Kann man gegen eine Abmahnung Widerspruch einlegen?

Wer eine Abmahnung erhält, fühlt sich in vielen Fällen erstmal unsicher und eingeschüchtert. Ein Wunder ist das nicht: Fristen, Vorwürfe und Kosten sind die Inhalte, die zuerst ins Auge springen und ordentlich Eindruck machen. Nicht selten kommt es vor, dass sich betroffene Händlerinnen und Händler mit dieser Situation gar nicht auseinandersetzen wollen oder den Kopf in den Sand stecken. Wenngleich nachvollziehbar, ist das keine gute Idee.

Warum nicht?

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Abmahner die Abmahnung einfach vergisst, ist extrem gering. Mit dem Ignorieren einer Abmahnung verbessert sich die Lage nicht - leider ist eher das Gegenteil der Fall. Regelmäßig wird auf der Abmahnung eine Frist zur Beantwortung angegeben. Wer diese nicht einhält, der kann sich mit weiteren Konsequenzen konfrontiert sehen.

Was sind die Folgen?

In den meisten Fällen folgt auf die Abmahnung dann nämlich eine einstweilige Verfügung, also eine kostenpflichtige gerichtliche Anordnung. Auch eine Klage ist möglich. Wie hoch die Kosten hier sind, hängt absolut vom Einzelfall ab. Ist es bereits zur einstweiligen Verfügung gekommen, empfehlen wir dringend den Gang zum Rechtsanwalt.

Wie reagiere ich richtig?

Deutlich besser fahren betroffene Online-Händlerinnen und Online-Händler damit, auf die Abmahnung zu reagieren. Zwar sollte die Frist grundsätzlich eingehalten werden - doch Vorsicht: eine übereilte Reaktion, etwa einfach die Unterlassungserklärung abzugeben, kann ebenfalls problematisch sein. In vielen Fällen können Betroffene nicht erkennen, ob die Abmahnung etwa berechtigt oder gar missbräuchlich ist, oder ob die vorformulierte Unterlassungserklärung nicht mehr Verpflichtungen enthält, als es von Rechts wegen eigentlich nötig wäre.

Wir empfehlen: Ruhe bewahren, einen Überblick über Eckpunkte und Fristen verschaffen, und schließlich professionellen juristischen Rat einholen.

Wer als Ar­beit­neh­mer ei­ne Ab­mah­nung er­hält, hat ver­schie­de­ne Mög­lich­kei­ten, dar­auf zu re­agie­ren.

So kann man z.B. ei­ne Ge­gen­dar­stel­lung bzw. ei­nen Wi­der­spruch zu Per­so­nal­ak­te rei­chen. Gleich­zei­tig oder an­stel­le des­sen kann man auch den Be­triebs- oder Per­so­nal­rat ein­schal­ten, d.h. sich bei ihm we­gen der Ab­mah­nung be­schwe­ren.

Schließ­lich kann man auch ver­su­chen, den Ar­beit­ge­ber zur Rück­nah­me der Ab­mah­nung zu be­we­gen, not­falls durch ei­ne ar­beits­ge­richt­li­che Kla­ge mit dem Ziel, dass der Ar­beit­ge­ber zur Ent­fer­nung der Ab­mah­nung aus der Per­so­nal­ak­te ver­ur­teilt wird.

Ab­ge­mahn­te Ar­beit­neh­mer soll­ten aber nicht nur die­se eher for­mal-ju­ris­ti­schen Mög­lich­kei­ten im Au­ge be­hal­ten, son­dern auch rein prak­ti­sche Din­ge be­den­ken wie z.B. die Si­che­rung von Be­weis­mit­teln oder auch schlicht die Mög­lich­keit, sich "ge­sichts­wah­rend" zu ent­schul­di­gen.

Im fol­gen­den fin­den Sie zehn Tipps, die Sie als Ar­beit­neh­mer im Fal­le ei­ner Ab­mah­nung be­ach­ten soll­ten.

von Rechts­an­walt Dr. Mar­tin Hen­sche, Fach­an­walt für Ar­beits­recht, Ber­lin

Vie­le Ar­beit­ge­ber ver­bin­den die Überg­a­be ei­ner schrift­li­chen Ab­mah­nung mit ei­nem Gespräch, in dem sie die Vorwürfe, die in der Ab­mah­nung ent­hal­ten sind, dem Ar­beit­neh­mer noch ein­mal münd­lich erläutern.

Hier soll­ten Sie als ab­ge­mahn­ter Ar­beit­neh­mer am bes­ten erst ein­mal gar nichts sa­gen. Und schon gar nicht soll­ten Sie ver­su­chen, sich aus dem Steh­greif zu recht­fer­ti­gen.

Denn wenn sich der Ar­beit­ge­ber schon die Mühe macht, Ih­nen ei­ne schrift­li­che Ab­mah­nung zu er­tei­len, soll­ten auch Sie ge­nug Zeit ha­ben, sich das al­les in Ru­he durch den Kopf ge­hen zu las­sen.

Ei­ne Ab­mah­nung soll­ten Sie ent­ge­gen­neh­men wie ja­pa­ni­sche Geschäfts­leu­te ei­ne Vi­si­ten­kar­te: Mit bei­den Händen an sich neh­men, dann in Ru­he le­sen und schließlich höflich lächeln.

Oft er­tei­len Ar­beit­ge­ber ei­ne Ab­mah­nung und for­dern den Ar­beit­neh­mer zu­gleich auf, zu der Ab­mah­nung Stel­lung zu neh­men, und zwar schrift­lich bzw. per E-Mail. Manch­mal wird die­se Auf­for­de­rung zur Stel­lung­nah­me so­gar mit ei­ner Frist­set­zung ver­bun­den, d.h. der Ar­beit­neh­mer soll in­ner­halb von drei oder fünf Ta­gen Stel­lung neh­men.

Zu ei­ner sol­chen Kom­men­tie­rung der Ab­mah­nung sind Sie als ab­ge­mahn­ter Ar­beit­neh­mer aber nicht ver­pflich­tet. Und in den al­ler­meis­ten Fällen ist ei­ne übe­reil­te Stel­lung­nah­me auf Drängen des Ar­beit­ge­bers auch nicht zu emp­feh­len.

So dumm es klingt, aber es kommt im­mer wie­der vor, dass sich Ar­beit­ge­ber nicht nur die Überg­a­be ei­nes Ab­mah­nungs­schrei­bens quit­tie­ren las­sen, son­dern dass sie bei die­ser Ge­le­gen­heit den Ar­beit­neh­mer auch da­zu brin­gen wol­len, die Rich­tig­keit der Vorwürfe zu bestäti­gen.

Ei­ne sol­che Erklärung soll­te man selbst­verständ­lich nicht ab­ge­ben. Und natürlich ist man da­zu auch nicht ver­pflich­tet.

Wer ab­ge­mahnt wird, z.B. weil er an­geb­lich sei­ne Ar­beit nicht ter­min­ge­recht er­le­digt hat, wird oft Ar­beitsüber­las­tung ein­wen­den. Ob zu­recht oder zu Un­recht, hängt aber von vie­len Ein­zel­hei­ten ab. Und die las­sen sich ein oder zwei Jah­re später meist nicht mehr aufklären.

Da­ge­gen hat der Chef leich­tes Spiel: Er er­teilt ein­fach ei­ne Ar­beits­an­wei­sung per E-Mail mit kur­zer Frist­set­zung, z.B. bis mor­gen abend um 18:00 Uhr, und wenn die Auf­ga­be bis da­hin nicht er­le­digt ist, folgt prompt die Ab­mah­nung. Und die ist für ei­nen Außen­ste­hen­den, z.B. für ei­nen Rich­ter, auf den ers­ten Blick nach­voll­zieh­bar. 

In sol­chen Si­tua­tio­nen emp­fiehlt es sich für den ab­ge­mahn­ten Ar­beit­neh­mer, die gleich­zei­tig noch zu er­le­di­gen­den wei­te­ren Ar­beits­auf­ga­ben zu do­ku­men­tie­ren, mit Kol­le­gen über ei­nen mögli­cher­wei­se ge­ge­be­nen Per­so­nal­eng­pass zu spre­chen (Krank­heit oder Ur­laub ei­nes Kol­le­gen?) und das Er­geb­nis die­ser Be­spre­chun­gen schrift­lich fest­zu­hal­ten.

Be­drängen Sie Ih­re Kol­le­gen nicht, sol­che Gesprächs­pro­to­kol­le zu un­ter­schrei­ben. Ge­hen Sie die­se Pro­to­kol­le bes­ser mit dem je­wei­li­gen Kol­le­gen Punkt für Punkt durch, und wenn Ihr Pro­to­koll die Sicht­wei­se des Kol­le­gen rich­tig wie­der­gibt, schrei­ben Sie das mit Da­tum und Uhr­zeit un­ter das Pro­to­koll.

Oft ist un­klar, ob die Ab­mah­nung be­rech­tigt war oder nicht. Oder ei­ne Ab­mah­nung ist zwar an sich be­rech­tigt, aber übe­r­aus klein­lich.

Dann können Sie als ab­ge­mahn­ter Ar­beit­neh­mer die an­ge­spann­te Ar­beits­at­mo­sphäre ent­las­ten, in­dem Sie sich mit Ein­schränkun­gen, d.h. �un­ter Vor­be­halt� ent­schul­di­gen.

So könn­ten Sie sich z.B., falls Sie we­gen an­geb­lich un­rich­ti­gen Ver­hal­tens ge­genüber ei­nem Kun­den ab­ge­mahnt wor­den sind, so ent­schul­di­gen:

�Ich kann mich an den Vor­fall jetzt nicht in al­len Ein­zel­hei­ten er­in­nern. Aber falls ich den Kun­den XY zu spät kon­tak­tiert ha­ben soll­te / falls ich unhöflich ge­we­sen sein soll­te / falls ich ihm un­rich­ti­ge Zah­len mit­ge­teilt ha­ben soll­te, so tut mir das leid und möch­te mich dafür ent­schul­di­gen.�

Auch wenn Sie schon ge­nau wis­sen, was Sie von der Ab­mah­nung hal­ten sol­len: Es ist im­mer gut, die Mei­nung ei­nes ar­beits­recht­lich spe­zia­li­sier­ten An­walts ein­zu­ho­len.

Denn wer ei­ne Ab­mah­nung aus­spricht, muss ei­ni­ge recht­li­che An­for­de­run­gen be­ach­ten, und dar­an schei­tern vie­le Ab­mah­nun­gen.

Und wenn sich z.B. auf­grund der an­walt­li­chen Über­prüfung ei­ner kon­kre­ten Ab­mah­nung her­aus­stellt, dass der Ar­beit­ge­ber dar­aus kei­ne Rech­te her­lei­ten kann, ist nicht nur ei­ne Be­ru­hi­gung für Sie, son­dern auch ent­schei­dend für Ihr wei­te­res Vor­ge­hen.

Sie ha­ben ein ge­setz­li­ches Recht dar­auf, dass der Ar­beit­ge­ber ei­ne von Ih­nen ver­fass­te Ge­gen­dar­stel­lung zur Per­so­nal­ak­te nimmt. Ob ei­ne Ge­gen­dar­stel­lung klug ist, ist ei­ne an­de­re Fra­ge.

Im öffent­li­chen Dienst soll­te man in den meis­ten Fällen ei­ne Ge­gen­dar­stel­lung ab­ge­ben, da öffent­li­che Ar­beit­ge­ber in al­ler Re­gel mit Ab­mah­nun­gen nicht ziel­ge­rich­tet Kündi­gun­gen vor­be­rei­ten.

In der Pri­vat­wirt­schaft kommt das aber öfter vor, d.h. man muss da­mit rech­nen, dass die Ab­mah­nung nur der ers­te Schritt hin zur Kündi­gung ist (die der Ar­beit­ge­ber viel­leicht so­gar schon fest ein­ge­plant hat).

Dann hängt die Wirk­sam­keit ei­ner späte­ren ver­hal­tens­be­ding­ten Kündi­gung von der Be­rech­ti­gung der Ab­mah­nung ab, und wer hier dem Ar­beit­ge­ber zu­ar­bei­tet, in­dem er ihn noch vor Aus­spruch der Kündi­gung auf die Mängel sei­ner Ab­mah­nung auf­merk­sam macht, verhält sich un­klug.

Ein­zel­hei­ten hier­zu fin­den Sie auf die­ser Web­sei­te un­ter "Ab­mah­nung und Rechts­schutz".

Ei­ne Ab­mah­nung kommt sel­ten al­lein. Oft fol­gen auf die ers­te Ab­mah­nung wei­te­re oder gar ei­ne ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung.

In ei­ner sol­chen Si­tua­ti­on ist es be­ru­hi­gend, ei­ne Rechts­schutz­ver­si­che­rung zu ha­ben. Ein Pro­zess mit dem Ziel, dass ei­ne Ab­mah­nung aus der Per­so­nal­ak­te ent­fernt wird, muss zwar nicht von der Rechts­schutz­ver­si­che­rung be­zahlt wer­den, wenn die Ver­si­che­rung erst nach Aus­spruch der Ab­mah­nung ab­ge­schlos­sen wur­de, denn dann han­delt es sich um ei­nen sog. �Vor­ver­si­che­rungs­fall�.

Aber wei­te­re Ab­mah­nun­gen oder Kündi­gun­gen können nach Ab­lauf der drei­mo­na­ti­gen War­te­zeit durch­aus un­ter den Ver­si­che­rungs­schutz fal­len.

Vie­le An­walts­kanz­lei­en und vie­le Be­triebs- und Per­so­nalräte emp­feh­len, ge­gen Ab­mah­nun­gen zu kla­gen. Ob ei­ne sol­che Emp­feh­lung rich­tig oder falsch ist, kann man nicht all­ge­mein sa­gen.

In vie­len Fällen, vor al­lem im Be­reich der Pri­vat­wirt­schaft, ist die­se Emp­feh­lung falsch. Ein­zel­hei­ten hier­zu fin­den Sie auf die­ser Web­sei­te un­ter "Ab­mah­nung und Rechts­schutz".

Auch hier soll­ten Sie sich un­be­dingt an­walt­lich be­ra­ten las­sen, be­vor Sie vor Ge­richt zie­hen oder dem Ar­beit­ge­ber ei­ne Kla­ge in Aus­sicht stel­len.

Wenn es in Ih­rem Be­trieb ei­nen Be­triebs- oder Per­so­nal­rat gibt, können Sie sich mit der Ab­mah­nung an ihn wen­den und sich bei ihm be­schwe­ren.

Da­bei soll­ten Sie al­ler­dings be­ach­ten, dass es nicht zu den ge­setz­li­chen Auf­ga­ben be­trieb­li­cher Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tun­gen gehört, Rechts­be­ra­tung in ar­beits­ver­trag­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten zu er­tei­len (ob­wohl das vie­le Be­triebs- oder Per­so­nalräte tun).

Ob ein sol­cher Schritt klug oder un­klug ist, hängt we­ni­ger von recht­li­chen Din­gen ab als viel­mehr vom be­trieb­li­chen Hin­ter­grund der Ab­mah­nung.

Wenn zu ho­her Ar­beits­druck oder Or­ga­ni­sa­ti­onsmängel der Hin­ter­grund der Ab­mah­nung sind und wenn sich der Be­triebs- oder Per­so­nal­rat oh­ne­hin be­reits mit die­sen The­men beschäftigt, kann es sinn­voll sein, ihn ein­zu­schal­ten. Ein­zel­hei­ten hier­zu fin­den Sie auf die­ser Web­sei­te un­ter "Ab­mah­nung und Rechts­schutz".

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen, die Sie im Zu­sam­men­hang mit dem The­ma Ab­mah­nung in­ter­es­sie­ren könn­ten, fin­den Sie hier:

Kom­men­ta­re un­se­res An­walts­teams zu ak­tu­el­len Fra­gen rund um das The­ma Ab­mah­nung fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 19. Oktober 2017

Kann man gegen eine Abmahnung Widerspruch einlegen?

Wenn Sie ei­ne Ab­mah­nung er­hal­ten ha­ben und Sie sich über­le­gen, da­ge­gen vor­zu­ge­hen, be­ra­ten wir Sie je­der­zeit ger­ne.

Je nach La­ge des Fal­les bzw. ent­spre­chend Ih­ren Wün­schen tre­ten wir ent­we­der nach au­ßen nicht in Er­schei­nung oder aber wir ver­han­deln in Ih­rem Na­men mit Ih­rem Ar­beit­ge­ber bzw. mit den Ver­te­tern der Ge­sell­schaf­ter.

Wie kann man sich gegen eine Abmahnung wehren?

Zum einen können Sie bzw. Ihr Rechtanwalt ein Schreiben verfassen und Ihre Sicht des Vorfalles erklären. Dabei können Sie auch verlangen, dass der Arbeitgeber die unrichtige Abmahnung aus Ihrer Personalakte löscht. Zum anderen können Sie auch ein Gespräch mit dem Betriebsrat suchen, soweit dieser vorhanden ist.

Wie schreibt man einen Widerspruch gegen eine Abmahnung?

Eine passende Formulierung beim Widerspruch einlegen kann zum Beispiel sein: Ihre Abmahnung vom (Datum) ist ungerechtfertigt, weil (Begründung). Ich fordere Sie auf, diese Abmahnung zurück zu nehmen und aus meiner Personalakte zu entnehmen. Bitte bestätigen Sie mir dies bis zum (Datum) in schriftlicher Form.

Kann man eine Abmahnung ablehnen?

Achten Sie darauf, dass Sie sich durch Ihre Unterschrift nicht mit dem Inhalt der Abmahnung einverstanden erklären, sondern nur deren Erhalt bestätigen. Auf keinen Fall sollten Sie mit Ihrer Unterschrift bestätigen, dass sich der Vorfall so ereignet hat, wie es in der Abmahnung steht.

Sollte man einer Abmahnung widersprechen?

Der Vorteil eines Widerspruchs gegen eine ungerechtfertigte Abmahnung liegt für Arbeitnehmer darin, dass sie dadurch falsche Vorwürfe gegen ihre Person ausräumen können. Ein Arbeitnehmer ist aber nicht verpflichtet, auf eine zu Unrecht erfolgte Abmahnung Widerspruch einzulegen.