Irgendwann wird der Tag kommen, an dem Ihr fast erwachsenes Kind aus dem gemeinsamen Heim ausziehen wird. Manche Eltern und pubertierendes Kinder erleben dieses Ereignis des Loslassens als heftigen und oft schmerzhaften Einschnitt in ihr Leben. Show
Wenn Heranwachsende das Elternhaus verlassenHeranwachsende haben vielfältige Motive, aus dem Familienhaushalt auszuziehen. Man will auf eigenen Füßen stehen, Eigenständigkeit demonstrieren, Freiheiten ausprobieren. Man möchte mit dem Freund oder der Freundin zusammen sein, man will der elterlichen Kontrolle entfliehen und Selbstständigkeit ausdrücken. Man will den ständigen Reibereien, die sich an Nichtigkeiten entzünden, aus dem Weg gehen. Viele Pubertierende spüren instinktiv, dass die heftigen Konflikte die Beziehungen zu den Eltern sonst nachhaltig berühren, sogar beschädigen können.
Ablösung bedeutet Umgestaltung der Eltern-Kind-BeziehungIn den Aussagen der drei jungen Erwachsenen wird aber noch ein weiterer Gesichtspunkt deutlich, der häufig unterschätzt wird: Ablösung meint nicht Auflösung der Eltern-Kind-Beziehung. Ablösung bedeutet vielmehr eine Umgestaltung dieser Beziehung. Man geht anders aufeinander zu, stellt eine neue Verbundenheit her. Sich voneinander zu lösen und sich gleichzeitig verbunden zu fühlen, sind zwei Dinge, die zusammengehören. Schärfer formuliert: Eine Ablösung gelingt Heranwachsenden in der Pubertät ausschließlich vor dem Hintergrund einer gefühlsmäßig stabilen Bindung zu den Eltern. Je fester also, je vertrauter die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Kind ist, umso leichter wird es beiden Seiten fallen, die „Zügel“ zu lockern und einander loszulassen, damit eine neue Beziehung gestaltet werden kann. Loslassen beginnt lange vor dem Auszug der KinderEin Vater und eine Mutter beschreiben rückwirkend, wie Sie den Auszug ihrer beiden Töchter erlebt haben: „Für mich war ihr Auszug doch so etwas wie eine Befreiung. Da fiel auch Verantwortung von mir ab. Die eine hatte eine gute Ausbildung, die andere studierte. Das machte mich auch ein wenig stolz. Jetzt wollte ich mal etwas ganz anderes machen. Nicht nur Mutter sein, nicht mehr nur Verantwortung tragen. Wir haben“, sie weist auf ihren Mann, der neben ihr sitzt, „darüber geredet. Und ich denke, wir haben einen Weg gefunden. Ich arbeite jetzt wieder halbtags als Sekretärin!“ Ihr Mann: „Mir ist es schon schwergefallen. Vor allem bei der letzten Tochter. Das war irgendwie so ein Ende. Da ist etwas gestorben. Und ich hab viel darüber nachgedacht, was ich alles mit den Töchtern versäumt habe. Ich war stark im Beruf engagiert, hab mich aus der Kindererziehung rausgehalten. Dann sind die Kinder mit einem Mal groß und nicht mehr da. Da kommen einem Schuldgefühle! Ich wollte mit einem Mal Versäumtes nachholen. Und habe gemerkt, das geht nicht!“ Beide Eltern beschreiben ihre Gefühle und Gedanken nach dem Auszug Ihrer Töchter. Dabei wird deutlich, dass Vater und Mutter nun wieder auf sich selbst „zurückgeworfen“ sind. Der Vater ist auf diese Situation jedoch nicht vorbereitet gewesen. Die Mutter hingegen war auf diesen Schritt Ihrer Kinder vorbereitet. Väter tun sich schwerer mit dem Loslassen der KinderWie im Beispiel fällt es vielen Vätern oft schwerer, sich von ihren erwachsen werdenden Kindern zu lösen, als Müttern. Väter sehen den Auszug häufig negativer und reagieren beunruhigter. Sie empfinden die Trennung als einen Verlust, der sie sehr plötzlich zu treffen scheint. Die väterlichen Probleme weisen auf eine Vielzahl bedenkenswerter Aspekte des Loslassens hin:
Mein Rat an die Väter: Leben Sie Ihre Partnerschaft!Je lebendiger und fester Sie Ihre Partnerbeziehung gestalten und erleben, desto positiver und einfacher werden Sie auch den Auszug Ihrer heranwachsenden Kinder „ertragen“. Indem die Elternrolle zurücktritt, tun sich Freiräume auf, die Sie nun gemeinsam mit Ihrer Partnerin ausfüllen können. Und aus der Sicht Ihres pubertierenden Kindes gilt: Je mehr es spürt, wie sich seine Eltern auf ihre Partnerschaft zurückbesinnen, umso leichter fällt ihm der eigene Ablösungsprozess. Den Prozess des Loslassens planen: Nehmen Sie sich rechtzeitig Zeit für Ihr Kind!Dabei spielt weniger die Menge der Zeit, als vielmehr die Qualität des Zusammenseins mit Ihrem Kind eine Rolle. Gemeinsame Aktivitäten, intensive Gespräche etc. sind aber nicht nur wichtig, damit Sie später nicht der „verlorenen“ Zeit hinterhertrauern, sondern Loslassen funktioniert nur dann wirklich, wenn Sie gleichzeitig zusammen mit Ihrem Kind eine neue, stabile Beziehung gestalten – und das braucht (gemeinsame) Zeit. Aber auch Müttern fällt das Loslassen nicht leichtAuch bei den Müttern geht das Verlassen des gemeinsamen Heims natürlich nicht ohne Trauer und Wehmut einher. Insgesamt haben Mütter jedoch (so meine Beobachtung):
Mein Rat an die MütterGleichen Sie Ihre Mutterrolle durch alternative Aufgaben aus! Müttern, die auch schon während der Kindererziehung für sich sorgen und außerhäuslich aktiv werden (z. B. Berufstätigkeit, alternative Aufgaben), fällt der Ablöseprozess leichter.
Nicht selten aber klammern sich Mütter und Väter an ihre Kinder. Und weil sie von ihrer Elternschaft nicht lassen können, lassen sie ihre pubertierenden Söhne und Töchter nicht los. Sie versäumen es, die Beziehung auf eine andere Basis zu stellen. Es bleibt bei einer „Versorgungsbeziehung“, die weder den Eltern noch den Heranwachsenden gerecht wird. Dabei würde eine distanzierte Intimität, eine Verbundenheit, die die Balance von Nähe und Distanz hält, der neuen Beziehung gerechter. Pubertierende leben Veränderungen vor: Lernen Sie von Ihrem Kind! Wenn Eltern wie Kinder sich rechtzeitig auf den Weg – genauer: die unterschiedlichen Wege – machen, können sie sich wieder annähern. Wie nennt man Mutter die ihre Kinder nicht loslassen?Dieses Phänomen wird als „Maternal Gatekeeping“ bezeichnet und ist eine Form des Machtkampfs darüber, wer im erzieherischen Binnenbereich der Familie das Sagen hat.
Was ist eine Gluckenmutter?Redensartlich ist eine Glucke oder Gluckenmutter eine Metapher für eine Mutter, die ihre Kinder übermäßig umsorgt und behütet.
Was tun wenn Mutter nicht loslassen kann?Gebt euren Kindern den Freiraum, den sie sich wünschen. Wenn sie eine Zeit lang ohne euch auskommen möchten, tut das weh, solltet ihr es aber akzeptieren. Das Ablösen dürft ihr nicht zu persönlich nehmen. Versucht euch eher, darüber zu freuen, dass euer Kind sehr selbstständig ist.
Warum kann ich meine Kinder nicht loslassen?Der erste Schritt ist, Deinen Trennungsschmerz zu akzeptieren. Lass Dir kein schlechtes Gewissen machen, wenn anderen Eltern das Loslassen leichter fällt. Gleiches gilt natürlich auch umgekehrt: Du bist keine Rabenmutter/kein Rabenvater nur, weil Du ab und zu ein wenig Zeit ohne Deinen kleinen Entdecker genießt.
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