Abgesehen von wenigen seltenen Ausrei�ern erreicht „Unter anderen Umst�nden“ seit einigen Jahren regelm��ig �ber sechs Millionen Zuschauer; mitunter auch deutlich mehr. Nun lassen solche Zahlen naturgem�� nicht automatisch R�ckschl�sse auf die Qualit�t zu, aber wenn sich eine Filmreihe heutzutage 15 Jahre halten kann, ist das grunds�tzlich schon mal beachtlich. Regie f�hrte bislang ausnahmslos Judith Kennel; auch das ist ungew�hnlich. Vor der Kamera gibt es ebenfalls eine gro�e Kontinuit�t: Neben Natalia W�rner in der zentralen Rolle der Flensburger Hauptkommissarin Jana Winter sind Martin Brambach und Ralph Herforth seit der ersten Episode dabei. Handwerklich bewegen sich die Filme ohnehin auf hohem Niveau; die Bildgestaltung ist regelm��ig ausgezeichnet. Au�erdem erz�hlen die wechselnden Autoren immer wieder Geschichten, die anfangs oft wie handels�bliche Krimis wirken, sich dann aber gern in eine unerwartete Richtung entwickeln. Das gilt auch f�r die 18. Episode, „F�r immer und ewig“, zumal sich Drehbuchautorin Elke R�ssler den Spa� erlaubt, die tiefere Bedeutung des Titels erst mit der letzten Szene zu offenbaren. Show
Der Fall beginnt, nat�rlich, mit einer Leiche, aber zuvor zeigt ein Prolog einen Mann und eine Frau beim stimmungsvollen Abendessen. Pl�tzlich rastet der Mann aus; die Frau l�uft weg und versteckt sich. Am n�chsten Morgen wird im Haus auf der anderen Stra�enseite die weitgehend unbekleidete Leiche einer offenbar mit einem roten Segelseil erdrosselten jungen Prostituierten entdeckt. Winters Kollegin Alwa (Lisa Werlinder) erinnert sich an einen 15 Jahre zur�ckliegenden �hnlichen Fall: gleiches Seil, gleiches Alter des Opfers, gleiche Handschrift. Der T�ter, Jan Littkovski (Karsten Antonio Mielke), wurde damals gefasst und verurteilt, er sitzt seine Haftstrafe ab, hat allerdings eine vorbildliche Sozialprognose und darf die JVA hin und wieder verlassen, um seine Verlobte Doreen Hahn (Bettina Stucky) zu besuchen. Frau Hahn wohnt dem Mordopfer direkt gegen�ber, zur Tatzeit war Littkovski bei ihr; die ganze Zeit, wie sie versichert. Das stimmt aber nicht ganz, wie sich bald herausstellt. Au�erdem ergibt die rechtsmedizinische Untersuchung, dass das Opfer keineswegs erdrosselt, sondern erst bet�ubt und dann erstickt worden ist; und pl�tzlich wird der vermeintlich klare Fall zu einem undurchschaubaren R�tsel. Der besondere Reiz des Films liegt gerade f�r Freunde der Reihe im Rollentausch: Die Ermittlungen werden gr��tenteils nicht von Teamchefin Winter, sondern vom Kollegen Hamm geleitet. Winter hat bei Doreen Hahn einen epileptischen Anfall ausgel�st und ist beurlaubt worden; W�rner bleibt zwar Hauptdarstellerin, teilt sich die erste Reihe aber mit Herforth. F�r Hamm besteht kein Zweifel daran, dass Hahn den Mord begangen hat, damit Littkovski im Gef�ngnis bleibt, wo er weiterhin auf ihre F�rsorge angewiesen w�re. Nat�rlich tauschen sich die Ermittler auch �ber diese seltsam anmutende Art von Beziehung aus. Das Ph�nomen war auch mal Thema einer Episode von „Ein starkes Team“; sie trug den despektierlichen Titel „Knastelse“. Diese Frauen f�hren eine innige Korrespondenz mit H�ftlingen, in die sie sich zum Teil auch verlieben. Hamm glaubt, dass Doreen Hahn das Gef�hl von Macht genie�t, aber damit w�re es nat�rlich vorbei, sobald ihr Verlobter seine Strafe verb��t hat. Trotzdem ahnt auch er, dass hier ein Zufall zuviel im Spiel ist.
F�r Elke R�ssler ist ein reiner Krimi wie „F�r immer und ewig“ eher ungew�hnlich. Die Autorin war unter anderem am Auftakt der „Kr�ger“-Reihe mit Horst Krause beteiligt („Kr�ger aus Almanya“, 2015) und steht f�r Filme, die in der Regel mindestens sehenswert sind; ihr vorerst letztes Projekt f�r die ZDF-Reihe „Katie Fforde“ („Du lebst nur einmal“) war sogar mehr als das. Ihr Drehbuch f�r einen „Polizeiruf“ des RBB („Das Beste f�r mein Kind“, 2017) war im Grunde ein Drama. Ihr Deb�t im Rahmen von „Unter anderen Umst�nden“ beeindruckt neben der Zeichnung der Figuren nicht zuletzt durch Details: Als Jana Winter zum Tatort kommt, bedeckt sie die sichtbare Brustwarze des Opfers. Was wie eine beil�ufige Geste wirkt, entpuppt sich im R�ckblick als erster Hinweis auf die L�sung des Falls. Die grimmige Schlusspointe schlie�lich verdeutlicht, dass Gef�ngnisse nicht immer Gitterst�be haben m�ssen. Au�erdem locken Buch und Regie versierte Krimifans schon fr�h und ziemlich clever auf eine falsche F�hrte. Nebenhandlungen sorgen daf�r, dass der famili�re Charakter der Reihe gewahrt bleibt: Winters Teenager-Sohn Leo, gespielt von W�rner-Sohn Jacob-Lee Seeliger, hat Mist gebaut und braucht Hilfe; auf diese Weise bekommt auch Martin Brambach als Winters Ex-Chef Brauner mehr zu tun als blo� typische Polizeiarbeit. Kaum wahrnehmbare Slapstickmomente im Hintergrund – Brauner l�sst sein Br�tchen fallen, Winter wird von Eseln verfolgt – sind kleine Belohnungen f�r Zuschauer, die genau hinschauen. Entscheidender f�r die Qualit�t der Inszenierung ist jedoch neben der wie stets bei Kinnel sorgf�ltigen Bildgestaltung (diesmal Nicolay Gutscher) die Arbeit mit den perfekt besetzten Schauspielern. Karsten Antonio Mielke ist genau der richtige Typ f�r die Rolle von Littkovski: einerseits charmant und sympathisch, andererseits auch glaubw�rdig als Mann, der gelegentliche Probleme mit seiner Impulskontrolle hat; dank Schnauzbart, Cowboystiefeln und G�nter-Netzer-Frisur wirkt er zudem ein bisschen aus der Zeit gefallen. Fast noch besser ist Bettina Stucky, deren K�rpersprache st�ndig widerspr�chliche Signale aussendet. Au�erdem hat sie eine F�higkeit, die nicht zu untersch�tzen ist: Sie kann sehr beredt schweigen.
|