Muss man bei kurzarbeit eine steuererklärung machen

Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung bei Kurzarbeit

Momentan beziehen durch die Auswirkungen des Coronavirus mehr Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld als jemals zuvor in der fast 110-jährigen Geschichten der Kurzarbeit in Deutschland. Die letzte Schätzung hat ergeben, dass über 12 Millionen Menschen im Jahr 2020 Kurzarbeitergeld beziehen. Nach aktuellen Zahlen haben mehr als 50 Prozent der Betriebe in Deutschland Kurzarbeit beantragt. Doch was für Auswirkungen hat das Kurzarbeitergeld auf die persönliche Steuererklärung für Arbeitnehmer?

Das Wichtigste zuerst: Alle Arbeitnehmer, die in diesem Jahr Kurzarbeitergeld erhalten haben, sind verpflichtet im Folgejahr für das vorherige Jahr eine Steuererklärung abzugeben. So müssen beispielsweise alle Arbeitnehmer, die im Jahr 2020 Kurzarbeitergeld erhalten haben, 2021 eine Steuererklärung abgeben. Dies sieht § 46 des Einkommenssteuergesetzes vor. Es besagt, dass alle Steuerzahler, die im vorherigen Jahr mehr als 410 Euro aus der Arbeitslosenversicherung erhalten haben, zur Abgabe ihrer Steuererklärung verpflichtet sind. Da das Kurzarbeitergeld aus Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung finanziert wird, fallen alle Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld im Vorjahr bezogen haben, unter diese Regelung. Da man aus der Politik immer wieder hört, dass das Kurzarbeitergeld steuerfrei sei, stellt sich intuitiv die Frage, was genau der Sinn dieser Regelung ist.

Kurzarbeitergeld ist zwar steuerfrei, aber…

Die gute Nachricht zuerst: Da Kurzarbeitergeld aus Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung getragen wird, ist es rechtlich gesehen tatsächlich steuerfrei. Die schlechte Nachricht ist, dass es trotzdem dem sogenannten Progressionsvorbehalt unterliegt. Das heißt konkret, dass das Kurzarbeitergeld trotz Steuerfreiheit zum zu versteuernden Einkommen hinzuaddiert wird und so gegebenenfalls den allgemeinen Steuersatz erhöhen kann.

Das ist auch der Grund, weshalb das Kurzarbeitergeld in der Steuererklärung angegeben werden muss. Im ungünstigsten Fall kann dadurch sogar eine Steuernachzahlung an das Finanzamt fällig werden. Diese wäre insbesondere unmittelbar nach dem Jahr 2020, in dem so viele Arbeitnehmer durch das Coronavirus Lohneinbußen hinnehmen mussten, finanziell besonders schmerzhaft. Es gibt jedoch unter anderem die folgenden zwei Möglichkeiten dem entgegenzusteuern.

Was können Betroffene tun?

Zum einen gewähren manche Arbeitgeber während der Corona-Krise ihren Arbeitnehmern Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld. Diese sind zwar wie normaler Arbeitslohn zu versteuern, ermöglichen Arbeitnehmern aber gewisse finanzielle Freiräume. Wenn die Summe des erhaltenen Kurzarbeitergeldes und dem Zuschuss unter 80 Prozent des Lohnausfalls liegt, dann müssen keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlt werden.

Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, im Jahr 2021 auf eine gemeinsame steuerliche Veranlagung mit dem Lebenspartner zu verzichten. So kann in Einzelfällen der Effekt des Progressionsvorbehaltes, der durch den Bezug des Kurzarbeitergeldes entsteht, abgeflacht werden, wenn beide Familienmitglieder wie Singles veranlagt werden.

Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld erhalten haben, sind im Folgejahr zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet. Durch den Progressionsvorbehalt kann der Steuersatz höher sein als erwartet und eine Nachzahlung beim Finanzamt bewirken. Das kann Arbeitnehmer hart und unerwartet treffen. Deshalb ist es dringend notwendig, sich frühzeitig mit dem Thema Steuererklärung 2020 auseinanderzusetzen, die im Jahr 2021 ansteht, um sich bei Bedarf externen Rat einzuholen.

In diesem Jahr dürften viele Menschen verpflichtet sein, die Steuererklärung 2020 abzugeben: Wer in Kurzarbeit war und mehr als 410 Euro Kurzarbeitergeld erhalten hat, muss eine Steuererklärung machen. “Ob die Person zu 10, 50 oder zu 100 Prozent in Kurzarbeit war, spielt keine Rolle”, sagt Juliane Kutzke, Steuerexpertin bei der App “Taxfix”. Im vergangenen Jahr waren rund acht Millionen Menschen in Deutschland in Kurzarbeit. “Der Großteil davon ist nun verpflichtet, für 2020 eine Steuererklärung abzugeben.”

Auch in anderen Fällen kann eine Steuererklärung verpflichtend sein: Etwa dann, wenn man für mehrere Arbeitgeber tätig oder selbstständig ist, verheiratet ist und unterschiedliche Steuerklassen gewählt hat oder andere Lohnersatzleistungen in Höhe von mehr als 410 Euro bekommen hat, beispielsweise Krankengeld. “Für die meisten Menschen lohnt es sich, eine Steuererklärung zu machen, auch wenn sie nicht dazu verpflichtet sein sollten”, sagt die Expertin. “Unsere Erfahrung ist, dass sich neun von zehn Festangestellten über eine Rückzahlung freuen können.” (Lesen Sie auch: Gehaltserhöhung: 5 psychologische Tricks mit denen Sie einfach mehr Geld bekommen) 

An alle relevanten Kosten denken – wie etwa die Homeoffice-Pauschale

In diesem Jahr ist die Abgabefrist für die Steuererklärung verlängert worden: Sie endet am 31. Oktober 2021, die Steuererklärung muss also am 1. November beim Finanzamt vorliegen, in einigen Bundesländern durch den Feiertag sogar erst am 2. November. Wer die Hilfe eines Steuerberaters oder eines Lohnsteuerhilfevereins nutzt, hat sogar Zeit bis zum 31. Mai 2022.

Wenn jemand Kurzarbeitergeld erhalten hat, droht nun möglicherweise eine Nachzahlung – dazu später mehr. “Diese kann man geschickt reduzieren”, sagt Kutzke. Dafür ist es wichtig, alle relevanten Kosten zu erfassen. “Wer beispielsweise im vergangenen Jahr von zu Hause gearbeitet hat, kann die Steuerlast dank der sogenannten Homeoffice-Pauschale reduzieren.” Für jeden Tag im Homeoffice kann man fünf Euro ansetzen. Dadurch sinkt das Einkommen, für das man Steuern zahlen muss. (Auch interessant: Die bestbezahlten CEOs weltweit im Jahr 2021- Jeff Bezos und Elon Musk sind nicht dabei)

Kurzarbeitergeld kann den Steuersatz erhöhen

“Inwieweit sich die Kurzarbeit darauf auswirkt, ob jemand Steuern nachzahlen muss oder womöglich sogar Geld zurückbekommt, hängt stark vom Einzelfall ab”, sagt die Expertin. Kurzarbeit ist eine Lohnersatzleistung. Nun wird es etwas fachlich: Sie unterliegt dem sogenannten Progressionsvorbehalt

Grundsätzlich werden alle Einkünfte besteuert – ist man Arbeitnehmer, zahlt man Lohnsteuer, die der Arbeitgeber in der Regel monatlich direkt vom Bruttogehalt an das Finanzamt abführt. Wer mehr verdient, zahlt auch eine höhere Lohnsteuer, da der Steuersatz mit dem Gehalt ansteigt. Manche Einnahme sind allerdings nicht steuerpflichtig, können aber trotzdem den Steuersatz erhöhen. Das liegt eben daran, dass höhere Einkommen höher besteuert werden – was als Progressionsvorbehalt bezeichnet wird. Zu diesen Leistungen zählt auch das Kurzarbeitergeld. (Auch lesenswert: Jeff Bezos: 3 Fragen, die sich Führungskräfte zu jedem Bewerber stellen müssen)

Wer mehr verdient, muss auch mehr zahlen

Kutzke gibt dazu ein Beispiel: „Wenn man eine Zeit lang zu 50 Prozent in Kurzarbeit war, hat man 50 Prozent des regulären Gehalts vom Arbeitgeber bekommen, das Kurzarbeitergeld hat der Arbeitgeber vom Staat erstattet bekommen. Auf die 50 Prozent Gehalt muss man Lohnsteuer bezahlen. Wir gehen einmal davon aus, dass der Lohnsteuersatz zehn Prozent beträgt. Der Arbeitgeber zahlt also diese zehn Prozent des halben Gehalts an das Finanzamt voraus.

 Nun sieht das Finanzamt am Ende des Jahres, dass man nicht nur das halbe Gehalt bekommen hat, sondern auch das Kurzarbeitergeld. Wer mehr verdient, muss mehr zahlen, deshalb hebt das Amt den Steuersatz auf zwölf Prozent an. Nun hat der Arbeitgeber aber immer nur 10 Prozent des halben Gehalts an das Amt vorausbezahlt. Es fehlt also Geld und man muss womöglich etwas nachzahlen. Man bezahlt zwar keine Steuern auf das Kurzarbeitergeld, aber dafür mehr Steuern auf das Gehalt.“ (Lesen Sie auch: Aufschieberitis: Warum uns Prokrastination kreativer macht)

Ob man nun tatsächlich Steuern nachzahlen muss oder mit einer Erstattung rechnen kann, ist individuell: “Wenn man zum Beispiel nur eine kurze Zeit lang in Kurzarbeit war, kann es sein, dass sich der Steuersatz nicht oder nur so wenig erhöht, dass es keinen Unterschied macht”, sagt die Expertin.

Steuerklärung 2020: 1.500 Euro Corona-Bonus sind steuerfrei

Eine Besonderheit für die Steuererklärung 2020 ist außerdem der sogenannte Corona-Bonus. “Um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Arbeitnehmer abzumildern, hat die Bundesregierung Steuerbefreiungen für bestimmte Sonderzahlungen beschlossen”, sagt Kutzke. Wenn jemand im Zeitraum vom 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2020 Sonderzahlungen bekommen hat, die im direkten Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen, dann sind diese bis zu einem Betrag von 1.500 Euro steuerfrei. Diese Steuerbefreiung berücksichtigt der Arbeitgeber in der Regel bereits bei der Gehaltsabrechnung. “Man muss sie also in der Steuererklärung nicht zusätzlich beantragen.” (Auch interessant: Pause machen im Homeoffice: Mit diesen 8 Tipps werden die Auszeiten wirklich erholsam)

Achtung: Diese Steuerfreiheit gilt nur für Corona-Zahlungen. “Bei Sonderzahlungen, die nichts mit der Corona-Krise zu tun haben, ändert sich nichts”, sagt Kutzke. Dazu zählen zum Beispiel Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld oder Prämien. “Sie gehören weiterhin zum Bruttoverdienst und wurden normal besteuert.”

Steuererklärung digital oder auf Papier einreichen

Wie reicht man eigentlich die Steuererklärung ein? Dafür gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. “Man kann die Steuererklärung analog oder digital abgeben”, erklärt die Expertin. Gibt man die Arbeit in die Hände eines Steuerberaters und erteilt ihm eine entsprechende Vollmacht, übermittelt er die Steuererklärung selbst ans Finanzamt. (Auch lesenswert: Jeff Bezos' neueste Anschaffung erfüllt den Traum eines jeden Kindes)

Wer seine Steuererklärung selbst – und auf Papier – einreichen möchte, kann sich die entsprechenden Formulare entweder im Finanzamt abholen oder online auf der Webseite des Bundesministeriums für Finanzen herunterladen oder ausdrucken. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Steuerklärung über das E-Portal Elster einzureichen. “In dem Fall füllt man die Formulare direkt online aus und reicht sie online bei seinem Finanzamt ein”, sagt die Expertin. 

Außerdem gibt es noch die Option, die Steuererklärung mit Hilfe von Software auszufüllen, also mit PC-Software oder mit Apps wie Taxfix, bei denen man durch die Formulare geführt wird. Viele Programme bieten auch die Möglichkeit, die Steuererklärung direkt über die Anwendung einzureichen. (Lesen Sie auch: Job in Gefahr: Diese 7 Anzeichen verraten, dass die Kündigung droht)

Warum muss ich bei Kurzarbeit Steuern nachzahlen?

Kurzarbeitergeld ist zwar steuerfrei, aber durch den Progressionsvorbehalt, erhöht es den Steuersatz auf Ihr steuerpflichtiges Einkommen, zum Beispiel Ihr Gehalt. Deshalb kommt es bei Kurzarbeitergeld-Empfängern am Jahresende meist zu einer Steuernachzahlung statt zu einer Erstattung.

Wie hoch ist die steuernachzahlung bei Kurzarbeit?

Mit dem Kurzarbeitergeld ergibt sich für 2020 eine festzusetzende Einkommensteuer von 2.136 Euro. Da durch den Lohnsteuerabzug lediglich rund 1.835 Euro getilgt wurden, ergibt sich hier eine Steuernachzahlung in Höhe von 301 Euro.

Werde ich benachrichtigt wenn ich eine Steuererklärung machen muss?

Generell gilt: Jeder Steuerbürger muss sich selbst darüber informieren, ob er eine Einkommensteuererklärung abgeben muss! Das Finanzamt schreibt also nicht automatisch alle Pflichtveranlagten an und fordert sie zur Abgabe der Steuererklärung auf. Wer einen Lohnsteuerfreibetrag hat, ist abgabepflichtig.

Wie viel muss man von Kurzarbeitergeld zurückzahlen?

Achtung: Es ist nicht pauschal so, dass Sie bei 100 Prozent Kurzarbeitergeld Geld zurückbekommen und bei 50 Prozent nachzahlen. Das hängt zum Beispiel auch davon ab, wie viel Werbungskosten Sie geltend machen können und in welcher Steuerklasse Sie sind. Lesen Sie hier, was Sie alles von der Steuer absetzen können.