geschäftliche Beziehungen, unter anderem hat er Verbindungen zur schweizerischen Industrie und ist sehr wohlhabend.

Dennoch werden auch Anspielungen auf den Kalten Krieg gemacht. Nachdem Bärlach auf Gastmanns Grundstück von dessen Hund angegriffen wurde, unterhalten sich Bärlach und Tschanz mit Nationalrat von Schwendi. Dieser unterstellt Bärlach, ein Kommunist zu sein.

Auch die Rolle der Schweiz während des Zweiten Weltkrieges wird im Roman thematisiert. Bärlach wurde 1933, während die Nationalsozialisten regierten, von seiner Position in Frankfurt am Main entlassen, nachdem er einen Nationalsozialisten geohrfeigt hatte.

In Frankfurt wurde damals über diese Gewalttätigkeit viel gesprochen, und in Bern bewertete man sie, je nach dem Stand der europäischen Politik, zuerst als empörend, dann als verurteilungswert, aber doch noch begreiflich, und endlich sogar als die einzige für einen Schweizer mögliche Haltung; dies aber erst fünf und vierzig.

Damit kritisiert Dürrenmatt, dass sich die Schweiz erst nach dem Zweiten Weltkrieg klar gegen den Nationalsozialismus positioniert hat und während des Krieges (wirtschaftliche) Eigeninteressen verfolgte und priorisierte.

Der Richter und sein Henker – Das Wichtigste

  • "Der Richter und sein Henker" ist ein Detektivroman des Schweizer Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt aus dem Jahr 1950/51.

  • Zusammenfassung: Vor 40 Jahren schlossen Kommissar Bärlach und der Verbrecher Gastmann eine Wette ab. Seitdem versuchte Bärlach Gastmanns Verbrechen auf legalem Weg aufzuklären und beauftragte den Polizisten Schmied damit, gegen Gastmann zu ermitteln.

  • Nachdem Schmied tot aufgefunden wurde, ermitteln Bärlach und sein Assistent Tschanz – bei dem es sich um den Mörder Schmieds handelt – im Mordfall. Tschanz hatte von den Ermittlungen gegen Gastmann erfahren und beneidete Schmied um dessen Chance, einen so großen Verbrecher zu überführen.

  • Tschanz lenkt den Verdacht auf Gastmann. Da Bärlach Tschanz von Anfang an verdächtigt, setzt er ihn zunehmend unter Druck, bis Tschanz Gastmann tötet. Bärlach gelingt es damit, Tschanz als seinen Henker zu instrumentalisieren, um seinen Gegenspieler Gastmann für frühere Taten zu richten.

  • Tschanz begeht vermutlich Suizid, nachdem ihm Bärlach offenbart, dass er Beweise gegen Tschanz in der Hand hat.

    Welche Eigenschaften hat Gastmann?

    Gastmann hat anscheinend keine Menschlichkeit, keine Verantwortung der Gesellschaft gegenüber und ist skrupellos, was sein Verhalten zeigt / seine Verbrechen zeigen. Ein Beispiel dafür ist, das Verhalten bei Schmieds Beerdigung, die ironische Kranzaufschrift etc.

    Welche Krankheit hat Bärlach?

    Außerdem hat Bärlach Probleme mit dem „verfluchte[n] Magen“ (S. 25). Diese äußern sich in ständigen Schmerzen, aber auch immer wieder in einem krampfartigen „Anfall“ (S. 73).

    Wie sieht Tschanz aus?

    Tschanz, der bei seiner erste Erwähnung - wie der im Roman ermordete Polizist Ulrich Schmied- einen Mantel und einen Filzhut trägt, ist ein junger, alleinstehender Kommissar, der sich durch ein „gutmütiges, volles Antlitz“ (S. 18) auszeichnet.

    Warum ist Tschanz der Henker?

    Wegen seines krankhaften Ehrgeizes bringt er „seinen Kollegen Schmied um, dem er Fähigkeit, Erfolg, Bildung und sein Mädchen neidet“. Bärlach kann ihn aber schnell entlarven und benutzt ihn regelrecht als seinen „Henker“, um Gastmann zu erledigen. Am Ende wird Tschanz von einem Zug erfasst und stirbt.