Warum reagieren viele Hunde an der Leine aggressiver?

Im Leben eines Hundes können schlechte Erfahrungen Spuren hinterlassen. Wenn Ihr Hund beim Gassigehen einen Hund getroffen hat, der ihn verängstigt oder sogar verletzt hat, fungiert sein aggressives Verhalten wie eine Schutzschild: „Wer mir zu nahe kommt, der kriegt es zu spüren”. Auch Hunde aus dem Tierheim sind oft stark traumatisiert und reagieren auf Fremde reflexartig mit Aggressionen. 

Ihr eigenes Verhalten verunsichert Ihren Hund

Wenn Sie selber beim Gassigehen Angst davor haben, dass andere Hunde Ihren Hund angreifen können, lösen Sie durch Ihre Körpersprache und Ihr Verhalten ein ungutes Gefühl bei Ihrem Hund aus. Ihr Hund gleicht die Gefahr, die Sie in anderen Hunden sehen, durch aggressives Verhalten aus. 

Ihr Hund ist krank oder hat Schmerzen

Hunde kommunizieren anders als Menschen. Die Körpersprache und das Verhalten Ihres Hundes sind seine Kommunikationsmittel. Eine Veränderung seines Verhaltens kann ein Ausdruck von Schmerz bedeuten. Um sich vor Berührungen durch andere Artgenossen zu schützen, reagiert er nun aggressiv. Achten Sie zu Hause darauf, ob Ihr Hund bei Streicheleinheiten knurrt und auch Ihnen gegenüber aggressiv wird. Sie denken, Ihr Hund ist krank? Dann ist der Gang zum Tierarzt erforderlich. 

Mangelndes Sozialverhalten

Reflektieren Sie Ihre eigene Hundeerziehung, indem Sie sich das soziale Umfeld Ihres Hundes anschauen. Ist Ihr Hund oft alleine und hat kaum Hundefreunde? Dann ist Ihr Hund beim Gassigehen schlichtweg überfordert, wenn er fremden Hunden begegnet. Den eigenen Hund isoliert aufzuziehen und von sozialen Kontakten fernzuhalten, ist keine artgerechte Hundeerziehung. Ihr Hund lernt schließlich von Ihnen, welches Verhalten gegenüber Artgenossen richtig ist – wenn er keine Hunde trifft, kann er auch nichts lernen. 

Ihr Hund möchte die Kontrolle behalten

Aggression bei Hunden ist ein Mittel der Kommunikation und wird auch als “Mittel zur Distanzvergrößerung” bezeichnet (Feddersen-Petersen, Dorit (2004): Hundepsychologie - Sozialverhalten und Wesen, Emotionen und Individualität. Stuttgart: Kosmos Verlag.). Das heißt, ein Hund versucht räumliche Distanz zu schaffen, indem sein aggressives Verhalten sein Gegenüber zur Distanzierung auffordert. Doch gerade beim Gassigehen an der Leine ist es für den Hund nur eingeschränkt möglich dies zu äußern, was ihn noch aggressiver macht. Sein Wunsch nach Kontrolle wächst.

«Was sollen denn die Leute denken?», ereifert sich die Frau, deren Hund gerade senkrecht auf zwei Beinen wild bellend einen anderen Artgenossen anmacht. Sie hat Angst vor einer Anzeige, worin ihr Hund dann als «aggressiv» abgestempelt würde, dabei sei er doch so ein lieber und verträglicher Hund. Die Szene wirkt in der Tat etwas verstörend auf den ungeübten Betrachter. Ratschläge wie «Sie sollten mal eine Hundeschule besuchen» oder «Der braucht einen Maulkorb» sind einem in solchen Situationen sicher, helfen aber nicht. Der Mensch am Ende der Leine hat bereits genug zu kämpfen. Die Emotionen machen den Spagat zwischen Schamgefühl und Wut.

Erst Kumpel, dann Aggressor

Wie kommt es, dass der gerade noch freundliche «Kumpel-Typ» von gestern sich heute so in Szene wirft? Will er die Herrschaft übernehmen oder den anderen Hund verbeissen? Meist findet die Veränderung mit dem Heranwachsen statt. Hunde haben, wenn sie die Welpenzeit hinter sich lassen, je nach Grösse bereits beeindruckende Kraft an der Leine. Für den Halter bedeutet dies meistens, dass er durch eigenen und fremden Druck genötigt wird zu zeigen, dass er den Hund «im Griff» hat. Für den Hund bedeutet das Zurückgehalten- und Zurechtgewiesenwerden reine Frustration. Gerade durfte er noch mit anderen Hunden spielen oder Kontakt aufnehmen, nun sind Kontakte mit Artgenossen nur noch aus der Ferne praktizierbar. Aus Frustration kann leicht Aggression entstehen und zwar dann, wenn man das Verhalten des Hundes mit Druck und Strafe unterbinden will.

So wird dann mit verschiedenen Methoden geübt, dass der Hund dicht am Bein laufen soll, nur Sichtkontakt zum Menschen erlaubt ist, ein scharfes «Nein» gezischt oder bei Bedarf am speziellen Halsband kräftig geruckt wird. All diese Massnahmen führen zu Fehlverknüpfungen. Dieser entgegenkommende Artgenosse erhält somit den Status «gefährlich», weil Unwohlsein bis Schmerzempfinden bei seinem Anblick verknüpft wird. Er ist also zum Auslöser für aggressives Verhalten geworden. Zwingt man Hunde, nahe am Bein zu laufen, unterschreiten sie ihre eigene Individualdistanz und ebenfalls jene des Menschen. Die meisten Hunde sind aus eigenem Antrieb heraus dazu nicht bereit, weil es nicht ihrer Natur entspricht. Respektvoller Umgang erfordert, dass die Individualdistanz eingehalten wird, bei Hunden wie bei Menschen.

Hunde sind grundsätzlich daran interessiert, mit anderen Artgenossen keinen Streit anzufangen. Deshalb signalisieren sie meistens freundliche Absichten, wenn sie sich einander frei nähern. Dies kann sich durch Bogen laufen, wegsehen, Kopf abwenden, schnüffeln, markieren, hinsetzen oder auch hinlegen und durch weitere Signale äussern. Sind Hunde durch die kurze Leine eingeschränkt, können sie viele dieser Signale nicht mehr zeigen, d.h. die arteigene Kommunikation wird ihnen verunmöglicht.

Gerade Junghunde sind neugierig und möchten wissen, wie der andere riecht, wie eigene Signale beim anderen ankommen und sie sind auch bereit, den anderen herauszufordern, um sich selber besser einzuschätzen. Zeigt sich ein Junghund dann zum ersten Mal von einer ungewohnten Seite, knurrt, macht sich steif und rempelt sein Gegenüber an, wird sofort vom «aggressiven Hund» gesprochen. Der Halter ist verunsichert und von jetzt an sehr vorsichtig bei Begegnungen. Er fängt an, auszuweichen, den Hund «härter» ranzunehmen, mehrere Hundeschulen zu besuchen, Hilfsmittel einzusetzen. Die Angst vor einer Anzeige steigt. Bereits beim Sichten eines fremden Hundes schlägt sich diese Emotion im Stresshormon- Cocktail des Menschen nieder, den der eigene Hund sehr gut riechen und einschätzen kann und daher noch früher mit Abwehr reagiert. Viele Komponenten kommen zusammen, die eine Leinenaggression heranerziehen. Immer ausschlaggebend ist: die Verknüpfung und die daraus resultierende Emotion beim Individuum. Es gibt durchaus Hunde, die bei Begegnungen an der Leine stark zurückgeruckt werden, aber trotz allem immer noch freundlich an der Leine Kontakt machen, wenn man sie lässt. Diese Hunde sind jedoch die Ausnahme, betreffende Halter haben Glück, wissen es aber meistens nicht.

Wird ein junger Hund stets an der Leine daran gehindert, Kontakt aufzunehmen, werden für ihn andere Hunde zum Auslöser von Frust, welcher sich lautstark äussern kann, sozusagen in Bild und Ton: der sich aufbäumende, bellende grosse Hund, der unkontrolliert und bedrohlich auf Mensch und Artgenossen wirken kann. Haben Hunde an der Leine die Erfahrung gemacht, dass sie ungeschützt angegriffen werden, wird die Emotion Angst bedient. Hier wird das Ganze dann fast traumatisch, weil der Halter die Gefahr nicht abwehrt und der Hund nicht flüchten kann. Solche oft hysterischen Hunde werden dann mit Spezialprogrammen konfrontiert, welche ihnen aber weder Sicherheit noch Unversehrtheit bieten.

Was tun?

Um Fehlverknüpfungen vorzubeugen ist die passende, schmerzfreie Ausrüstung elementar. Hunde sollten am richtig sitzenden Brustgeschirr an einer 3-Meter-Leine (ohne Auszug) geführt werden. Sinnvolles Leinenlauf-Training ist wichtig, damit der Mensch zuerst lernt, wie was von der Leine auf den Hund übertragen wird.

Alter, Rasse, Herkunft, Ängstlichkeit, Gesundheitszustand und Erfahrung spielen eine grosse Rolle. Es gibt kein Schema F, wodurch Hunde von Aggressionen befreit werden können. Das Training muss auf die Individualität von Mensch und Hund angepasst werden. Unerwünschte Verhaltensweisen einfach zu verbieten oder zu bestrafen, ist nicht zielführend. Hunde brauchen in einer verzwickten Situation die Möglichkeit, etwas anderes zu tun. Welches die richtige Alternative ist, zeigt der betreffende Hund durch seine Individualität selber. Aggressionsverhalten basiert immer auf Emotionen. Man muss also die Emotionen verändern, was bedingt, dass der Mensch mental souverän führen, schützen und die Umwelt für den Hund angenehm angepasst handeln kann.

Neuer Fokus

Die Dame mit dem «Senkrecht-Starter» konnte durch gezieltes Training die Frustration ihres sonst freundlichen Hundes in alternative Verhaltensweisen umlenken. So wurde aus aufbäumender Wut eine angepasste, friedliche Kommunikation.

Wie bekommt man Leinenaggression weg?

Diese 7 Tipps können Ihnen dabei helfen:.
Ursache für Leinenaggression abklären. ... .
Kommandos lenken von der Situation an. ... .
Anderen Hunden freundlich begegnen. ... .
Selber locker bleiben. ... .
Wichtigere Aufgaben schaffen. ... .
Ernsten Problemen aus dem Weg gehen. ... .
Unterstützung beim Verhaltens-Trainer anfragen..

Was mache ich wenn mein Hund aggressiv auf andere Hunde reagiert?

Verschwindet das aggressive Verhalten Ihres Hundes nicht von selbst, müssen Sie aktiv versuchen, den Auslöser zu finden und das Problem zu beheben. Meist ist die Hilfe von Experten nicht zu vermeiden. Informieren Sie sich über Angebote in Hundeschulen, über Hundetraining oder sogar über Hundepsychologen.

Warum flippt mein Hund aus wenn er andere Hunde sieht?

Grund: Der Hund übernimmt deine Unsicherheit Er spürt, dass du die Situation nicht im Griff hast, das macht ihn nervös. Das Gebell ist dann sein Ausdruck, um dir zu sagen, dass etwas nicht stimmt.

Welche Hunderassen neigen zu Aggression?

Am häufigsten werden folgende Hunderassen als aggressiv eingestuft:.
American Staffordshire Terrier..
Pitbull Terrier..
Bullterrier..
Bullmastiff..
Staffordshire Bullterrier..
Cane Corso..
Dogo Argentino..
Bordeaux Dogge..