Wer ist der bundesrat

Der deutsche Bundesrat ist in der politischen Landschaft international einzigartig. Es gibt zwar eine Reihe von Ländern, deren Gliedstaaten in speziellen Kammern an der Politikgestaltung des Gesamtstaates beteiligt werden. Aus historischen Gründen folgt der Bundesrat, durch den die Länder „bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes und in Angelegenheiten der Europäischen Union“ mitwirken (Artikel 50 des Grundgesetzes) jedoch eigenen Regeln. So gab es bei den Beratungen des Grundgesetzes im Parlamentarischen Rat heftige Kontroversen, wie das neue Staatsorgan zur Beteiligung der Länder konzipiert sein sollte. 
Zwei Modelle wurden von den Müttern und Vätern des Grundgesetzes diskutiert. Zur Debatte stand zum einen das sogenannte Senatsmodell, nach dem die Bevölkerung in den Gliedstaaten ihre Vertreter direkt wählt. Die andere Option war die Entsendung von Repräsentanten durch die jeweiligen Landesregierungen. Umstritten war im Parlamentarischen Rat ferner, wie weit die Kompetenzen des Bundesrates reichen sollten. Die eine Seite pochte auf Gleichberechtigung mit dem Bundestag, die andere Seite hielt ein Vetorecht, das der Bundestag überstimmen konnte, für angemessener. 

Auseinandersetzungen in der Bildungspolitik

Nach heftigen Debatten einigte man sich auf eine Kompromisslösung, die das tradierte Bundesratsmodell des deutschen Kaiserreiches (1871-1918) und der Weimarer Republik (1918-1933) zu modernisieren suchte. Demnach besteht der Bundesrat „aus den Mitgliedern der Regierungen der Länder, die sie bestellen und abberufen“ (Art. 51 Abs. 1 Satz 1). Die Stimmenzahl der Länder im Bundesrat ist nach der Einwohnerzahl abgestuft, jedoch nicht proportional, vielmehr werden die Unterschiede zu einem gewissen Grad ausgeglichen. Jedes Land hat mindestens drei und maximal sechs Stimmen (Art. 51 Abs. 2), darf aber nur einheitlich votieren (Art. 51 Abs. 3 S. 2).
Gemeinsam sollen die Vertreter der Bundesländer sicherstellen, dass der Bund nicht eigenmächtig Befugnisse der Länder beschneidet oder ihnen neue Lasten aufbürdet. Vor allem in der Bildungspolitik, einem Kerngebiet der Länderzuständigkeit, gab es in jüngerer Zeit langwierige Auseinandersetzungen. Die Bundesregierung lockte mit Milliardenhilfen zur Digitalisierung der Schulen. Mehrere Ministerpräsidenten, die eine übermäßige Einmischung  des Bundes befürchteten, wehrten sich jedoch gegen die Grundgesetzänderungen, mit denen der Bundestag bereits den Weg für den sogenannten Digitalpakt geebnet hatte. 

Korrektiv zu Bundestag und Bundesregierung

Die Rolle des Bundesrates ist jedoch nicht darauf beschränkt, die Interessen der Länder zu wahren. Es sollen auch Sachverstand und Verwaltungserfahrung aus den Länderbürokratien eingebracht werden, die für den Vollzug der Bundesgesetze in den Ländern benötigt werden. Der Bundesrat soll außerdem kritisch-konstruktives Korrektiv zum Bundestag und zur Bundesregierung sein. Deshalb hat auch der Bundesrat – anders als der Reichsrat der Weimarer Republik – ein Initiativrecht für Bundesgesetze (Art. 76 Abs. 1).

In der Praxis werden Gesetzentwürfe jedoch überwiegend von der Bundesregierung gefolgt vom Bundestag eingebracht. Umso heftiger war die Debatte, als die damaligen Oppositionsparteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke ihre Mehrheit im Bundesrat 2013 für Gesetzesinitiativen nutzten, die bei der damaligen Bundesregierung von CDU/CSU und FDP auf erheblichen Widerstand stießen, etwa ein Vorstoß zur Einführung des gesetzlichen Mindestlohns. „Der Bundesrat ist keine Gegenregierung“, kritisierte die damalige Ministerpräsidentin von Thüringen, Christine Lieberknecht (CDU), das Vorhaben. 

Einspruchs- und Zustimmungsgesetze

Die Mitwirkung des Bundesrates am Gesetzgebungsverfahren ist abgestuft, je nachdem, wie stark die Belange der Länder berührt sind. Bei den sogenannten Einspruchsgesetzen ist eine Zustimmung des Bundesrates nicht erforderlich, damit das Gesetz zustande kommt. Der Bundesrat hat die Möglichkeit dagegen zu votieren. Der Bundestag kann sich jedoch seinerseits mit einfacher beziehungsweise mit Zweidrittelmehrheit, je nachdem wie der Bundesrat zuvor abgestimmt hatte, über das negative Votum hinwegsetzen.

Bei den sogenannten Zustimmungsgesetzen hingegen, scheitert das Gesetzesvorhaben, sofern der Bundesrat nicht zustimmt. Welche Gesetze nur mit Billigung des Bundesrates verabschiedet werden können, ist im Grundgesetz festgelegt. Im Wesentlichen sind dies Gesetze, die die Finanzen (Art. 105 Abs. 3), die Verwaltungsstruktur der Länder (z.B. Art. 84 Abs. 1) oder Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern (Art. 91a) betreffen, die eine Mitwirkungsmöglichkeit des Bundes in bestimmten Länderangelegenheiten ermöglichen. 

Parteienwettbewerb im Bundesstaat

Streit gibt es immer wieder, wenn zumindest der Eindruck entsteht, der Bundesrat nutze seine Mitwirkung an der Gesetzgebung zu parteipolitischen Zwecken. Im Parlamentarischen Rat hatte die Erwartung geherrscht, der Bundesrat werde „Widerlager zur Parteipolitik“ sein. Was passieren wird, wenn es in Bundestag und Bundesrat zu gegenläufigen politischen Mehrheiten kommt, hatte die Verfassunggebende Versammlung nicht problematisiert. „Ich sehe den Bundesrat ... als ein wichtiges Instrument der Opposition“, verkündete der ehemalige CDU-Vorsitzende Kurt Georg Kiesinger nach der Bildung der sozialliberalen Regierung von Bundeskanzler Willy Brandt 1969.

Seitdem haben die jeweiligen Regierungsparteien den jeweiligen Oppositionsparteien immer wieder vorgeworfen, den Bundesrat als „Blockadeinstrument“ und „Neinsagemaschine“ zu missbrauchen. Mitte der neunziger Jahre war es die Regierung Kohl, die beklagte, dass unter anderem ihre Pläne einer umfassenden Steuerreform am  Widerstand des SPD-dominierten Bundesrates scheiterten. Zwischen 1998 und 2005 kamen die Vorwürfe aus der Regierung Schröder, da Reformprojekte der rot-grünen Koalition, etwa das geplante Zuwanderungsgesetz oder das Antidiskriminierungsgesetz, von den unionsgeführten Ländern im Bundesrat zu Fall gebracht oder auf ein Minimum zurückgestutzt wurden.

„Nicht auf Länderinteressen beschränkt“

Verfassungsjuristen wie der Staatsrechtslehrer Christoph Degenhart von der Universität Leipzig sagen zu den parteipolitischen Aktivitäten im Bundesrat, dass Grundgesetzartikel 21 die Rolle der Parteien bei der politischen Willensbildung anerkenne und den Bundesrat davon nicht ausnehme. Auch sei  der Bundesrat nicht darauf beschränkt, Länderinteressen zu verfolgen. „Seine Zustimmung verweigern darf er auch aus allgemeinpolitischen Gründen“, vertritt der Speyerer Staatsrechtlehrer Joachim Wieland. Trotzdem gab es immer wieder Rufe aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, den Bundesrat grundlegend zu reformieren, um Blockaden im föderalen Bundesstaat aufzubrechen.

Der grundgesetzliche Bau- und Funktionsplan des Bundesrates wurde jedoch durch die Föderalismusreformen nicht angetastet. Schaut man sich die Statistiken an, relativiert sich manches. So bleibt der Anteil der Gesetze, die am Bundesrat endgültig scheiterten, mit einem Vetoanteil von weniger als 2,5 Prozent trotz einiger Ausschläge, vor allem in der letzten Amtszeit von Kanzler Helmut Kohl, überschaubar. In der 18. Wahlperiode (2013 bis 2017) versagte der Bundesrat nur zwei Gesetzen – dem zur Einstufung nordafrikanischer Staaten als sichere Herkunftsstaaten von Flüchtlingen und dem zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes – seine Zustimmung.

Erhöhtes Konfliktpotenzial

Doch hat sich das politische Konfliktpotenzial  zwischen Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung aufgrund der deutlich veränderten Parteienlandschaft erhöht.  Aus dem früheren Dreiparteiensystem – bestehend aus CDU/CSU, SPD und FDP – ist durch das Hinzukommen von Bündnis 90/Die Grünen, der Linken und zuletzt der Alternative für Deutschland (AfD) ein Parteisystem mit  vielfältigen Koalitionsvarianten und -optionen geworden.

Das erschwert die Konsensbildung im Gesetzgebungsprozess. Was daraus folgt, ob mehr Blockaden oder Formationen neuer und wechselnder politischer Mehrheiten, lässt sich noch nicht absehen. Zwischen diesen neuen, unübersichtlichen Frontverläufen konstruktiv Politik zu betreiben, dürfte nach Einschätzung vieler Fachleute die größte Herausforderung für den Bundesrat sein. (gel/01.05.2019)

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

Artikel

Kapitel

Präambel

1 - 19

Die Grundrechte

20 - 37

Der Bund und die Länder

38 - 49

Der Bundestag

50 - 53

Der Bundesrat

53a

Gemeinsamer Ausschuss

54 - 61

Der Bundespräsident

62 - 69

Die Bundesregierung

70 - 82

Die Gesetzgebung des Bundes

83 - 91

Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung

91a - e

Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit

92 - 104

Die Rechtsprechung

104a - 115

Das Finanzwesen

115a - l

Verteidigungsfall

116 - 146

Übergangs- und Schlussbestimmungen

Wer ist momentan im Bundesrat?

Liste der Mitglieder des Bundesrates (Deutschland).

Wer sind die 7 Bundesräte?

Aktuelle Mitglieder.
Ueli Maurer SVP. Bundesrat. Zürich. Eidgenössisches Finanzdepartement EFD..
Simonetta Sommaruga SP. Bundesrätin. Bern. Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK..
Alain Berset SP. Vizepräsident 2022. Freiburg. ... .
Guy Parmelin SVP. Bundesrat. Waadt..

Was ist die Aufgabe des Bundesrates?

Die wichtigste Aufgabe des Bundesrats ist das Regieren. Er schlägt Gesetze vor, beurteilt laufend die politische Lage, legt die Ziele und Mittel des staatlichen Handelns fest, leitet die Umsetzung der Aufgaben und vertritt den Bund nach innen und aussen.

Was ist der Bundesrat in der Schweiz?

Der Bundesrat lenkt die Schweiz, leitet die Verwaltung, schlägt Gesetze vor und vollzieht sie. Er trifft sich wöchentlich und informiert über Entscheide.