Sollte man einen depressiven Menschen in Ruhe lassen?

Auf einen Blick

Angehörige können für Menschen mit Depression eine wichtige Stütze sein. Hilfreich für eine betroffene Person ist es zum Beispiel, wenn Sie Verständnis aufbringen. Der Umgang mit einem depressiven Menschen kann für die Familie und den Freundeskreis eine Herausforderung sein. Sie können sich selbst Hilfe holen, zum Beispiel psychotherapeutische Unterstützung. Sie können sich auch an eine Selbsthilfegruppe wenden.

Leben mit der Situation

Eine Depression hat viele Ursachen und kann jeden treffen. Niemand trägt Schuld an der Krankheit, weder Sie noch der erkrankte Mensch. Sie belastet nicht nur Betroffene, sondern auch Personen im näheren Umfeld – besonders die Familie und den Freundeskreis.

Verschiedene Beschwerden können den Alltag beeinflussen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • gedrückte, niedergeschlagene Stimmung

  • Interessenverlust und Freudlosigkeit

  • Antriebsmangel und Ermüdbarkeit

  • verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit

  • vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen

  • Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit

  • übertriebene Zukunftsängste und "Schwarzsehen"

  • Gedanken oder Versuche, sich selbst zu töten

  • Schlafstörungen

  • verminderter Appetit

  • körperliche Beschwerden, zum Beispiel Abgeschlagenheit, Magen-Darm-Probleme, Schmerzen, Luftnot, Druckgefühl in Hals und Brust

Was Betroffenen hilft

  • Hilfreich für einen Menschen mit Depression kann es sein, wenn Sie Verständnis für seine Situation und seine Gefühle aufbringen. Wenn Sie ihn mit seiner Erkrankung ernst nehmen, ohne zu dramatisieren. Gleichzeitig sollten Sie versuchen, ihm zu vermitteln, dass Hilfe möglich ist und dass es ihm in Zukunft wieder besser gehen wird.

  • Sie können die erkrankte Person unterstützen, sich professionelle Hilfe zu suchen – so, wie Sie es bei anderen Erkrankungen auch tun würden.

  • Viele depressive Menschen haben Angst, als "verrückt" zu gelten. Machen Sie klar, dass solche Befürchtungen nicht gerechtfertigt sind.

  • Vielleicht können Sie sich als Begleitung durch eine schwere Zeit sehen. Es hilft, wenn Sie den betroffenen Menschen unterstützen: Beginnen Sie mit kleinen Aktivitäten, wie etwa einem Spaziergang oder gemeinsamem Musikhören. Auch ein Gespräch kann guttun.

  • Es kann helfen, wenn Sie die Behandlung im Blick behalten, also etwa die regelmäßige Einnahme der verschriebenen Medikamente oder den Praxisbesuch – ohne jedoch der erkrankten Person ein Gefühl von Kontrolle zu vermitteln.

  • Depressive Menschen können zurückweisend sein. Doch das zielt nicht auf Sie als Person, sondern ist der Krankheit geschuldet. Nicht immer ist die oder der Betroffene in der Lage, Ihre Vorschläge anzunehmen. Wenn Sie das respektieren, ohne gekränkt zu sein, helfen Sie sehr.

  • Auf keinen Fall sollten Sie die Depression herunterspielen, denn damit zeigen Sie der Person, dass Sie sie nicht akzeptieren, auch wenn Sie es ganz anders meinen. 

Hilfe bei seelischen Krisen

Manchmal erscheint einem depressiven Menschen seine Situation so hoffnungslos, dass er einfach nicht mehr will. Er möchte sein Leben beenden. Das ist belastend für Familie und Freundschaften. Vielleicht hilft es Ihnen, sich bewusst zu machen, dass Sie keine Verantwortung dafür tragen. 

Es gibt kein Patentrezept für eine solche Situation. Etwas tun können Sie dennoch: Indem Sie das Gespräch darüber zulassen, statt es wegzudrängen, und den anderen Menschen auch in seiner totalen Verzweiflung annehmen. Hören Sie einfach zu, ohne gleich eingreifen zu wollen. Trauen Sie sich, konkret nachzufragen, aber versuchen Sie nicht, ihm seine Gedanken auszureden. 

Für solch eine Krisensituation kann es mehr oder weniger deutliche Anzeichen geben. Bisweilen deuten Menschen durch Bemerkungen an, dass sie sich etwas antun wollen. Seltener merken Angehörige, dass etwas konkret geplant wird. Wenn Sie meinen, eine drohende Gefahr zu erkennen, sollten Sie:

  • zuhören und die Situation ernst nehmen

  • das Gespräch in Gang halten

  • den Notruf und die Polizei rufen

  • die Person nicht allein lassen, bis Hilfe eintrifft

  • gefährliche Gegenstände beseitigen

Besteht die Gefahr, dass sich ein Mensch selbst oder andere gefährdet, kann eine Einweisung ins Krankenhaus nötig sein – auch gegen den Willen der betroffenen Person. Dafür ist die Polizei zuständig.

Was Sie für sich tun können

  • Indem Sie die betroffene Person ermutigen, professionelle Hilfe anzunehmen, entlasten Sie sich auch selbst. In manchen Situationen ist es hilfreich, an gemeinsamen Behandlungsangeboten teilzunehmen, zum Beispiel an einer Familien- oder Paarberatung.

  • Informieren Sie sich über die Krankheit und ihre Auswirkungen. Wenn Sie über Depressionen Bescheid wissen, können Sie die erkrankte Person besser verstehen und unterstützen. Ausführliche Informationen bekommen Sie in der Patientenleitlinie: siehe unten "Ausführlich erklärt".

  • Der Umgang mit einem depressiven Menschen kann dazu führen, dass Sie selbst auf vieles verzichten: auf Dinge, die Ihnen lieb sind, wie Sport oder Kultur. Es mag Ihnen egoistisch erscheinen, dass Sie sich vergnügen, während jemand anderes leidet. Doch der oder dem Betroffenen ist nicht geholfen, wenn Sie auf sich nicht achtgeben. Und Ihnen geht irgendwann möglicherweise die Kraft verloren, für andere da zu sein.

  • Stellen Sie sich darauf ein, dass die Behandlung einer Depression Zeit braucht.

  • Um die Herausforderung zu meistern, können Sie selbst Hilfe in Anspruch nehmen, zum Beispiel psychotherapeutische Unterstützung. Alles, was Sie entlastet, hilft auch der Person, um die Sie sich sorgen.

  • Sie können sich auch an Selbsthilfegruppen wenden. Es gibt spezielle Angebote für Angehörige.

September 2020, herausgegeben von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung

Ist Ruhe bei Depressionen gut?

Schlaf und Depression hängen eng zusammen: Schlaf oder im Bett dösen führen bei einigen Patienten nicht zu Erholung, sondern zu einer Verschlechterung der depressiven Symptome. Das zeigt die neueste Studie des Forschungszentrums Depression der Stiftung Deutsche Depressionshilfe.

Was sollte man bei einer Depression nicht tun?

Ratschläge wie sich „zusammenzunehmen“, sind bei einer Depression meist kontraproduktiv. Damit setzt du den Betroffenen eher unter Druck. Auch Vorschläge, einfach mal abzuschalten oder zu entspannen, helfen nicht weiter. Halte dich mit Aussagen wie „Das ist doch alles gar nicht so schlimm!” oder „Lach mal wieder!

Was tut depressiven Menschen gut?

Vielleicht können Sie sich als Begleitung durch eine schwere Zeit sehen. Es hilft, wenn Sie den betroffenen Menschen unterstützen: Beginnen Sie mit kleinen Aktivitäten, wie etwa einem Spaziergang oder gemeinsamem Musikhören. Auch ein Gespräch kann guttun.

Wie verhält man sich gegenüber einem depressiven Menschen?

Geduld haben. Viele depressiv erkrankte Menschen äußern Klagen und Verzweiflung, oft ziehen sie sich auch von ihrer Umwelt zurück. Zeigen Sie Geduld mit dem Betroffenen. Erinnern Sie ihn/sie stets daran, dass die Depression eine Erkrankung ist, die vorübergeht und sich gut behandeln lässt.