China hat 182 neue Milliardäre, drei Mal so viele wie die USA neu hervorgebracht hat. Allein 83 kommen aus Shanghai, damit überholt die chinesische Metropole Hongkong mit 76 Milliardären. Das geht aus dem Hurun-Bericht hervor. Show
Die 2816 Milliardäre auf der Welt bringen es zusammen auf ein Vermögen von 11,2 Billionen Dollar – ein Plus von 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Sie leben in 71 Ländern. Viele Ultra-Reiche leben in AsienLaut «Hurun Global Rich List 2020» hat auch Indien in einem Jahr 34 neue Milliardäre hervorgebracht. Mit 170 Ultra-Reichen liegt das Land auf Platz drei hinter China und den USA. Dabei ist China unschlagbar: Jeder zehnte neue Milliardär kommt aus dem Reich der Mitte. Die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt bringt es auf 799 Milliardäre – davon allein 182 im vergangenen Jahr. Weltweit stieg die Zahl der Ultra-Reichen in einem Jahr um 479. In den USA kamen 59 weitere hinzu, insgesamt gibt es dort 626 Milliardäre, wie «Luxury Daily» berichtet. Die Welt hat offiziell eine neue Milliardärshauptstadt. Zum ersten Mal leben in Peking mehr Milliardäre als in New York City. Das geht aus der jährlich veröffentlichten Liste des Wirtschaftsmagazins „Forbes“ hervor. Die chinesische Hauptstadt hat im Jahr 2020 33 neue Milliardäre dazu gewonnen. Insgesamt leben damit in Peking genau 100 Milliardäre. New York City liegt denkbar knapp dahinter mit 99 Milliardären, die den Big Apple als ihre Heimat bezeichnen. Im gleichen Zeitraum kamen in New York nur sieben neue Milliardäre hinzu. Allerdings leben in New York City mit 8,4 Millionen Einwohnern auch deutlich weniger Menschen als in Peking (21 Millionen). Die Milliardärsdichte ist also in der Stadt an der US-Ostküste weiterhin größer. Der reichste Mensch in Peking ist Zhang Yiming — Gründer des TikTok-Mutterunternehmens ByteDance. Er vereint unter sich ein Gesamtvermögen von 35,6 Milliarden US-Dollar. In New York City bleibt der ehemalige Bürgermeister Michael Bloomberg mit einem Vermögen von 59 Milliarden US-Dollar an der Spitze. Anzahl der Milliardäre stieg während Pandemie anIn den USA leben weiterhin die meisten Milliardäre weltweit. Doch China holt auf. Dem Forbes-Report zufolge kamen in China und der Sonderverwaltungszone Hongkong im vergangenen Jahr 210 Milliardäre hinzu — mehr als in jedem anderen Land in der Welt. Unter den Top-10 Milliardärsstädten sind fünf chinesische Metropolen. Darunter, neben Peking, auch Hongkong auf Platz drei mit 80 Milliardären, Shenzhen auf Platz fünf mit 68 Milliardären und Shanghai auf dem sechsten Rang mit 64 Milliardären. Die einzige weitere US-Stadt, die es auf die Liste schaffte, war San Francisco mit 48 Milliardären unter den Einwohnern. Trotz Corona-Pandemie ist die Anzahl der Milliardäre weltweit im vergangenen Jahr gestiegen. Insgesamt gab es auf dem Globus „Forbes“ zufolge 660 neue Milliardäre. Insgesamt leben damit auf der Erde 2.755 Milliardäre mit einem Gesamtvermögen von 13,1 Billionen US-Dollar, berichtet „Forbes“. Gleichzeitig vergrößerte sich durch die Pandemie die Kluft zwischen Arm und Reich. In den USA wurde dies besonders deutlich. Milliardäre konnten während der Pandemie ihr Vermögen um 44 Prozent ausbauen, während 8 Millionen US-Amerikaner unter die Armutsgrenze fielen. Diese 10 Milliardäre gingen bankrott — sie haben ihr Vermögen auf spektakuläre Weise verlorenREUTERS/Shannon Stapleton Bernard „Bernie“ Madoff hält den berüchtigten Titel des Anführers des größten Schneeballsystems der amerikanischen Geschichte. Die Verluste seiner Investoren betrugen insgesamt 65 Milliarden Dollar und wurden jahrelang nicht bemerkt. 2008 wurde Madoff in elf Fällen von Betrug, Geldwäsche, Meineid und Diebstahl angeklagt. Er erhielt die Höchststrafe von 150 Jahren Gefängnis.Externer Inhalt nicht verfügbarDeine Privatsphäre-Einstellungen verhindern das Laden und Anzeigen aller externen Inhalte (z.B. Grafiken oder Tabellen) und Sozialen Netzwerke (z.B. Youtube, Twitter, Facebook, Instagram etc.) Zur Anzeige aktiviere bitte die Einstellungen für Soziale Netzwerke und externe Inhalte in den Privatsphäre-Einstellungen. In der Vergangenheit erreichten US-Präsidenten ihre höchsten Zustimmungsraten in Kriegszeiten. George W. Bush erreichte 2001 ein Allzeithoch von 90%, als sich die zornige Nation auf den Einmarsch in Afghanistan vorbereitete, und sein Vater George H. W. Bush rangiert mit 89% im Jahr 1991 an zweiter Stelle, als die USA gerade das Ende ihrer (ersten) Invasion im Irak und die »Befreiung Kuwaits« verkündeten. [2] Als das Ash Center der Harvard University im Jahr 2020 eine Studie über die öffentliche Meinung in China veröffentlichte, aus der hervorging, dass im Jahr 2016 »95,5 Prozent der Befragten entweder ›relativ zufrieden‹ oder ›sehr zufrieden‹ mit Peking waren«, war dies umso bemerkenswerter, da es sich um ein Land im Frieden handelt. [3] Obwohl dies für das westliche Publikum, das China als tyrannisches, staatskapitalistisches und autoritäres Regime versteht, ein Schock war, haben Beobachter in der imperialen Peripherie die Dinge schon immer etwas anders gesehen. Bereits 2004 erklärte Fidel Castro, dass »China objektiv die vielversprechendste Hoffnung und das beste Beispiel für alle Länder der Dritten Welt geworden ist,« [4] und im August 2014 bekräftigte er diese optimistische Einschätzung: »Xi Jinping ist einer der stärksten und fähigsten revolutionären Anführer, die ich in meinem Leben getroffen habe.« [5] Im Mai 2018 beschwichtigte Professor Yanis Varoufakis, ehemaliger griechischer Finanzminister, eine besorgte Zuhörerin auf einem Cambridge Forum: »Ich muss Ihnen sagen, dass China nach meinem Verständnis ein sehr interessantes soziales Experiment ist, in dem Sinne, dass sie auf lokaler oder regionaler Ebene eine ungestüme Demokratie haben, mit populären Erfolgsgeschichten beim Sturz lokaler Behörden, lokaler Bürokraten, die korrupt waren.« [6] Später im selben Jahr, vor seiner Amtsenthebung 2019 durch einen von den USA unterstützten Putsch, sagte Evo Morales: »Ich vertraue China sehr. China hat uns immer bei vielen unserer Bestrebungen im sozialen, kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Bereich begleitet« [7] und dass »Chinas Unterstützung und Hilfe für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Boliviens niemals an politische Bedingungen geknüpft ist.« [8] Im Jahr 2020 schrieb der ehemalige liberianische Minister für öffentliche Arbeiten W. Gyude Moore unverblümt: »China hat in zwei Jahrzehnten mehr Infrastruktur in Afrika gebaut als der Westen in Jahrhunderten, China ist auch unser Freund« [9] und 2021 unterzeichnete der Iran ein 25-jähriges Kooperationsabkommen mit China. Trotz des vehementen Drängens der westlichen »Experten« kommt ein weltweiter Konsens gegen Chinas »Tyrannei« nicht zustande. Auch der imperiale Kern ist nicht frei von aufschlussreichen Aussagen, außerhalb der perversen Gräuelpropaganda, die derzeit in aller Munde ist. Ein Memo von Politico aus dem Jahr 2021 forderte die politischen Entscheidungsträger auf: »Um Chinas Aufstieg entgegenzuwirken, sollten sich die USA auf Xi konzentrieren.« [10] Ähnlich unmissverständlich äußerte sich das Weiße Haus in einer Einschätzung vom Juni 2020:
Geleakte Dokumente aus dem Jahr 2009 machen deutlich, warum Xi Jinping die USA verärgert:
An anderer Stelle drückt ein Beitrag für die New York Times aus dem Jahr 2015 mit dem Titel »Maoists in China, Given New Life, Attack Dissent« (Maoisten in China, die neues Leben erhalten, greifen Andersdenkende an) unverhohlene Besorgnis aus:
Mein Lieblingsartikel in diesem Genre stammt jedoch von The Guardian. Richard McGregors »How the state runs business in China« (Wie der Staat die Geschäfte in China führt) in The Guardian illustriert perfekt Marx’ Beobachtung, dass »die Gedanken der herrschenden Klasse in jeder Epoche die herrschenden Gedanken sind,« und scheint sich nicht bewusst zu sein, dass seine angsteinflößende Darstellung der Irrungen und Wirrungen der Kapitalisten in China eigentlich ziemlich herzerwärmend ist:
Welch ein Grauen! Die bürgerliche Presse, die die Ängste von niemandem außer ihren Eigentümern artikuliert, rattert eine Tragödie nach der anderen herunter:
Zusammengenommen erzählen diese Berichte eine ziemlich überzeugende und einfache Geschichte: Ein Arbeiterstaat unter der Führung einer Avantgardepartei hat die vom Kapitalismus entwickelten Produktivkräfte wieder unter die Kontrolle der Menschen gestellt, zum Nutzen der Vielen und nicht der Wenigen, und damit endgültig den komplexen und schwierigen Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus eingeleitet, den wir Sozialismus nennen. Die Kapitalisten, die im Umgang mit ihren Mitmenschen behütet und abgeschottet sind, begreifen nicht, dass sie keine Sympathieträger sind, und so stellen sie sich in der Presse schamlos selbst bloß, in der Hoffnung, die Sympathie der Massen zu gewinnen, in dem vergeblichen Bemühen, die notwendige Begeisterung für eine militärische Intervention zu wecken. Die Lage sieht düster aus für die Kräfte der Reaktion. Und dann tritt die westliche Linke mit einer Litanei harter Vorwürfe auf den Plan, entschlossen, China zu einem Bösewicht zu machen, der einen Krieg verdient: »China hat Milliardäre.« »In China herrscht immer noch Ungleichheit.« »In China gibt es immer noch Lohnarbeit.« »Es gibt dort keine Meinungsfreiheit.« »Selbstmordnetze.« »Free Tibet!« »Xinjiang ist Ostturkestan.« »Befreit Hongkong.« »Weder Washington noch Peking.« Ihre Schwäche für Gräuelpropaganda ist beispiellos, und sie übertreffen oft die Originalquellen und sogar die bösartigsten Reaktionäre in ihren großspurigen Umschreibungen des chinesischen Grauens. In ihrer »David gegen Goliath«-Weltanschauung zeichnet sich Heldentum durch Vergänglichkeit oder Vergeblichkeit aus (Rosa Luxemburg, das anarchistische Katalonien, Leo Trotzki, Rojava, CHAZ in Seattle, Bernie Sanders, die Kommunistische Partei der Philippinen), während Sieg und Langlebigkeit an sich ein Beweis dafür sind, dass Prinzipien verraten wurden und Sadismus die Regel ist (Joseph Stalin, Fidel Castro, Kim Il-sung, Deng Xiaoping, Nicolás Maduro, Xi Jinping). Obwohl sozialistische Gruppen im Westen dazu neigen, säkular zu sein, bleibt das Christentum kulturell so hegemonial, dass Figuren in dem Maße gewürdigt werden, wie sie in ein narratives Muster des Märtyrertums passen. [21] Angesichts der intellektuell anspruchsvollen Aufgabe, Projekte zu verteidigen, die nicht immer unseren apriorischen Idealen entsprachen, und der Aufgabe zu verstehen, warum sie diesen Idealen nicht entsprachen, entscheiden sich viele für die Doktrin des Verrats:
Genau so wird auch die bereits erwähnte spektakuläre Zustimmung der chinesischen Öffentlichkeit zur Führung der Kommunistischen Partei erklärt: »Gehirnwäsche.« Begeisterung ist ein Beweis für Leichtgläubigkeit, Zynismus ein Beweis für Aufgeklärtheit — ein Hipster-Credo in der Politik ebenso wie in der Kunst. Zumindest für diese Analyse wollen wir die Doktrin des Verrats zurückweisen. Wir werden die Erfolge der chinesischen Revolution als empirisch messbare sozialistische Errungenschaften akzeptieren, die es zu feiern gilt. Wir werden untersuchen, wie die östlichen Sozialisten — insbesondere Deng Xiaoping — entgegen den Verleumdungen westlicher Utopisten echte Vorbilder der Tradition des wissenschaftlichen Sozialismus waren, der Marx und Engels angehörten. Phantasien über die Abschaffung der Hierarchie werden einer Interpretation von Marx weichen, die die Produktionsverhältnisse als Herrschaftsverhältnisse und nicht als bloße Unterordnung versteht und daher das Kapital als ein »automatisches Subjekt« betrachtet, das gezähmt werden muss, und nicht als eine Plage, die ausgerottet werden kann. Der Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus wird erneut untersucht, um idealistische Vorstellungen, dass ein sauberer Bruch vom Kapitalismus zum Sozialismus möglich sei, in Frage zu stellen, was wiederum deutlich machen wird, warum der Sozialismus chinesischer Prägung überhaupt nicht mit der Sozialdemokratie vergleichbar ist, insbesondere in Bezug auf den Imperialismus. Und anstelle der wohlfahrtsstaatlichen Checkliste, die derzeit als Definition des Sozialismus durchgeht, werden wir eine viel praktischere und nützlichere Definition finden, eine, die die Arbeit und nicht die Freizeit in den Mittelpunkt stellt und so den Geist der unzähligen Aufgaben, die in der sozialistischen Phase zu bewältigen sind, besser einfängt: »Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Arbeit.« Automatisches SubjektJohn Pilgers Dokumentarfilm The Coming War on China (2016) dokumentiert den »Pivot to Asia« der USA, der 2011 von Obama eingeleitet und von den nachfolgenden Regierungen fortgeführt wurde. Er konzentriert sich hauptsächlich auf die Opfer des Ausbaus der US-Militärbasen im Pazifik: die Marshallinseln, Okinawa in Japan und Südkorea. Er interviewt auch chinesische Opfer dieser militärischen Aufrüstung. Sein Gespräch mit Eric Li, einem in Shanghai geborenen und in Kalifornien ausgebildeten Risikokapitalgeber und politischen Kommentator, ist faszinierend:
John Pilger scheint skeptisch zu bleiben, ebenso wie viele, die Lis Erkenntnisse einfach aufgrund seiner Identität (Chinese, Geschäftsmann) abtun. Und doch glaube ich, dass das, was er hier sagt, weitaus aufschlussreicher und sachdienlicher ist als alles, was man in David Harveys Vorlesungen finden könnte. Und warum? Kehren wir zurück zu Marx’ Grundrisse:
Abgesehen davon, dass es sich hier um eine brillante Zurückweisung des liberalen Lobes der »Konkurrenz« im Abstrakten handelt, ist es bemerkenswert, dass Marx hier nicht von Arbeiter versus Kapitalist spricht, sondern von Individuen (d.h. Menschen) versus Kapital. Wenn dies tendenziös scheint, sollte man dieses Fragment aus seinen Manuskripten von 1844 betrachten:
Marx’ »unmenschliche Macht« und das »freigelassene Kapital« ist dasselbe Gebilde, das Eric Li im Sinn hat, wenn er vom »Kapital selbst« und seinen »verankerten Rechten« spricht. Diese Rede, die (für mich) an das Übernatürliche grenzt, steht in krassem Gegensatz zur Rhetorik von Bernie Sanders, der die Probleme, in denen wir stecken, auf die bloße »Unternehmensgier« zurückführt. Die Gier ist natürlich das Laster, um das es geht. Ein Laster, das verflucht und eingedämmt werden muss. Aber jeder ernsthafte Theoretiker weiß, dass wir vor einer weitaus ernsteren Herausforderung stehen als der bloßen Ansammlung von Politikern mit guten moralischen Eigenschaften. Siehe Engels in Von der Autorität:
Und Lenin in Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus:
Es ist nützlich, sich zwei ineinandergreifende, aber unterschiedliche Kämpfe vorzustellen: den des Arbeiters gegen den Kapitalisten und den der Menschheit gegen das Kapital selbst. Der Sieg des Arbeiters über den Kapitalisten (»jedem nach seiner Arbeit«) ist in gewisser Weise eine Voraussetzung für den Sieg der Menschheit über das Kapital (»jedem nach seinen Bedürfnissen«). Christian Thorne zufolge begann Marx’ Kritik der politischen Ökonomie als philosophische Kritik der Religion. Sein Werk muss in seiner Gesamtheit gelesen werden, aber die Parallelen, die er aufzeigt, sind frappierend:
Das ist das Kapital als automatisches Subjekt. Ein technikbegeisterter Mensch könnte es als eine Art marktbasierte künstliche Intelligenz bezeichnen, die sich aus der spieltheoretischen instrumentellen Rationalität ergibt. Jemand wie Fidel Castro drückt es poetischer aus, aber ich glaube, er hat mit demselben Dämon zu kämpfen [Hervorhebung von mir]:
Dies ist die von mir bevorzugte Formulierung:
Nun wäre es ein Fehler, anzunehmen, dass wir lediglich durch mentale Fesseln gefesselt sind, wie so viele von denen zu glauben scheinen, die dafür plädieren, dass die Massen einfach »aufwachen« sollen. Sowohl Marx als auch Engels lehnen eine solche Vorstellung nachdrücklich ab:
Es ist dringend notwendig, diese miserable Phase der historischen Entwicklung zu überwinden. Und doch hat die Geschichte gezeigt, dass die lokale Liquidierung der Kapitalistenklasse nicht ausreicht. Angesichts der Kämpfe in der Sowjetunion spotteten Trotzki und seine Anhänger über den »Sozialismus in einem Land«, nur um sich dann umzudrehen und einen wahrhaft fantastischen Unsinn über die permanente Weltrevolution zu verbreiten. Vor diesem Hintergrund beginnen wir zu verstehen, welches Genie hinter dem riskanten, aber offensichtlich lohnenden Balanceakt steckt, den die KPCh in den letzten vier Jahrzehnten vollzogen hat, seit Deng den Prozess der Reform und Öffnung eingeleitet hat. Betrachten wir den von Losurdo nachgezeichneten Weg:
Wie sieht das im Jahr 2018 aus? McGregors ängstliche Feder erweist sich einmal mehr als aufschlussreich:
Es spielt einfach keine Rolle, wie geschmacklos die Westler oder auch die Sowjets diesen Kompromiss finden. Eine gute wissenschaftliche Theorie ist in der Lage, genaue Vorhersagen zu treffen und Risiken einzugehen, weil sie auf die Grundprinzipien vertraut. In seinem Interview mit Oriana Fallaci im Jahr 1980 strotzt Deng nur so vor Zuversicht:
Und dann noch einmal im Jahr 1984:
Und dann noch einmal im Jahr 1985:
Es macht weder aus praktischen noch aus prinzipiellen Gründen Sinn, Deng die Anerkennung für sein Vertrauen in das chinesische Volk, in den Marxismus-Leninismus und die Mao-Zedong-Philosophie sowie in den demokratischen Zentralismus als Bollwerk gegen die kapitalistischen Machenschaften zu verweigern. Wer Lenins Neuerungen gegenüber Marx und Engels zu Recht anerkennt und dann Dengs Beiträge ablehnt, übt sich schlicht in Chauvinismus. Der Übergang
Ich habe bereits an anderer Stelle angemerkt, dass eine der ungeheuerlichsten und häufigsten Vulgarisierungen des Marxismus, auf die ich immer wieder stoße, die Verflachung der gesamten vergangenen und gegenwärtigen Geschichte zum »Propertarianismus« und der strahlenden Zukunft zum »Egalitarismus« ist. Den Sozialismus als idyllisch und alles davor als höllisch darzustellen, mag als Slogan auf einer Kundgebung schön und gut sein, aber es ignoriert komplexe Realitäten mit wichtigen Lektionen für jeden Revolutionär. Man denke an diesen Austausch zwischen H. G. Wells und J. V. Stalin:
In den USA, in Frankreich, in Russland: Bürgerkrieg, Blutvergießen. In Großbritannien: Kollaboration. Im Gegensatz zu vielen, die ihn heute verteidigen, war Stalin durchaus bereit, andere Strategen zu schätzen und von ihnen zu lernen. Er starb 1953 und erlebte nicht mehr, wie Kapitalisten in ganz Westeuropa und Kanada mit einer Mischung aus verdeckten CIA-Operationen und Bestechungsgeldern zur Beschwichtigung der Arbeiterklasse die aufkeimende revolutionäre Leidenschaft in ihren Ländern liebevoll erstickten:
Leider ist Stalins Vorhersage eingetreten:
Die postsowjetische Geschichte hat gezeigt, dass die Sowjetunion in der Tat das Bollwerk der internationalen sozialistischen Bewegung war, auch und gerade für diejenigen, die sich für die Blockfreiheit entschieden und die Grausamkeiten der Sowjetunion scharf und performativ verurteilten. Noch heute blicken Syndikalisten und Sozialdemokraten im Westen eher zurück als nach vorn, wenn sie versuchen, ihre eigene Geschichte zu verstehen. Sie haben nie verstanden, dass sie sich im verblassenden Nachglühen einer fremden Revolution sonnten. Der entscheidende Unterschied zwischen den westlichen Sozialdemokratien und dem Sozialismus chinesischer Prägung liegt genau in den Herrschaftsverhältnissen. Sowohl die ersten als auch die zweiten weisen ähnliche Merkmale auf: einige Kapitalisten florieren, einige betreiben eine pro-soziale Politik. Ein Narr würde seine Analyse an dieser Stelle beenden und sie für gleich erklären. Wir müssen uns fragen, was der Unterschied ist. Die chinesische Arbeiterklasse brauchte eine Revolution, um die Macht zu erlangen und zu demonstrieren, mit welch furchterregender Ernsthaftigkeit sie sie ausüben würde. Nach tragischen Misserfolgen hat sie jedoch ihren Kurs korrigiert. In den 1980er Jahren bewiesen sie Flexibilität, indem sie vom Feind lernten. Dann, in den 2010er Jahren, korrigierten sie erneut ihren Kurs und ernteten die zuvor gesäten Siege. Die Kommunistische Partei hat die Macht, für die sie so viel geopfert hat, nie aufgegeben. Umgekehrt hat die westliche Arbeiterklasse die Macht nicht einmal gekostet, sondern nur Zugeständnisse gemacht. Leider war das mehr als genug, um sie zu unterwerfen. Nachdem die revolutionäre Disziplin zu einem Anachronismus verkommen war, entwickelte sich eine ganze Mythologie. Sie bediente die schlimmsten Laster der westlichen Arbeiterklasse: Selbstbeweihräucherung und White Supremacy. Heerscharen von gut bezahlten Akademikern schrieben die Geschichte des 20. Jahrhunderts um und stellten den zum Scheitern verurteilten Bittsteller-Ansatz als ein Werk antiautoritärer Genialität dar. Konkrete Beispiele stützen die These, dass das chinesische politische System wirklich anders ist. An anderer Stelle des Interviews mit Wells macht Stalin die folgende Bemerkung:
Betrachten wir nun diese Auszüge aus dem oben erwähnten Guardian-Artikel:
So wie der Mangel an Würde der amerikanischen Arbeiter nicht nur oberflächlich, sondern symptomatisch ist, gilt das Gleiche für den Mangel an Würde der chinesischen Kapitalisten. Die regelmäßige Hinrichtung von korrupten Kapitalisten und die Demütigung von Jack Ma sind wichtig. Chauvinistische »linke« Intellektuelle mögen sie als Effekthascherei abtun, aber westliche Kapitalisten, die an Straffreiheit gewöhnt sind, verstehen die Bedrohung laut und deutlich. Die Würde oder Demütigung, die die verschiedenen Klassen erfahren, sagt mehr über den Klassencharakter eines Staates aus als das Grübeln über die Aufrichtigkeit seiner Führer. Die Behandlung von COVID-19 ist ein weiteres überzeugendes Beispiel. [43] Der Einfluss der Kommunistischen Partei wird jedoch nirgendwo deutlicher als in der Außenpolitik Chinas, wo Frieden und Multilateralismus in krassem Gegensatz zum verkommenen und unmenschlichen Profitstreben des Kapitalismus stehen. Gleichzeitig wird China vom westlichen Establishment als übergriffiger Superpredator beschimpft und von westlichen Ultralinken dafür gescholten, keine Revolution zu exportieren. Während die USA offen reaktionäre Politiker wie Jeanine Áñez (Bolivien) und Jair Bolsonaro (Brasilien) installieren und unterstützen, schimpfen westliche Sozialisten über China, weil es sich nicht in gleicher Weise revanchiert. Xi Jinping reagierte 2012 entschlossen:
Die chinesische Strategie kann als Reaktion auf die Ergebnisse des sowjetischen Modells verstanden werden, das sich offen mit emanzipatorischen Projekten in aller Welt verband. Obwohl heroisch, erlaubte die Angeberei den Kapitalisten, Narrative über eine bevorstehende kommunistische Invasion zu konstruieren und zu verbreiten, was wiederum die Voraussetzungen für die Errichtung wirtschaftlicher Zäune schuf, die abhängige sozialistische Projekte isolierten und schließlich zerstörten. Bereits 1950 legte Deng Xiaoping die Grundzüge einer alternativen Strategie dar:
Um es metaphorisch auszudrücken: Die UdSSR half den revolutionären Kräften bei der Überquerung des Flusses, den sie aus eigener Kraft nie ganz überqueren konnten. China hingegen steht auf der anderen Seite desselben Flusses und bietet denjenigen Hilfe an, die es schaffen, ihn zu überqueren. Die Tatsache, dass China in der Vergangenheit die US-Sanktionen gegen Kuba, die DVR Korea und Venezuela untergraben hat, hilft an sich keiner einzelnen revolutionären Partei zum Erfolg. Doch wer auch immer Erfolg hat, weiß, dass er sich nicht ohne Unterstützung mit den US-Täuschungsmanövern auseinandersetzen muss. Der Erfolg oder Misserfolg einer Revolution wird wieder einmal von den nationalen Kräften abhängen, nicht von Washington, ex machina. Yanis Varoufakis erklärt, wie dieser Respekt und diese Solidarität für die sich ausbreitenden »fortschrittlichen Kräfte« in der Praxis funktionieren:
Dabei handelt es sich nicht um eine isolierte Anekdote. Untersuchungen der London School of Economics schließen eine Fallstudie zu Äthiopien mit der Feststellung ab, dass »chinesische Investitionen in Afrika trotz Kontroversen ›signifikante und anhaltend positive‹ langfristige Auswirkungen hatten.« [46] Dr. Deborah Brautigam von der Johns Hopkins University stimmt dem zu:
Warum können Kapitalisten diese Strategien nicht wiederholen, selbst wenn sie zynisch sind, um langfristige Gewinne zu erzielen? Wie Lenin sagte, »die erreichte Stufe der Konzentration [zwingt die Kapitalisten], diesen Weg [des Imperialismus] zu beschreiten, um Profite zu erzielen.« Diese Strategien stehen China nur zur Verfügung, weil die KPCh — Chinas Souverän, die politische Autorität — in der Lage ist, die Macht des Kapitals zu kontrollieren. Ungleichheit und SozialismusKann man von jemandem, der mehr Geld verdient als Sie, sagen, dass er für Sie arbeitet? Die Vorstellung eines wohlhabenden oder gar ausbeuterischen Dieners mag offensichtlich lächerlich erscheinen, ist aber gar nicht so abwegig. Ärzte zum Beispiel werden im Vergleich zu ihren Patienten in der Regel sehr gut bezahlt. Man denke nur an diesen Dialog zwischen dem deutschen Schriftsteller Emil Ludwig und J. W. Stalin, in dem sich ein Westeuropäer einmal mehr über die Kultiviertheit des Georgiers wundert:
Die Rhetorik der Einkommensungleichheit ignoriert, dass eine Klasse durch öffentliche Investitionen (z. B. einen Hochgeschwindigkeitszug) die Früchte ihrer Arbeit ernten kann, selbst wenn die Bosse als Einzelpersonen mehr verdienen. Die arbeitende chinesische Bevölkerung sieht die Früchte ihrer Arbeit trotz Milliardären und Ungleichheit. Sie dafür zu beschuldigen, dass sie nicht mehr fordern, bedeutet, die Tugend der Geduld zu beschuldigen. Tatsächlich entpuppt sich vieles von dem, was im Westen als »sozialistischer« Idealismus durchgeht, als ein Spiegelbild der üblichen liberal-kapitalistischen Unternehmerpropaganda: »Ich werde mein eigener Chef sein! Ich werde mein eigenes Unternehmen führen!« Dieser Idealismus scheint sich nicht bewusst zu sein, dass uns die Notwendigkeit des Managements von der Logistik aufgezwungen wurde, nicht vom Kapitalismus. Die Verleugnung dieser Realität führt zu Phantasien von perfekter Synchronität zwischen vollkommen autonomen Anarchisten. Der Traum vom »vollautomatischen Luxuskommunismus«, der eher von Experten mit einem bequemen Leben als von arbeitenden Menschen geteilt wird, offenbart auch eine dunkle Wahrheit: Westliche »Sozialisten« sind sich in gewissem Maße bewusst, dass eine gerechtere Welt den Verlust von Privilegien der ersten Welt bedeutet. Sie können sich nicht vorstellen, dass die Dinge durch harte Arbeit stetig und langsam besser werden. Und so sind sie gezwungen, den chinesischen Weg der Selbstaufopferung zugunsten einer freizeitgetriebenen Utopie zu verunglimpfen. In Wirklichkeit wird der Sieg der Arbeiterklasse über die Kapitalistenklasse eine Ära harter, aber lohnender Arbeit einläuten, im Gegensatz zu harter Arbeit ohne Belohnung. Ein weiteres Merkmal des westlichen Sozialismus, das der christlichen Kultur entlehnt wurde und in unseren Unterhaltungsmedien allgegenwärtig ist, ist die Vorstellung, dass die Menschen mit reinem Herzen allen Widrigkeiten zum Trotz auf die eine oder andere Weise Erfolg haben werden, was uns von der Notwendigkeit befreit, jemals harte Opfer zu bringen. Das ist einfach nicht realistisch. Wir sollten wohlwollend analysieren, wie Sozialisten im Laufe der Geschichte mit Schwierigkeiten fertig geworden sind, z. B. mit der Besänftigung von Massen, die amerikanische Konsumgüter begehrten (Blue Jeans in der UdSSR), und mit der mangelnden Begeisterung — ja sogar Enttäuschung — über soziale Wohlfahrtsangebote (wie z. B. die allgemeine Gesundheitsversorgung in Kanada), anstatt Sünden aufzuzählen, um zu sehen, ob wir rechtfertigen können, sie als Judas zu brandmarken. Eine Denkweise, die die Schwierigkeiten anerkennt, mit denen die Sowjetunion und Kuba konfrontiert waren, die beide mit einer schwindenden Begeisterung für den Sozialismus im eigenen Land und einer feindlichen internationalen Einkreisung zu kämpfen hatten, trägt viel dazu bei, das aufzulösen, was auf den ersten Blick wie eine verheerende »Ohrfeige« gegen China aussieht. FazitWarum gibt es in China Milliardäre? Ich möchte, dass die Leser ihr unverdientes Gefühl der moralischen Überlegenheit ablegen, das die Menschen im Westen dazu bringt, die Entscheidungen der Chinesen arrogant als Verrat zu bezeichnen. Ich möchte, dass sie stattdessen eine neugierige Haltung einnehmen, die versucht zu verstehen, warum jemand wie sie selbst solche Entscheidungen trifft, auch wenn es auf den ersten Blick nicht offensichtlich ist. it dieser Denkweise kann jeder, nicht nur »Gelehrte« und »Experten«, an der Diskussion teilnehmen, indem er einfach die Schwierigkeiten und Widersprüche berücksichtigt, mit denen China umgehen muss:
Diese sind weder erschöpfend, noch vollständig ausgearbeitet. Trotz des Titels dieses Aufsatzes habe ich nicht die Absicht, eine endgültige Antwort zu geben, die jeden Leser zufrieden stellt. Das kann ich auch gar nicht hoffen. Mein Ziel ist es, uns dazu zu bringen, unsere Herangehensweise an das vorliegende Problem zu überdenken. Niemand weiß, welche Institutionen in welcher Reihenfolge oder nach welchem Zeitplan ausgetauscht werden müssen, denn niemand hat jemals den Übergang zum Kommunismus erfolgreich vollzogen. Die Menschen im Westen sollten weniger über die vollständige Umgestaltung der Gesellschaft in etwas völlig Unbekanntes fantasieren, sondern sich mehr darauf konzentrieren, wie sie die Kontrolle über die bereits bestehenden hässlichen Zustände übernehmen können, damit sie einen besseren Kurs für ihre Länder einschlagen können, so wie es China getan hat. Der Sozialismus ist keine Checkliste, und die Erfahrungen der reichen imperialistischen Nationen, in denen die Kapitalisten die wütenden Massen mit Sozialhilfe bestochen haben, um sie von einer Revolte abzuhalten, können niemals der Maßstab dafür sein. Der Sozialismus ist und war schon immer ein fortlaufendes Experiment.
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